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Veröffentlicht am 22.01.2024

Eine facettenreiche und fesselnde Charakterstudie

Das Damengambit
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Handlung: Nachdem ich letztes Jahr im Sommer die Netflix-Miniserie "The Queen´s Gambit" begeistert verschlungen habe, stand für mich fest, dass ich auch die Buchvorlage dringend lesen muss. Schon nach ...

Handlung: Nachdem ich letztes Jahr im Sommer die Netflix-Miniserie "The Queen´s Gambit" begeistert verschlungen habe, stand für mich fest, dass ich auch die Buchvorlage dringend lesen muss. Schon nach wenigen Kapiteln habe ich bemerkt, dass die Serie nur ganz leichte Abweichungen der Handlung vorgenommen hat und ich deshalb bei beinahe jeder Szene sofort ein getreues Abbild aus der Serie vor Augen hatte. So bot der erneute Gang durch Beths Leben zwar nur wenige Überraschungen, ich wurde aber umso mehr zurück in die fesselnde Atmosphäre gesogen, die die Serie bereits aufgebaut hatte.

Schreibstil
: Walter Tevis schreibt sehr nüchtern und beinahe emotionslos, sodass sich dieser Roman mehr wie eine Aneinanderreihung von Geschehnissen wirkt als eine lebendige Erzählung. In Kombination mit den häufig seitenweisen Schachbeschreibungen, über die ich als Laiin nur grob hinweggelesen habe, hätte mich die Geschichte also eigentlich nicht besonders fesseln sollen. Allerdings entwickelt die Geschichte egal ob im Buch oder in der Serie durch subtile Andeutungen und raffinierte Zeitsprünge dennoch eine Sogwirkung, die selbst nicht-Schach-Fans mitfiebern lässt. Die Besessenheit der Figur mit diesem Spiel, die Herangehensweise des Lernens, das Spielen im Kopf und die Rolle als Rettungsanker in einem ansonsten von derben Rückschlägen geprägten Leben hat mich inhaltlich an Stefan Zweigs "Schachnovelle" erinnert, welche mich damals beim Lesen ebenfalls sehr fasziniert hat. Dabei erzählt der Roman genau wie die Serie trotz des Settings in den 60er Jahren eine feministische und moderne Geschichte einer Frau, die sich trotz schlechter Startvoraussetzungen, Kindheitstraumata und Substanzabhängigkeit an die Spitze einer männerdominierten Domäne kämpft. Dennoch merkt man am Umgang mit einigen Themen sowie vereinzelten Formulierungen, dass der Roman bereits 1983 veröffentlicht wurde. Denn hin und wieder scheinen klassische Rollenbilder und internalisierter Rassismus leicht durch und zusätzlich gibt es eine fragwürdige Szene, die scheinbar ohne Grund zu Beginn auftaucht und nie aufgearbeitet wird, welche in einer Neuveröffentlichung wohl nicht vorkommen würde und auch in der Serie gestrichen wurde.

Figuren
: In der Serie habe ich bereits sehr großen Gefallen an der Hauptfigur Beth Harmon gefunden, die erstklassig von Anya Taylor-Joy verkörpert wird. Die Darstellerin vermochte es nuanciert die Höhen und Tiefen in der Entwicklung und Erfolgsgeschichte ihrer Figur darzustellen und Beth zu einer komplexen Figur mit einer faszinierenden Mischung aus Verletzlichkeit, Intelligenz und Ehrgeiz zu machen. Auch im Roman werden die vielen Facetten von Beths Charakter großartig gegenübergestellt: die Dämonen der Figur, die sich in Alkohol- und Drogensucht äußern und dem Rausch des Sieges einen bitteren Beigeschmack verleihen, der schmale Grat zwischen Genie und Wahnsinn und zuletzt die Beziehungen zu den Nebenfiguren, die das langsame Erwachsenwerden der Figur begleiten. Allerdings hat mir hier an einigen Stellen etwas Tiefe gefehlt, da der Autor mit seiner nüchternen Erzählweise über viele emotional schwierige Szenen in Beths Leben ziemlich schnell hinweggeht. Beths Emotionen und Gedanken bei tiefen Einschnitten in ihrem Leben wurden für mich in der Serie deutlicher als im Roman, weshalb ich mir nicht sicher bin, ob die Geschichte auf mich einen ebenso großen Eindruck hinterlassen hätte, wenn ich die Serie zuvor nicht bereits gesehen hätte. So konnte ich gedanklich Leerstellen mit meiner Erinnerung aus der Serie füllen und die Geschichte trotzdem vollends genießen.


Die Zitate


“It's an entire world of just 64 squares. I feel safe in it. I can control it; I can dominate it. And it's predictable. So, if I get hurt, I only have myself to blame.”

“She was alone, and she liked it. It was the way she had learned everything important in her life.”

“My experience has taught me that what you know isn’t always important.” “What is important?”
“Living and growing,” Mrs. Wheatley said with finality. “Living your life.”

“And what did being women have to do with it? She was better than any male player in America. She remembered the Life interviewer and the questions about her being a woman in a man's world. To hell with her; it wouldn't be a man's world when she finished with it.”


Das Urteil:


"Das Damengambit" ist eine facettenreiche und fesselnde Charakterstudie über den Werdegang des fiktiven Schachgenies Beth Harmon, dessen nüchterner Schreibstil man allerdings mögen muss. Fans der Serie werden hier voll auf ihre Kosten kommen, andere könnten sich womöglich am nicht ganz zeitgemäßen Umgang mit einzelnen Themen sowie fehlender Tiefe in ausgewählten Szenen stören. Für mich handelt es sich hier also um einen der wenigen Fällen, in dem die Verfilmung tatsächlich besser gelungen ist als die Buchvorlage!

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Veröffentlicht am 22.01.2024

Nimmt mit in eine verrückte, düstere, lockende Welt - bunt, schillernd, glamourös und sexy!

Idol - Gib mir die Welt
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Kennt ihr diese Bücher, deren Lektüre eigentlich völlige Zeitverschwendung wäre, wenn es nicht so unglaublich Spaß machen würde, sie zu lesen? Dieses Buch ist so eine Geschichte. Wir haben es hier im Grunde ...

Kennt ihr diese Bücher, deren Lektüre eigentlich völlige Zeitverschwendung wäre, wenn es nicht so unglaublich Spaß machen würde, sie zu lesen? Dieses Buch ist so eine Geschichte. Wir haben es hier im Grunde mit einer typischen, klischeehaften Rock-Star-Romanze zu tun, deren Unterhaltungswert allerdings trotzdem enorm ist! Manchmal muss es eben doch eine Romanze sein...

Das Cover bereitet schon gut auf die folgende Geschichte vor: bunt, schillernd, glamourös und sexy. Wir sehen den dunklen Umriss eines Musikers mit einer Gitarre in der Hand vor einem hellen Durcheinander aus Nebel, Scheinwerferlicht und Schattenspielen. Durch die verschiedenen Farben und Lichtstufen ist das Cover ein wirklicher Eye-Catcher, die Aufmerksamkeit wird auch gleich auf den großen Titel gerichtet. Auch wenn es nicht das schönste Cover ist, das ich je gesehen habe, passt es gut zur Geschichte und macht etwas her.

Erste Sätze: "Musik kann dein Freund sein, wenn du keinen hast, dein Liebhaber, wenn dich die Lust überkommt. Deine Wust, deine Trauer, deine Freude, dein Schmerz. Deine Stimme, wenn du deine eigene verloren hast. Ein Teil davon zu sein, der Soundtrack für jemandes Leben zu sein, ist wunderschön!"

Auf dieses Zitat von Killian folgt ein krasser, zweigeteilter Prolog, in dem aus Killians Sicht ein Teil der Vergangenheit und aus Libbys Sicht ein Teil der Zukunft beschrieben wird. Schon nach den ersten kraftvollen Worten hatte mich die Geschichte am Haken. Diese Kraft des Rhythmus´, die Dynamik der Massen und allgemein die Macht der Musik, die Leidenschaft, die Harmonie, wie sie hier auf diesen 420 Seiten beschrieben wird - die ist nur schwer zu umfassen und wird von Killians Zitat eigentlich ganz gut getroffen: man will ein Teil davon sein! Und durch diesen Roman werden wir für kurze Zeit Teil dieser verrückten, düsteren, lockenden Welt...

"Hast du je darüber nachgedacht?", flüstere ich. Sie sitzt vor mir. Ihre Haut schimmert im Abendlicht golden, ihre Augen glänzen wie matte Juwelen. Sie ist so verdammt wunderschön, dass es mir das Herz bricht. "Wie es wäre? Du und ich?"

