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Veröffentlicht am 04.04.2019

Leider enttäuschend

Someone New
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Someone New ist un­glaub­lich wichtig – das ist der Satz, der be­reits Wochen vor dem Er­schei­nungs­ter­min von je­dem ge­sagt wurde, der das Buch vor­ab lesen durf­te. Lauras Bücher be­glei­ten mich ...

Someone New ist un­glaub­lich wichtig – das ist der Satz, der be­reits Wochen vor dem Er­schei­nungs­ter­min von je­dem ge­sagt wurde, der das Buch vor­ab lesen durf­te. Lauras Bücher be­glei­ten mich seit Jahren – seit 2014 ge­nau­er ge­sagt – und ich mag ihre Ro­ma­ne sehr. Zu hören, dass auch ihr neu­estes Werk vie­len ge­fällt, stimmte mich na­tür­lich freu­dig. Nun habe ich es ge­le­sen und kann schon vo­rab so viel sa­gen: Ja, das Buch ist wich­tig. Doch die Wich­tig­keit allei­ne macht Someone New nicht zu einem gu­ten Buch. Für mich hat das Ge­samt­pa­ket leider nicht gestimmt.
Ich weiß ehrlich ge­sagt gar nicht, wie ich mit dieser Re­zen­sion an­fan­gen soll. Ich möchte etwas Posi­ti­ves schrei­ben, aber es gibt so vieles, das mir nicht posi­tiv in Erinne­rung ge­blie­ben ist. Vielleicht fasse ich mich ein­mal kurz. Someone New macht süch­tig, ist fan­tas­tisch ver­fasst und be­han­delt wichti­ge The­men, die de­fini­tiv öfter be­spro­chen werden dürfen – das steht voll­kommen außer Fra­ge. Gleich­zei­tig habe ich große Schwie­rig­kei­ten mit einigen Cha­rak­te­ren, die Hand­lung empfin­de ich als lang­at­mig und alles in allem wirkt Someone New auf mich mit­un­ter zu ge­wollt. Bauen wir die Buch­be­spre­chung mal an­hand die­ser Punkte auf.
Laura Kneidl ver­steht es ein­fach mit Wor­ten um­zu­gehen. Sie schreibt für jedes Genre an­ge­passt und man merkt bei Someone New ein­deu­tig, dass es sich um einen New Adult Roman han­delt. Die Ge­schich­te liest sich flott, ist nicht un­be­dingt an­spruchs­voll ver­fasst, und die Seiten flie­gen nur so da­hin. Das Lesen von Lauras Sätzen macht un­glaub­lich viel Spaß und der Ein­stieg in die Lek­tü­re fällt mehr als leicht. Laura Kneidl nimmt sich die Zeit den Hin­ter­grund von je­der Per­son aus­führ­lich zu er­läu­tern, so­dass man nach sieb­zig bis acht­zig Sei­ten von je­dem Cha­rak­ter weiß, was in etwa seine Ge­schich­te ist. Aller­dings be­ginnt hier meine Kritik …
Es ist näm­lich so, dass sich viele Dinge be­ginnen zu wie­derho­len und Someone New da­durch ziem­lich lang­at­mig wird. Micah be­sucht ihre El­tern, sie geht zur Uni, sie trifft sich mit Freun­dinnen und be­geg­net Julian. Diese Sze­na­rien wer­den zwar immer wieder durch unter­schied­li­che Dia­lo­ge auf­ge­peppt, aber dennoch kann ich das Ge­fühl nicht ab­le­gen, dass ein­fach nichts passiert und sich die Hand­lung im Kreis dreht. Als auf­merk­samer Le­ser hat man zu die­sem Zeit­punkt be­griffen, dass Micah ziem­lich auf Graphic Novels steht, und sie und ihre Freunde ge­nerell ganz schöne Profis im Be­reich »nerdi­ge Pop­kultur« sind. Das soll nun auch nicht hei­ßen, dass es schlecht ist, wenn man in Bü­chern An­spie­lun­gen auf Pop­kultur macht. Ganz im Ge­gen­teil bin ich so­gar ein Fan davon und mag es, wenn man hin und wieder Ver­glei­che zu Serien, Fil­men oder Mu­sik zieht. Die Be­to­nung liegt hier je­doch auf »hin und wieder«.
Ich finde dieses Stil­mittel an­spre­chend, da Leser sich vielleicht in der ein oder ande­ren Fi­gur wie­der­er­kennen und somit eine stär­kere Bin­dung zu einem Cha­rak­ter auf­bau­en können. Man fühlt sich auf eine be­sonde­re Art mit der Fi­gur ver­bun­den. Schwie­rig wird es für mich, wenn diese An­spie­lun­gen zu oft ge­macht wer­den, was in Someone New de­fini­tiv der Fall ist. Ich bin ein rie­siger Game of Thrones Fan und habe so­gar meine Bache­lor Ar­beit über die Buch­rei­he ge­schrie­ben, ich bin auch ein gro­ßer Fan von Stranger Things – aber meine Herren, ich konnte mein Au­gen­rollen bei den stän­digen »Eleven«-Aus­ru­fen und »Winter is coming« irgend­wann nicht mehr unter­drücken.
Mein größtes Problem war da­bei je­doch nicht die Menge – das ging mir ein­fach nur auf den Keks –, son­dern dass ich den zahl­rei­chen Ver­glei­chen mit­unter nicht fol­gen konnte. Ich würde schon be­haup­ten, dass ich viele Se­rien und Filme ge­guckt habe und bei vie­lem mit­re­den kann. Bei Comics bin ich je­doch raus und ich mag auch keine Comic-Ver­fil­mun­gen mehr – mir per­sön­lich ist es in den letz­ten Jah­ren schlicht­weg zu viel ge­wor­den. Dem­ent­spre­chend fiel es mir wäh­rend der Lek­türe wirk­lich schwer, wenn ein Cha­rak­ter mit einer Comic­figur ver­gli­chen wurde. Für mich waren die­se Ver­glei­che oft abso­lut schwammig. Ich konnte nichts da­mit an­fan­gen und so be­gann für mich ein Rate­spiel, was diese und jene An­spie­lung wohl be­deu­ten könnte. Ich will mir nicht vor­stellen, wie sich Leser füh­len, die kein Net­flix haben oder sich mit den Fan­doms nicht aus­kennen.
Was sich wie die ständi­gen Er­wähnun­gen von Serien und Comic­fi­guren durch das ge­sam­te Buch zieht, ist die auf mich ge­zwun­gen wirken­de Di­versi­tät. Durch die di­ver­sen Figu­ren sticht Someone New wirk­lich hervor. Wenn ich mich richtig erinne­re, stellt aus­nahms­los jeder Cha­rak­ter eine Min­der­heit dar: Eine Figur ist homo­sexu­ell, eine ist eine Teenie-Mum, eine ande­re wie­derum Vege­tarie­rin – es gibt Persons of Colour, eine mus­li­misch sozi­ali­sier­te Fi­gur und noch jede Menge mehr. Dieses Buch ist wirk­lich bunt.
