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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.01.2024

Gelungener Beginn einer neuen skandinavischen Krimireihe

Stille Falle
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Smilla und Mansur sind Urban Explorer, Lost Places faszinieren sie. Jetzt haben sie einen Tipp für eine ganz besondere Höhle bekommen, die sie erkunden wollen. Ein letztes Foto auf Instagram, und dann ...

Smilla und Mansur sind Urban Explorer, Lost Places faszinieren sie. Jetzt haben sie einen Tipp für eine ganz besondere Höhle bekommen, die sie erkunden wollen. Ein letztes Foto auf Instagram, und dann verliert sich ihre Spur.

Da Smilla aus einer wohlhabenden, einflussreichen Familie stammt, wird sofort die Abteilung für Schwerverbrechen in Malmö eingeschaltet. Kriminalinspektorin Leonore Asker rechnet fest damit, nicht nur diese Ermittlung zu leiten, sondern auch zur Leiterin der Abteilung befördert zu werden. Doch es kommt anders. Sie wird zwar befördert, aber ihr wird die Ermittlung entzogen und sie landet im Keller als Leiterin der völlig unbekannten Abteilung für besondere Fälle. Dort arbeiten höchst exzentrische Kolleginnen, die wenig miteinander zu tun haben und nur schwer einzuschätzen sind. Zutiefst verletzt und wütend stößt Leo durch Zufall auf Informationen, die mit dem Verschwinden der beiden jungen Leute zu tun haben. Obwohl ihr jegliche Einmischung in den Fall untersagt wurde, beginnt sie eigenständig zu ermitteln.

Mit Leonore Asker hat der Autor eine Figur geschaffen, die sehr facettenreich ist. Sie hat eine extrem ungewöhnliche Jugend erlebt, ist clever und eigenwillig. Gleichzeitig ist sie unsicher und verletzlich. Die anderen Kolleg
innen der neuen Abteilung sind skurril oder zumindest schwer einzuordnen. Die Grundidee erinnert zwar an eine bekannte andere Krimireihe, aber die Ausgestaltung drückt der Geschichte einen eigenen Stempel auf.

Auch wenn Anders de la Motte viele Ideen und Stilmittel einsetzt, die versierte Krimileser*innen bereits kennen, die Mischung macht diesen Roman trotzdem lesenswert. Rückblenden werden genau richtig platziert, um den Lesefluss nicht zu stören, im Gegenteil, die Spannung wird dadurch nur noch gesteigert. Und auch wenn man sich nicht für Urban Exploring interessiert, die Art wie das Thema beschrieben ist, macht die Faszination für diese verlassenen Orte nachvollziehbar.

Insgesamt gehört dieser Krimi zum Besten, was ich in letzter Zeit in diesem Genre gelesen habe. Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.12.2023

Serienauftakt mit interessantem Ermittlerduo, aber zu wenig Krimispannung

Schwarzvogel
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Im Auftakt der Krimireihe um Fredrika Storm muss diese gleich am ersten Arbeitstag in ihrer neuen Dienststelle in ihrem Heimatdorf ermitteln. Eine junge Frau ist anscheinend auf den zugefrorenen See geflüchtet, ...

Im Auftakt der Krimireihe um Fredrika Storm muss diese gleich am ersten Arbeitstag in ihrer neuen Dienststelle in ihrem Heimatdorf ermitteln. Eine junge Frau ist anscheinend auf den zugefrorenen See geflüchtet, ins Eis eingebrochen und ertrunken.
Fredrika wird der Fall vor allem deshalb übertragen, weil sie über Ortskenntnisse verfügt. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Henry Calment muss Fredrika auch innerhalb ihrer eigenen Familie unangenehme Fragen stellen. Dabei rücken Themen aus der Vergangenheit in den Vordergrund, die eine objektive Ermittlung zusätzlich erschweren.

Die Vielzahl an Personen und familiären Verflechtungen erfordern gerade zu Beginn viel Aufmerksamkeit und stören sowohl den Lesefluss als auch den Spannungsaufbau etwas. Trotzdem lässt sich der Roman auch aufgrund der kurzen Kapitel gut lesen.
Die Annäherung des sehr gegensätzlichen Ermittlerteams ist gut herausgearbeitet und glaubwürdig beschrieben. Insbesondere Henry Calment ist ein sehr interessanter, vielschichtiger Charakter. Im Zusammenspiel mit Fredrika Storm hat das für den nächsten Band wirklich Potential.
Aber auch die meisten anderen Charaktere haben im Laufe des Romans an Kontur gewonnen.