Besonders gut gefällt mir, dass wir nicht auf die übliche "unscheinbares Mädchen schneit durch Zufall in das Leben des großen, mächtigen Rockstars"-Weise in die Geschichte einsteigen. Im Gegenteil: wir bekommen einen recht jämmerlichen, abgewrackten Typen präsentiert, der betrunken mit dem Motorrad in einen fremden Garten brettert und die wütende Besitzerin des Grundstücks auch noch ankotzt. Da sie dann doch Mitleid mit der Witzfigur hat, kümmert sie sich um ihn - nur um am nächsten Tag feststellen zu müssen, dass die Nervensäge ihr neuer Nachbar ist und in nüchterner, gewaschener Form durchaus besser aussieht und mehr Anziehung auf sie ausübt, als sie gedacht hätte. Dass die beiden, aus verschiedenen Gründen vor der Zivilisation geflohen, auf einer abgelegenen Insel leben, sonst keine Menschenseele in die Gegend kommt und Killian für seinen unrühmlichen Auftritt Wiedergutmachungsarbeit leisten muss, beschleunigt das Unvermeidliche noch: die beiden kommen sich schnell näher. Dass Killian mit Nachnamen James heißt und Leadsänger von Kill John, der berühmtesten Rockband der Welt ist, was ihn damit zu einem absoluten Rockstar macht, spielt für die Entwicklung ihrer Beziehung erstmal gar keine Rolle - denn Libby hat davon keine Ahnung, bis sie es durch einen Zufall herausfindet. Und damit geht für sie die Tür in eine neue, schillernde Welt auf, in der sie die Erfüllung ihres sehnlichsten Traumes und gleichzeitig ihre schlimmsten Ängste auf sie warten...

"Wir singen, spielen und versuchen einander mit unserer obskuren Liedauswahl zu übertreffen. Und der Bus fährt unterdessen über den endlosen dunklen Highway. Ich weiß nicht, wo wir sind. Aber das ist nur Geografie. Zum ersten Mal habe ich eine Ahnung davon, wer ich wirklich bin."

Ganz wunderbar ist, dass das Kennenlernen in einem total isolierten Rahmen eine totale Fokussierung auf die beiden Protagonisten und ihre Beziehung zueinander ermöglicht und die beiden von Anfang an auf Augenhöhe agieren. Es gibt nichts Nervigeres als Protagonistinnen, die sich total unterordnen, doch das kann man Libby nun wirklich nicht vorwerfen, was sie mir sehr sympathisch gemacht hat. Das wird auch vor allem dadurch erreicht, dass Libby selbst eine äußerst talentierte Musikerin und Sängerin ist und viel Potential mitbringt. Libby ist zu keinem Moment der Handlung ein kleines, naives Fan-Girl, das ihrem großen Idol hinterherrennt, sondern eine starke junge Frau, die durch die etwas andere Einführung in die Geschichte Killian ebenbürtig ist. Als Tochter zweier Musiker, die aber bei einem Unfall vor Jahren gestorben sind, hat Musik schon immer eine wichtige Rolle in ihrem Leben gespielt. Heimlich träumte sie auch schon seit Langem von einer Karriere und schrieb heimlich Songs. Doch dass plötzlich ein junger Mann in ihrem Leben auftaucht, sich als Killian James entpuppt und sie mit auf seine Tournee nehmen will, hätte sie nie zu träumen gewagt. Doch um dieses Angebot annehmen zu können muss Libby erstmal ihre Ängste besiegen, aus ihrer Isolation treten und ihre Vergangenheit fertig verarbeiten. Und als sie schließlich zu sagt, weiß sie noch nicht, dass viele neue Probleme der Rockwelt auf sie warten, die sie und ihre Liebe zu Killian auf die Probe stellen...

"Babe, wenn ich irgendetwas über Gelegenheiten gelernt habe, dann dass man selbst dafür sorgen muss, dass sie sich ergeben. Angst wird dich nur behindern. Du kannst die ganze Welt haben. Du musst nur danach greifen."
"Ich brauche die Welt nicht", flüstert sie.
"Was brauchst du dann?", frage ich ebenso leise.
Sie lässt die Hände zu meinem Hals wandern und schmiegt ihre Lippen an mein Gesicht.
"Dich."

Auch Killian ist ganz anders als das typische Klischee und auch wenn er natürlich dem Genretypischen Standard "sexy, heiß und mit Problemen belastet" entsprechen muss, ist er zu keinem Zeitpunkt der typische Bad Boy, was ich der Autorin wirklich hoch anrechne! Durch den stetigen Perspektivenwechsel zwischen Libby und ihm, konnte ich mich auch sehr gut in ihn einfühlen und nachvollziehen, was ihn in die Isolation getrieben hat. Zuzusehen, wie die beiden sich gegenseitig und durch die Musik wieder aufbauen und dann zusammen auf der Bühne stehen hat wirklich unglaublich viel Spaß gemacht.

"Spiel mit mir Liberty." Ich bringe einen erstickten Laut hervor. Ich kann vor Killian James keine Musik machen. Mit dem Mann Killian fühle ich mich wohl, aber der Musiker Killian schüchtert mich ein. Seine Stimme ist legendär - stark, rein und kräftig, mit einer Rohheit, die sich in die Seele des Zuhörers bohrt und daran zerrt. Er singt, und du spürst, dass er es nur für dich tut. Er nimmt deinen Schmerz, deinen Ärger, deine Freude, deinen Zorn, deine Trauer und deine Liebe und gibt ihnen eine Stimme."

Leider umfasst die bisherige Schilderung nur das erste Drittel des Buches. Im Anschluss, während die beiden zusammen auf Tour sind, wird die Handlung nämlich sehr unstringent, es ist zwischenzeitlich nicht ganz klar, wohin die Geschichte führt. Es scheint mir, dass die Autorin es für nötig gehalten hätte, die Zeit zwischen den Auftritten und den Liebesszenen mit irgendwelchen Problemen zu füllen und das Ergebnis dessen war ein Mittelteil mit viel unnötigem Hin und Her, wirklich nervigen Missverständnissen und unverständlichen Handlungsweisen, die alles vermeidbar komplizieren. Während viele Teile der Handlung durch riesige Zeitsprünge seltsam gerafft werden, kamen mir viele Probleme der Figuren künstlich und aufgebauscht vor. Vor einer Leseflaute hat mich in diesem Mittelteil nur die Einführung spannender neuer Charaktere wie zum Beispiel der wunderliche Manager Scottie, die aufgeweckte PR-Frau Brenna und natürlich die anderen Mitglieder von Kill John, Jax, Whip und Rye und deren unterhaltsames Zusammenspiel gerettet.

„Stunden werden zu Tagen, Tage zu Monaten. Und bevor man weiß, wie einem geschieht, sind Jahre vergangen, und man ist zu dieser Person geworden, zu jemandem, den das jüngere Ich nicht mal mehr erkennen würde. Meine Eltern sind gestorben, und irgendwie bin ich es auch. (…) Ich habe mich einfach zurückgezogen und bin nie wieder aufgetaucht. Killian wollte mich mit Gewalt zurück in die Welt der Lebende zerren. Jetzt ist er fort. Und ich habe ihn gehen lassen!"

Insgesamt hat mir die Darstellung der Kraft der Musik sehr imponiert und auch wenn ich die Sprache an einigen Stellen viel zu derb und die Ausdrucksweise der Charaktere manchmal als störend empfunden habe, hat mir der ehrliche Schreibstil der Autorin grundsätzlich gefallen. Auch der Witz und Humor, der den Umgang der Protagonisten Großteils prägt hat die Lesestimmung verbessert. In Zusammenspiel mit der sich zuerst leise entwickelnden Beziehung der Protagonisten hat die wilde Mischung aus Nervenkitzel, Adrenalinrausch, Scheinwerferlicht, Musik, Ruhm neben den Schattenseiten der Berühmtheit wie Groupies, Drogen, Paparazzi, Abhängigkeit vom Plattenvertrag, die in schnellem Tempo immer wieder gegenüber gestellt werden, die mitreißende Wirkung des Romans ausgemacht.

"Ihre Stimme ist wie geschmolzene Butter auf Toast. Sie ist voller Sehnsucht, weich und heiser. Verlangen. Darin steckt so viel Verlangen. Und Schmerz. (…) "Wunderschön", krächze ich um den Kloß in meiner Kehle herum. "Du bist wunderschön." Ich weiß mit einer unheimlichen Ruhe, dass ich in meinem ganzen Leben nie wieder etwas oder jemand so Umwerfendes sehen werde. Alles hat sich verändert. Alles!"

Vor allem hat mir aber gefallen, wie viele Anspielungen auf ältere Rocksongs, deren Künstler und wahre Geschichten sich hinter der Handlung verbergen. Natürlich führt der Titel "Idol" erstmal zu Killian und Kill John, doch es geht im Hintergrund auch viel um wahre Musikidole der vergangenen Dekaden, allen voran Kurt Cobain, David Bowie und Prince, die auch in der Widmung der Autorin erwähnt sind. Für alle, die sich nicht für die Rockmusik des letzten Jahrhunderts interessieren, werden viele Dinge in der Geschichte wohl unverständlich sein, doch Kristen Callihan hat wohl recht, wenn sie schreibt, dass uns diese Rockidole viel zu früh genommen wurden.

