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Veröffentlicht am 22.02.2023

Schockierend und eindrucksvoll

Amelia
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Klappentext von der Verlagsseite:


»Originell und von Anfang an voll Dramatik und Energie.« The Times


1969 beginnen in Nordirland die Troubles. Doch Amelia Boyd Lovett versucht, sich auf ihre Habseligkeiten ...

Klappentext von der Verlagsseite:


»Originell und von Anfang an voll Dramatik und Energie.« The Times


1969 beginnen in Nordirland die Troubles. Doch Amelia Boyd Lovett versucht, sich auf ihre Habseligkeiten zu konzentrieren. Jeden Tag schaut sie sich die Schätze an, die sie unter ihrem Bett in einem abgewetzten Koffer versteckt: ein kleines Plastikschaf, ein Gebet für einen Penny, eine Tube Glitzer. Und siebenunddreißig Gummigeschosse. Die sammelt sie, seitdem die britische Armee angefangen hat, damit zu schießen.

Belfast.


Amelia ist acht, als die Troubles beginnen. Zum Ende der Unruhen ist sie Mitte dreißig. Dazwischen spannt sich die Geschichte eines Mädchens, das in einer verrückten Gesellschaft aufwächst und dabei ganz auf sich gestellt ist – trotz der Groß­familie, mit der es unter einem Dach lebt. Amelia will um jeden Preis vergessen, was um sie herum passiert. Und das ist so einiges: Schülerinnen, die bewaffnet herumspazieren, Babys, die Bomben sein könnten oder auch nicht, Jugendliche, die sich als Ordnungshüter aufspielen, und Heimwege, die ein bitterböses Ende bereithalten. Wenn Amelia überleben will, muss sie ihren eigenen Weg finden. Aber kann sie das an einem Ort, an dem die Menschen jedes Gefühl für­einander verloren haben?


»Fantastisch: schockierend, bewegend, eindrucksvoll.« Daily Mail


Autoreninfo von der Verlagsseite:


Anna Burns, geboren in Belfast, Nordirland, ist Autorin mehrerer Romane. 2018 erhielt sie für Milchmann den Man Booker Prize. Das Buch wurde zu einer internationalen Sensation und mit zahlreichen weiteren Preisen ausgezeichnet, u. a. dem Orwell Prize und dem National Book Critics Circle Award. Milchmann erschien bisher in 30 Ländern. Anna Burns lebt in East Sussex, England.


Erster Satz:


Die Unruhen begannen an einem Donnerstag.


Meinung:


Anna Burns erzählt in “Amelia” den Beginn des Nordirland-Konflikts von 1969 bis 1994 mit all seinen Schrecken und Gefahren. Deutlich zeigt sie in “Amelia” die Grausamkeit des Konflikts zwischen Protestanten und Katholiken anhand Amelia und ihrer Familie auf.


Burns erzählt den Schrecken chronologisch und so erleben wir zusammen mit der verängstigten achtjährigen Amelia, im vernagelten Haus den Beginn der Krawalle. Sie verdeutlicht den Schrecken gekonnt mit einer ungekünstelten nüchternen Sprache und mich ließ der Schrecken während der gesamten 384 Seiten nicht los. Ein Gewaltakt reiht sich an den anderen und das nicht nur außerhalb der Familie, sondern dies auch innerhalb der Familie.


Ein wahres Grauen was Amelia erlebt. Mit Terroranschlägen, Vergewaltigung und psychischen Terror. Niemand kommt unbeschadet aus den Troubles raus. Häuser werden niedergebrannt, Menschen auf offener Straße erschossen oder in den Hinterhalt gelockt. All dies erzählt Anna Burns so deutlich, dass ich das Buch mehrmals zuklappen musste und tief durchatmen musste.


“Amelia” ist ein harter Roman, der nicht unbedingt auf den eigentlichen Nordirlandkonflikt eingeht und ihn analysiert, sondern vielmehr auf die psychologische Seite. Was macht es mit einem Kind, das ständig der Gefahr ausgesetzt ist erschossen, vergewaltigt oder als Kämpfer*in angeworben zu werden?

Es lernt zu kämpfen, die Zeichen zu sehen und wird auch gewalttätig und stumpft ab.


