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Veröffentlicht am 03.08.2022

Winterhaus - Fas Finale

Die Magie von Winterhaus
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Endlich darf Elizabeth für immer im Winterhaus bleiben! Ihr Grossvater Norbridge hat es geschafft, sie zu sich nehmen. Nun bewohnt Elizabeth ein eigenes Zimmer, geht im kleinen Dorf zur Schule und kann, ...

Endlich darf Elizabeth für immer im Winterhaus bleiben! Ihr Grossvater Norbridge hat es geschafft, sie zu sich nehmen. Nun bewohnt Elizabeth ein eigenes Zimmer, geht im kleinen Dorf zur Schule und kann, wann immer sie Zeit und Freude daran hat, ihrer alten Freundin Leona in der Bibliothek zur Hand gehen. Seit den Ereignissen in den letzten Weihnachtsferien sind nur ein paar Monate vergangen, doch Winterhaus liegt immer noch tief verschneit und versteckt in den Hügeln. Die Osterferien sind da, und Elizabeth erwartet voller Ungeduld die Ankunft ihres Freundes Freddy im Hotel. Natürlich werden auch die beiden alten Puzzlefreunde wieder kommen. Und zu Elizabeths Überraschung trifft sie im Hotel auch Hyrum, den neuen Refendaren von ihrer Schule. Nur eines bereitet Grossvater Norbridge und seiner Enkelin grosse Sorgen: Die hübsche Elena ist seit den letzten schrecklichen Ereignissen um die böse Gracella in eine uralte Frau verwandelt worden, die von Tag zu Tag schwächer wird. Verzweifelt überlegen Norbridge und Elizabeth, wie sie dem Mädchen helfen können. Da erhalten sie unerwartet Hilfe von einer Person, mit der bisher niemand rechnete.
Daneben bereitet aber noch etwas Anderes Elizabeth Sorgen: Ihr Grossvater wünscht sich sehnlichst, dass sie nach ihm die Hotelleitung übernimmt. Aber möchte sie das wirklich?
Elizabeth und Freddy müssen in diesem Buch drei geheimnisvolle Gegenstände finden, welche irgendwo im Hotel versteckt sein sollen. Wer sie besitzt, hat drei Wünsche frei. Und natürlich sind die Kinder und ihre Freunde nicht die Einzigen, die danach suchen. Auch Gracella gibt einfach keine Ruhe und sucht danach, um sich endgültig an ihrem Bruder und allem Schönen, wofür das Winterhaus steht, rächen zu können. Geschickt versucht sie, sich Elizabeths für ihre Pläne zu bedienen, indem sie sie immer wieder spüren lässt, wie machtvoll auch dunkle Magie sein kann, und sie auf ihre Seite ziehen will. Ob ihr das schliesslich gelingt, wird hier natürlich nicht verraten…
Meine Meinung:
Der dritte Band ist ein würdiger Abschluss einer Trilogie, welche einen durch ihre ganz besonders atmosphärischen Hotelbeschreibungen und die vielen gelungenen Sprach- und Wortspielereien von Anfang an in ihren Bann zu ziehen vermag. Die zauberhaft verschneite Umgebung des Hotels, seine schrullig liebenswerten Bewohner, der Kampf zwischen Gut und Böse, welches durch Freundschaft, Liebe und innere Stärke überwunden werden kann: Das alles lässt einen beim Lesen manchmal denken, dass man sich selber in einem Märchenbuch befindet. Und am Ende wird alles gut.
Schliesslich erfahren wir den wahren Grund für die fanatische Puzzleleidenschaft der beiden alten Herren. Nun wissen wir, welche Verbindung zwischen dem Winterhaus und einem geheimnisvollen Schriftsteller besteht. Ja, selbst Elizabeths unfreundliche Verwandte kommen noch einmal kurz in den Blick. Sie entschuldigen sich für ihr unfreundliches Verhalten und wünschen Elizabeth eine unbeschwerte Zukunft bei ihrem Grossvater.
Mir hat an allen drei Büchern neben vielem anderen ganz besonders gut gefallen, dass darin immer wieder andere fantastische wunderbare Kinderbücher erwähnt werden, die zu lesen sich ebenfalls sehr lohnt. So bleibt mir die sprach- und lesebegeisterte Elizabeth noch länger in Erinnerung, wenn ich bald das eine oder andere ihrer Lieblingsbücher aufschlagen und darin versinken werde. Natürlich handelt es sich dabei aber eigentlich um Lesetipps von Autor Ben Guterson selbst.
Fazit:
Der dritte Band führt die spannende Geschichte von Elizabeth, ihrem Grossvater und deren Verwandten und Freunden an ein gutes Ende. Die rätselhaften Ereignisse, die in Band 1 ihren Anfang nahmen, ergeben nun einen Sinn und lassen die Leser erleichtert, aber auch etwas wehmütig zurück. Denn Hotel Winterhaus verlässt man wirklich nur äusserst ungern.