Für mich reicht die Dar­stellung je­doch nicht aus, und ob­wohl jede Figur – sei es Haupt- oder Neben­figur – eine be­acht­liche Seiten­an­zahl ge­wid­met be­kommen hat, blei­ben sämt­li­che Cha­rak­tere für mich ober­fläch­lich. Es hat auf mich den An­schein, als wür­den ins­beson­dere die Neben­figu­ren ledig­lich an­hand ihrer »diver­sen Cha­rak­ter­eigen­schaft« de­fi­niert wer­den. An­sonsten bleibt für mei­nen Ge­schmack nicht viel übrig und gene­rell wirkt die Di­ver­sität auf mich zu ge­wollt, zu ver­krampft. Ich finde die Dar­stellung lei­der auch etwas miss­lun­gen, da die Cha­rak­ter­eigen­schaf­ten doch eigent­lich die Werte sind, die im Fokus ste­hen sollten – nicht die dar­ge­stellte Min­der­heit, wenn man so will. Es gibt so viele gute Bücher, die eben­falls mit di­ver­sen Cha­rak­teren punk­ten, und bei denen man ver­gisst, was für einen Hinter­grund sie haben, weil es schlicht­weg nor­mal ist und nicht ne­ga­tiv ver­ur­teilt wird.
Ein anschauliches Bei­spiel für meine Aussage, dass die »di­ver­se Cha­rakter­eigen­schaft« eine Per­son de­fi­niert und die Hand­lung sich im Krei­se dreht, ist Micahs Suche nach ihrem Zwillings­bru­der Adrian. Was die Hand­lung für mich deut­lich spannen­der ge­macht hätte, wäre eine aus­ge­reif­tere Suche nach Micahs Bru­der. Dass sie tat­säch­lich Fort­schritte macht, ihm näher kommt oder Hin­wei­sen nach­geht. Ich war un­glaub­lich neu­gie­rig auf Adrian und jedes Mal voller Vor­freu­de, wenn Micah er­zählte, dass sie einen Club, ein Mu­seum oder ein LGBTQ Zentrum auf­su­chen würde – stets in der Hoff­nung dort ihren Bruder zu fin­den. Man hätte so viel da­raus machen können und meine Enttäu­schung war jedes Mal aufs Neue groß, wenn Micahs Suche er­neut mit dem Satz »Die Suche war er­folg­los« zu­sammen­ge­fasst wurde.
Dass Micah über­haupt auf der Suche nach ihrem Bru­der ist, liegt daran, dass er sich un­frei­willig vor sei­nen Eltern ge­outet hat und diese ihn da­rauf­hin ver­stie­ßen. Dass Micahs Eltern Adrians Sexu­ali­tät nicht akzep­tie­ren, finde ich schade. Unter ande­rem weil es auf mich den Ein­druck macht, dass Adrian ledig­lich durch seine Homo­sexua­lität und die Homo­phobie der Eltern cha­rak­teri­siert wird. Leider ist das mein Ein­druck, der sich durch das ge­sam­te Buch zieht: dunkel­häuti­ge Per­so­nen werden dis­krimi­niert, die homo­sexu­elle Person wird ver­sto­ßen, die durch Schwan­ger­schaft über­ge­wich­tige Freun­din wird für ihr Ge­wicht ver­ur­teilt. Kann man in Büchern nicht lie­ber das Be­wusst­sein stär­ken, dass es anders­rum auch geht? Ich wünsche mir mehr to­leran­te Eltern in Bü­chern, die mit gu­tem Bei­spiel vo­ran­gehen.
Eine letzte Sache, die mir bei die­sem The­ma ein­fällt, ist, dass ich es nicht nach­voll­zie­hen kann, wieso Adrian Micah be­straft. Micah steht zu ein­­hun­­dert Pro­­zent hinter ihm. Sie liebt ihren Bruder und will ihm hel­­fen. Ihre El­tern sind die­­jeni­­gen, die Adrian ver­­sto­­ßen haben und dennoch straft er Mi­cah mo­­nate­­lang mit Igno­­ranz. Wo­mit hat sie das ver­­dient? Gerade bei Zwillin­­gen bin ich immer davon aus­­gegan­­gen, dass sie ein ganz be­­sonde­­res Band ver­­bin­det und ein Leben ohne einan­­der un­­glaub­­lich schwer­­fällt. Wie kann Adrian seine Schwester so be­­han­deln, wenn es doch die El­tern sind, die ihn ver­­sto­ßen haben?
Kommen wir einmal zu Micah, denn Micah ist trotz all den ge­nann­ten Punk­ten, der aus­schlag­geben­de Grund, dass ich mich nicht mit Someone New an­freun­den kann. Ich konnte wäh­rend der ge­sam­ten Lek­türe keine Bin­dung zu ihr auf­bau­en. Micah ist humor­voll, selbst­be­wusst, offen und ver­ständnis­voll, was ihre Freunde be­trifft. Das sind alles wun­der­bare Ei­gen­schaf­ten, aber sie sorg­ten auch dafür, dass mir Micah ex­trem un­sym­pa­thisch ist. Gerade ihre offe­ne, selbst­bewuss­te und humor­volle Art wechsel­te für mich schnell zu pene­trant, ner­vig und auf­dringlich.
Micah akzeptiert kein Nein – das ist eine Tat­sache. Julian gibt ihr immer wieder auf höf­li­che Art zu ver­ste­hen, dass er kein Inte­resse an ihr hat und dass zwi­schen ihnen alles in Ord­nung ist – auch wenn er we­gen ihr sei­nen Job ver­lo­ren hat. In Micahs Augen kann Julian ihr aber nicht ver­zie­hen ha­ben, egal, was er sagt. Des­we­gen lauert sie ihm im Mor­gen­grau­en auf und guckt durch den Spi­on an ihrer Tür, um mit­zube­kommen, wann er das Haus ver­lässt. Sie sucht ihn auch bei seiner Ar­beit auf, ob­wohl er ihr deut­lich zu ver­ste­hen gibt, dass er das nicht möchte.
Was Julian nicht möchte scheint Micah den ge­sam­ten Roman über gleich­gül­tig zu sein. Ich hatte beim Le­sen zu­dem oft den Ein­druck, dass sie Tat­sa­chen ver­dreht. Julian wird von ihr bei­spiels­wei­se häu­fig als Lüg­ner be­zeich­net, dabei lügt er sie nie an. Er be­hält pri­vate Dinge nur für sich, da er (noch) nicht über sie re­den möchte. Das macht Julian für mich nicht zum Lügner.
Ganz ehrlich, ich an Julians Stelle hätte auch keine Lust auf eine der­art auf­dring­liche Per­son wie Micah. Ich würde mich voll­kommen über­fallen füh­len und würde mir von Micah mehr Ge­duld wün­schen. Sie weiß ganz ge­nau, dass Julian etwas aus seiner Ver­gangen­heit ver­birgt und in mei­nen Au­gen ist es kein Ver­bre­chen, dass Julian sich ihr nicht so­fort offenbart. Sie kennen sich ja auch kaum! Des­we­gen finde ich es auch etwas be­fremd­lich, dass Micah ein ge­höri­ges Drama aus der Tat­sa­che macht, dass Julian nicht so­fort mit ihr schla­fen möchte. Ein Nein ist ein Nein, das Micah zu akzep­tie­ren hat.