So auch Amelia und ihre Geschwister. Kampf ist an der Tagesordnung und dabei ist es egal ob es Frauen oder Männer sind. Gewalt ist das einzige Mittel, was alle kennen. Amelia überlebt die Troubles, aber als psychisch gebrochene erwachsene Frau.


Alles erzählt Anna Burns in einem eigenen Klang. Selbst größte Grausamkeiten verpackt sie in Szenen, in denen ich manchmal nicht wusste, ob Amelia träumt oder nicht. Sie versucht wohl damit den Schrecken zu nehmen, aber es gelingt nicht. Dafür ist ihre Sprache zu direkt und eindringlich, teilweise ironisch und sarkastisch. Ich denke, da an das Russische Roulette der Jungs in der Baracke zurück. Oder an die Szene mit der Schulkameradin, die so unschuldig daher kommt als Erwachsene, aber in ihrer Jugend ein furchtbarer Mensch war.


Stellenweise auch bildhaft und ich hatte oft das Gefühl, in den Straßen von Ardoyne zu sein oder bei Amelia zu Hause oder in der Schule zu sein.

Wie gesagt musste ich oft schlucken und ich bin glücklich, dass ich zu einer anderen Zeit und in einem anderen Land geboren wurde und nicht so einen Trouble erleben musste. Denn der Trouble bezieht sich nicht nur auf den eigentlichen Konflikt, sondern auch auf den psychologischen Aspekt der ständigen Gewaltausbrüche.


Fazit


“Amelia” ist ein packender, aufwühlender und schockierender Roman über die Auswirkungen der Troubles auf die Menschen, die ihnen ausgesetzt waren. Ein Roman, der dringend reine Triggerwarnung braucht, denn er ist am Stück schwer zu ertragen. Ein schweres Thema sprachlich gekonnt umgesetzt.

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Veröffentlicht am 21.12.2022

Geheimnis am Weihnachtsabend

Geheimnis am Weihnachtsabend
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Klappentext von der Verlagsseite:

»Eine Amateurdetektivin, die Miss Marple Konkurrenz macht … ein Lektüregenuss!« The Guardian

Weihnachten steht vor der Tür, und Amateurdetektivin Mrs. Bradley folgt ...

Klappentext von der Verlagsseite:

»Eine Amateurdetektivin, die Miss Marple Konkurrenz macht … ein Lektüregenuss!« The Guardian

Weihnachten steht vor der Tür, und Amateurdetektivin Mrs. Bradley folgt der Einladung ihres Neffen ins beschauliche Oxfordshire. Doch die lockere Stimmung der Gäste kippt, als an Heiligabend der Anwalt des Dorfes tot aufgefunden wird. Zunächst vermutet niemand einen Mord, doch eine alte Spuklegende entfacht den Spürsinn der patenten Ermittlerin.

Beatrice Adela Bradley, die sich in London einen Namen als Amateurdetektivin gemacht hat, beschließt, ihrer Heimatstadt über die Weihnachtsfeiertage den Rücken zu kehren und lässt sich kurzerhand aufs Land kutschieren. Im hügeligen Oxfordshire lebt ihr Neffe Carey Lestrange, der über Weihnachten mehrere Gäste in seinem Gutshaus versammelt hat. Die Stimmung unter den Besuchern der Farm ist entspannt, doch eine lokale Spuklegende sorgt für Aufregung.

Vor allem, weil ein mysteriöser Brief dazu verlockt, dem kopflosen Geist um Mitternacht im benachbarten Städtchen aufzulauern. Das kaputte Auto von Mrs Bradley macht dem Vorhaben zunächst einen Strich durch die Rechnung. Doch dann wird der Anwalt des Dorfes, der ebenfalls ein Schreiben des mysteriösen Briefeschreibers erhalten hat, tot am Fluss aufgefunden. Und Mrs. Bradley ist nicht die Einzige, die einen Mord wittert …

In einer wunderschönen bibliophilen Ausstattung.
Autoreninfo von der Verlagsseite:

Gladys Maude Winifred Mitchell, geboren 1901 in Oxfordshire, studierte in London Geschichte und arbeitete als Lehrerin, bevor sie 1929 die berühmte Detektivin Beatrice Adela Lestrange Bradley erschuf und ihr anschließend über sechzig Kriminalromane widmete. Gladys Mitchell war eine fundierte Kennerin der Werke von Sigmund Freud und begeisterte sich für Hexerei; neben Agatha Christie und Dorothy Sayers gehörte sie dem britischen Detection Club an und erhielt 1976 die höchste Ehrung der Crime Writer’s Association.