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Veröffentlicht am 07.07.2022

Wiedersehen in Winterhaus

Die Geheimnisse von Winterhaus
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Ein langes Jahr ist seit den letzten Ereignissen vergangen. Zwölf Monate, in welchen es keinen Tag gab, an dem Elizabeth nicht voller Sehnsucht an ihre neuen Freunde Freddy, die Bibliothekarin Leona mit ...

Ein langes Jahr ist seit den letzten Ereignissen vergangen. Zwölf Monate, in welchen es keinen Tag gab, an dem Elizabeth nicht voller Sehnsucht an ihre neuen Freunde Freddy, die Bibliothekarin Leona mit dem sprechenden Papagei, alle die freundlichen Angestellten des Hotels «Winterhaus» und ganz besonders an den Hotelbesitzer Norbridge Falls gedacht hat. Er ist nämlich ihr Grossvater, wie sie kurz vor ihrer damaligen Abreise herausgefunden hat! Norbridge will alles dafür tun, dass seine Enkelin in Zukunft ganz bei ihm wohnen darf, doch da gibt es noch einige Hürden zu überwinden. Aber die Weihnachtsferien in «Winterhaus» sind Elizabeth auf jeden Fall sicher. Wie schon im ersten Band hat sie bereits auf der Fahrt dorthin eine unerfreuliche Begegnung mit einer Familie, die sich dann ebenfalls als Gäste des Hotels entpuppen. Die grosse Wiedersehensfreude mit Freddy ist dann allerdings nicht ganz ungetrübt, denn ihr bester Freund hat offensichtlich nur noch Augen für die hübsche Elena, die mit ihrer schlecht gelaunten und sehr zwielichtigen Grossmutter ebenfalls ein Zimmer im Hotel bewohnt. Elizabeth ist nicht nur eifersüchtig, sondern sich sicher, dass mit der alten Dame etwas nicht stimmt. Ihr siebter Sinn ist geweckt. Und die Versuchung, ihre magischen Fähigkeiten weiter auszubauen und sich dabei auch auf dunklere Pfade zu begeben, wird immer grösser. Elizabeth spürt, dass wieder etwas Bedrohliches im Gange ist. Sollte Norbridges Schwester Gracella vielleicht doch noch am Leben sein? Immer wieder taucht auch der Name Damien Crowley auf. Wer war dieser Schriftsteller, dessen Bücher nicht nur Elizabeth, sondern auch andere Hotelbewohner faszinieren? Und warum ist eines seiner Bücher angeblich verschollen? Nach einem Streit mit Freddy ermittelt Elizabeth auf eigene Faust weiter und begibt sich dabei in grosse Gefahr…

