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Veröffentlicht am 06.10.2020

Vom Schotten, der mit dem Fahrrad und seiner Katze um die Welt fährt

Nalas Welt
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Ein Mann, sein Fahrrad und der Plan, auf demselben eine Weltreise zu machen – das allein schon ist ein sowohl äußerst mutiges, als auch fantastisches Unternehmen, dessen Bericht ich mit Begeisterung gelesen ...

Ein Mann, sein Fahrrad und der Plan, auf demselben eine Weltreise zu machen – das allein schon ist ein sowohl äußerst mutiges, als auch fantastisches Unternehmen, dessen Bericht ich mit Begeisterung gelesen hätte. Aber es sollte noch besser kommen: ein Kätzchen – für mich als Katzenliebhaberin das absolute i-Tüpfelchen - gesellt sich als Reisegefährte zu Dean, dem (menschlichen) Protagonisten, der zwar sein Weltreiseprojekt zusammen mit seinem Freund Ricky verwirklichen wollte, nach einigen gemeinsamen Reiseabschnitten aber doch entschieden hat, das Ganze allein durchzuziehen. Daraus wird nichts: unterwegs in Bosnien wird er auf ein mageres Kätzchen aufmerksam, mit dem er zunächst seine Mahlzeit, dann sein Fahrrad und schließlich sein Leben teilt. Nala, so nennt Dean seine neue Begleiterin, geht mit ihm durch Dick und Dünn und er kümmert sich hingebungsvoll um sie. Sie reist in einer Tasche auf dem Lenker, wenn das Wetter schlecht ist, oder auf der Schulter von Dean. Sie übernachten meistens im Zelt, auch bei Unwetter und Kälte. Seinen Reiserhythmus richtet Dean nach Nala aus und verweilt auch mal für ein paar Wochen am selben Ort, wenn es die Situation erfordert. Das kann z.B. die Notwendigkeit sein, Reise- und Gesundheitsdokumente für Nala oder auch Geld zur Weiterreise zu beschaffen. Unterwegs in verschiedenen Balkanländern und der Türkei begegnen die Beiden nicht nur den jeweiligen Einheimischen, sondern auch Flüchtlingen und Weltenbummlern wie sie selbst. Je weiter die Reise geht, desto bewusster nimmt Dean seine Umgebung und die Natur wahr und die Notwendigkeit, sie zu schützen. So säubert er immer mal wieder einen Strand oder rettet einen herrenlosen Hund. Er lässt sich immer mehr vom Rhythmus des Lebens weitertragen, der verkörpert wird von Nala, weswegen er die Welt mit ihr und durch sie wahrnimmt. Deshalb auch der passende Titel des Buches „Nalas Welt“. Auf der Reise widmet er auch den sozialen Netzwerken immer mehr Aufmerksamkeit und Zeit, da er entdeckt, dass sehr viele Menschen ihm und Nala virtuell auf ihrer Reise folgen. Er postet Fotos, Videos und besondere Ereignisse und animiert seine Follower, Tier- und Naturschutzorganisationen zu unterstützen. Er trifft tatsächlich immer wieder auf Menschen, die ihn und Nala aus dem Web kennen und ihm ihre Hilfe anbieten. Aus dem jungen Schotten, der anfangs von Dean selbst als etwas unstet und ziellos dargestellt wird, wird ein verantwortungsbewusster Reisender und Influencer, der dank seiner Katze und durch seine Offenheit viele tolle Menschen kennenlernt. Am Ende des Buches muss er wegen der Covid19-Epidemie seine Weltreise unterbrechen und sich mit Nala zurückziehen, bis das Schlimmste vorbei ist. Schließlich wollen sie noch den Rest der Welt mit dem Fahrrad bereisen.
Die Geschichte von Dean und Nala ist autobiografisch, was sie noch schöner macht. Dass so etwas möglich und wirklich ist, finde ich besser als jede Fiction, obwohl ich eine begeisterte Geschichtenleserin bin.
Der Aufbau ist gut gelungen, die Geschichte schreitet mit der Reise voran und es sind Rückblenden eingestreut, die das Bild von Deans Leben und Vergangenheit vervollständigen. Gut gefallen hat mir das offene Ende, das Raum lässt für eine Fortsetzung, die die Beiden hoffentlich bald erleben und erzählen können.
Deans Schreibstil passt gut zur erzählten Geschichte und auch zu seinem Charakter, er ist unkompliziert, schnörkellos und grundehrlich.
Mich hat das Buch richtig begeistert. Tolle Geschichte, tolle Charaktere, tolles Thema, toll geschrieben – da stimmt für mich alles. Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung, die es hoffentlich geben wird, nicht nur als Buch, sondern als Reise von Dean und Nala, denen ich natürlich auch auf den sozialen Netzwerken folge. Ihre Geschichte hat mein Herz berührt und wie nach jeder guten Lektüre fühle ich, ein ein klein wenig besserer Mensch geworden zu sein.