Ich finde es von Micah abso­lut takt­los, sich in Auris und Cassies Be­zie­hung ein­z­umi­schen. Sie hat ihnen un­ge­fragt ein Date or­gani­siert, und mir per­sön­lich wäre so eine Situ­ation extrem un­ange­nehm. Vor allem da sie der Be­zie­hung mit ihrer auf­dring­lichen und for­dern­den Art kei­nen Ge­fallen ge­tan hat! Micah sollte sich nicht nur in Ge­duld und Takt­ge­fühl üben, son­dern auch darin, ihre Nase nicht in frem­de An­gele­gen­hei­ten zu stecken.
Nennt mich ruhig prü­de oder spie­ßig, aber wenn wir schon aufs Takt­gefühl zu spre­chen kommen, muss ich sagen, dass ich Micahs Aussa­gen oft ab­so­lut ge­schmack­los finde. Laura Kneidl hat schon immer Cha­rak­tere er­schaffen, die kein Blatt vor den Mund neh­men. Ihre Dia­loge brin­gen mich zum Schmunzeln, sind keck und ein­fach witzig. Wirk­lich wahr, ich ge­nieße die Ge­sprä­che von Lauras Figu­ren sehr! Umso scho­ckier­ter bin ich über Micahs vul­gäre Art. Auf mich wirkt Micah so, als würde sie nur da­rauf war­ten, dass ihr Gegen­über Worte un­günstig wählt, so­dass sie eine zwei­deuti­ge An­spie­lung machen kann.
Des Weiteren mag ich ihre Doppel­moral nicht. Micah stu­diert Jura, weil ihre Eltern einen Er­ben für ihre Kanz­lei brau­chen. Nun, wo ihr Bruder unter­ge­taucht ist, opfert sie sich. Sie hat über­haupt keine Lust auf das Stu­dium, möchte sich lieber selbst ver­wirk­li­chen und ver­ab­scheut zu­dem alles, wofür ihre Eltern ste­hen. Dies gibt Micah ihnen un­miss­ver­ständ­lich zu ver­stehen. Sie ist stolz darauf, selbst­stän­dig zu sein und end­lich auf eige­nen Beinen zu stehen – dass sie nicht weiß, wie man eine Wasch­maschi­ne be­dient, lassen wir mal un­kommentiert.
Diese Aussage ent­spricht in meinen Augen ein­fach nicht der Wahr­heit. Sie lässt sich von vorne bis hin­ten von ihren Eltern fi­nan­zie­ren und ich glaube, wür­de sie wirk­lich ein­mal auf eigenen Bei­nen stehen, würde ihre Welt ziem­lich schnell ins Wanken ge­ra­ten und sie den Boden unter den Fü­ßen ver­lie­ren. Ganz zu schwei­gen dass ich unter keinen Um­stän­den Geld von meinen Eltern an­neh­men würde, wenn sie ihr eigenes Kind so hart ver­ur­tei­len, wie Micahs El­tern es tun. Ich weiß auch nicht … Micahs Cha­rak­ter wirkt auf mich voll­kommen wirr und ohne Konstrukt.
Nachdem ich etwa vier­hundert­sieb­zig Seiten des Buches ge­le­sen hatte, be­gann end­lich der spannen­de Teil. Es passier­te viel und ich wusste ehr­lich ge­sagt gar nicht, wo­hin mit meinen Ge­füh­len. Umso er­staun­ter war ich, als das Buch abrupt be­endet war. Der Leser er­fährt Julians Ge­heim­nis, es gibt ein auf­klären­des Ge­spräch, einen Aus­blick und dann ist das Buch zu Ende? Wo kam die­ses Ende her? Oh man, für meinen Ge­schmack wird zum Schluss alles viel zu schnell ab­ge­hakt. Und so schön Micahs Re­ak­tion ist, so un­wahr­schein­lich finde ich sie. Ich be­zeich­ne mich als sehr to­leran­ten Menschen, hätte aber an Micahs Stelle un­zähli­ge Fragen ge­habt und müsste Julians Ge­heim­nis doch kurze Zeit sacken lassen.
Mich stört am Ende des Romans je­doch nicht vorran­gig Micahs Re­ak­tion. Mich stört haupt­säch­lich die Art, wie Someone New be­endet wurde. Man liest bei­nahe fünf­hun­dert Seiten und gera­de als die Lektüre be­ginnt, spannend zu wer­den und der Roman meine volle Auf­merksam­keit hat, ist er vorbei. Auf mich wirkt das Ende so, als würde man das Ge­heim­nis aus­plau­dern und sich nicht weiter mit der The­ma­tik be­schäf­tigen wollen. Ich habe mich ab­ge­fer­tigt ge­fühlt. Und ich kann wie viele ande­re sagen: Die The­ma­tik ist wich­tig. Es gibt viel zu we­ni­ge Bücher mit die­sem Thema. Doch an der Um­setzung dürfte mei­ner Mei­nung nach noch etwas ge­arbei­tet werden. Julian selbst finde ich ab­so­lut gelun­gen. Ich kann ihn und sein Ver­hal­ten ver­ste­hen. Mir haben auch die ganzen An­spie­lun­gen auf sein Ge­heim­nis im Laufe des Ro­mans sehr ge­fallen, doch das ganze Drum­he­rum hat für mich nicht gepasst.
Ich finde es toll, dass Laura Kneidl The­men wie das in Someone New in Ge­schich­ten an­spricht. Ich finde es toll, dass sie da­durch vie­len Le­sern einen Zu­gang zu dem Thema schafft. Ein Buch mit queeren Cha­rak­te­ren und einer Thema­tik, die sehr selten in Ro­ma­nen an­gespro­chen wird, sorgt na­tür­lich dafür, dass sich viele Leser da­für be­geis­tern. Aller­dings muss für mich auch der Rest des Buches stimmen. Mich können die bun­te Fi­guren­viel­falt – die auf mich passa­gen­weise zu er­zwun­gen wirkt – und der wun­der­schöne Schreib­stil alleine nicht über­zeugen.
Ein hartes, aber in meinen Augen wah­res Ur­teil: Someone New ist der 0815 New Adult Roman mit di­ver­sen Fi­gu­ren – junges Mäd­chen zieht aus, um stu­die­ren zu ge­hen und trifft auf einen Jungen, beide ver­lie­ben sich. Man ordne jeder Figur eine Min­der­heit zu, schreibt in wirk­lich fan­tas­ti­scher Sprache fünf­hundert­fünf­zig Seiten nieder und tada, Someone New ist fer­tig. So leid es mir tut, und so wich­tig das Thema auch ist, mich konnte die­ses Buch nicht über­zeu­gen. Ich bin voll­kommen da­für, dass das an­gespro­che­ne Thema in viel mehr Büchern the­ma­ti­siert wird. Egal welches Genre, aber dann bitte auf an­spre­chende­re Weise und mit ein bisschen mehr Spannung.
Someone New konnte mich leider nicht begeistern. Ich konnte keine Bindung zur Protagonistin aufbauen, die Handlung ist zäh wie Kaugummi und gleichzeitig wirkte für mich das meiste vollkommen erzwungen und nicht natürlich. Schade!