Ein Fazit fällt mir tatsächlich schwer, weil der Krimi ein typischer Serienauftakt ist, in dem Charaktere eingeführt werden. Hilfreich wäre in diesem Fall aber tatsächlich ein vorangestelltes Personenregister gewesen. So musste ich mehrfach Personen neu zuordnen.
Die familiären Verstrickungen der Hauptperson waren mir zu bestimmend für einen Krimi. Empfehlen würde ich Schwarzvogel Leserinnen, die persönliche Verwicklungen der Ermittlerinnen in Krimis mögen und die einen langsamen Spannungsaufbau schätzen.

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Veröffentlicht am 12.11.2023

Viel zu früher endgültiger Abschied

Und wir tanzen, und wir fallen
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Bereits im Kindergarten hat die Freundschaft zwischen Edi und Ash begonnen. Jetzt sind die beiden Freundinnen Mitte vierzig und Edi ist unheilbar krank. Die letzte Phase ihres Lebens verbringt sie im Hospiz, ...

Bereits im Kindergarten hat die Freundschaft zwischen Edi und Ash begonnen. Jetzt sind die beiden Freundinnen Mitte vierzig und Edi ist unheilbar krank. Die letzte Phase ihres Lebens verbringt sie im Hospiz, ganz in der Nähe von Ashs Zuhause und weit entfernt von ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn, zu denen sie aber digital soviel wie möglich Kontakt hält. Dafür verbringt Ash täglich viel Zeit bei Edi im Hospiz.

Die Ich-Erzählerin Ash gibt Einblicke in die gemeinsame Geschichte der Freundschaft und die Höhen und Tiefen, durch die die Freundinnen in ihrem Leben gemeinsam gegangen sind. Sie beschreibt das Leben und Sterben im Hospiz in all seinen Facetten: Lachen, Freude, Leid, Schmerzen und Trauer. Besonders berührend sind die vielen kleinen Momente, in denen es den engagierten Helfer:innen und Angehörigen gelingt, den sterbenden Menschen eine Freude zu bereiten. Aber die Autorin beschönigt auch nicht.

Ashs Leben außerhalb des Hospizes wird zunehmend komplizierter, sie ist sichtlich mit der Situation überfordert. Dabei erfährt sie ausgesprochen viel Unterstützung, nicht nur durch ihre fast erwachsene Tochter, die viel Verständnis für die emotionale Schieflage ihrer Mutter aufbringt.
Ein bisschen zu kurz kommt dabei vielleicht Edis Geschichte, die hier aufgrund der Erzählperspektive im Hintergrund bleibt.

Trotz des ernsten Themas lässt sich der Roman eher leicht lesen und er ist auch nicht übermäßig emotional. Die Atmosphäre im Hospiz und die Ausnahmesituation, in der sich Angehörige befinden,
ist sehr realistisch dargestellt. Auch das Ende konnte mich im Großen und Ganzen überzeugen.

Empfehlenswert ist Catherine Newmans Roman für Leser:innen, die eine gewisse Distanz zum Thema haben und auch unkonventionelle Reaktionen in belastenden Lebensphasen akzeptieren können. Abraten würde ich all jenen, denen das Thema zu nahe geht und die aufgrund des Klappentextes ein stärkeres Gewicht auf Edis Lebensgeschichte erwarten.

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Veröffentlicht am 09.11.2023

Ein ernstes Thema in optisch und sprachlich wunderschöner Form verpackt

Kleine Dinge wie diese
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New Ross, eine kleine Stadt im Nordwesten Irlands, im Winter 1985. Das Leben ist hart, viele Menschen haben wirtschaftliche Probleme. Ein wichtiger und einflussreicher Wirtschaftsfaktor ist das Kloster ...

New Ross, eine kleine Stadt im Nordwesten Irlands, im Winter 1985. Das Leben ist hart, viele Menschen haben wirtschaftliche Probleme. Ein wichtiger und einflussreicher Wirtschaftsfaktor ist das Kloster mit der Magdalenen-Wäscherei, über die es so einige Gerüchte im Ort gibt.

