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anna_banana20

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Veröffentlicht am 29.03.2019

Bildung macht einen bedeutenden Unterschied

Befreit
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Aufgewachsen in den Bergen Idahos, inmitten einer Großfamilie, die sich voller Inbrunst dem Mormonentum widmet, autark leben möchte und Sozialismus ausschließt, beginnt die junge Tara Westover Glaubenssätze ...

Aufgewachsen in den Bergen Idahos, inmitten einer Großfamilie, die sich voller Inbrunst dem Mormonentum widmet, autark leben möchte und Sozialismus ausschließt, beginnt die junge Tara Westover Glaubenssätze und Überzeugungen ihres Vaters anzunehmen und zu verinnerlichen. Als fromme Mormonen sind die Westovers davon überzeugt, dass der Gang zur Schule etwas Böses sei. Die vom Sozialismus geprägte Gesellschaft sei vom Teufel unterwandert und nicht im Sinne Gottes, da unwahre Richtlinien und Gedanken nicht auf den Untergang vorbereiten würden und am Ende ins Chaos stürzen würden. Der Gang zum Arzt kommt in keinem Fall infrage und moderne Medizin lässt den Körper von innen verfaulen. Die Frau gehört in die Küche und die Familie kommt an erster Stelle.

Tara Westover schildert ihre Tage am Fuß des Berges und präsentiert dabei ihre wachsende Sehnsucht nach etwas, dass sie nicht zu denken wagt, da es den Weg ihrer Familie nicht entspricht. Das Leben stellt einen Menschen jedoch immer wieder vor Herausforderungen und Entscheidungen, sodass sie immer wieder dazu gezwungen wird zu hinterfragen, zu erkennen und zu entscheiden, ob sie vom Pfad abweicht oder sich für die bekannte Zone erwärmt, die ihr bisher als das wahre Leben erscheint. Da ist zum Beispiel ihr Bruder Tyler, der eine Entscheidung trifft, die sie bewundert, jedoch nicht versteht. Fragen über Fragen und Taras Neugier schaffen es einfach nicht, ihrer bekannten Weltordnung widerspruchslos zu folgen. Bis sie eines Tages eine Forderung stellt: Sie möchte schulische Bildung erlangen und etwas ändern.

Das Buch hat mich in vieler Hinsicht tief bewegt. Ein Leben ohne die Bildung, die ich bisher erhielt, kann und möchte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Bildung ist ein Schatz, der uns Verständnis, Sicherheit und Möglichkeiten geben kann. Ohne diese Möglichkeiten gäbe es so viele Mauern und Grenzen, die vielleicht noch nicht einmal erkannt werden würden.
Je mehr Bildung Tara zuteil wurde, desto größer wurde die Kluft zu ihrer Familie. Schmerzvolle Erkenntnisse und Angst vor dem Verlust der Wurzeln, vor dem Alleinsein, dem nie mehr Umkehren können, hielten Tara oft wach, stürzten sie in tiefe Gewissensbisse. Sie verriet ihre Familie! Je mehr sie das fühlte, desto mehr spürte sie den Verrat der eigenen Familie an ihr selbst. Das Dilemma ist handgemacht und doch fühlte ich beim Lesen jede Sekunde mit Tara, verstand ihre Gefühle.
Ihr Weg war nicht nur steinig und kalt, als Gläubige befürchtete sie zusätzlich, entgegen ihres bestimmten Lebens, wie sie dachte, zu handeln und den Weg der Sünde zu wählen.

Frau Westover, ich bin zutiefst gerührt, erschreckt und beeindruckt von Ihrem Lebensweg, der sie bis hierher führte und Sie nun dieses Buch geschrieben haben. Betrachten Sie es als Trophäe, den nichts anderes ist es. Eine Trophäe des Verständnisses, des Mutes und der Erfahrung, das Liebe immer einen Weg finden kann, wenn es gewollt ist.

Veröffentlicht am 29.03.2019

Zwischen Kultur und Moderne: Frauen in China

Mulans Töchter
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Mit dem Sachbuch „Mulans Töchter“ von der niederländischen Autorin Bettine Vriesekopp begibt sich der Leser oder die Leserin auf eine Suche nach Verständnis und Wissen. Zusammen mit ihrer chinesischen ...

Mit dem Sachbuch „Mulans Töchter“ von der niederländischen Autorin Bettine Vriesekopp begibt sich der Leser oder die Leserin auf eine Suche nach Verständnis und Wissen. Zusammen mit ihrer chinesischen Assistentin reiste die Autorin durch China, verabredete sich mit Kindern der Ein-Kind-Politik, Feministinnen, Lesben, Sexberaterinnen, politischen Aktivistinnen, modernen Schwertfrauen und anderen Frauen des Landes und verschafft sich ein Bild vom Leben und Wirken der jeweiligen Gesprächspartnerinnen, um sich ein Bild vom Spiegel der chinesischen Gesellschaft zu machen. Sie findet heraus, wie Fühlen und Denken, Religion und Politik das Leben der Bevölkerung beeinflussen. Traditionen, wie das Binden der Füße, kommen zur Sprache. Eine schleichende sexuelle Revolution ist im Gange und verändert die Sichtweise einiger Frauen. Wann wird die chinesische Bevölkerung bereit sein, eine vollkommene Gleichberechtigung zu wünschen? Und wann beginnt das große Hinterfragen, das einige Wenige bereits dazu antreibt, ihre Stimme zu erheben und Wellen zu schlagen?