Veröffentlicht am 04.04.2019

Eine amüsante Lektüre für zwischendurch

Wild Hearts - Kein Blick zurück
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Ihr Lieben, manchmal gibt es Bücher, auf die freut man sich ganz be­sonders. Man fie­bert dem Re­lease ent­ge­gen, träumt schon vom schö­nen Cover, das das eige­ne Re­gal schmü­cken wird und freut sich ...

Ihr Lieben, manchmal gibt es Bücher, auf die freut man sich ganz be­sonders. Man fie­bert dem Re­lease ent­ge­gen, träumt schon vom schö­nen Cover, das das eige­ne Re­gal schmü­cken wird und freut sich auf an­ge­nehme Lese­stun­den. So ging es mir mit Wild Hearts: Kein Blick zu­rück von T. M. Frazier. An­gefan­gen hat das Lieb­äugeln mit die­sem Buch vor einer gan­zen Weile, als der LYX Ver­lag das Cover des Buches prä­sen­tiert hat – es ist aber auch wirk­lich ein Schmuck­stück!
Ich unter­hielt mich mit einer Freun­din, die das Buch vor­ab lesen durfte und voll­kommen be­geis­tert war, wo­rauf­hin es eini­ge Wo­chen vor dem Re­lease auch bei mir ein­zog. Inner­halb von zwei Tagen war Wild Hearts: Kein Blick zu­rück be­endet und ließ mich atem­los zurück. Viel Spaß mit meiner Buch­be­spre­chung zu der Ge­schichte.