Bill Furlong ist selbständiger Kohlehändler und Vater von fünf Töchtern. Seiner Familie geht es verhältnismäßig gut, obwohl er als nichteheliches Kind in der damaligen Zeit normalerweise keine Chance auf ein bürgerliches Leben mit bescheidenem Wohlstand gehabt hätte. Aber seine Mutter hatte Glück mit ihrer Arbeitgeberin, die das schwangere Mädchen weiter in ihrem Haushalt beschäftigte und mit ihrem Sohn dort wohnen ließ.
Bill Furlong ist sich dieser Umstände durchaus bewusst und hat vielleicht auch deshalb Verständnis für jene, die nicht so viel Glück im Leben hatten. Trotzdem stellt er sein Leben häufiger in Frage. Als er zufällig einen Einblick hinter die Fassade des Klosters bekommt, muss er für sich eine weitreichende Entscheidung treffen.

Auf gerade mal 105 Seiten erzählt Claire Keegan eine Geschichte, die ein wenig an Charles Dickens und eine viel weiter zurückliegende Epoche denken lässt. Sprachlich unglaublich präzise, verzichtet die Autorin auf unnötige Ausschmückungen in dieser Weihnachtsgeschichte, die leider auf Fakten beruht. Die Magdalenen-Laundries hat es tatsächlich gegeben, und sie haben fast bis zur Jahrtausendwende existiert. Und auch wenn die Bevölkerung nicht hinter die Fassaden sehen konnten, werden die Menschen sicher einiges mitbekommen haben. Genau diese Art des Wegsehens thematisiert die Autorin ohne erhobenen Zeigefinger.

„Kleine Dinge wie diese“ ist ein inhaltlich, sprachlich und auch optisch wunderschön gestaltetes Buch. Die ideale Lektüre in der Vorweihnachtszeit und sicher auch ein Geschenktipp für Weihnachten.

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Veröffentlicht am 23.07.2023

Gelungener Schmöker

Die Affäre Alaska Sanders
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Der Ich-Erzähler Marcus Goldman, erfolgreicher Schriftsteller und fiktiver Autor von „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“, trifft 2010 erneut auf den damals ermittelnden Sergeant Perry ...

Der Ich-Erzähler Marcus Goldman, erfolgreicher Schriftsteller und fiktiver Autor von „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“, trifft 2010 erneut auf den damals ermittelnden Sergeant Perry Gahalowood. Beide verbindet tatsächlich so etwas wie Freundschaft, auch wenn der Polizist das so nicht formulieren würde.
Marcus Goldman hat seinen Platz im Leben trotz des Erfolges noch nicht gefunden. Als Gahalowood berechtigte Zweifel an der Korrektheit einer Ermittlung im Jahr 1999 kommen, lässt Goldman sich bereitwillig auf die erneute Zusammenarbeit mit dem Sergeant ein.
Damals wurde Alaska Sanders in der Kleinstadt Mount Pleasant ermordet aufgefunden und der Fall relativ schnell aufgeklärt. Doch je länger sich die beiden Männer mit dem Fall befassen, desto mehr Ungereimtheiten treten zu Tage.

Wie bereits in den früheren Romanen von Joel Dicker braucht man Geduld und muss sich auf die ausschweifende und wendungsreiche Erzählweise einlassen. Die Geschichte springt zwischen 1999 und 2010 hin und her. Durch entsprechende Kapitelüberschriften ist es aber kein Problem, dem zu folgen. Dazu kommen viele verschiedene Personen und Orte, die nicht nur mit dem eigentlichen Kriminalfall zu tun haben. Auch das Privatleben, insbesondere von Marcus Goldman, spielt immer wieder eine Rolle. In diesem Zusammenhang wird auch auf ein weiteres Buch von Joel Dicker angespielt, in dem Goldman vorkommt: „Die Geschichte der Baltimores“. Tatsächlich ist es aber nicht unbedingt erforderlich, die beiden anderen Romane zu kennen.

Die Affäre Alaska Sanders ist mit ca. 580 Seiten im positiven Sinne ein Schmöker. Es braucht seine Zeit und vielleicht ist nicht alles ganz logisch, aber man wird gut unterhalten. Und auch wenn man glaubt, die Auflösung zu kennen, gibt es immer noch eine neue Wendung.



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