Erster Satz:

“Schön vorsichtig, guter Mann!”, sagte Sir Selby Viliers.

Meinung:

Gladys Mitchell gehört zu den großen drei britischen Krimi-Damen neben Dorothy Sayers und der unvergesslichen Agatha Christie. Alle drei haben in der gleichen Zeit gewirkt und sich vielleicht auch beeinflusst.

Mit der Psychoanalytikerin und Amateurdetektivin Mrs. Adela Bradley hat Mitchell einen amüsanten Charakter geschaffen. Der, das möchte ich nicht verhehlen, dass mir manche ihrer Eigenheiten im Laufe der Lektüre auf den Keks gingen.

Sei es ihr meckerndes Lachen, das immer wieder auftaucht und wo man vielleicht auch mal eine andere Beschreibung hätte machen können oder auch ihr ewiges “Kind” egal ob es wirklich zu einem Kind oder einem Inspector bzw. völlig Fremden gewesen ist. Es ist amüsant, aber auf Dauer für mich schwer zu ertragen.

Diese Eigenheiten der Protagonistin mindern jedoch nicht den Kriminalfall, der spannend und mit vielen verschiedenen Verdächtigen gesegnet ist. Dazu bietet allein die schrullige Landbevölkerung genug Potenzial.

Hinzu kommt die pointierte Befragung der nicht gerade positiv beschriebenen Mrs. Bradley mit ihren gelblichen schmalen Fingern und dem teilweise echsenartigen Grinsen. Allein durch die Beschreibung sollte man schon meinen, dass der Täter gesteht, aber es bleibt während der gesamten 432 Seiten spannend bis zum Ende. Welches mich als passionierte Krimileserin erstaunt hat, aber auch logisch war.

Abgerundet wird dieser Krimi mit viel Lokalkolorit, alten Legenden und humorvollen Dialogen, die auch von Bradleys durchaus spannenden Befragungen.

Schwierig war es für mich als Leserin nur, dass ich bei Adela Bradley ins kalte Wasser geworfen wurde, denn es wurden keine persönlichen Zusammenhänge geknüpft zu den vorherigen Personen und so wusste ich nie, in welchem Zusammenhang sie genau stehen.

Das wurde vor allem dann deutlich als ich erkannte bei Recherche, dass dies der siebte Teil einer sechzigbändigen Reihe ist. Okay, dann fällt es mir ja schwer, und so lässt es sich für mich auch erklären, warum ich schwer hereinkam und ich auch nicht wusste, was Adela Bradley besonders auszeichnet. Andeutungen nützen da leider nicht viel.

Fazit

“Geheimnis am Weihnachtsabend” ist ein spannender Kriminalroman im schönen englischen Setting und einer etwas eigenartigen Ermittlerin, an die man sich im Laufe des Krimis gewöhnt.

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Veröffentlicht am 27.05.2022

Als die Welt uns gehörte

Als die Welt uns gehörte
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Klappentext von der Verlagsseite:

Eine kraftvolle, herzzerreißende und unvergessliche Geschichte

Wien, 1936. Die drei Freunde Leo, Elsa und Max verbringen einen perfekten Tag im Prater. Vom Riesenrad ...

Klappentext von der Verlagsseite:

Eine kraftvolle, herzzerreißende und unvergessliche Geschichte

Wien, 1936. Die drei Freunde Leo, Elsa und Max verbringen einen perfekten Tag im Prater. Vom Riesenrad aus betrachtet scheint die ganze Welt ihnen zu gehören. Doch bald darauf versinkt diese Welt um sie herum in Dunkelheit und der Krieg reißt sie grausam auseinander. In dieser Zeit der Angst und Verfolgung ist nicht sicher, wer von ihnen überleben wird.