Als ich Wild Hearts: Kein Blick zurück zum ers­ten Mal in den Hän­den hielt, war es Lie­be auf den ers­ten Blick. Ich mochte das bild­schö­ne Cover, ich mochte die Tat­sa­che, dass es mich frü­her als er­war­tet erreich­te und vor allem moch­te ich, dass das Buch nicht all­zu dick ist. Meistens lese ich ja doch ziem­lich dicke Bücher, und Ro­mane, die keine drei­hun­dert Sei­ten lang sind, fin­det man eher sel­ten in mei­nem Regal.
Ich packte das Buch noch am glei­chen Tag in meinen Ruck­sack, den ich am nächsten Tag mit auf die Fahrt nach Leip­zig zur Buch­messe neh­men würde – Wild Hearts: Kein Blick zu­rück sollte meine Bahn­lek­türe werden. Die Fahrt ging gute sechs­ein­halb Stunden und mit ein paar Unter­bre­chun­gen schaffte ich das Buch bis auf die letz­ten fünf­zig Sei­ten wäh­rend die­ser Strecke komplett durch. An­fangs ge­fiel es mir auch wahn­sinnig gut, doch je näher Leip­zig rück­te, desto weni­ger ge­fiel mir die Lek­türe. 

Für mich ist der Schreib­stil aus­schlag­ge­bend für die Be­ur­tei­lung ei­nes Ro­mans. T. M. Frazier kommt ihr Schreib­stil sehr zu­gute. Wild Hearts: Kein Blick zurück liest sich un­glaub­lich flott und man fliegt förm­lich durch die Sei­ten. Der Schreib­stil ist dem Genre ent­spre­chend jung und frech ge­hal­ten, was ich eben­falls mochte. So macht das Le­sen ein­fach Spaß und ich habe mich durch­gehend gut unter­hal­ten ge­fühlt. Aller­dings wurde die gute Unter­haltung teil­wei­se von dem Zu­sammen­zie­hen meiner Augen­brau­en und dem ein oder ande­ren Kopf­schütteln un­ter­bro­chen. Denn so flüssig und flott sich der Text lesen lässt, so selt­sam ist manch­mal die Wort­wahl der Au­torin.
Hin und wieder ist die Selt­sam­keit der Worte wirk­lich lustig. Wenn die Au­to­rin bei­spiels­wei­se den Bart eines Mannes als »haari­ges Zeug am Kinn« be­zeich­net (S. 128). Leider sind die Worte aber auch immer wieder schlecht ge­wählt, um Situ­ati­onen passend zu be­schreiben. Ich sage es mal so: Man sollte dieses Buch nicht durch eine fe­minis­ti­sche Linse lesen, denn das, was Finn da manch­mal von sich gibt, ist echt grenz­wertig. Wobei feministisch vielleicht nicht ganz das richtige Wort ist. Man sollte als Mensch einfach nicht so von sich selbst denken, wie Finn über Sawyer denkt.
Die Geschichte wird größ­ten­teils aus Sawyers Pers­pek­tive er­zählt, doch auch Finn kommt regel­mäßig mit eige­nen Ka­pi­teln zu Wort. Nor­maler­wei­se sorgt dies bei mir da­für, dass ich mich in mindes­tens einen Cha­rak­ter gut hi­nein­ver­setzen kann. Zu Be­ginn hatte ich bei Sawyer auch das Gefühl, dass ich sie ver­stehe. Sie war mir sym­pa­thisch, ich mochte ihre opti­mis­ti­sche Art und ihre Zu­ver­sicht. Leider ver­änder­te sich meine Mei­nung ihr gegen­über, und auf den letz­ten Sei­ten des Ro­mans war sie mir so fremd wie Finn es den ge­sam­ten Ro­man über war.