„Liebe bricht einem das Herz und bringt einen durcheinander…Sie ist ein perfektes, alles verschlingendes Chaos.“


Das Ende hat mir dann nach dem eher schwächelnden Mittelteil wieder gut gefallen. Auch wenn ich es als sehr abgeschlossen empfinde und nicht genau weiß, was Kristen Callihan in den folgenden Bänden noch thematisiere will, werde ich auf jeden Fall die Fortsetzung lesen!



Fazit:


Nimmt mit in eine verrückte, düstere, lockende Welt - bunt, schillernd, glamourös und sexy! Trotz des schwachen Mittelteils eine ausdrucksstarke Romanze, die vor allem durch den wilden Mix aus Nervenkitzel, Rhythmus und Leidenschaft aber auch den Schattenseiten des Ruhmes und erstaunlich viel Feingefühl besticht.

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Veröffentlicht am 18.01.2024

Ein uninspiriertes und nicht überzeugendes Finale!

Bronwick Hall – Dornenkrone
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Hexen, Unterwelt, Dark Academia und Forbidden Romance zwischen einem Professor und einer Studentin - in meinen Romantasy-begeisterten Ohren konnte "Bronwick Hall" gar nicht vielversprechender klingen, ...

Hexen, Unterwelt, Dark Academia und Forbidden Romance zwischen einem Professor und einer Studentin - in meinen Romantasy-begeisterten Ohren konnte "Bronwick Hall" gar nicht vielversprechender klingen, also habe Band 1 der Dilogie gleich im August 2023 gelesen. Nachdem Band 1 mich neugierig gemacht hat, war ich sehr gespannt, wohin Laura Labas ihre Dilogie in ihrer Fortsetzung, "Bronwick Hall - Dornenkrone" führen würde. Leider schien das die Autorin selbst nicht so ganz zu wissen und so haben wir es hier mit einem aus meiner Sicht leider uninspirierten und nicht überzeugenden Finale zu tun.

Die Gestaltung ist wie bei allen Laura-Labas-Büchern wirklich toll. Winterlich, magisch, düster und edel wirken die roségoldenen Motive wie eine Schlange, ein Parfümflakon, Kerzen und Blumenelemente auf silberweißem Grund. Damit greift Band 2 die wichtigsten Motive von Band 1 auf, kehrt das Farbschema allerdings um, sodass die beiden Cover nebeneinander wie zwei Gegensätze aussehen. Auch der Titel passt sehr gut zur Geschichte. Abgerundet wird die tolle Gestaltung durch den detailreichen Farbschnitt, der das Covermotiv und den Titel auf der langen Buchkante fortsetzt. Das Buch bekommt also definitiv trotz seines nicht ganz überzeugenden Inhalts einen Sonderplatz im Regal!!!

Erster Satz: "Ich blickte auf den leblosen Körper meiner Schwester."

Nach einem kurzen Rückblick über 200 Jahre in Blaines erstes Leben, setzt die Handlung direkt am Ende von Band 1 an. Blaines jüngerer Bruder Alston wurde von ihrem Vater und ihrem Onkel entführt und sie selbst steht nach dem Angriff auf dem Friedhof in Verdacht, ebenfalls den Kalten anzugehören. Da sie den Autoritäten nicht vertrauen kann, beschließt sie, sich selbst bei den Rebellen einzuschleusen, um ihren Bruder zu retten. Unterstützung erhält sie von ihrem Schein-Verlobten Karan und ihrer ehemaligen Mitbewohnerin Linden, während Professor Henry Saints auf Abstand zu ihr geht, als sie sich an immer mehr Details aus ihrem vorherigen Leben zu erinnern beginnt. Wie passen die Puzzleteile zusammen? Wer war Blaine in ihrem ersten Leben? Was wollen die Rebellen von ihr? Und wie können sie den Fluch lösen, der auf den Titanen liegt und auch Henrys Leben bedroht...?

Die Handlung startet von einer grundsätzlich sehr interessanten Ausgangslage aus und hätte das Potenzial gehabt, nach und nach viele der aufgestellten Fragen zu klären, das Worldbuilding auszubauen, Hintergründe zum Magiesystem und dem Fluch der Titanen zu liefern sowie die Liebesgeschichte der Hauptfiguren voranzutreiben und ein spannendes Finale zu erzählen. Leider passiert allerdings über ca 70% der Handlung hinweg erstmal: gar nichts. Während die Figuren ihrem normalen Alltag nachgehen, werden immer wieder neue Fragen aufgeworfen und als kurze Appetizer Mini-Action-Szenen eingestreut, diesen gelingt es allerdings nicht, einen Spannungsbogen zu bilden und sich zu einem schlüssigen Gesamtplot zusammenzusetzen. Selbst das sogenannte "Einschleusen bei den Rebellen", was im Klapptext angepriesen wird, ist ein kurzer Ausflug, der dann allerdings nicht wirklich weiterverfolgt wird. Generell macht die Autorin hier fünfzig spannende Handlungsansätze auf, ohne allerdings nur einen von ihnen konsequent zu verfolgen.

Zusätzlich blitzen durch das recht fadenscheinige Plotkonstrukt immer mehr NA-Fantasy-Klischees wie Rebellen, eine geheimnisvollen Vergangenheit der Hauptfigur, sich plötzlich offenbarende Special-Snowflake-Fähigkeiten und Erinnerungen an frühere Leben durch. In Kombination mit einigen Plotholes sorgte dies dafür, dass ich nur schleppend durch die ersten zwei Drittel des Buchs kam. In den letzten Kapiteln wird es dann temporeicher und spannender. Allerdings fehlte für den recht schnell erzählten Showdown jegliche Grundlage in Form von Worldbuilding und Hintergrundinformationen, sodass ich schlichtweg nicht wusste, was nun passiert und aus welchem Grund dies geschieht. So blieben für mich am Ende viele Fragen unbeantwortet und Chancen ungenutzt.

"Sein Gesicht wurde durch das grüne Licht mit unheimlichen Schatten gezeichnet. Wieder traf es mich unerwartet, wie schön er aussah. Wie vollkommen er war. Trotz seiner Fehler. Oder womöglich gerade deshalb. Für ein paar kurze Augenblicke vergaß ich zu atmen. Die Worte lagen mir auf der Zunge, aber ich konnte sie nicht aussprechen. Ich habe dich vermisst. Ich brauche dich. Bitte bleib bei mir."

Die Grundidee, die ich in Band 1 so charmant gefunden hatte, wird hier leider nur minimal weiterentwickelt. In "Bronwick Hall - Dornengrift" wurde ich davon überrascht, dass wir es hier nicht mit einem klassischen Urban Fantasy Setting zu tun haben. Stattdessen lebt das Hexenvolk, das von den Titanen aus ihrer Heimat, der Unterwelt, vertrieben wurde, in magischen Dimensionstaschen unerkannt in der Menschenwelt. Eine von diesen Dimensionsfalten ist die Hexenakademie Bronwick Hall, in der junge Hexen lernen, die verschiedenen Magiearten zu beherrschen, um später verschiedene Jobs - von Mutmundi, über Grablichter bis zu Giftmischern ist einiges im Angebot - im Dienst der Kaizerin anzutreten.

Ich hatte mir von Band 2 erhofft, offengebliebene Fragen zu beantworten, zum Beispiel: Was ist mit den Titanen passiert? Weshalb sind sie böse? Was hat zur Vertreibung der Unterweltler geführt und welche Rolle hat Blaine dabei gespielt? Wodurch hat Henry den Fluch auf sich gezogen? Wer ist die "siebte Schwester"? Leider erfahren wir allerdings praktisch nichts Neues über die Unterwelt, die Titanen und die vorherigen Leben der Hauptfiguren, was mich am meisten enttäuscht hat. Stattdessen wirft die Autorin noch neue Fragen auf, die nie beantwortet werden: Was ist die Dornenkrone? Wie funktionieren die Wiedergeburten? Was beinhaltet Henrys Fluch? Was wusste die Kaizerin? Und vor allem: was sollte mir dieses Ende sagen...? Dieses Buch war für mich also eine Mischung aus Verwirrung und Enttäuschung....

"Mein Blick klebte an Professor Saints. An dem Mann, den ich in mein Herz gelassen hatte. An dem Hexer, der mir gezeigt hatte, dass ich stärker war, als ich glaubte. An dem Unterweltler, der mich in seiner dunklen Stunde gebraucht hatte."