Der zweite Band der Winterhausreihe steht dem ersten an Spannung in nichts nach. Wieder begegnet uns die von der Aussenwelt abgeschlossene Hotelatmosphäre mit ihren liebenswerten Bewohnern und faszinierenden Attraktionen. Und so hat man das Gefühl, selber an diesen wunderschönen Ort zurückzukehren und sich erneut mit den Puzzlefreunden oder dem unheimlichen Buchhändler im Dorf unterhalten zu können.
Wieder geht es um Rätsel und Codes. Welches Geheimnis und welche Antworten verbirgt das grosse Siegel im Boden des Hotels? Bei der Lösungssuche spielen Bücher die gewohnte entscheidende Rolle. Als Bibliotheksassistentin hat Elizabeth dieses Mal sogar die Gelegenheit, noch viel tiefer in die Geheimnisse der Hotelbücherei einzutauchen. Und ungestört nach Hinweisen auf Geheimgänge zu suchen. Dabei bemerkt sie nicht, dass Bücher auch gefährlich sein können.
Dieses Buch von Ben Guterson ist ein wenig düsterer und die Auflösung am Ende noch eine Spur gruseliger als im ersten Band. Doch für junge Leser ist es (fast immer) ziemlich eindeutig, wer auf die gute und auf die böse Seite gehört. Gut gefallen hat mir, dass auch Konflikte und unterschiedliche Auffassungen zwischen Freddy und Elizabeth thematisiert werden. Beide entwickeln sich zunehmend zu eigenständigeren Charakteren als noch im ersten Band. Und wieder geht es auch um die Frage nach Verantwortung und Rücksichtnahme anderen und deren Wünschen gegenüber.
Auch diesen Band hat Chloe Bristol wunderbar im Innern illustriert. Alexandra Ernst hat die Übersetzung besorgt, und April Ward die originelle Umschlaggestaltung übernommen.

«Die Geheimnisse von Winterhaus» ist eine gelungene Fortsetzung mit einem leichten Gruselfaktor, die allen Bücher- und Rätselbegeisterten bestimmt viel Freude und spannende Lesestunden bereiten wird.

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Veröffentlicht am 29.06.2022

Ein magisches Hotel im Winter

Winterhaus
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INHALT:

Seit dem Unfalltod ihrer Eltern lebt Elizabeth bei Onkel und Tante. Das Haus ist schäbig, die Verwandten unfreundlich und wenig liebevoll, die Wohngegend trostlos. Immerhin gibt es eine Bibliothek, ...

INHALT:

Seit dem Unfalltod ihrer Eltern lebt Elizabeth bei Onkel und Tante. Das Haus ist schäbig, die Verwandten unfreundlich und wenig liebevoll, die Wohngegend trostlos. Immerhin gibt es eine Bibliothek, in der das wissbegierige Mädchen sich Bücher ausleihen und Anregungen für ihre Wortspielereien holen kann. Elizabeth liebt nämlich Rätsel und Anagramme, liest Worte rückwärts, macht sich über alles Notizen und stellt Buchstaben zu neuen Begriffen um. In letzter Zeit hat sie allerdings das Gefühl, noch zusätzlich magische Kräfte zu besitzen, denn wenn sie sich ärgert, explodieren plötzlich Dinge mit einem lauten Knall.


Als sie am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien zu Onkel und Tante nach Hause kommt, findet sie das Haus verschlossen. Die Erwachsenen sind weg. An der Haustürklinke hängt eine Plastiktüte mit ein paar Kleidungsstücken und einem Brief. Darin wird Elizabeth knapp darüber informiert, dass sie mit dem wenigen beigelegten Geld in den Zug steigen und in die Berge zu dem altehrwürdigen Hotel «Winterhaus» fahren soll, wo sie ihre Ferien verbringen wird. Elizabeth kommt das alles sehr merkwürdig vor. Denn erstens kennt sie diesen Ort nicht, und zweitens würden Onkel und Tante niemals so viel Geld für sie und einen Hotelaufenthalt ausgeben.