Wie kommt es, dass mir beide Haupt­figu­ren fremd blei­ben? Sawyer war mir wie ge­sagt eine lange Zeit über­aus sym­pa­thisch. Ich habe mich gut in sie hi­nein­ver­setzen können und hatte den Ein­druck, dass sie eine star­ke Frau ist, die ihre Frei­heit sucht, sich von den Fesseln ihres Va­ters los­ma­chen möchte und ihr eige­nes Leben leben will. Und das tut sie. Leser be­geg­nen Sawyer und ihrem starken Willen für eine ziem­lich lange Zeit. Auch wenn das Schick­sal ihr eini­ge Stei­ne in den Weg legt, lässt sie sich nicht unter­krie­gen und möchte ihr Vor­haben um­setzen. Das finde ich klasse! In mei­nen Au­gen wird dies von Finn je­doch ka­putt ge­macht. So­bald sie sich Finn nä­hert, ver­liert sie ihren eige­nen Willen mehr und mehr.
Sawyer ver­wandelt sich meiner Mei­nung nach von einer willens­star­ken Frau in die Jung­frau in Nö­ten. Dieses Ge­fühl wird durch Finns Ka­pi­tel be­stärkt, denn durch seine Au­gen ist Sawyer nur ober­fläch­lich be­tracht­bar. Ich habe bis heu­te keinen blassen Schimmer von Finns Per­sön­lich­keit. Das, was er Le­sern in sei­nen Ka­pi­teln be­rich­tet, be­schränkt sich haupt­säch­lich auf die Be­schrei­bung von Saw­yers Optik oder sei­nem Wunsch sie sexu­ell zu be­frie­digen. Finn muss sich bei Letzte­rem teil­weise sogar zu­sammen­rei­ßen, um sie nicht »zu mar­kieren« (S. 136)! Ich finde es ekel­haft. Wie kann man als Frau einen Cha­rak­ter er­schaffen, der sol­che Ge­dan­ken hat und ihn dann noch als Traum­prin­zen dar­stellen?
Ich mach es kurz: Man schaffe einen attrak­ti­ven Cha­rak­ter, kre­iere ein paar Situ­ati­onen, in der be­sag­ter Cha­rak­ter einen ande­ren rettet und gibt ihm ein paar zwei­deu­tige Ge­dan­ken – schon hat man das Alpha­männ­chen Finn. Ich möchte gar nicht all­zu ge­nau auf Finns Me­tho­den ein­ge­hen, wie er Saw­yer in ge­wissen Si­tua­tio­nen hilft, aber Leute – seine Art Hilfe­stellung zu ge­ben ist nicht ge­rade re­ali­tät­snah. Ein Bei­spiel muss ich euch aber geben – Ach­tung, Spoiler! Saw­yer hat schreck­li­che Angst vor Ge­witter. Finn möchte, dass sie diese Angst ab­legt. Wie geht das am bes­ten? Er be­frie­digt sie drau­ßen wäh­rend eines Ge­witters! Problem ge­löst. Wie geht das? Was ist da bitte los? Ich ver­stehe es nicht.

Die Nebenfiguren haben mir hin­ge­gen sehr gut ge­fallen. Allen vo­ran Josh und Miller, die eine wich­tige Rolle im Le­ben von Finn ge­spielt haben. Ge­rade Josh – die übri­gens eine Frau ist – er­leichtert Sawyer den Ein­stieg in den Out­skirts sehr und man muss sie ein­fach gern­haben. Zu­sammen sind Josh und Miller auch ein ulki­ges Paar. Aller­dings nicht in dem Sinne, dass sie eine Be­zie­hung haben, son­dern ein­fach wie sie mit­einan­der um­gehen – sie füh­ren eine Art Hass­liebe und die ist wirk­lich amü­sant zu lesen.

Der rote Faden des Buches orien­tiert sich an einem ein­zi­gen Wort und die­ses lautet: Drama. Wie ge­sagt ist die Hand­lung recht ober­fläch­lich ge­hal­ten, dennoch ist es ein wah­rer Page­turner und das liegt an dem Dra­ma, das T. M. Frazier kre­iert. Saw­yer er­lebt die ver­rück­tes­ten Dinge, trifft bei­nahe wahn­sinni­ge Per­sonen und hüpft von einem Dra­ma zum nächsten. Hat mir das ge­fallen? Irgend­wie schon. Ich werde es auch gleich noch­mal the­mati­sie­ren, aber irgend­wie hat die Hand­lung etwas. Sie ist zwar schon etwas stumpf und ehr­lich ge­sagt auch ziem­lich vor­her­seh­bar, aber sie ist unter­hal­tend.
Was in meinen Augen leider etwas miss­lun­gen ist, ist das letzte Drittel des Ro­mans. Zu diesem Zeit­punkt hatte ich mich mit den Cha­rak­teren ab­ge­fun­den, ich er­leb­te Dramen am laufen­den Band und war damit recht zu­frie­den. Aller­dings muss ge­sagt werden, dass das letzte Drittel doch etwas ex­trem ist. Für mich wurde der Bogen über­spannt. Klar, T. M. Frazier hat ver­sucht, Spannung für den zwei­ten Band auf­zu­bauen – den ich übri­gens sehr gerne le­sen möchte –, aber ich hätte ver­sucht, diese anders zu er­zeugen.

Trotz meiner Kri­tik kann ich diese Fra­ge mit Ja be­ant­wor­ten – be­ziehungs­wei­se einem Jain –, denn auch wenn ich eini­ges zu kri­tisie­ren habe, muss ich zu­geben, dass mich das Buch ge­fesselt hat und ich es nicht aus den Händen le­gen wollte. Wild Hearts: Kein Blick zurück hat mich fan­tas­tisch unter­halten – auch wenn ich mit­unter stark mit dem Kopf schütteln musste. Ich wollte ein­fach wissen, wie es mit Sawyer wei­ter­geht, wie sie sich ent­wickelt und ob sie mit ihrem neuen Da­sein zu­recht­kommt. Wie sie sich im Leben schlägt.
Während des Lesens hatte ich irgend­wann den Ge­dan­ken, dass das Muster des Ro­mans wie das einer ro­man­ti­schen Ko­mö­die für Teenies ist. Es ist mit­unter ein­fach so dra­ma­tisch und un­realis­tisch. Dazu kommt die männ­liche Haupt­fi­gur, die zwar ihren eige­nen Reiz hat, je­doch etwas stumpf und ober­fläch­lich bleibt. Man fühlt sich für einen Abend ein­fach gut unter­hal­ten. Und genau so ist es mit Wild Hearts: Kein Blick zurück ebenfalls.
Meiner Meinung nach ist es eine nette Lektüre für zwi­schen­durch, die man mit einem Augen­zwin­kern lesen muss. Ich kann mir gut vor­stellen, dass meine er­wähn­ten Kri­tik­punkte viele Leser gar nicht stö­ren. Ich bin be­kannter­ma­ßen ja keine Person, der Ro­mane ge­fallen, in denen toxi­sche Be­ziehun­gen ro­manti­siert wer­den, Frau­en wie Ob­jekte be­handelt wer­den und sich nur an­hand eines Mannes defi­nie­ren. Und doch gibt es vie­le Frauen, die ge­nau diese Art Ro­man schätzen.
Wild Hearts: Kein Blick zurück ist kein Buch, das alle be­sagte Punkte er­füllt, aber hin und wie­der hatte ich ein­fach den Ge­dan­ken, dass es für mei­nen Ge­schmack et­was zu ni­veau­los ist.  Dennoch wurde ich fan­tas­tisch unter­hal­ten und ich finde, dies ist ein Punkt, der manch ande­ren über­schattet. In meinen Au­gen ist Li­tera­tur immer noch eine Form der Un­ter­haltung, die nicht per­fekt sein muss und Wild Hearts: Kein Blick zurück hat da­für ge­sorgt, dass ich eine äußerst an­geneh­me Zug­fahrt hatte.

