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Veröffentlicht am 10.09.2023

Wir sind die Summe unserer Geschichten

Die Lügnerin
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Eine Frau legt in einer Privatklinik ihre Lebensbeichte ab. Alles, was sie erzähle, würde zur Wahrheit. So gibt sie ihr Leben in fantastischen Geschichten dar, die von Betrug, Bereicherung, unheimlichen ...

Eine Frau legt in einer Privatklinik ihre Lebensbeichte ab. Alles, was sie erzähle, würde zur Wahrheit. So gibt sie ihr Leben in fantastischen Geschichten dar, die von Betrug, Bereicherung, unheimlichen Zufällen und überirdischem Glück erzählen. Selbst die Therapeutin verliert von Sitzung zu Sitzung an Sicherheit, denn auch in der Klinik gehen mittlerweile seltsame Dinge vor sich.
Das Cover ist in Blautönen gehalten und zeigt eine Frau mit geschlossenen Augen – verträumt, übersinnlich, nachdenklich – man weiß es nicht. Das Bild bleibt so undurchschaubar und verschwommen wie die Protagonistin selbst, in deren Lebensbeichte man ohne Vorrede hineingeworfen wird. Die Ich-Erzählerin bleibt die einzige Informationsquelle, sie stellt viele Fragen – und gibt viele Antworten. Der Schreibstil ist schnell, oft jagt ein Satz den anderen; die Sprache ist aber auch sehr ausgefeilt, an etlichen Stellen poetisch.
Wie viel kann man einer Lügnerin glauben? Stimmen ihre Darlegungen, ihre Arbeit und ihr Privatleben betreffend? Sie sieht in ihren Mitmenschen, was diese gerne wären, nicht was sie in Wirklichkeit sind; sie berichtet von Astrologie, unerwiderter Liebe, aber auch von Als-ob-Ländern, Schleppern und Ausgegrenzten. Es ist die Rede vom Glauben; wie viel Realität die Geschichte beinhaltet, bleibt ungewiss. Der Autor spielt hier mit der Erfahrung und der Vorstellungskraft seiner Leser.
Es ist ein ungewöhnliches Buch, das aufdeckt und verschleiert, das real klingt und doch unwahrscheinlich scheint. Denn obwohl die Protagonistin recht offen über ihre Erfahrungen berichtet, bleibt alles undurchsichtig und verwirrend – schließlich ist sie ja auch eine Lügnerin …

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Veröffentlicht am 27.08.2023

Algen – gesund und gefährlich

Herbst in der Bretagne
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Sophies entdeckt in ihrer Bistroküche die Liebe zu essbaren Algen. Auch der Meeresbiologe, der dieses Thema erforscht, gefällt ihr. Als Sophie eine junge Fischerin, die sich für Umweltbelange einsetzt, ...

Sophies entdeckt in ihrer Bistroküche die Liebe zu essbaren Algen. Auch der Meeresbiologe, der dieses Thema erforscht, gefällt ihr. Als Sophie eine junge Fischerin, die sich für Umweltbelange einsetzt, tot auf einem Boot findet, endet die Idylle im bretonischen Erquy. Sophie ist sich nicht mehr sicher, wem sie überhaupt noch trauen kann.
Das Cover zeigt einen schroffen Küstenabschnitt der Bretagne, der dunkle Himmel verweist auf das Krimigenre. Sprecherin Jutta Seifert leistet hier einen erheblichen Anteil daran, dass sich der Hörer in diesem Wohlfühlkrimi auch wirklich wohlfühlen darf. Die Geschichte selbst lebt durch das Zusammenspiel der sympathischen Hobbydetektive um Bistroköchin Sophie, sowie dem Auftauchen der weniger zugänglichen Personen, die zur Erhöhung der Spannung in größerer Zahl auftauchen.
Die Autorin behandelt in diesem Roman neben dem Thema Umwelt – hier vorwiegend die Nitratbelastung durch intensive Landwirtschaft - auch häusliche Gewalt, Abhängigkeit und etliche weitere Fragen. Insgesamt war mir diese Vielfalt an mancher Stelle zu übertrieben, waren einige Klischees überflüssig und manche Handlungen und Reaktionen unglaubwürdig und nicht passend. Auch fehlte mir ein wirkliches „Ermitteln“ der selbsternannten Hobbydetektive. Da ich den ersten Teil der Sophie-Vidal-Reihe nicht kenne, mögen die Freunde damals etwas herausgefunden haben, in diesem Band ist es der Zufall, der die Köchin – sehr spät – auf die richtige Fährte bringt.
Die angenehme Stimme und Betonung der Sprecherin Jutta Seifert machen die Geschichte trotz einiger Mängel aber zu einem Hörbuch, das einem etliche Stunden kurzweiliger Unterhaltung bietet.