Ich finde das Buch aufschlussreich und mir hat es definitiv mehr Verständnis gebracht. Ein Exkurs in das Fühlen und Denken chinesischer Frauen half mir, meinen Blick auf die Welt zu erweitern. Ich bin der Meinung, mit Mitgefühl haben wir einen wichtigen Baustein gelegt, um einander mit Nächstenliebe und Freude zu begegnen.

Veröffentlicht am 29.03.2019

Ein Porträt von Rache in den 30ern

Die Farben des Feuers
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Madeleine Péricourt ist Alleinerbin eines berühmten Bankiers am Vorabend des Zweiten Weltkrieges im Frankreich der 20er und 30er Jahre. Der Roman von Pierre Lemaitre beginnt in tristen Grautönen. Die Beerdigung ...

Madeleine Péricourt ist Alleinerbin eines berühmten Bankiers am Vorabend des Zweiten Weltkrieges im Frankreich der 20er und 30er Jahre. Der Roman von Pierre Lemaitre beginnt in tristen Grautönen. Die Beerdigung von Marcel Péricourt im Jahr 1927 bringt einige Wendungen mit sich. Neid, Habgier und Anerkennung ziehen sich durch die Reihen der Zurückgelassenen und das auf eine ganz dezente, sehr höffliche Weise. Mehrere Schlüsselfiguren des Romans bekommen einen ersten Auftritt und der Autor versteht es, wie kein Zweiter, diese in Szene zu setzen, um ihnen so ein charakteristisches Auftreten zu verleihen. Da wäre zum einen Madeleines Sohn Paul, der sich aus dem Fenster stürzt, oder der politisch engagierte Bruder des Verstorbenen und seine Frau mit den hässlichen Töchtern. Aber auch das Haus- bzw. Kindermädchen, der Hauslehrer oder auch ein Angestellter der Péricourt Bank rücken ins Licht des Geschehens…

Beim Lesen fühlte ich mich in eine andere Zeit versetzt. Lemaitre schaffte es mir ein glaubwürdiges und zugleich tragisches Bild vor Augen zu führen. Das Cover des Buchs passt wunderbar zu meiner beschriebenen Vorstellung des Inhalts. Auf eine ernüchternde und ebenfalls „blumige“ Weise beschreibt er mit sehr gesitteten Sätzen eine Geschichte voller Habgier, Verrat und nicht zuletzt gut ausgearbeiteter Rache. Das Thema Rache ist eine Sache, die mir aus persönlichen Gründen nicht sonderlich zusagt, dennoch überraschte mich die nach Authentizität klingende Geschichte mit vielen kleinen detailverliebten Augenblicken.

Jede Figur scheint mir gut ausgearbeitet und besticht mit eigenen Motiven, Träumen und Wünschen, aber auch mit eigenen Absichten, Schattenseiten und Schwächen. Was nicht zuletzt auf eine absurde Weise Sympathien weckt. Ich denke, die Farben des Feuers sind es sinnbildlich deswegen geworden, da die Hauptfigur Madeleine mit ihrem späteren Rachemotiv von einem grauen und tragischen zu einem durchdachten und unberechenbaren Charakter mutiert – den Blick ausschließlich nach vorne gerichtet. Das Rache jedoch nicht unbedingt die Lösung sein kann, darum geht es hier nicht... Dennoch, Rache ist rot. Rot wie Feuer. So erschuf der Autor also ein Porträt von gelebten Gefühlen und mehr oder weniger tragischen Einzelschicksalen.

Veröffentlicht am 29.03.2019

Wege führen zu Erkenntnis

Davor und Danach
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Der Klappentext von Nicky Singers, meiner Meinung nach sehr schick gestalteten Buchs DAVOR und DANACH, ist sehr einleuchtend, was den im Zentrum stehenden Konflikt angeht.

Kurz gesagt, ist es eine Geschichte, ...

Der Klappentext von Nicky Singers, meiner Meinung nach sehr schick gestalteten Buchs DAVOR und DANACH, ist sehr einleuchtend, was den im Zentrum stehenden Konflikt angeht.

Kurz gesagt, ist es eine Geschichte, um ein 14-jähriges Mädchen, das eine lange Reise auf sich nimmt, um zu den Ort ihrer Kindheit zu gelangen, da dort ihre einzige noch lebende Verwandte lebt. Das ist allerdings nicht so einfach in einer übervölkerten Welt, in der alles und jeder kontrolliert wird und freie Entscheidungen scheinbar an Wert verloren haben. Auf diesem Weg wird dem Leser immer mehr eröffnet, welche Gewissensbisse, Ängste und Sorgen das Mädchen quälen.