Eine amüsante Lektüre für zwischendurch, die mit viel Drama lockt und die man nicht allzu ernst nehmen darf. Für einen netten Leseabend und gute Unterhaltung ist Wild Hearts: Kein Blick zurückgenau richtig.

Veröffentlicht am 09.04.2018

Mein bisheriges Jahreshighlight 2018

The Ivy Years – Bevor wir fallen
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Kurzbeschreibung:

Corey Callahan ist be­geister­ter Eis­hockey­fan und Spielerin. Mittler­wei­le lei­der nur noch Fan, denn durch einen tra­gi­schen Un­fall bei ei­nem Eis­hockey­tur­nier, er­litt sie ...

Kurzbeschreibung:

Corey Callahan ist be­geister­ter Eis­hockey­fan und Spielerin. Mittler­wei­le lei­der nur noch Fan, denn durch einen tra­gi­schen Un­fall bei ei­nem Eis­hockey­tur­nier, er­litt sie eine schwe­re Rü­cken­marks­ver­letzung, durch die sie an den Roll­stuhl ge­fesselt ist. Doch Corey möch­te durch den Roll­stuhl nicht ein­ge­schränkt le­ben, und so be­ginnt sie wie ge­plant ihr Stu­dium an ei­nem ame­ri­ka­ni­schen College. Dort wird sie im be­hin­der­ten­ge­rech­ten Wohn­heim unter­ge­bracht und be­ge­gnet schnell ih­rem Nach­bar Adam Hart­ley. Die­ser be­schrei­tet das College­leben zur­zeit mit einem doppel­ten Bein­bruch. Die zwei schlie­ßen schnell Freund­schaft und Co­rey ent­wi­ckelt rasch mehr als freund­schaft­li­che Ge­füh­le. Nur lei­der ist Adam in einer fes­ten Be­zie­hung …


Meinung:

Hachja, wo soll ich denn an­fan­gen? The Ivy Years – Bevor wir fallen wird einen Ehren­platz in mei­nem Bücher­re­gal ein­neh­men. Nicht nur weil das Cover bild­schön ist, son­dern weil die­ses Buch mein bis­he­ri­ges Jahres­high­light 2018 ge­wor­den ist. Ich hätte nicht er­war­tet, dass die­ser Platz an ein New Adult Buch geht, aber die­ser Ro­man konnte mich voll­kommen über­zeu­gen und ich las ihn in we­ni­gen Stun­den kom­plett durch. Nun bin ich trau­rig, dass er schon vor­bei ist. Er hätte in meinen Au­gen durch­aus noch ein paar hun­dert Sei­ten mehr ha­ben können …


Figuren

Corey Callahan und Adam Hartley sind un­se­re Pro­ta­go­nis­ten in die­sem Werk und es sei zu Be­ginn die­ser Re­zen­si­on ge­sagt, dass sie sich im Buch meis­tens mit Nach­na­men an­sprechen, da­her werde ich es hier auch tun. Zu­min­dest was Hart­ley an­geht, denn der Name Adam wird un­ge­fähr fünf Mal er­wähnt. Corey und Hart­ley wa­ren mir auf An­hieb sym­pa­thisch. Gerade Hart­ley. Er hat zwar die ein oder an­de­re Macke und ist manch­mal mehr als di­rekt und an­züg­lich, aber er ist kein ty­pi­scher 0815 Bad Boy, der einer Frau ohne jeg­li­chen Res­pekt be­gegnet. Das ge­fiel mir in The Ivy Years – Bevor wir fallen wirk­lich sehr. Er be­han­delt Corey immer res­pekt­voll, meint es gut mit ihr und ist ein von Her­zen guter Typ. Das in einem New Adult Roman zu le­sen ist so er­fri­schend und be­stärkt mich, häu­fi­ger zu die­ser Art von Lie­bes­ro­man zu grei­fen.

Corey ist eine ganz an­de­re Pro­ta­go­nis­tin als die, die ich nor­ma­ler­wei­se in Ro­ma­nen vor­finde. Sie ist eine toughe Hockey­spie­le­rin und ich weiß nicht, ob es am Sport liegt, aber mit­unter ist sie schon fast et­was rüpel­haft. Co­rey ist weder zim­per­lich noch das ty­pi­sche graue Mäuschen des New Adult Ro­mans. Sie ist nicht schüch­tern, sondern schlag­fer­tig und von sich selbst über­zeugt und steckt ge­nau­so viel ein wie sie aus­teilt. Ein­zig und allein der Roll­stuhl steht ih­rer Per­sön­lich­keit im Wege, wirft er doch immer das glei­che schwa­che, zer­brech­li­che Bild auf sie. So hat sie immer wieder mit Vor­ur­tei­len zu kämpfen und fühlt sich nicht ernst ge­nommen. Die Tat­sache, dass sie auf einen Roll­stuhl oder auf Krü­cken an­ge­wie­sen ist, be­las­tet sie sehr.