Inspiriert durch die Geschichte ihres Großvaters, erzählt Bestsellerautorin Liz Kessler in ihrem bisher persönlichsten Buch, wie Freundschaft, Familie und Liebe auch im Angesicht von Flucht und Tod den Glauben an das Gute im Menschen aufrechterhalten.

Autoreninfo von der Verlagsseite:

Liz Kessler hat als Lehrerin und Journalistin gearbeitet und wollte Schriftstellerin werden, seit sie im Alter von neun Jahren ihr erstes Gedicht veröffentlichte. Zehn Jahre lang lebte sie auf einem Hausboot. Inzwischen wohnt sie in einem wunderschönen kleinen Haus in Manchester und gibt Schreibkurse für Autoren. Ihre Kinderbücher über das Meermädchen “Emily” wurden zu internationalen Bestsellern.

Sprecherinfo von der Verlagsseite:

Julian Greis, Jahrgang 1983, wirkte in zahlreichen Theater-, TV- und Hörbuchproduktionen mit, u. a. in der erfolgreichen Hörspielvertonung von Wolfgang Herrndorfs Roman “Tschick”.

Fritzi Haberlandt wird als eine der wichtigsten Charakterdarstellerinnen Deutschlands gefeiert. Für ihre zahlreichen Film- und Theaterrollen gewann sie u.a. den Deutschen Filmpreis und wurde mehrfach zur Nachwuchsschauspielerin des Jahres gewählt.

Walter Kreye studierte an der Schauspielschule Bochum und spielte am Hamburger Thalia Theater, das Schauspielhaus sowie an der Schaubühne Berlin und an den Staatstheatern von Hannover und Stuttgart.
Seit Ende der 1980er Jahre ist Walter Kreye vor allem durch zahlreiche Rollen in Fernsehkrimis berühmt geworden, u. a. übernahm er 2007 die Titelrolle der erfolgreichen ZDF-Serie “Der Alte”. Zudem ist er die Stimme der Simenon-Hörbücher.

Friedhelm Ptok ist Schauspieler und Synchronsprecher. Seiner klassischen, sonoren Erzählerstimme folgt man gern in jedes Abenteuer.

Erster Satz:

Mein Vater war acht Jahre alt, als er 1939 mit seinen Eltern Frank und Annie Kessler die von den Nazis besetzte Tschechoslowakei verlässt..

Meinung:

Bücher oder auch Hörbücher, die das Thema “Holocaust” und “Zweiter Weltkrieg” behandeln, sprechen mich einfach an. So musste ich auch unbedingt “Als die Welt uns gehörte” von Liz Kessler, in diesem Fall, hören.

Allein der Inhalt, der aus der Sicht der drei Kinder Leo, Elsa und Max geschildert wird, ist heftig für ein Jugendbuch und es lässt einen auch nach Tagen des Hörens nicht mehr los. Ein jedes Jahr des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs wird jeweils aus der Sicht eines Kindes erzählt und jedes Mal stockte mir wieder der Atem beim Hören. Denn Greis, Ptok, Kreye und Haberlandt sprechen die Geschichte von Liz Kessler grandios. Ich musste es öfters unterbrechen, da ich mich wieder sammeln musste, und das ein oder andere Mal liefen mir die Tränen über die Wangen.

Leo und Elsa sind jüdische Kinder und wohnen in Wien. Max Vater ist strenger Nationalsozialist und so hat es Max nicht leicht, wenn er mit seinen Freunden Leo und Elsa den Nachmittag verbringen möchte. Der unterschwellige Hass gegen alles andere fängt langsam an, man spürt wie es anfängt, mit den Reden von Max Vater, das Abwenden von Menschen nach Österreichs Anschluss ans Dritte Reich und wie immer mehr Max indoktriniert wird durch die Hitler Jugend. Man spürt auch immer wieder, wie er sich innerlich dagegen wehrt und man ist einfach fassungslos.

Fassungslos ist man auch, wenn man Elsas Weg von der Flucht bis ins KZ verfolgt. Es erschreckt und Kessler hat mit der Grundlage durch ihren Jugendroman “Als die Welt uns gehört” den Sprechern einen starken Text vorgelegt, der zum einen fesselnd von Eva Riekert übersetzt wurde, als auch von den vier Sprechern grandios vertont wurde.

