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Veröffentlicht am 27.06.2022

Kann Champagner Wunden heilen?

Kaiserstuhl
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In dem Roman um Henny, die Tochter eines erfolgreichen deutschen Weinhändlers und ihrer großen Liebe Paul, ein Elsässer, von dem sie nach Kriegsende verlassen wurde, werden überaus geschickt die Verhandlungen ...

In dem Roman um Henny, die Tochter eines erfolgreichen deutschen Weinhändlers und ihrer großen Liebe Paul, ein Elsässer, von dem sie nach Kriegsende verlassen wurde, werden überaus geschickt die Verhandlungen in den Jahren 1962 bis 1963 zwischen Frankreich und Deutschland, die letztendlich zum Abschluss des s.g. Elysée-Vertrags führten, mit einbezogen. Dabei gelingt es der Autorin, diese Entwicklungen in einer sehr verständlichen Weise darzustellen, wodurch sich neue Einblicke in das Deutsch-Französische Verhältnis ergeben.
Paul Duringer erhält 1962 den Auftrag, eine ganz besondere Flasche Champagner zu finden, die so viele Jahre nach Kriegsende als Symbol für die Plünderung der französischen Weinregionen durch die Nazis stehen soll. Im Zuge seiner Nachforschungen sucht er auch die inzwischen wieder recht erfolgreiche Weinhandlung von Henny Köpfer auf. Ein nahtloses Anknüpfen an die gemeinsame Zeit stellt sich jedoch als nahezu unmöglich heraus, denn die Kriegsereignisse und ein Verrat haben ihre Spuren hinterlassen.
Dass Paul Duringer nicht der einzige Interessent an diesem Champagner ist lässt sich im Verlauf des Romans sehr schnell feststellen und verleiht dadurch dem ganzen Geschehen auch eine gewisse Spannung.
Mit Hilfe des von der Autorin verwendeten sehr bildhaften Erzählstils lernt man recht schnell die Bevölkerung und den Alltag kennen. Zudem wird dadurch das Verständnis gerade für die Zeit des Krieges in diesem Landstrich auf eine sehr leichte und überzeugende Weise mit Leben gefüllt.
Ein flüssiger Schreibstil nimm bereits nach kurzer Zeit gefangen und man versinkt regelrecht in längst vergangenen Zeiten. Die Charaktere sind überzeugend und realistisch dargestellt und gerade die Schilderung der Beziehung zwischen Henny und Paul, geprägt von Verletzungen aus der gemeinsamen Vergangenheit, sind schlüssig, verständlich und nachvollziehbar dargestellt.
Eine überaus interessante Kombination verschiedener Themenbereiche wird in diesem Roman überaus gelungen und überzeugend dargestellt. Dabei kommt weder die Schilderung geschichtliche Ereignisse noch persönlicher Gefühle und Entwicklungen zu kurz. Gerade im Hinblick auf ein besseres Verständnis für die Entwicklung des deutsch-französischen Verhältnisses stellt dieser Roman eine Bereicherung dar.

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Veröffentlicht am 27.06.2022

Auch mit Handicap ist das Leben schön und wertvoll

Das Kuscheltier-Kommando (Band 1) - Eine Geschichte über wahre Stärke
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Der kleine Junge Fred und der Teddybär Pollo sind dicke Freunde, gehen gemeinsam durch Dick und dünn und erleben so manches Abenteuer. Leider geht ein Abenteuer alles andere als erfolgreich aus. Ganz im ...