Da die Autorin erst Stück für Stück einen Einblick in ihre Protagonistin gewährt, wächst der Kenntnisstand des Lesers proportional zum Fortschreiten des Buches. Auf den letzten Seiten wird dem Leser die gesamte Tragweite des Erlebten von dem Mädchen klar. Und auch die innere Entwicklung des Mädchens, ihr Name ist Mhairi Anne Bain, wird erkennbar zum Höhepunkt ausgebaut.

Letztendlich ist es aber auch die Geschichte von einen kleine Jungen, dem Mhairi auf ihrer Reise begegnet und den sie nicht mehr loswird, beziehungsweise den sie ebenso schnell nicht mehr loswerden möchte. Auch warum die beiden eine spezielle Bindung zueinander aufbauen ist ein zentrales Thema dieser Geschichte.

Generell lässt sich sagen, dass DAVOR und DANACH ein Jugendbuch ist, eine recht düstere Zukunftsversion der Erde schildert und die Hauptfigur als ICH-Erzählerin fungiert, sodass viele Handlungsabläufe und Denkmuster von Mhairi beschrieben werden. Mir hat das Buch gefallen, da es sich mit einfachen Sätzen und kurzen Kapiteln (im Sinne eines Jugendbuches) kritisch mit der auch bereits heute aktuellen politischen und gesellschaftlichen Lage auseinandersetzt und Denkanstöße verpasst.

Außerdem mag ich, wie bereis erwähnt, die Buchgestaltung sehr! Das Buch ist wirklich ein Hingucker im Regal.

Veröffentlicht am 29.03.2019

Viele veranschaulichende Beispiele

Die Macht der Affäre. Warum wir betrügen und was wir daraus lernen können.
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„Die Macht der Affäre – Warum wir betrügen und was wir daraus lernen können“ plädiert für einen ehrlichen und achtsamen Umgang miteinander. Die amerikanische Autorin, Esther Perel, ist eine Psychotherapeutin ...

„Die Macht der Affäre – Warum wir betrügen und was wir daraus lernen können“ plädiert für einen ehrlichen und achtsamen Umgang miteinander. Die amerikanische Autorin, Esther Perel, ist eine Psychotherapeutin in New York City mit vielen Talenten. Sie präsentiert viele anschauliche Beispiele aus ihrem Praxisalltag und versucht dabei alle Positionen der Betroffenen zu verstehen – urteilsfrei. Das Verständnis des Seitensprungs oder der Affäre ist das, was sie ergründen, verbreiten und erneuern möchte.

Ehrlicherweise muss ich sagen, dass ich bereits Ende 2018 ein Buch mit softem Cover zugesendet bekommen habe, dass ich auch sogleich durchlas. Jetzt, Ende März 2019, habe ich eine überarbeitete Version von Esther Perels Werk zugesandt bekommen, die ich mit der vorherigen verglichen habe. Die neue Version ist ein Hardcover mit Umschlag. Der Text auf der Rückseite ist zu Beginn erweitert wurden, jedoch lassen sich auch die Hinweise und Beschreibungen vom ersten Buch in dem Text wiederfinden.

Außer diesen Punkten ist die wahrscheinlich größte Veränderung zum ersten Buch das Übersetzerteam. Während das erste Buch von Regina Schneider aus dem amerikanischen übersetzt wurde, übersetzten das neuere Exemplar Christiane Sipeer und Johanna Wais, was sich an einigen Formulierungen und Betitelungen erkennen lässt.

Beim direkten Vergleich der Einleitung aus beiden Büchern erkannte ich, dass der inhaltliche Sinn blieb, dass dieselben Gründe, ähnliche Beispiele und Wörter verwendet wurden. Eventuell fand ich die Satzgestaltung und den Satzaufbau bei der neueren Ausgabe noch ein bisschen mehr durchdacht und verfeinert.
„Die Macht der Affäre“ besteht aus einer Einleitung und vier übergeordneten Kapiteln, die sich mit den Voraussetzungen von Affären (Ehe und Untreue, Definitionen von Untreue, Untreue im Wandel der Zeit), den Konsequenzen (Warum Betrug schmerzt, Eifersucht, Selbstvorwürfe und Rache, gestehen oder verschweigen), der Bedeutung und den Beweggründen (Gründe, Reize, Verbote, Dilemmata) und dem Umgang danach (Lösungsansätze, Beispiele, Vermächtnis einer Affäre, Monogamie und ihre Grenzen) auseinandersetzen.

Das Buch gefiel mir sehr gut, lies mich die Tiefe des Themas spüren und verlieh mir neue Blickwinkel. Da ich selbst keine der geschilderten Situationen im Ansatz selbst kennengelernt habe, aber in meinem Bekanntenkreis in der Vergangenheit mit Ansätzen dieser Thematik zu tun hatte, stärkte es meine Sensibilisierung für dieses Thema.

Ich konnte schon immer gut vorurteilsfrei an Menschen herantreten (ganz ohne Vorurteile ist niemand, aber es stand mir nie im Weg) und mir ihre Meinung, ihren Standpunkt anhören. Für mich ist mehr Verständnis für eine Sache immer ein Schritt in die richtige Richtung.