Dazu passen leider auch die Figuren. Auch wenn Hauptfigur Blaine schon in Band 1 zunächst etwas hölzern und widersprüchlich wirkte, sich dann aber im Verlauf der Handlung eingroovte und mir noch ans Herz gewachsen ist, konnte sie mich hier nicht vollständig überzeugen. Das lag vor allem daran, dass sie in meinen Augen nicht genügend Zeit bekam, ihre alten Erinnerungen und neuen Erkenntnisse in ihr Selbstbild zu integrieren und für mich als Figur deshalb zeitweise schwer greifbar war. Auch die Nebenfiguren inklusive des Love Interests Henry Saints bekommen leider nicht die Tiefe und Hintergründe, die ich mir gewünscht hätte, sodass mich die weitere Entwicklung der Liebesgeschichte nicht wirklich berührt hat. Auch andere Beziehungen wie Blaines Verhältnis zu ihrem Vater, zu ihrem Onkel Mr. White, ihrem kleinen Bruder Alston, ihrer Freundin Linden oder ihrer Großmutter wurden beinahe vollkommen vergessen, sodass vor allem ihre Aussöhnung mit ihrer Familie für mich nicht richtig glaubwürdig war und die meisten Figuren mir mit der Zeit egal wurden.

Laura Labas´ magische, bildhafte und düstere Art zu schreiben, hat mir auch hier wieder gut gefallen, aber selbst der witchy-Dark-Academia-Vibe konnte die Geschichte für mich leider nicht mehr retten. So bleibt für mich festzuhalten, dass sich die Schwächen, die ich schon in Band 1 gesehen habe, hier leider manifestiert haben und Band 2 meine Erwartungen und Hoffnungen für ein Finale nicht gerecht werden konnte.

"Ich will dich. Alles von dir. Und ich lasse mich nicht unter irgendeinem Vorwand von dir wegstoßen. Allerdings lasse ich mich auch nicht endlos verletzen. Du musst dir also klar darüber werden, ob es das wer ist. Ob du mich wirklich gehen lassen kannst." "Wir werden unser gegenseitiger Untergang sein."


Fazit:


"Bronwick Hall - Dornenkrone" konnte mich leider nicht überzeugen. Laura Labas kann das enorme Potenzial ihrer Geschichte über Hexen, Titanen, eine dunkle Akademie und verbotene Liebe leider nicht nutzen und ließ mich enttäuscht und verwirrt zurück.

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Veröffentlicht am 16.01.2024

Eine action- und wendungsreiche Fortsetzung

Throne of Glass – Königin der Finsternis
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Nachdem Sofia und ich mit "Throne of Glass - Die Erwählte" unseren Buddy-Reread der "Throne of Glass"-Reihe gestartet haben, sind wir mittlerweile bei Band 4 angelangt. "Throne of Glass - Königin der Finsternis" ...

Nachdem Sofia und ich mit "Throne of Glass - Die Erwählte" unseren Buddy-Reread der "Throne of Glass"-Reihe gestartet haben, sind wir mittlerweile bei Band 4 angelangt. "Throne of Glass - Königin der Finsternis" habe ich zuletzt im April 2017 gelesen und eine Rezension geschrieben. Da sich meine Meinung und meine Perspektive auf die gesamte Reihe sechs Jahre später weiterentwickelt hat, habe ich beschlossen, nach meinem Reread neue Rezensionen zu verfassen.

"Auf die neue Welt!", sagte die Königin von Terrasen. Der König von Ardalan hob ebenfalls sein Glas, und trotz der tiefen Schatten, die in seinen Augen tanzten, war dort auch ein Funkeln Leben zu erkennen. "Auf die Freiheit!"

Immer wenn ich ein altes Lieblingsbuch rereade, habe ich ein wenig Angst, dass sich meine Wahrnehmung zu stark verändert hat und ich bei einem erneuten Lesen ernüchtert und enttäuscht zurückbleibe. Diese Sorge hätte ich mir bei "Throne of Glass" nicht machen müssen. Die Geschichte von Celaena/Aelin hat mich genau wie beim ersten Lesen von der ersten Seite an mitgerissen und wieder überzeugen können. Zwar hat auch "Throne of Glass - Königin der Finsternis" wie alle Bücher der Reihe im ersten Drittel einige Längen, da sich die Autorin hier viel Zeit nimmt, die vielen Handlungsstränge weiterzuentwickeln, dennoch entfaltet sich hier die epische Magie, die diese Reihe zu einer meiner absoluten All-Time-Favorites macht! Nachdem wir Celeana zuerst im harten Wettkampf als kaltherzige Assassine kennenlernten, der zweite Teil sich dann eher auf die Intrigen am Hof des Königs konzentrierten und wir im dritten Teil das magische Erbe unserer Hauptfigur entdeckt haben, sehen wir in Band 4 nun, wie sie in einer wunderbaren Mischung aus ruhigen Momenten, gewitzten Plänen, epischen Wendungen und actionreichen Szenen als dunkle Königin aus den Schatten aufersteht und ihre Feinde ins Visier nimmt...

Erster Satz: "In der Dunkelheit lauerte etwas."

Mit diesen Worten beginnt der vierte Teil, der nun wieder zurück nach Ardalan führt. Als Celaena Sardothien nach ihrem Abenteuer in Wendlyn nach Rifthold zurückkehrt, ist sie nicht mehr die grausame Assassinen, sondern Aelin Galathynius, Königin von Terrasen. Während sie Rache an ihrem früheren Meister Arobynn nimmt, die Suche nach den Wyrdschlüsseln aufnimmt und einen Plan zur Rückkehr der Magie schmiedet, schläft auch ihr Feind nicht. Der König von Ardalan verbirgt seine Machenschaften nicht länger im Schatten der Ferianschlucht, sondern macht seine Streitkräfte in Morath einsatzbereit. Noch dazu tickt die Uhr, um den von den Valg versklavten Kronprinzen Dorian, sowie Aelins todgeglaubten Cousin Aedion aus den Fängen des Königs und vor dem sicheren Tod zu bewahren und mit dem Fae-Kriegerin Lorcan ist ihr auch ihre Tante Maeve auf den Fersen. Um dies zu schaffen, muss Aelin mehr sein, als sie jemals zuvor war: eine Kriegerin, eine Frau, eine Assassine, eine dunkle Königin!!!

"Sie war die Erbin des Feuers. Sie war Feuer, Licht, Asche, Glut. Sie war Aelin Feuerherz und sie verbeugte sich vor nichts und niemandem außer vor der Krone, die ihr gehörte, durch ihr Blut, ihr Überleben und ihren Triumph."

Genau wie schon in Band 3 wird die Geschichte in verschiedenen Handlungssträngen an verschiedenen Orten vermittelt. Wie zuvor wechselt die Autorin dafür zwischen dem personalen Er-Erzähler ihrer Hauptfiguren hin und her und gibt durch die zwei Haupthandlungsplätze Rifthold und die Ferianschlucht einen guten Überblick über das Geschehen. Dabei greift die Autorin nun immer mehr der gezielt verteilten Hinweise aus den ersten drei Bänden auf und führt die Handlung auf überraschende Weise in eine bereits angedeutete Richtung. Auch wenn ich die gesamte Reihe ja bereits kenne und theoretisch weiß, was passieren wird, konnte sie mich immer wieder überraschen und mit plötzlichen Wendungen an der Nase herumführen. Denn in den sechs Jahren, seitdem ich dieses Buch zuletzt gelesen habe, habe ich unfassbar viele Details und Verbindungen wieder vergessen, sodass es nun umso mehr Spaß macht, zu sehen, wie sich vor meinen Augen wieder das komplexe Handlungskonstrukt enthüllt, dem ich bis zum actionreichen, dramatischen und unglaublich mitreißenden Schluss nur gebannt folgen konnte.

"Hier sind wir also", sagte Dorian schließlich.
"Am Ende des Weges", entgegnete Aelin mit einem schiefen Lächeln.
"Nein", widersprach Chaol und lächelte selbst vorsichtig. "Am Anfang des nächsten!"