Der kleine Junge Fred und der Teddybär Pollo sind dicke Freunde, gehen gemeinsam durch Dick und dünn und erleben so manches Abenteuer. Leider geht ein Abenteuer alles andere als erfolgreich aus. Ganz im Gegenteil, verliert Pollo doch einen seiner beiden Arme. Tieftraurig über Verlust des Arms und die spannenden Abenteuerreisen mit seinem großen Freund Fred muss er nun auch noch damit leben, dass er von Fred vergessen fristet er sein Dasein einsam und alleine mit weiteren uninteressant gewordenen Spielsachen.
Doch Rettung naht und das Kuscheltier-Kommando nimmt nicht nur Kontakt zu Pollo auf sondern setzt die hervorragende Idee eines Ersatzarms für Pollo nicht nur erfolgreich um sondern hat damit entscheidenden Anteil am Wiederaufleben der Freundschaft zwischen Fred und Pollo.
Ein interessantes Kinderbuch mit wunderschönen und kindgerechten Illustrationen, das sich nicht nur zum Vorlesen sondern durch die grafische Gestaltung auch als interessantes Bilderbuch eignet, mit dem die Geschichte weiter ausgeschmückt werden kann. Dabei verdient gerade die Kreativität, mit der die Handicaps der Kuscheltier-Kommando-Mitglieder und die phantasievolle Gestaltung eines Ersatzes für dieses vermeintliche Handicap eine besondere Erwähnung. Und für mich der absolute Höhepunkt dieses Kinderbuches und wird mit Sicherheit so manches Kinderherz, mit Sicherheit aber auch das von Erwachsenen, tief berühren.
Allerdings enthält das Buch aber einen auf mich dann doch alles andere als positiven Aspekt: Pollo, der einarmige Bär, wird nach dem im Spiel erfolgten Verlust seines Arms für seinen Freund uninteressant und wird von Fred nicht mehr beachtet. Erst mit seinem Ersatzarm stellt er wieder einen willkommenen und gern gesehenen Spielkameraden dar. Schade … dass ein treuer Freund mit Fehler nichts mehr wert ist – so der Eindruck auf mich, den ich – gerade in Bezug auf Kinder – sehr bedauernswert finde.

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Veröffentlicht am 03.06.2022

Polizeiärztin, Ehefrau und Mutter im Berlin der 20er Jahre

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein wilder Tanz (Polizeiärztin Magda Fuchs-Serie 3)
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Ein gelungener Abschluss mit erneut interessanten Einblicken in die Bestrebungen von Frauen nach einem selbstbestimmten Leben
Nun heißt es Abschied nehmen und eine überaus interessante Zeitreise in die ...

Ein gelungener Abschluss mit erneut interessanten Einblicken in die Bestrebungen von Frauen nach einem selbstbestimmten Leben
Nun heißt es Abschied nehmen und eine überaus interessante Zeitreise in die Großstadt Berlin der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts beenden. Noch einmal zurückzukehren zu Magda und ihren Freundinnen, noch einmal bei der Aufklärung eines Verbrechens mitzufiebern, noch einmal vertraute Charaktere ein Stück weit auf ihrem Lebensweg zu begleiten und teilzuhaben an wichtigen und entscheidenden Meilensteinen. Dies alles wird wunderbar erfüllt in dem nun vorliegenden dritten und letzten Band.
Magda, noch immer auf der Suche nach Otto, dem kleinen Bruder von Elke, die dank der Unterstützung von Magda bereits ein neues und glückliches zu Hause gefunden hat. Gerade dieser Aspekt berührt mich immer wieder aufs Neue und von Anfang an hofft und wünscht man gerade diesen beiden Geschwistern ein "happy-end".
Celia, die voll großer Hoffnungen und Erwartungen in die Ehe mit dem aus betuchtem Hause stammenden Edgar gestartet ist, sieht sich nach der Geburt der gemeinsamen Tochter und dem Tod des Schwiegervaters mit unerwarteten Schwierigkeiten konfrontiert, die alles in Frage stellen, was sie sich für ihren weiteren Lebensweg vorgestellt hat.
Doris, deren Begabung und Traum einer Karriere als Schauspielerin sich zunehmend erfolgreich entwickelt, muss sich die Frage stellen, ob sie alles hinter sich zurücklassen will, um in Amerika nicht nur an ihre Erfolge in Deutschland anknüpfen möchte, sondern dort einen weiteren Karrieresprung ins Auge fasst.
Und auch einen mysteriösen Todesfall gilt es wieder zu klären: Xenia von Xanten, finanziell sehr gut gestellt reist nach Berlin, um das bekannte Berliner Nachtleben der damaligen kennenzulernen. Doch dieser Ausflug hat tödliche Konsequenzen.
Wieder einmal gelingt es der Autorin, Zeit, Sitten, Erwartungshaltungen, Moralvorstellungen mit den Wünschen, Träumen und Zielen junger Frauen zu verknüpfen und lebensecht darzustellen. Eine Identifizierung mit den weiblichen Hauptcharakteren gelingt mühelos und man ist teilweise erschüttert über das, was heutzutage selbstverständlich ist, damals aber notfalls hart erkämpft werden musste – sofern es gelang. Auf alle Fälle interessant, drei Frauen mit unterschiedlichen Talenten und Begabungen kennenlernen und sie auf dem Weg zur Verwirklichung ihres beruflichen Lebenstraums mit all den Problemen der damaligen Zeit begleiten zu können.
Auch das Verbrechen, das aufzuklären ist und dessen Schauplatz, ist nicht nur fesselnd beschrieben, sondern eröffnet auch sehr interessante Einblicke in gesellschaftliche Kreise und die schillernde Welt des opulenten Nachtlebens einer Großstadt.
Als gekonnten und überzeugenden Abschluss dieser Serie empfinde ich Magdas und Konrads Fragen an eine Zukunft in der Großstadt Berlin vor dem Hintergrund der aufziehenden braunen Wolken des beginnenden Nationalsozialismus, da auch diese historische Entwicklung im Romangeschehen Berücksichtigung findet.