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Veröffentlicht am 20.08.2022

Schätze aus der Fremde für die Gärten von Heligan

Die Gärten von Heligan - Ruf der Fremde
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Der zweite Band der Trilogie um die Gärten von Heligan beginnt nahtlos dort, wo uns das Ende des ersten Bandes gelassen hat:
Die junge PR-Frau Lexi arbeitet weiter engagiert und erfolgreich an der Ausstellung, ...

Der zweite Band der Trilogie um die Gärten von Heligan beginnt nahtlos dort, wo uns das Ende des ersten Bandes gelassen hat:
Die junge PR-Frau Lexi arbeitet weiter engagiert und erfolgreich an der Ausstellung, die anläßlich der 30jährigen Jubiläumsfeier zur Wiedereröffnung der verschwundenen Gärten von Heligan dem Publikum ein möglichst umfassendes Bild über die Geschichte dieser Gärten vermitteln soll. Bei ihren Recherchen, die sie zusammen mit ihrem Kollegen Ben macht, stößt sie auf die Figur Avery Harringtons, der sich als Sohn von Damaris und Julian, die eine wichtige Rolle im ersten Band gespielt haben, herausstellt. Hier beginnt der zweite Erzählstrang, der wie im ersten Teil in der Vergangenheit spielt. Allerdings „fehlen“ dem Leser einige Jahrzehnte aus dem Leben der Hauptfiguren des Vergangenheitsteils, so dass man sich erst zurechtfinden musste, wer wer und mit wem und in welcher Weise verwandt ist. Da ist die Aufstellung am Anfang des Buches hilfreich.

Avery bringt sich als jugendlicher Hitzkopf und Frauenheld in Schwierigkeiten, die in einem Duell gipfeln, bei dem ein Verwandter lebensgefährlich verletzt wird. Avery sieht sich gezwungen, aus Heligan zu verschwinden und schließt sich einer bekannten Familie an, die sich nach Indien einschifft. Diese Wendung der Geschichte markiert den Beginn des dritten Erzählstrangs, der den Leser in die exotische Welt der Pflanzensammler in Indien und Nepal entführt. Mitreißend und in schillernden Farben werden diese fernen Länder beschrieben mit ihrer fremden Kultur und der unbekannten Natur, die phantastische Pflanzen hervorbringt, welche von den Pflanzensammlern gesammelt, katalogisiert und nach England gebracht werden. Avery wird selbst ein Pflanzensammler, als er sich einer Nepalexpedition des dänischen Botanikers Wallich anschließt. In Nepal verliebt er sich in eine vermeintliche geflüchtete indische Prinzessin, die heimlich veranlasst, dass die Pflanzensammlergruppe aus Nepal ausgewiesen wird. Nachdem sie die Gruppe auch noch bestiehlt, verschwindet sie mit dem Geld. Avery verfolgt sie, erkrankt schwer und braucht ihre Hilfe, um zurück nach Kalkutta zu kommen. Er wird gerettet, sie hinterlässt ihm einen Sohn, den er mit zurück nach Heligan bringt, wo der Junge liebevoll von der Familie Averys und dem Shire Tremayne aufgenommen wird.