Jedes einzelne, sehr kurze Kapitel berührt einen. Der erste so glückliche Moment mit dem Riesenrad zu Beginn bis zum packenden Ende mit Leo in London. Das Hörbuch lässt einen nicht los und es wirkt immer noch nach.

Fazit

“Als die Welt uns gehörte” von Liz Kessler ist ein packender, fordernder Jugendroman, der unbedingt entweder gelesen oder gehört werden muss. Er fesselt von der ersten bis zur letzten Minute und lässt einen nachdenklich und traurig zurück, mit dem dringenden Wunsch: Nie wieder!

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Veröffentlicht am 25.05.2022

Warum ich nie aufgebe - ein Manifest

Manifesto. Warum ich niemals aufgebe. Ein inspirierendes Buch über den Lebensweg der ersten Schwarzen Booker-Prize-Gewinnerin und Bestseller-Autorin von »Mädchen, Frau etc.«
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Klappentext von der Verlagsseite:


»Bernardine Evaristo zeigt auf eindrückliche Weise, wie wir lernen können, uns trotz oberflächlicher Unterschiede anzuerkennen und wahrzunehmen.« Barack Obama

Frau. ...



Klappentext von der Verlagsseite:


»Bernardine Evaristo zeigt auf eindrückliche Weise, wie wir lernen können, uns trotz oberflächlicher Unterschiede anzuerkennen und wahrzunehmen.« Barack Obama

Frau. Schwarz. Lesbisch. Prekär. Schriftstellerin. Vierzig Jahre lang waren das die Stigmata, mit denen Bernardine Evaristo konfrontiert wurde. Doch von Anfang an hat sie dagegen angekämpft, dagegen angeschrieben, sich eingesetzt. Für einen Raum der Vielfalt und Toleranz für alle. In Manifesto geht sie erstmals die Stationen ihres Lebens durch, die Höhen und die Tiefen, und erzählt davon, wie sie schließlich die erste Schwarze Booker-Preisträgerin wurde – ein Manifest dafür, niemals aufzugeben.


Manifesto: Warum ich niemals aufgebe ist das intime, inspirierende und kompromisslose Zeugnis dafür, wie Bernardine Evaristo, Booker-Preisträgerin und Bestsellerautorin, es geschafft hat, ihren eigenen Weg zu finden und ihn allen Widerständen zum Trotz unbeirrt weiterzugehen.


1959 als Tochter einer englischen Mutter und eines nigerianischen Vaters geboren, aufgewachsen im armen Süden Londons, war sie dazu bestimmt, als Mensch zweiter Klasse gesehen zu werden. Rassismus wurde erst 1965 zur Straftat erklärt und bis zur gesetzlichen Gleichbehandlung der Frau dauerte es noch einmal zehn Jahre. Doch Bernardine Evaristo lernte schon von klein auf, dass es sich nicht lohnt, ihre Herkunft zu verstecken. Dass sie vielmehr gerade deswegen ihr Leben leben, sich ausprobieren muss.


Und so erzählt sie von ihren Lieben, ihrer Familie, aber auch ihrem Ringen mit der Kreativität und ihrer Suche nach einer eigenen Sprache für ihre Erfahrungen. Vom Ausprobieren queerer Beziehungen, dem Leben im künstlerisch-explosiven London der 80er und 90er Jahre und auch der Beharrlichkeit, die sie als Mensch, als Frau und als Autorin an den Tag gelegt hat, um ihre Ziele zu erreichen und schließlich 2019 als erste Schwarze Frau den Booker-Preis zu gewinnen und den internationalen Durchbruch zu schaffen.


Ein augenöffnendes Buch und mitreißendes Leseerlebnis.


Autoreninfo von der Verlagsseite:


Bernardine Evaristo wurde 1959 als viertes von acht Kindern in London geboren. Sie ist Professorin für Kreatives Schreiben an der Brunel University London und stellvertretende Vorsitzende der Royal Society of Literature. Für ihren Roman Mädchen, Frau etc. wurde sie als erste schwarze Schriftstellerin 2019 mit dem Booker-Preis ausgezeichnet.


Erster Satz:


Als ich 2019 für meinen Roman Mädchen, Frau etc. den Booker Prize erhielt, war ich plötzlich »über Nacht berühmt« – nach vierzig Jahren künstlerischer Arbeit.