Coreys größter Wunsch ist es, end­lich wieder aufs Eis zu können und ich habe mir das ge­sam­te Buch über so sehr ge­wünscht, dass sie wieder Schlitt­schuh läuft und Hockey spielt. Dass sie allen zeigt, was sie kann und einen star­ken Hockey­moment hat, in dem alle Au­gen auf sie ge­rich­tet und sämt­li­che Vor­ur­tei­le ver­gessen sind. Ob sie es zu­rück aufs Eis schafft? Da müsst ihr eure Na­se selbst in das Buch stecken.

Hartley hat genau wie Corey eine freche Schnau­ze und nimmt kein Blatt vor den Mund. Wobei er noch­mal eine Stufe fre­cher ist als Corey, da ihm an­schei­nend wirk­lich gar nichts un­an­ge­nehm oder pein­lich ist. Am An­fang dach­te ich mit­unter auch, dass mir seine offene Art et­was zu viel und das Buch doch zu sehr kli­schee­be­haf­tet ist. Gerade wenn er wie­der ein­mal un­an­ge­kün­digt in Coreys Zimmer auf­taucht und sei­ne un­ge­nier­te Art an den Tag legt. Er wir­kte zu Be­ginn des Ro­mans wie ein ty­pi­scher Macho. Doch so einer ist er nicht. Hartley ist ein sen­si­bler und hilfs­be­rei­ter Cha­rak­ter, der sich Ge­dan­ken macht und alles an­de­re als ober­fläch­lich ist. Die­se Cha­rak­ter­zü­ge kommen schnell zum Vor­schein und es ist die­se in­te­re­ssante Mi­schung, die ihn für mich als Cha­rak­ter voll­kommen ab­run­den.

Der Fokus von The Ivy Years – Bevor wir fallen liegt ganz klar auf der Lie­bes­ge­schich­te von Hartley und Corey, doch es gibt immer wie­der Ka­pi­tel, in de­nen auch an­de­re Hand­lun­gen in den Vor­der­grund tre­ten. So ler­nen Le­ser bei­spiels­wei­se auch Hart­leys ge­sam­tes Um­feld ge­nau kennen und die Men­schen, mit denen er sich um­gibt, sind einfach nur traum­haft. Hart­leys Mutter ist so eine lie­be und sym­pa­thi­sche Frau. Ge­nau wie sein Freund Bridger und de­ren klei­ne sü­ße Schwes­ter Lucy. Dieser Ro­man lebt von seinen Fi­gu­ren!


Schreibstil & Perspektive

Ich habe bis vor The Ivy Years – Bevor wir fallen kei­nen ein­zi­gen Ro­man von Sa­ri­na Bowen ge­le­sen und bin po­si­tiv über­rascht von ih­rem Aus­druck. Er ist dem Genre ent­spre­chend frech und keck. Gleich­zei­tig liest er sich an­ge­nehm, flüssig und über­zeugt mit tief­gän­gi­gen Stellen, die mich als Leser sehr rühr­ten. Die Ka­pi­tel werden ab­wechselnd aus der Pers­pek­ti­ve von Corey und Hart­ley er­zählt, so­dass wir einen di­rekten Zu­gang zu deren Ge­dan­ken­welt haben. Gerade Hart­leys Ka­pi­tel spra­chen mich sehr an. Ihn be­wegt viel mehr als man ober­fläch­lich be­trach­tet er­kennen kann und meine Lieblingszitate in die­sem Ro­man ent­sprin­gen alle seinem Mund.

Was mich gerade zu Beginn von The Ivy Years – Bevor wir fallen beim Lesen ge­stört hat, war die Tat­sa­che, dass sich die Fi­gu­ren nur mit Nach­na­men an­spre­chen. Zu­min­dest was Corey und Hart­ley an­geht. Die an­de­ren Fi­gu­ren werden in der Regel mit ih­ren Vor­na­men an­ge­spro­chen und ich weiß nicht, wie­so es bei Corey und Hart­ley an­ders ist. In dem Ro­man wird ein­mal kurz auf­ge­griffen, wie­so sie sich mit Nach­na­men an­spre­chen, aber die Aus­sage, dass es alle tun, fand ich irgend­wie ko­misch. So dür­fen Le­ser öf­ter Sätze lesen wie: »Lass mal für Callahan einen von den Stüh­len da ver­schwin­den, ja?«, sagte Hartley (S. 36). Im Lau­fe des Bu­ches ge­wöhnt man sich je­doch an den mit­un­ter har­schen Aus­druck der Fi­gu­ren und ich empfand ihn nicht mehr als stö­rend.

Was ich ebenfalls als sehr ge­lun­gen empfand, war die Dar­stellung der ero­ti­schen Sze­nen im Ro­man. Ich tue mich mit die­sen Passagen oft schwer, weil sie mir alles an­de­re als re­a­li­täts­nah vor­kommen. Doch Sa­ri­na Bowen ge­lingt es, diese Szenen sehr ge­schmacks­voll und e­le­gant nie­der­zu­schrei­ben, so­dass man nicht bei je­dem Satz die Au­gen ver­dreht und sich fragt, wer auf sol­che ab­surden Ideen kommt.

Ich freue mich schon so sehr auf die Fort­set­zung, die noch Ende Juni er­schei­nen wird. In die­sem Band wird es nicht mehr um Corey und Hart­ley gehen, son­dern um einen ganz neuen Cha­rak­ter, der auf einen Freund von Corey und Hart­ley trifft. Ich hoffe sehr auf ein Wie­der­se­hen mit den beiden und bin einfach voller Vor­freu­de!