Auch der Aspekt der Magie, der bislang nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat, da sie in Ardalan nicht mehr gewirkt werden kann, tritt hier mehr in den Vordergrund und ergänzt die Geschichte perfekt und schlüssig. Während die Reihe bisher durch den klassischen Fantasy-Aufbau noch recht einfach war, beginnt die Reihe nun ihre ganz besondere, düster-magische Atmosphäre zu entwickeln. Über Sarah J. Maas´ Schreibstil habe ich schon seitenweise Lobreden geschwungen, die ich eigentlich nur wiederholen kann. Ihre große Stärke ist es, dass sie auch bei komplexen Worldbuildings, vielen Figuren und unübersichtlichen Actionszenen nie das Wesentliche aus den Augen verliert, einzelne interessante Aspekte gekonnt herausspickt und präzise weiterentwickelt. Wie für ihre Geschichten gibt es auch für ihren Schreibstil ein Wort, das ihr erstaunliches Talent, Worte in Sätzen so zu platzieren, dass sie der Geschichte ein imposantes und charakteristisches Auftreten verleihen, super beschreibt: EPISCH. Durch ihre teils sehr außergewöhnliche Wahl der Worte und intensive Szenenbeschreibung, fühlt man sich oft, als würde man einem Film zusehen, der vor den eigenen Augen abläuft. Ein wunderbarer Film voller Action, Gefühle und Hintergrund und mit genialen Schauspielern... Rückblickend hat sich ihr Schreibstil während der letzten Jahren etwas verändert und weiterentwickelt, doch auch bei ihrer ersten Reihe hat sie stiltechnisch schon geglänzt! Und für alle, die behaupten, dass die Reihe humorlos und viel zu ernst wäre noch ein kurzes Zitat, das mich zum Lachen gebracht hat:

"Die beiden Männer blickten einander starr entgegen. Blödes Imponiergehabe. Aelin stieß Rowan so hart in die Seite, dass er scharf die Luft einsog und sie in die Schulter knifft. Fae-Krieger! Im Kampf von unschätzbarem Wert, aber ansonsten die größten Nervensägen!"

Am meisten getragen wird die Geschichte aber natürlich durch die Protagonistin selbst - Celaena Sardothien, Ardalans Assassine, Liebhaberin von Luxus und Schönheit, in der zusätzlich ein uraltes Erbe schlummert. Jedes Mal, wenn ich ein Buch der ToG-Reihe zur Hand nehme, bin ich mehr davon überzeugt, dass sie die beste Fantasy-Protagonistin ist, die jemals existiert hat und beim Gedanken daran, welch langer Weg voller Schmerz, Opfer, Magie, Liebe, Freundschaft und Sieg noch vor ihr liegt, läuft mir ein Schauer über den Rücken und ich würde am liebsten sofort zum nächsten Band greifen und mich schnurstracks auf diese Reise machen.

"Wenn du die Ketten dieser Welt sprengst und die nächste erschaffst, denk daran, dass Kunst für ein Reich so wichtig ist wie Nahrung. Ohne sie ist ein Königreich nicht und wird mit der Zeit in Vergessenheit geraten."

In diesem vierten Teil lernen wir eine ganz neue Seite an ihr kennen. Aus der verletzten Celaena mit der grausamen Vergangenheit, die wir in den letzten 3 Bänden und der Vorgeschichte kennengelernt haben, ist nun die Königin Aelin Ashryver Galathynius geworden. Wie ein Phönix hat die starke junge Frau in Wendlyn durch die Kraft ihrer Feuermagie ihre Asche abgeschüttelt und ist als neuer Mensch mit neuen Zielen und einer anderen Sicht auf die Welt sowie auf ihre neuen und alten Beziehungen neugeboren worden. Wo sie im dritten Band noch unsicher und erdrückt von ihrer Verantwortung zu sein schien, hat sie sich jetzt berappelt und stellt eine perfekte Mischung aus gnadenloser Assassinin und zukünftiger Königin dar. Auf 784 Seiten sehen wir nun, wie sie endlich aus dem Abgrund geklettert ist, in den sie vor langer Zeit gestoßen wurde und für sich selbst einsteht, anstatt der ganzen Welt die grausame und kaltblütige Maske von Celaena Sardothien zu zeigen, die genauso wenig ihr wahres Gesicht ist wie die schwache und schuldtragende Gestalt, als die sie sich selbst wahrnimmt!

"Sie war ein todbringender Wirbelsturm, sie war die Königin der Finsternis und diese Männer waren bereits Krähenfutter..."

Eine Schlüsselfigur in dieser positiven Entwicklung, wenn auch nicht der alleinig ausschlaggebende Grund ist Rowan, der Elite-Fae-Kämpfer, der in Band 3 dazu ausgewählt wurde, sie zu trainieren um ihre Magie kontrollieren zu können. Schon beim ersten Lesen habe ich mich in diesen unsterblichen Fae-Krieger mit seiner grüblerischen Coolness verliebt und auch jetzt ist er mir wieder sehr ans Herz gewachsen. Ich hatte allerdings ganz vergessen, dass die Autorin ihn gar nicht sofort als neuen Love Interest einführt, sondern er Celaena zunächst als Freund in einer schwierigen Zeit zur Seite steht. Erst in diesem vierten Teil entwickelt sich zwischen den beiden aus ihrer zarten Freundschaft, die auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen sowie gemeinsam durchgestandenem Leid beruht, eine Liebesbeziehung. Diese bleibt allerdings noch sehr im Hintergrund, da die beiden Figuren nicht wirklich Zeit haben, ihre neue Beziehung auszuloten, geschweige denn auszuleben.

"Sie waren zusammen aus Dunkelheit und Schmerz hervorgekommen. Sie waren immer noch auf dem Weg ins Licht. (...) "Du schaffst es, dass ich leben will, Rowan. Nicht nur überleben, nicht nur existieren. Leben."

Neben Aelin und Rowan treten im Rifthold-Handlungsstrang natürlich auch wieder Dorian und Chaol auf, auch wenn beide eher im Hintergrund bleiben. Bei Prinz Dorian ist das der Fall, da er am Ende von Band 3 von einem der Valgprinzen in Besitz genommen wurde und nur noch in kurzen Abschnitten ein Lebenszeichen an uns LeserInnen schickt. Die kurzen Passagen aus seiner Sicht, in denen er immer mehr in seinem Schmerz verschwindet, haben mir immer wieder das Herz gebrochen und mir einen kalten Schauer über den Rücken geschickt.

"Hallo mein kleiner Prinz", sagte sie. In ihrer weichen Schlafzimmerstimme lagen Tod und Verderben. "Hallo meine kleine Hexe" (...)Diese Hexe war aus der Finsternis zwischen den Sternen geschaffen worden. "Würdet Ihr blau oder schwarz bluten?", entgegnete sie mit ihrer Mitternachtsstimme. "Ich blute in jeder Farbe, die ihr wünscht."

Chaols Perspektive hingegen hat immer weniger Emotionen bei mir ausgelöst. Während ich beim ersten Lesen der Reihe ein großer Fan dieses Charakters war, hat sein Handlungsstrang für mich nun deutlich an Anziehungskraft verloren, sodass ich es überhaupt nicht schlimm fand, dass er hier eher in den Hintergrund tritt und Platz für andere Figuren macht. Mit dem ersten Aufeinandertreffen von ihm und Aelin ist klar: als Love Interest ist er nun vollständig aus dem Spiel. Denn aus dem loyalen und liebenswürdigen Captain ist ein harter, misstrauischer Rebellenkommandant geworden, der in Aelin zunächst einmal eine Bedrohung sieht. Auch wenn der Bruch zwischen den beiden zuvor schon recht tief war und ich natürlich wusste, dass die Geschichte für beide eine andere Wendung bereithielt, hat es mir hier wieder das Herz gebrochen, sehen zu müssen, wie verfeindet er und Aelin sich zu Beginn verhalten. Es dauert eine ganze Weile, ehe sich zwischen den beiden die Wogen wieder etwas glätten und sie es schließlich schaffen, auf eine kameradschaftliche Ebene zurückzufinden.

"Zehn Jahre im Schatten haben jetzt eine Ende. Bringt Licht in die Dunkelheit, Majestät!"
In ihrem Herz war kein Platz für Tränen und sie wollte sie auch nicht zulassen. Sie nahm das Schwert ihres Vaters aus seiner Hand, eine sichere, zuverlässige Waffe. (...) Dann nahm sie all ihren Mut zusammen, grinste und rief:
"Bringen wir die Sterne ins Wanken!"

Gut gefallen hat mir auch, dass hier Lysandras Charakter weiterentwickelt wird. War die schöne Prostituierte zuvor als Celaenas Rivalin aufgetreten, schaffen es die beiden hier, ihre vergangenen Dispute aus dem Weg zuräumen, ihren gemeinsamen Feind Arobynn zu besiegen und werden sogar so etwas wie Freundinnen. Schon beim ersten Lesen der Reihe war sie mir dank ihrer List, Schlagfertigkeit und inneren Stärke, die man zu Beginn nicht vermutet hätte, sofort sympathisch. Außerdem stecken in ihr jede Menge Überraschungen, auf deren Enthüllung in den nächsten Bänden ich mich sehr freue....

"Jahrhunderte lang bin ich in der Welt umhergewandert, durch Königreiche, Länder und Wüsten, ohne zur Ruhe zu kommen, ohne innezuhalten - nicht einen Augenblick lang. Immer habe ich zum Horizont gesehen, mich immer gefragt, was hinter dem nächsten Ozean liegt, hinter dem nächsten Berg. aber ich glaube... ich glaube, die ganze Zeit über, die ganzen Jahrhunderte lang, habe ich nur dich gesucht."