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Veröffentlicht am 26.04.2022

Ein humorvoller Ausflug in eine alles andere als unbeschwerte Kindheit

Strahlemann
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Der bekannte Moderator Fritz Schäfer zeichnet in seinem autobiographischen Werk "Strahlemann" für ich wichtige Stationen vor allem aus seiner Kindheit und Jugendzeit auf. Assoziiert man mit dem Titel zunächst ...

Der bekannte Moderator Fritz Schäfer zeichnet in seinem autobiographischen Werk "Strahlemann" für ich wichtige Stationen vor allem aus seiner Kindheit und Jugendzeit auf. Assoziiert man mit dem Titel zunächst einmal eine schöne und unbeschwerte Kindheit, so eröffnen sich bereits nach wenigen Seiten ganz andere Lebensumstände, die die alles andere als strahlend waren.
Aufgewachsen mit seiner gehandicapten Schwester bei der alleinerziehenden Mutter wird Fritz schon sehr früh mit Alltagsproblemen konfrontiert, die man zum einen keinem Kind zumuten möchte und die er dank seines großen Herzens, vor allem seiner Aufgeschlossenheit und Liebe den Familienangehörigen, allen voran seiner Schwester, und seiner Kämpfernatur und Offenheit auf interessante und berührende Weise zu meistern wusste.
Ein flüssiger, eingängiger und mitreißender Schreibstil lassen schon schnell ein- und abtauchen und dank des chronologischen Aufbaus des Buches wächst man gleichzeitig mit dem Autor heran. Man lernt die Menschen, die ihn prägten, aber auch die Einflüsse, die verarbeitet werden mussten, kennen. Dabei wird auch nicht davor zurückgescheut, gesellschaftliche Vorbehalte und auch Missstände anzusprechen. Dies vor allem in den Abschnitten, die das Verhalten der Mitmenschen gegenüber seiner gehandicapten Schwester gegenüber zum Inhalt haben.
Dabei gelingt es dem Autor zudem meisterhaft, eine Zeit, Menschen und Ereignisse zu beschreiben, die man sehr leicht mit eigenen ganz persönlichen Ereignissen und wichtigen Menschen ergänzen kann. Gleichsam ein Ausflug in die eigene Kindheit, wobei sie sich durchaus von der des Autors unterscheiden kann.
Ein warmherziges, bezauberndes Buch, das sich sehr leicht lesen lässt und bei dem man leider schneller auf der letzten Seite ankommt, als man zu Beginn der Lektüre gedacht und erwartet hat. Am besten liest man es ohne viele Unterbrechungen – einfach, weil es von Anfang an gefangen nimmt und man wissen will, wie es weitergeht.

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Veröffentlicht am 21.04.2022

Ein bedeutungsvoller Sommer für Deutschland

Der Sommer danach
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Ein Titel, der gleichzeitig zu der Frage führt, um welchen Sommer es sich handeln mag und was sich zuvor ereignet haben könnte. Ein Titel der neugierig macht und bereits nach wenigen Seiten enthüllt, um ...