Dieser Erzählstrang um Avery ist der vorherrschende im Buch, obwohl wir auch im zweiten Erzählstrang noch viel von den Bewohnern Heligans erfahren. Der erste Erzählstrang um Lexi bleibt etwas vernachlässigt (wie schon im ersten Band), was ich persönlich schade finde. Wir erfahren zwar doch noch einige Details aus ihrem früheren Leben, das sie mit ihrem gewalttätigen Exfreund geführt hat, und sie teilt sich Ben mit, nachdem sich zwischen ihnen eine Liebesgeschichte entwickelt, aber die Figur Lexis bleibt seltsam ungreifbar, auch weil einige ihrer Verhaltensweisen kaum nachvollziehbar sind.
Ben scheint ihr gut zu tun. Er nimmt sie mit zu seinem Großvater, bei dem sie interessante Entdeckungen machen, die auf einen Zusammenhang mit den ehemaligen Bewohnern Heligans hinweisen. Und hier möchten wir wissen, wie diese losen Fäden zu einem fertiggewebten Ganzen zusammengebracht werden.

Das wird im dritten Band erfolgen, und wir erwarten ihn mit Ungeduld. Ich hoffe, Lexi wird endlich greifbar und bekommt eine Identität in der Geschichte, ist doch sie diejenige, die irgendwie das Erbe Heligans weiterführt. Wir werden sicher auch den letzten Vergangenheitsabschnitt aus der Geschichte Heligans erzählt bekommen, bei dem der Ausbruch des Ersten Weltkriegs den Anfang vom Ende Heligans darstellt.

Auch in diesem zweiten Band ist der Aufbau gelungen. Die wechselnde Erzählperspektive und –zeit wird von der Autorin sehr kunstvoll eingesetzt, was das Buch zusammen mit ihrem angenehmen, detailreichen Schreibstil wieder zu einem schönen, interessanten und kurzweiligen Leserlebnis macht.

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Ein reich bestickter Gobelin, der eine spannende Geschichte zu erzählen hat

Die Gärten von Heligan - Spuren des Aufbruchs
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Die junge PR-Frau Lexi tritt ein Praktikum in den legendären Gärten von Heligan in Conwall an, nachdem sie nicht nur alle Brücken zu ihrem vorigen Leben in London hinter sich abgebrochen, sondern auch ...

Die junge PR-Frau Lexi tritt ein Praktikum in den legendären Gärten von Heligan in Conwall an, nachdem sie nicht nur alle Brücken zu ihrem vorigen Leben in London hinter sich abgebrochen, sondern auch alle Spuren verwischt hat. Von Panikattacken geplagt, die auf eine morbide Beziehung zu einem krankhaft possessiven Mann zurückzuführen sind, findet Lexi nicht nur Menschen, die sie mit offenen Armen aufnehmen sowohl in Heligan, ihrer neuen Arbeitsstelle, als auch im Haus der Woods, wo sie sich eingemietet hat für die Zeit ihres Praktikums. Aus ihrem Praktikum wird eine Anstellung, da sich Lexi als höchst fähig auf ihrem Spezialgebiet, der PR, erweist. Sie wird beauftragt, eine Jubiläumsausstellung für Heligan zu organisieren und stürzt sich voller Elan in die Recherchen, um etwas ganz Spezielles auszugraben. Dabei stößt sie auf die Geschichte der Familie Tremayne, die am Anfang der Geschichte der Gärten von Heligan stand. Diese Geschichte, die im späten 18. Jahrhundert ihren Anfang nimmt, wird von hauptsächlich von Damaris Tremayne und später auch von ihrer Schwester Allie erzählt und wechselt sich mit der aktuellen Geschichte um Lexi ab. Lexi, eine verängstigte, verschlossene Figur, fügt sich langsam in ihre neue Welt ein, während sie die spannenden Ereignisse der Vergangenheit der Gärten von Heligan rekonstruiert: Damaris Tremayne findet am Strand einen Schiffbrüchigen, Julian, der ihr Leben völlig verändern wird. Sie lebt zusammen mit ihrer behinderten Schwester Allie bei ihrem Cousin Henry Tremayne, welcher nicht nur eine Seele von Mensch, sondern auch der Schöpfer der Heligan-Gärten ist. Mit ihm unternimmt Damaris eine Grand Tour durch die berühmtesten Gärten Südenglands, was ihm die Inspiration zur Schaffung seines eigenen Gartens – Heligan - verschafft. Julian hat mit dem Trauma zu kämpfen, seine ganze Familie bei dem Schiffbruch verloren zu haben. Wird es ihm gelingen, darüber hinwegzukommen und ein neues Leben in Heligan zu beginnen?