Im zweiten großen Handlungsstrang in der Ferianschlucht und der Festung Morath tut sich in diesem Band ebenfalls einiges. Auf Manon Blackbeak, die Dreizehn und ihre Geschichte freue ich mich schon seit Beginn meines Rereads wahnsinnig. Nachdem wir sie in Band 3 als gefühlslose, kalte und grausame Killermaschine kennengelernt haben, deren weiches Herz nur ab und zu durchscheint, beginnt hier die langsame Entwicklung zur großen Heldin. Sie, die doch immer die Disziplin und den Gehorsam gegenüber der Clanmütter gepredigt hat, beginnt an der Richtigkeit ihrer Mission zu zweifeln, als der Herzog grausame Experimente mit Hexenzirkeln durchführt, um grauenvolle Monster zu züchten. Langsam beginnt sie sich dagegen aufzulehnen, bloß ein Teil der Kriegsmaschinerie des Königs zu sein und immer mehr Risse entstehen in ihrem todbringenden und grausamen Image, das sie sich gegenüber uns LeserInnen zugelegt hat. Ihr Handlungsstrang gewinnt außerdem an mehr Tiefe, als wir ihre Zweite, Asterin, besser kennenlernen dürfen und erfahren, warum sie sich so verhält, wie sie es tut. Die ganze Dreizehn, die über Jahrhunderte zusammengeschweißte Kampfgruppe, ein Zirkel voller interessanter Charaktere und eiskalter Präzession, wird von der Autorin langsam aufgeschlüsselt und vom einigen Kampftrupp in einzelne Charaktere zerlegt.

"Wir müssen vorsichtig sein, wenn wir uns gegen unsere Ketten auflehnen."
"Ketten können brechen", stellte Asterin herausfordernd fest.
"Das kann dein Genick auch.", erwiderte Manon..."

Neben den Dreizehn spielen in ihrem Handlungsstrang noch zwei weitere Figuren eine große Rolle. Zum Einen lernen wir hier die verkrüppelte Magd Elide Lochan kennen, deren Namen aufmerksamen LeserInnen bekannt vorkommen sollte. Als Erbin von Perranth mit Hexenblut in ihren Adern hat die zähe junge Frau noch einen weiten Weg vor sich und ich freue mich auf jeden Satz davon! Zum Anderen treffen wir hier nun Lady Kaltain wieder. Während in Band 1 ihr größtes Zeil eine gewinnbringende Heirat war, ist von der eitlen höfischen Lady nichts mehr übrig. Geprägt von Misshandlungen und dem Dämon in ihrem Körper wächst in der verzweifelten, hasserfüllten Frau eine furchtbare Gabe: das Schattenfeuer... Ihre kurzen Auftritte und vor allem die weitere Entwicklung ihres Handlungsstrangs gehören zu meinen absoluten Lieblingsmomenten der Reihe!

"Bald würde sie ihre wahre Bestimmung finden und würden ihren Zorn dem Mond entgegenheulen. Sie hatte vergessen, welchen Namen man ihr gegeben hatte, aber das machte keinen Unterschied. Jetzt hatte sie nur einen Namen: Weltenverschlinger."

All das trug dazu bei, dass ich Manons Handlungsstrang mindestens genauso interessant finde, wie den von Aelin. (Oder vielleicht lag es auch einfach nur am Wyvern-Bonus... Diese drachenähnliche Flugmonster, die enge Verbindungen zu ihren Reiterinnen aufbauen und vor allem Abraxos, der großer Krieger mit viel Mut, Liebe, Mitgefühl und einer Vorliebe für Blumen, in die er immer seine Nase steckt, muss man als Fantasy-Liebhaber einfach lieben!). Besonders spannend wird es dann, als die beiden Handlungsstränge sie miteinander verweben, als die beiden aufeinandertreffen und Aelin ihrer Feindin das Leben rettet. Damit werden die zuvor klar gesetzten Seiten ordentlich durchgemischt und bilden einen Nährboden für spannende Entwicklungen in den Bänden 5 bis 7.

"Hexen. Sie waren alle jung und schön, mit Haaren und Haut in allen Farbschattierungen. Doch selbst aus der Entfernung konnte sie erkennen, wen Rowan meinte. Ihr Haar war wie lebendiges Mondlicht, ihre Augen wie gebranntes Gold. Sie war das schönste Wesen, das Aelin je gesehen hatte."

Ein letzter Punkt, der "Königin der Finsternis" zu einem absoluten Highlight macht ist das fulminante Ende. Natürlich wusste ich in etwa, was passieren wird, dennoch hat mich das epische Finale wieder mit spannender Dynamik, dramatischen Enthüllungen und überraschenden Wendungen mitgerissen. Die letzten Seiten waren sogar noch mitreißender, überraschender, spannender, actionreicher und eindrucksvoller als ich sie in Erinnerung hatte und machten riesige Lust auf den nächsten Teil!

"Auf eine bessere Zukunft", sagte sie. "Du bist zurückgekommen", entgegnete er, als sei das eine Antwort. Sie reichten sich die Hände. So endete die Welt. Und eine neue begann."



FAZIT:

"Throne of Glass - Königin der Finsternis" ist eine action- und wendungsreiche Fortsetzung einer Reihe, die sich so langsam einem epischen Showdown entgegenbewegt. Durch die ausgewogene Ausbalancierung aus Worldbuilding, Charakterentwicklung, Action und Emotionen ist es einer meiner Lieblingsbände der Reih

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Veröffentlicht am 16.01.2024

Eine action- und wendungsreiche Fortsetzung!

Throne of Glass – Königin der Finsternis
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Nachdem Sofia und ich mit "Throne of Glass - Die Erwählte" unseren Buddy-Reread der "Throne of Glass"-Reihe gestartet haben, sind wir mittlerweile bei Band 4 angelangt. "Throne of Glass - Königin der Finsternis" ...

Nachdem Sofia und ich mit "Throne of Glass - Die Erwählte" unseren Buddy-Reread der "Throne of Glass"-Reihe gestartet haben, sind wir mittlerweile bei Band 4 angelangt. "Throne of Glass - Königin der Finsternis" habe ich zuletzt im April 2017 gelesen und eine Rezension geschrieben. Da sich meine Meinung und meine Perspektive auf die gesamte Reihe sechs Jahre später weiterentwickelt hat, habe ich beschlossen, nach meinem Reread neue Rezensionen zu verfassen.

"Auf die neue Welt!", sagte die Königin von Terrasen. Der König von Ardalan hob ebenfalls sein Glas, und trotz der tiefen Schatten, die in seinen Augen tanzten, war dort auch ein Funkeln Leben zu erkennen. "Auf die Freiheit!"

Immer wenn ich ein altes Lieblingsbuch rereade, habe ich ein wenig Angst, dass sich meine Wahrnehmung zu stark verändert hat und ich bei einem erneuten Lesen ernüchtert und enttäuscht zurückbleibe. Diese Sorge hätte ich mir bei "Throne of Glass" nicht machen müssen. Die Geschichte von Celaena/Aelin hat mich genau wie beim ersten Lesen von der ersten Seite an mitgerissen und wieder überzeugen können. Zwar hat auch "Throne of Glass - Königin der Finsternis" wie alle Bücher der Reihe im ersten Drittel einige Längen, da sich die Autorin hier viel Zeit nimmt, die vielen Handlungsstränge weiterzuentwickeln, dennoch entfaltet sich hier die epische Magie, die diese Reihe zu einer meiner absoluten All-Time-Favorites macht! Nachdem wir Celeana zuerst im harten Wettkampf als kaltherzige Assassine kennenlernten, der zweite Teil sich dann eher auf die Intrigen am Hof des Königs konzentrierten und wir im dritten Teil das magische Erbe unserer Hauptfigur entdeckt haben, sehen wir in Band 4 nun, wie sie in einer wunderbaren Mischung aus ruhigen Momenten, gewitzten Plänen, epischen Wendungen und actionreichen Szenen als dunkle Königin aus den Schatten aufersteht und ihre Feinde ins Visier nimmt...

Erster Satz: "In der Dunkelheit lauerte etwas."