Ein Titel, der gleichzeitig zu der Frage führt, um welchen Sommer es sich handeln mag und was sich zuvor ereignet haben könnte. Ein Titel der neugierig macht und bereits nach wenigen Seiten enthüllt, um welchen Zeitrahmen es sich handelt: um die Sommermonate, die dem Ende des Zweiten Weltkriegs folgen. Eine Zeit, die dem normalen und gewohnten Jahreszeitenwechsel entspricht und doch auch eine Zeit des Neubeginns, aufbauend auf den Trümmern der vergangenen Kriegsjahre.
In einem sehr persönlichen Vorwort der Autorin eröffnen sich ihre Beweggründe für die Thematik eines hervorragend recherchierten Romans, wobei man sich in vielen Ausführungen mit eigenen Gedanken und Fragen wiederfindet.
Der Roman beginnt zwar in den zwanziger Jahren des 21. Jahrhunderts, in dem die weit über 90jährige Karla ihre Mitte Zwanzigjährige Urenkelin Lisa zu einem Ausflug in das heutige Berlin einlädt. Um sie dann an ihren ganz persönlichen Erfahrungen in jenem Sommer teilhaben zu lassen, ein Stück ge- und erlebte Familiengeschichte.
Karla ist als junge Frau nach Kriegsende in Berlin auf der Suche nach ihren beiden Brüdern, wobei Konrad, der Ältere, als Pilot eines Kampfflugzeugs während des Krieges spurlos verschwunden ist und von dem kleinen Mattis, ebenfalls wie sie, ihre Mutter und Schwester, Opfer von Sippenhaft, keine Spur zu finden ist.
Gerettet aus einer lebensbedrohlichen Situation, verursacht durch einen russischen Soldaten, eröffnet sich für Karla die Möglichkeit, als Dolmetscherin für die englische Delegation an der s.g. Berliner Konferenz der Alliierten im Potsdamer Schloss Cecilienhof teilzunehmen.
Getragen von dieser realen Rahmenhandlung der Berliner Konferenz gelingt es der Autorin vor allem mit Hilfe der Charaktere von Karla, dem englischen Ingenieur Ray und Joan, ebenfalls Engländerin und zuständig für die Betreuung der englischen Delegation, bald 80 Jahre nach Kriegsende diesen bedeutsamen Sommer 1945 neu mit Leben zu füllen.
Auch wenn der Fokus auf den Vorbereitungen, der Durchführung und dem Ergebnis dieser Konferenz liegen, so finden weitere Aspekte des geschilderten Zeitabschnitts und auch der vorhergehenden Kriegsjahre eine teilweise beklemmende Berücksichtigung:
Ray, der noch immer unter den Erlebnissen im Zusammenhang mit der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen leidet und allen Deutschen mehr als kritisch gegenübersteht. Joan, überaus geschickt im Zusammentragen von Informationen, die von nicht unerheblicher Bedeutung für die eigene Delegation sind. Und Karla, die nicht nur die Hinrichtung ihres Vaters und die anschließende, teilweise lebensbedrohliche, Sippenhaft verarbeiten muss sondern sich auch immer wieder mit den Vorurteilen von Deutschen ihr, der Tochter eines "Verräters" gegenüber, konfrontiert sieht.
Insbesondere mit Hilfe der Charaktere von Karla und Joan wird die Bedeutung und der Verlauf dieser für das gesamte Deutschland bzw. die Bevölkerung überaus wichtige Konferenz sehr transparent, authentisch, vor allem aber überaus verständlich und nachvollziehbar dargestellt. Nicht nur, dass die Erwartungen, Forderungen und auch Befindlichkeiten der einzelnen Siegermächte durch eine unerwartet leichte und doch auf Grund des vermittelten Inhalts umso beklemmendere Schreibweise in ihren Bann ziehen – auch wenn die realen Ereignisse bereits Jahrzehnte zurückliegen! Sondern es fällt auch sehr leicht, sich mit den Gedanken, Fragen und Diskussionsbeiträgen von Karla beim Lesen zu identifizieren. Da erhält so manche ganz persönliche Frage im Roman überraschenderweise eine überzeugende Antwort, wobei die hervorragenden Recherchen der Autorin der gesamten Handlung Glaubwürdigkeit verleihen.
Erwähnenswert ist allerdings auch die Charakterisierung der wichtigsten realen Konferenzteilnehmer: Churchill, Truman und Stalin. Wobei auch die in diesem Zeitrahmen stattfindenden Wahlen in England, die letztendlich zum Sieg von Attlee führten, gerade im Hinblick auf die Persönlichkeit Churchills mit sehr großem Einfühlungsvermögen und Verständnis eine ganz besondere Berücksichtigung finden.
Ein Roman, der nicht nur zu einem spannenden Ausflug in eine fiktive Romanhandlung, sondern auf eine sehr verständliche, aber ebenfalls spannende Weise die ganze Dimension dieser Konferenz für Deutschland aufzeigt.
Nie war Politik so interessant und spannend – dank der hervorragenden und überzeugenden Kombination mit einer fesselnden Romanhandlung.
Ein großer Dank an die Autorin für eine aufschlussreiche und sehr informative Geschichtsstunde. Mit Hintergrundinformationen, die auf umfangreiche Recherchen schließen lassen.

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