Die Geschichte an sich hat großes Potential. Das Ambiente – die Gärten von Heligan – ist faszinierend, seine teils belegte, teils fiktive Geschichte schlägt den Leser gleich in den Bann. Die Figuren werden vielversprechend eingeführt, allerdings verlieren die der Gegenwart an Schwung, während die historischen Figuren immer präsenter und farbiger werden. Die Autorin zeichnet ein lebhaftes Bild der Zeit. Die Geschichte aus der Vergangenheit um Damaris Tremayne ist komplett, mit einem befriedigenden Schluss, die der Gegenwart um Lexi lässt den Leser trotz eines momentan positiven Endes leicht unbefriedigt zurück, denn zu viele Fragen, die der Leser sich nach dem gelungenen Anfang stellt, bleiben ungeklärt, die Figuren öffnen sich dem Leser nicht.
Der Aufbau des Romans ist meines Erachtens gelungen, das Abwechseln der Erzählperspektiven und –zeiten schafft ein farbiges Gewebe, welches durch den Schreibstil der Autorin zu einem reich bestickten Gobelin wird, der eine spannende Geschichte zu erzählen hat.

Die Autorin hätte den Erzählstrang um Lexi nicht so vernachlässigen sollen, aber da es sich um den ersten Band einer Trilogie handelt, nehme ich an, dass die Folgebände die Geschichte um sie weitererzählen und die Figur endlich Farbe bekommt und zu leben beginnt. Zumindest hoffe ich das.

Insgesamt war es ein schönes, interessantes und kurzweiliges Leseerlebnis, das ich nicht missen möchte. Und ich freue mich auf den zweiten Teil der Gärten von Heligan.

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Veröffentlicht am 07.03.2021

Die Insel sehen, hören und riechen

Die vier Gezeiten
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Als Eduard Kießling, dem renommierten Juister Hotelbesitzer, das Bundesverdienstkreuz verliehen werden soll, versammelt sich seine Familie im familieneigenen Hotel, um das Ereignis gebührend vorzubereiten. ...

Als Eduard Kießling, dem renommierten Juister Hotelbesitzer, das Bundesverdienstkreuz verliehen werden soll, versammelt sich seine Familie im familieneigenen Hotel, um das Ereignis gebührend vorzubereiten. Die biedermeiermäßig anmutende Atmosphäre wird schnell empfindlich gestört durch die Ankunft von Helen, deren Ähnlichkeit mit Eduards Frau Adda so frappierend ist, dass allen – auch gegen ihren Willen - klar ist, hier haben sie ein unbekanntes Familienmitglied vor sich. Helen ist auf der Suche nach ihrer Herkunft und landet auf Juist, da sie von ihrer australischen Adoptivmutter einen entsprechenden Hinweis erhalten hat. Helens Auftauchen setzt Erinnerungen und Ereignisse in Gang, die die Geheimnisse der Familie ans Licht bringen werden.
Bis dahin lernen wir die Familie Kießling kennen: Johanne, die das Hotel zu einem erfolgreichen Familienunternehmen gemacht hat, ihre Tochter Adda mit Ehemann Eduard und die drei Töchter des Paares. Eine weitere Tochter, Wanda, von deren Existenz der Leser erst im Laufe der Geschichte erfährt, fehlt allerdings bei dem Familientreffen. Der Prolog, der in Form eines Tagebucheintrags gehalten ist, legt den Schluss nahe, dass die Schreiberin 30 Jahre vorher den Freitod gewählt hat, was das Fehlen Wandas erklären könnte.
Die Idee der Geschichte ist sehr interessant und hat mich von Anfang an gefesselt, auch wenn ich aufgrund der Vielzahl der Figuren und der Erzählung auf verschiedenen Zeitebenen zu Beginn einige Schwierigkeiten hatte, einen Überblick zu bekommen über die Beteiligten und ihre Verwandtschaftsverhältnisse. Mit der Zeit wurde das immer besser und ermöglichte es mir, der Erzählung der Schicksale der verschiedenen Generationen von Frauen der Familie gespannt zu folgen. Die Figuren selbst bleiben allerdings etwas lauwarm, es ist mir nicht gelungen, mich mit einer von ihnen zu identifizieren oder sie liebzugewinnen, obwohl die vier Gezeiten aus dem Titel die grundverschiedenen Persönlichkeiten der Töchter andeuten. Hier ist das Potential leider nicht ausgeschöpft worden.
Die Technik der Autorin Anne Prettin, oft die Perspektive und auch die Erzählzeit zu wechseln, erhöht die Spannung sehr. In einem Crescendo rauscht die Geschichte auf ihren Höhepunkt und die Auflösung der zahlreichen Rätsel, die die Familiengeheimnisse aufgeben, zu und lässt den Leser recht befriedigt zurück, da keine losen Fäden bleiben, auch wenn die Fülle der Geheimnisse und Lebensereignisse manchmal fast zu dick aufgetragen erscheint.
Insgesamt eine trotz der Anfangsschwierigkeiten lohnende Lektüre, die nebenbei auch Einblick gibt in die jüngere Geschichte eines kleinen, den meisten unbekanntes Stück Deutschland, die ostfriesische Insel Juist, und ihre Natur, deren Schilderung mit zu den überzeugendsten Teilen des Romans gehört. Man kann die Insel regelrecht sehen, hören und riechen. Und schon allein deshalb verdient es der Roman gelesen zu werden.