Mit diesen Worten beginnt der vierte Teil, der nun wieder zurück nach Ardalan führt. Als Celaena Sardothien nach ihrem Abenteuer in Wendlyn nach Rifthold zurückkehrt, ist sie nicht mehr die grausame Assassinen, sondern Aelin Galathynius, Königin von Terrasen. Während sie Rache an ihrem früheren Meister Arobynn nimmt, die Suche nach den Wyrdschlüsseln aufnimmt und einen Plan zur Rückkehr der Magie schmiedet, schläft auch ihr Feind nicht. Der König von Ardalan verbirgt seine Machenschaften nicht länger im Schatten der Ferianschlucht, sondern macht seine Streitkräfte in Morath einsatzbereit. Noch dazu tickt die Uhr, um den von den Valg versklavten Kronprinzen Dorian, sowie Aelins todgeglaubten Cousin Aedion aus den Fängen des Königs und vor dem sicheren Tod zu bewahren und mit dem Fae-Kriegerin Lorcan ist ihr auch ihre Tante Maeve auf den Fersen. Um dies zu schaffen, muss Aelin mehr sein, als sie jemals zuvor war: eine Kriegerin, eine Frau, eine Assassine, eine dunkle Königin!!!

"Sie war die Erbin des Feuers. Sie war Feuer, Licht, Asche, Glut. Sie war Aelin Feuerherz und sie verbeugte sich vor nichts und niemandem außer vor der Krone, die ihr gehörte, durch ihr Blut, ihr Überleben und ihren Triumph."

Genau wie schon in Band 3 wird die Geschichte in verschiedenen Handlungssträngen an verschiedenen Orten vermittelt. Wie zuvor wechselt die Autorin dafür zwischen dem personalen Er-Erzähler ihrer Hauptfiguren hin und her und gibt durch die zwei Haupthandlungsplätze Rifthold und die Ferianschlucht einen guten Überblick über das Geschehen. Dabei greift die Autorin nun immer mehr der gezielt verteilten Hinweise aus den ersten drei Bänden auf und führt die Handlung auf überraschende Weise in eine bereits angedeutete Richtung. Auch wenn ich die gesamte Reihe ja bereits kenne und theoretisch weiß, was passieren wird, konnte sie mich immer wieder überraschen und mit plötzlichen Wendungen an der Nase herumführen. Denn in den sechs Jahren, seitdem ich dieses Buch zuletzt gelesen habe, habe ich unfassbar viele Details und Verbindungen wieder vergessen, sodass es nun umso mehr Spaß macht, zu sehen, wie sich vor meinen Augen wieder das komplexe Handlungskonstrukt enthüllt, dem ich bis zum actionreichen, dramatischen und unglaublich mitreißenden Schluss nur gebannt folgen konnte.

"Hier sind wir also", sagte Dorian schließlich.
"Am Ende des Weges", entgegnete Aelin mit einem schiefen Lächeln.
"Nein", widersprach Chaol und lächelte selbst vorsichtig. "Am Anfang des nächsten!"

Auch der Aspekt der Magie, der bislang nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat, da sie in Ardalan nicht mehr gewirkt werden kann, tritt hier mehr in den Vordergrund und ergänzt die Geschichte perfekt und schlüssig. Während die Reihe bisher durch den klassischen Fantasy-Aufbau noch recht einfach war, beginnt die Reihe nun ihre ganz besondere, düster-magische Atmosphäre zu entwickeln. Über Sarah J. Maas´ Schreibstil habe ich schon seitenweise Lobreden geschwungen, die ich eigentlich nur wiederholen kann. Ihre große Stärke ist es, dass sie auch bei komplexen Worldbuildings, vielen Figuren und unübersichtlichen Actionszenen nie das Wesentliche aus den Augen verliert, einzelne interessante Aspekte gekonnt herausspickt und präzise weiterentwickelt. Wie für ihre Geschichten gibt es auch für ihren Schreibstil ein Wort, das ihr erstaunliches Talent, Worte in Sätzen so zu platzieren, dass sie der Geschichte ein imposantes und charakteristisches Auftreten verleihen, super beschreibt: EPISCH. Durch ihre teils sehr außergewöhnliche Wahl der Worte und intensive Szenenbeschreibung, fühlt man sich oft, als würde man einem Film zusehen, der vor den eigenen Augen abläuft. Ein wunderbarer Film voller Action, Gefühle und Hintergrund und mit genialen Schauspielern... Rückblickend hat sich ihr Schreibstil während der letzten Jahren etwas verändert und weiterentwickelt, doch auch bei ihrer ersten Reihe hat sie stiltechnisch schon geglänzt! Und für alle, die behaupten, dass die Reihe humorlos und viel zu ernst wäre noch ein kurzes Zitat, das mich zum Lachen gebracht hat:

"Die beiden Männer blickten einander starr entgegen. Blödes Imponiergehabe. Aelin stieß Rowan so hart in die Seite, dass er scharf die Luft einsog und sie in die Schulter knifft. Fae-Krieger! Im Kampf von unschätzbarem Wert, aber ansonsten die größten Nervensägen!"

Am meisten getragen wird die Geschichte aber natürlich durch die Protagonistin selbst - Celaena Sardothien, Ardalans Assassine, Liebhaberin von Luxus und Schönheit, in der zusätzlich ein uraltes Erbe schlummert. Jedes Mal, wenn ich ein Buch der ToG-Reihe zur Hand nehme, bin ich mehr davon überzeugt, dass sie die beste Fantasy-Protagonistin ist, die jemals existiert hat und beim Gedanken daran, welch langer Weg voller Schmerz, Opfer, Magie, Liebe, Freundschaft und Sieg noch vor ihr liegt, läuft mir ein Schauer über den Rücken und ich würde am liebsten sofort zum nächsten Band greifen und mich schnurstracks auf diese Reise machen.

"Wenn du die Ketten dieser Welt sprengst und die nächste erschaffst, denk daran, dass Kunst für ein Reich so wichtig ist wie Nahrung. Ohne sie ist ein Königreich nicht und wird mit der Zeit in Vergessenheit geraten."

In diesem vierten Teil lernen wir eine ganz neue Seite an ihr kennen. Aus der verletzten Celaena mit der grausamen Vergangenheit, die wir in den letzten 3 Bänden und der Vorgeschichte kennengelernt haben, ist nun die Königin Aelin Ashryver Galathynius geworden. Wie ein Phönix hat die starke junge Frau in Wendlyn durch die Kraft ihrer Feuermagie ihre Asche abgeschüttelt und ist als neuer Mensch mit neuen Zielen und einer anderen Sicht auf die Welt sowie auf ihre neuen und alten Beziehungen neugeboren worden. Wo sie im dritten Band noch unsicher und erdrückt von ihrer Verantwortung zu sein schien, hat sie sich jetzt berappelt und stellt eine perfekte Mischung aus gnadenloser Assassinin und zukünftiger Königin dar. Auf 784 Seiten sehen wir nun, wie sie endlich aus dem Abgrund geklettert ist, in den sie vor langer Zeit gestoßen wurde und für sich selbst einsteht, anstatt der ganzen Welt die grausame und kaltblütige Maske von Celaena Sardothien zu zeigen, die genauso wenig ihr wahres Gesicht ist wie die schwache und schuldtragende Gestalt, als die sie sich selbst wahrnimmt!

"Sie war ein todbringender Wirbelsturm, sie war die Königin der Finsternis und diese Männer waren bereits Krähenfutter..."

Eine Schlüsselfigur in dieser positiven Entwicklung, wenn auch nicht der alleinig ausschlaggebende Grund ist Rowan, der Elite-Fae-Kämpfer, der in Band 3 dazu ausgewählt wurde, sie zu trainieren um ihre Magie kontrollieren zu können. Schon beim ersten Lesen habe ich mich in diesen unsterblichen Fae-Krieger mit seiner grüblerischen Coolness verliebt und auch jetzt ist er mir wieder sehr ans Herz gewachsen. Ich hatte allerdings ganz vergessen, dass die Autorin ihn gar nicht sofort als neuen Love Interest einführt, sondern er Celaena zunächst als Freund in einer schwierigen Zeit zur Seite steht. Erst in diesem vierten Teil entwickelt sich zwischen den beiden aus ihrer zarten Freundschaft, die auf gegenseitigem Respekt und Vertrauen sowie gemeinsam durchgestandenem Leid beruht, eine Liebesbeziehung. Diese bleibt allerdings noch sehr im Hintergrund, da die beiden Figuren nicht wirklich Zeit haben, ihre neue Beziehung auszuloten, geschweige denn auszuleben.

"Sie waren zusammen aus Dunkelheit und Schmerz hervorgekommen. Sie waren immer noch auf dem Weg ins Licht. (...) "Du schaffst es, dass ich leben will, Rowan. Nicht nur überleben, nicht nur existieren. Leben."

Neben Aelin und Rowan treten im Rifthold-Handlungsstrang natürlich auch wieder Dorian und Chaol auf, auch wenn beide eher im Hintergrund bleiben. Bei Prinz Dorian ist das der Fall, da er am Ende von Band 3 von einem der Valgprinzen in Besitz genommen wurde und nur noch in kurzen Abschnitten ein Lebenszeichen an uns LeserInnen schickt. Die kurzen Passagen aus seiner Sicht, in denen er immer mehr in seinem Schmerz verschwindet, haben mir immer wieder das Herz gebrochen und mir einen kalten Schauer über den Rücken geschickt.