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Veröffentlicht am 27.08.2023

La Gioconda im Paris der Lichter und der Schatten

Die Erfindung des Lächelns
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Als 1911 Leonardo da Vincis „Mona Lisa“ aus dem Louvre gestohlen wird, beginnt eine aufregende Jagd im Paris der Belle Époque. Trotz Straßensperren durch den Polizeipräfekten bleibt „La Joconde“ verschwunden ...

Als 1911 Leonardo da Vincis „Mona Lisa“ aus dem Louvre gestohlen wird, beginnt eine aufregende Jagd im Paris der Belle Époque. Trotz Straßensperren durch den Polizeipräfekten bleibt „La Joconde“ verschwunden und Kommissar Juhel Lenoir steht vor einer schier unlösbaren Aufgabe.
Die Jagd führt in Künstlercafés auf dem Montmartre, in Spelunken an der Place Pigalle, in die Opéra Garnier und an andere Pariser Schauplätze. Man trifft auf den Maler Picasso, den Dichter Apollinaire, die Ausdruckstänzerin Duncan, und andere Künstler, auf den Satanisten Crowley, die Anarchisten der Bonnot-Bande und auf Bertillon, Frankreichs größten Detektiv, und erkennt dadurch in diesem historischen Roman ein eigenes Gemälde.
Das Bild auf dem Cover zeigt die Terrasse eines Cafés zur Zeit der Belle Époque in Paris und versetzt den Leser sofort in die passende Atmosphäre. Eingerahmt von geheimnisvollem Prolog und aussagekräftigem Nachwort, umfasst der historische Roman Kapitel in angenehmer Länge, die in einem sehr einnehmenden Schreibstil verfasst sind. Auf einige Passagen, die in nüchterner Sprache verfasst sind, folgt meist eine Pointe; Auszüge aus Vernehmungsprotokollen oder Zeitungsartikeln in anderer Schriftart unterstreichen die Authentizität des Geschichte.
In voneinander getrennten Erzählsträngen informiert der Autor von den Geschehnissen im Paris jener Zeit. Immer wieder gelingt es ihm dabei auf überaus geschickte Weise, die Protagonisten unterschiedlicher sozialer Schicht und Nationalität – zufällig oder gewollt – aufeinandertreffen zu lassen. Er gibt deren Gedanken wieder, baut unerwartete Handlungen und Wendungen ein, die das Buch zu einem sehr unterhaltsamen Katz-und-Maus-Spiel werden lassen. Humor und Ernst, Beschaulichkeit und Brutalität halten einander dabei sehr gut durchdacht die Waage; die Rivalität zwischen Präfektur und Sûreté nationale, der Klassenkampf und das Ringen junger Künstler um Anerkennung finden ebenso ihren Platz in diesem recht intelligent verfassten Werk, das in all seiner Turbulenz wirklich Unterhaltung auf sehr hohem Niveau bietet.

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Veröffentlicht am 15.08.2023

Zurückschauen - um nach vorne zu blicken

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
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Eigentlich mag die alleinerziehende Protagonistin, die neben ihren braven Schwestern ein eher unsichtbares Leben führt, keine Veränderungen. Doch die Kinder sind nun erwachsen und Frau steht nun an einem ...