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Veröffentlicht am 17.05.2020

Trotz Schwächen lesenswert

Die verlorene Tochter der Sternbergs
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Die Geschichte ist in eine Rahmenhandlung eingebettet, deren Beginn sich recht vielversprechend präsentiert: Die in New York lebende 80-jährige Élise Duval bekommt überraschend Besuch von einer Frau und ...

Die Geschichte ist in eine Rahmenhandlung eingebettet, deren Beginn sich recht vielversprechend präsentiert: Die in New York lebende 80-jährige Élise Duval bekommt überraschend Besuch von einer Frau und deren Tochter, die ihr längst verschollen geglaubte Briefe aus Kuba bringen. Élise erleidet dadurch einen Zusammenbruch und erinnert sich an längst Vergessenes und Verdrängtes, das sie als Kind in Berlin und in Frankreich erlebt hat. Hier beginnt die eigentliche Geschichte, welche die Schicksale der Mitglieder der jüdischen Familie Sternberg zur Zeit des Zweiten Weltkrieges erzählt.
An sich guter Erzählstoff, der mich genauso gereizt hat wie das Cover. Streckenweise war ich dermaßen in die Lektüre vertieft, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte, weil ich unbedingt wissen musste, wie die Geschichte weitergeht. Auch der etwas spröde Schreibstil, der wenig Raum für die Schilderung von Gefühlen lässt, überzeugt weitgehend, da das Thema dies nicht nur erlaubt, sondern meines Erachtens streckenweise fordert.
Was mich jedoch etwas unbefriedigt aus der Gesamtlektüre entließ, ist die Tatsache, dass der Autor zu viele Handlungs- und Schicksalsstränge auch von Hauptfiguren nicht weiterverfolgt hat, es scheint, er habe sie unterwegs vergessen, verloren. Zu gern hätte ich gewusst, was aus der einen oder anderen Figur geworden ist, nachdem sie den Staffelstab der Hauptrolle an eine neue Hauptfigur abgegeben hat. Auch am Ende des Buches, als es im Schlussakt der Rahmenhandlung die Möglichkeit gegeben hätte, zumindest hier dem Leser etwas mehr an Informationen zu bieten, was besagte Schicksale anbelangt, scheint es, als ob Correa vor allem schnell mit dem Schreiben fertig werden wollte, so dass er dem Leser bis auf einige wenige Angaben nichts gibt, was diesen doch noch rundum zufrieden das Buch zum letzten Mal schließen lässt. Wirklich sehr schade, es wurde die Gelegenheit zu einem großartigen Buch versäumt.
Und doch .... Trotz all dem muss ich sagen, dass mich der Erzähler verändert zurückgelassen hat, für mich ein Kriterium dafür, dass das Buch funktioniert. Ich werde auch sein erstes Werk lesen, und ich freue mich richtig darauf.

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