"Hallo mein kleiner Prinz", sagte sie. In ihrer weichen Schlafzimmerstimme lagen Tod und Verderben. "Hallo meine kleine Hexe" (...)Diese Hexe war aus der Finsternis zwischen den Sternen geschaffen worden. "Würdet Ihr blau oder schwarz bluten?", entgegnete sie mit ihrer Mitternachtsstimme. "Ich blute in jeder Farbe, die ihr wünscht."

Chaols Perspektive hingegen hat immer weniger Emotionen bei mir ausgelöst. Während ich beim ersten Lesen der Reihe ein großer Fan dieses Charakters war, hat sein Handlungsstrang für mich nun deutlich an Anziehungskraft verloren, sodass ich es überhaupt nicht schlimm fand, dass er hier eher in den Hintergrund tritt und Platz für andere Figuren macht. Mit dem ersten Aufeinandertreffen von ihm und Aelin ist klar: als Love Interest ist er nun vollständig aus dem Spiel. Denn aus dem loyalen und liebenswürdigen Captain ist ein harter, misstrauischer Rebellenkommandant geworden, der in Aelin zunächst einmal eine Bedrohung sieht. Auch wenn der Bruch zwischen den beiden zuvor schon recht tief war und ich natürlich wusste, dass die Geschichte für beide eine andere Wendung bereithielt, hat es mir hier wieder das Herz gebrochen, sehen zu müssen, wie verfeindet er und Aelin sich zu Beginn verhalten. Es dauert eine ganze Weile, ehe sich zwischen den beiden die Wogen wieder etwas glätten und sie es schließlich schaffen, auf eine kameradschaftliche Ebene zurückzufinden.

"Zehn Jahre im Schatten haben jetzt eine Ende. Bringt Licht in die Dunkelheit, Majestät!"
In ihrem Herz war kein Platz für Tränen und sie wollte sie auch nicht zulassen. Sie nahm das Schwert ihres Vaters aus seiner Hand, eine sichere, zuverlässige Waffe. (...) Dann nahm sie all ihren Mut zusammen, grinste und rief:
"Bringen wir die Sterne ins Wanken!"

Gut gefallen hat mir auch, dass hier Lysandras Charakter weiterentwickelt wird. War die schöne Prostituierte zuvor als Celaenas Rivalin aufgetreten, schaffen es die beiden hier, ihre vergangenen Dispute aus dem Weg zuräumen, ihren gemeinsamen Feind Arobynn zu besiegen und werden sogar so etwas wie Freundinnen. Schon beim ersten Lesen der Reihe war sie mir dank ihrer List, Schlagfertigkeit und inneren Stärke, die man zu Beginn nicht vermutet hätte, sofort sympathisch. Außerdem stecken in ihr jede Menge Überraschungen, auf deren Enthüllung in den nächsten Bänden ich mich sehr freue....

"Jahrhunderte lang bin ich in der Welt umhergewandert, durch Königreiche, Länder und Wüsten, ohne zur Ruhe zu kommen, ohne innezuhalten - nicht einen Augenblick lang. Immer habe ich zum Horizont gesehen, mich immer gefragt, was hinter dem nächsten Ozean liegt, hinter dem nächsten Berg. aber ich glaube... ich glaube, die ganze Zeit über, die ganzen Jahrhunderte lang, habe ich nur dich gesucht."

Im zweiten großen Handlungsstrang in der Ferianschlucht und der Festung Morath tut sich in diesem Band ebenfalls einiges. Auf Manon Blackbeak, die Dreizehn und ihre Geschichte freue ich mich schon seit Beginn meines Rereads wahnsinnig. Nachdem wir sie in Band 3 als gefühlslose, kalte und grausame Killermaschine kennengelernt haben, deren weiches Herz nur ab und zu durchscheint, beginnt hier die langsame Entwicklung zur großen Heldin. Sie, die doch immer die Disziplin und den Gehorsam gegenüber der Clanmütter gepredigt hat, beginnt an der Richtigkeit ihrer Mission zu zweifeln, als der Herzog grausame Experimente mit Hexenzirkeln durchführt, um grauenvolle Monster zu züchten. Langsam beginnt sie sich dagegen aufzulehnen, bloß ein Teil der Kriegsmaschinerie des Königs zu sein und immer mehr Risse entstehen in ihrem todbringenden und grausamen Image, das sie sich gegenüber uns LeserInnen zugelegt hat. Ihr Handlungsstrang gewinnt außerdem an mehr Tiefe, als wir ihre Zweite, Asterin, besser kennenlernen dürfen und erfahren, warum sie sich so verhält, wie sie es tut. Die ganze Dreizehn, die über Jahrhunderte zusammengeschweißte Kampfgruppe, ein Zirkel voller interessanter Charaktere und eiskalter Präzession, wird von der Autorin langsam aufgeschlüsselt und vom einigen Kampftrupp in einzelne Charaktere zerlegt.

"Wir müssen vorsichtig sein, wenn wir uns gegen unsere Ketten auflehnen."
"Ketten können brechen", stellte Asterin herausfordernd fest.
"Das kann dein Genick auch.", erwiderte Manon..."

Neben den Dreizehn spielen in ihrem Handlungsstrang noch zwei weitere Figuren eine große Rolle. Zum Einen lernen wir hier die verkrüppelte Magd Elide Lochan kennen, deren Namen aufmerksamen LeserInnen bekannt vorkommen sollte. Als Erbin von Perranth mit Hexenblut in ihren Adern hat die zähe junge Frau noch einen weiten Weg vor sich und ich freue mich auf jeden Satz davon! Zum Anderen treffen wir hier nun Lady Kaltain wieder. Während in Band 1 ihr größtes Zeil eine gewinnbringende Heirat war, ist von der eitlen höfischen Lady nichts mehr übrig. Geprägt von Misshandlungen und dem Dämon in ihrem Körper wächst in der verzweifelten, hasserfüllten Frau eine furchtbare Gabe: das Schattenfeuer... Ihre kurzen Auftritte und vor allem die weitere Entwicklung ihres Handlungsstrangs gehören zu meinen absoluten Lieblingsmomenten der Reihe!

"Bald würde sie ihre wahre Bestimmung finden und würden ihren Zorn dem Mond entgegenheulen. Sie hatte vergessen, welchen Namen man ihr gegeben hatte, aber das machte keinen Unterschied. Jetzt hatte sie nur einen Namen: Weltenverschlinger."

All das trug dazu bei, dass ich Manons Handlungsstrang mindestens genauso interessant finde, wie den von Aelin. (Oder vielleicht lag es auch einfach nur am Wyvern-Bonus... Diese drachenähnliche Flugmonster, die enge Verbindungen zu ihren Reiterinnen aufbauen und vor allem Abraxos, der großer Krieger mit viel Mut, Liebe, Mitgefühl und einer Vorliebe für Blumen, in die er immer seine Nase steckt, muss man als Fantasy-Liebhaber einfach lieben!). Besonders spannend wird es dann, als die beiden Handlungsstränge sie miteinander verweben, als die beiden aufeinandertreffen und Aelin ihrer Feindin das Leben rettet. Damit werden die zuvor klar gesetzten Seiten ordentlich durchgemischt und bilden einen Nährboden für spannende Entwicklungen in den Bänden 5 bis 7.

"Hexen. Sie waren alle jung und schön, mit Haaren und Haut in allen Farbschattierungen. Doch selbst aus der Entfernung konnte sie erkennen, wen Rowan meinte. Ihr Haar war wie lebendiges Mondlicht, ihre Augen wie gebranntes Gold. Sie war das schönste Wesen, das Aelin je gesehen hatte."

Ein letzter Punkt, der "Königin der Finsternis" zu einem absoluten Highlight macht ist das fulminante Ende. Natürlich wusste ich in etwa, was passieren wird, dennoch hat mich das epische Finale wieder mit spannender Dynamik, dramatischen Enthüllungen und überraschenden Wendungen mitgerissen. Die letzten Seiten waren sogar noch mitreißender, überraschender, spannender, actionreicher und eindrucksvoller als ich sie in Erinnerung hatte und machten riesige Lust auf den nächsten Teil!

"Auf eine bessere Zukunft", sagte sie. "Du bist zurückgekommen", entgegnete er, als sei das eine Antwort. Sie reichten sich die Hände. So endete die Welt. Und eine neue begann."



FAZIT:

"Throne of Glass - Königin der Finsternis" ist eine action- und wendungsreiche Fortsetzung einer Reihe, die sich so langsam einem epischen Showdown entgegenbewegt. Durch die ausgewogene Ausbalancierung aus Worldbuilding, Charakterentwicklung, Action und Emotionen ist es einer meiner Lieblingsbände der Reih

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