Meinung:


Als erste schwarze Frau gewann Bernardine Evaristo für “Mädchen, Frau etc” den Booker Prize mit einem Buch, das eigentlich nicht ihrem Schreibstil der lyrischen Prosa entspricht, sondern einfach ein Prosawerk ist. Dass sie den Booker Prize gewann, ist direkt dreifach außergewöhnlich, denn sie ist eine Frau, schwarz und noch homosexuell für den Literaturbetrieb erstaunlich. Mit nun mehr sechzig Jahren hat sie nun ihre Biographie veröffentlicht, wieder in der Prosaform und sie zeigt ihren Lebensweg von ihrer Kindheit über ihre Anfänge am Theater und als Schriftstellerin. Aber sie geht auch ins Private hinein. So erzählt sie von ihrem Liebesleben und auch von den Schwierigkeiten, die sie als marginalisierte schwarze Frau in Großbritannien hat.


Immer wieder kommt sie in den sieben Kapiteln auf ihr Leben als People of Color und Feminstin zu sprechen. Sie erzählt eindrücklich von ihrer Kindheit mit einer weißen Mutter und einem nigerianischen schwarzen Vater. Wobei gerade die Familie ihres Vaters in der Kindheit keine große Rolle gespielt hat, denn er hat jeglichen Kontakt in seine nigerianische Heimat abgebrochen. So erfährt sie auch nichts von der Kultur und Sprache Nigerias, was sie aber erfährt ist, dass sie und ihre sieben Geschwister aufgrund ihrer Hautfarbe nicht als echte Engländerin angesehen wird. Denn obwohl sie in Großbritannien geboren ist, sehen sowohl die Nachbarn als auch die Oma mütterlicherseits sie nicht der britischen Gesellschaft zugehörig. Was dies für ein Kind bedeutet, versucht sie uns näherzubringen.


Sie sieht sich aber nicht als Opfer der Gesellschaft, sondern geht auch auf ihre eigenen Schwächen ein und wirkt dadurch authentisch. Die ersten beiden Drittel von Manifesto kann man eindeutig als Biographie bezeichnen, denn sie erzählt von ihrem Weg zur Booker Prize Gewinnerin, erzählt von den Frauen und Männern, die ihren Weg kreuzen, stellenweise begleiten und auch von ihrer Ausbildung an der Schauspielschule, am Theater, als Aktivistin und schließlich als Autorin. All dies immer im Kontext von Gender und Rassismus. Sehr gut erzählt und auch berührend.


Das letzte Drittel kommt dann wie ein Bruch vor. Hier ist es weniger autobiografisch, sondern eher ein Ratgeber. Passt dann auch zum Untertitel “Warum ich nie aufgebe”. Sie erzählt hier von den noch nicht ins Deutsche übersetzten Büchern, gibt Ratschläge zum Thema Schreiben, Persönlichkeitsentwicklung und positiven Denken. Irgendwie passt es für mich nicht zu den ersten beiden Dritteln und lässt einen faden Beigeschmack zurück, mit dem Mantra “nur positiv denken, dann klappt auch alles”. Das ist mir zu billig und einfach gestrickt. Denn nicht alles kann man nur mit positiven Denken, Engagement in der heutigen Zeit schaffen, vielleicht war dies in den siebziger und achtziger Jahren einfacher.


Fazit

“Manifesto” überzeugt auf den ersten zwei Dritteln mit der Lebensgeschichte von Bernardine Evaristo, aber mit dem letzten Teil nimmt die Wirkung des Buches in meinen Augen ab.

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Veröffentlicht am 09.05.2022

Jüdischsein in Deutschland

Nicht ohne meine Kippa!
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Klappentext von der Verlagsseite:

Mit Chuzpe gegen den Hass

Ohne Kippa geht Levi Ufferfilge nicht aus dem Haus. Tagtäglich bestreitet er mit dem kleinen Stück Stoff auf dem Kopf seinen Alltag. Doch das ...