Eigentlich mag die alleinerziehende Protagonistin, die neben ihren braven Schwestern ein eher unsichtbares Leben führt, keine Veränderungen. Doch die Kinder sind nun erwachsen und Frau steht nun an einem Wendepunkt. Sie stellt Fragen über ihr bisheriges Leben, beginnt dieses auszumisten; sie will herausfinden, was sie aus ihrem alten Leben behalten will, aber auch, wer sie in Wahrheit eigentlich ist.
Das Cover zeigt eine alte Blechdose mit der Abbildung eines Dackels, in der Blätter einer längst vertrockneten Pflanze stecken. Der einzige Zweck dieses Behältnisses scheint es zu sein, einen Schatten auf den Hintergrund zu werfen. Genau diese Schatten, diese Vergangenheit, will die Ich-Erzählerin nun hinter sich lassen und ein neues, befreites Leben beginnen. Sie stellt die im Titel erwähnte Liste auf, um einen Überblick zu erhalten. In kurzen Kapiteln erfährt der Leser auf diese Weise die wichtigsten Etappen aus dem Leben der Protagonistin, immer erzählt in bezeichnenden Anekdoten. Mit entwaffnender Ehrlichkeit gibt sie Details aus ihrem Familien- und Berufsleben preis. Sie schmeichelt sich nicht ein, will vielleicht gar nicht gefallen, sondern legt bis zum Ende die Karten auf den Tisch.
Der Schreibstil bleibt dabei sehr nüchtern, direkt, aber durchaus – und durchgehend - einnehmend. Immer wieder erkennt man beim Lesen Parallelen aus dem eigenen Leben, kann das Erlebte nachvollziehen; andere Stellen lassen einen verwundert zurück. Die Erzählerin selbst ist sich über ihre eigenen Erinnerungen oft selbst nicht im Klaren – was entspricht der Wirklichkeit, was ist nur in verfälschter Form in ihrem Gedächtnis geblieben? Sie reflektiert, sie lamentiert, und hinterlässt die Frage, ob sie mit ihrem „neuen Leben“ tatsächlich zufrieden sein wird.

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Veröffentlicht am 15.08.2023

Sagen aus der Eifel

Das Schloss im See
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Fantastische Geschichten über Zauberer und Hexen, Zwerge und Gespenster, Ritter, Elfen und Drachen, sind auch in unser hochtechnisierten Zeit noch beliebt. Diese Sammlung umfasst 40 Sagen aus der Eifelregion ...

Fantastische Geschichten über Zauberer und Hexen, Zwerge und Gespenster, Ritter, Elfen und Drachen, sind auch in unser hochtechnisierten Zeit noch beliebt. Diese Sammlung umfasst 40 Sagen aus der Eifelregion mit verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten.
Schon das Cover mit dem antiquierten Schriftzug und der romantischen Landschaft versetzt in eine andere Welt. Der Autor erzählt auch weniger bekannte Sagen und Legenden aus der Region um Aachen, Köln und Trier in einfachem Schreibstil. Aufgelockert und unterstrichen werden die Sagen durch Tuschezeichnungen von Kristina Mörsch. Eine Quellenangabe am Ende des Buches vervollständigt die Sammlung.
Die Handlungen spielen hinter verwunschenen Burgmauern und anderen - teils realen - Orten, zumeist in ländlicher Gegend, aber auch in Städten und umfassen unterschiedliche Themen; Glaube und Kirche, aber auch Pakte mit dem Teufel, Hexen und Zauberer und zornige Kobolde machen ihre Aufwartung. Einige Schicksale werden durch Intrigen bestimmt, andere Geschichten haben eine humorvolle Pointe oder einen wahren Kern.
Insgesamt ist hier eine interessante Mischung entstanden. Die unterschiedliche Länge der Sagen erlaubt ein Wiederlesen auch zwischendurch, um sich von einer Parallelwelt ablenken zu lassen.

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