Klappentext von der Verlagsseite:

Mit Chuzpe gegen den Hass

Ohne Kippa geht Levi Ufferfilge nicht aus dem Haus. Tagtäglich bestreitet er mit dem kleinen Stück Stoff auf dem Kopf seinen Alltag. Doch das Sichtbarsein als Jude bleibt nicht ohne Folgen: Antisemitische Anfeindungen, Beleidigungen und kuriose Begegnungen aller Art. Eine erhellende wie schockierende Erzählung über das Jüdischsein in Deutschland heute.

Levi Ufferfilges »Käppchen«, wie seine Großmutter liebevoll zu sagen pflegt, ist sein ständiger Begleiter. Die Kippa ist nicht nur sein liebstes Kleidungsstück, sondern sie erinnert ihn auch an die Zugehörigkeit zum Volk Israel, seiner Religion, seiner Kultur und daran, dass stets etwas über ihn wacht. Damit gehört er zu den wenigen Deutschen, die sichtbar als Juden zu erkennen sind. Dass es immer noch gefährlich sein kann, seinen Glauben so offen zu zeigen, hat auch er zu spüren bekommen. Ob im Zug, beim Einkaufen oder auf der Straße, oft muss er als Dauer-Interviewpartner, als Zuhörer und Tröster herhalten und ist Projektions- und Angriffsfläche für allerhand Klischees über Juden.

Manchmal ist es schwer, das auszuhalten. Doch Levi Ufferfilge lässt sich die Freiheit nicht nehmen, seine jüdische Identität offen zu zeigen. Damit ist er auch seinen Schülerinnen und Schülern ein Vorbild. Er lebt vor, wie man Religion, ihre Rituale und Traditionen, mit einem modernen Leben zusammenbringen kann und trägt damit dazu bei, das großartige jüdische Erbe wiederzuentdecken.
Autoreninfo von der Verlagsseite:

Levi Israel Ufferfilge, geboren 1988 im nordwestfälischen Minden, hat Jüdische Studien und Jiddistik studiert. Nach seiner Promotion ist er heute als Schulleiter der Jewish International School – Masorti Grundschule in Berlin tätig. Über seine Erfahrungen als sichtbarer Jude schreibt er auf Twitter unter dem Hashtag #juedischinschland und auf Facebook, wo seine Anekdoten eine große Leserschaft haben.
Erster Satz:

Schauen Sie sich den Buchdeckel noch einmal genau an.
Meinung:

Levi Israel Ufferfilge hat mir sehr deutlich gemacht, was Jüdischsein in Deutschland bedeutet. Es gibt immer mehr antisemitische und rassistische Vorfällt in Deutschland und jede neue Tat ist eine Tat zu viel. Es ist erschreckend, dass wir nichts aus der Vergangenheit gelernt haben und uns so verhalten.

Ufferfilge schildert diese Vorfälle sehr genau. Durch seinen humorvollen Schreibstil, der keineswegs die Vorkommnisse ins Lächerliche zieht, ist es sehr anschaulich und unterhaltsam. Gelinde gesagt, ich musste mich Fremdschämen. Wieso ist es so unbegreiflich und so schwer vorstellbar, dass man Juden, die Kippa tragen sieht? Wieso muss man das kommentieren? Warum muss man sie anfeinden? Es geht mir nicht in den Kopf hinein und bei wirklich jeder Szene im Buch habe ich den Kopf geschüttelt. Nicht weil ich es nicht glauben konnte, sondern weil ich es einfach unmöglich fand.

Levi Israel Ufferfilge erzählt auch viel aus dem jüdischen Leben und nicht nur über Anfeindungen. So ist dieses Buch nicht nur eine Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus in Deutschland, sondern auch mit dem jüdischen Leben hier. Um Letzteres zu verdeutlichen, erzählt er immer wieder von seiner Familie und macht so vieles verständlicher.

Beim Lesen der zweihundertundacht Seiten habe ich viel gelernt und nicht nur vom jüdischen Leben, sondern auch jüdische Worte, die wir hier selbstverständlich nutzen.

Ich habe das Buch sehr gerne gelesen und ich schwankte bei jeder Seite zwischen Fassungslosigkeit und Traurigkeit. Ein Buch, das jeder gelesen haben soll.

Fazit

Ein Buch, das einen auch nach dem Lesen nicht loslässt und zum Nachdenken anregt.

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