Während der langen Zug- und Busfahrt in das abgelegene «Winterhaus» begegnet Elizabeth ein unheimliches Paar, welches sie zu kennen scheint. Und ausgerechnet diese Leute trifft sie später als Hotelgäste wieder! Aber zu ihrem Glück gibt es in dem grossen alten Bau auch sehr viele freundliche Gäste. Und der netteste ist der alte Besitzer Mr. Norbridge Falls. Eine riesige Bibliothek samt freundlicher Bibliothekarin gibt es übrigens auch! Als Elizabeth dann noch Freddy trifft, der jedes Jahr seine Ferien im Hotel verbringt, ein Jahr älter als sie und genauso ein Worträtselfreak wie sie ist, scheint sich alles zum Guten zu fügen.


Doch leider geschehen schon bald nicht nur geheimnisvolle, sondern auch beängstigende Dinge im Winterhaus. Was hatte es mit Norbridges verstorbener Schwester Gracella auf sich, deren altes Zimmer niemand betreten darf? Und welches Geheimnis birgt der Familienstammbaum der Falls? Elizabeth und Freddy müssen all ihren Mut zusammennehmen und ihren klugen Verstand nutzen, um hinter das Familiengeheimnis der Hotelbesitzer zu kommen und ein grosses Unglück abzuwenden.



MEINE MEINUNG:


«Winterhaus» ist ein Ort, wie man ihn sich für die Ferien nur wünschen kann: In diesem Hotel mit seinen 13 Stockwerken und den vielen ausgestellten historischen und kuriosen Raritäten möchte man auch Urlaub machen. Im Angebot finden sich unter anderem:Eein Schwimmbad, eine Rodelbahn, allabendliche Vorträge und Musikdarbietungen, ein eigenes kleines Kino, eine Bibliothek, leckeres Essen und vor allem: köstliche Süssigkeiten. Die hoteleigenen Flurschen (so etwas wie türkischer Honig) möchte man unbedingt selber probieren!



Alles in «Winterhaus» ist unglaublich detailliert und liebevoll beschrieben: Die Räume, das Dorf in der Nähe, die Haupt- und Nebenfiguren mit ihren Vorzügen und schrulligen Eigenschaften. Da gibt es den unheimlichen Buchhändler, einen sprechenden Papagei, freundliche Hotelangestellte und zwielichtige Gäste. Da die «Winterhaus»-Bücher auf drei Bände ausgelegt sind, wird man erst nach und nach erfahren, warum manche Leute sich so merkwürdig verhalten.


Ben Guterson hat einen faszinierenden und unglaublich spannenden (und gegen Ende ganz schön unheimlichen) Roman geschrieben, der lustig und anspruchsvoll ist, und den ich nicht aus der Hand legen konnte. Bei der Lektüre hat mir auch gut gefallen, dass zwischendurch immer wieder einmal ernstere Themen behandelt werden. Zum Beispiel die Frage, wie man sich gegenüber unfreundlichen Menschen verhält. Sollte man das eigene Verhalten und Reden wirklich davon abhängig machen, wie andere mit einem umgehen? Oder hat man es nicht selber in der Hand, wie man reagiert? Eine berechtigte Überlegung, nicht nur für Kinder!


Aus dem Englischen übersetzt hat diesen Roman Alexandra Ernst. Auch die künstlerische Gestaltung macht «Winterhaus» zu etwas Besonderem. Auf dem Schutzumschlag sind die Fenster des Hotels ausgestanzt, so dass sich ein toller 3-D-Effekt ergibt und man dort etliche Hauptfiguren erblicken kann. Im Innern gibt es sehr viele (teilweise doppelseitige) schwarzweisse Illustrationen von Chloe Bristol, die ihren ganz eigenen Stil hat. Zu Beginn jeden Kapitels stehen Worte als Anagramme untereinander, die bereits Hinweise auf den Inhalt geben können.


Ich freue mich sehr darauf, die Fortsetzung «Die Geheimnisse von Winterhaus» zu lesen.

FAZIT:

«Winterhaus» ist ein atmosphärisch dichter und inhaltlich wunderschöner Roman für wissbegierige und neugierige Kinder ab 11 Jahren, die Freude an Rätseln und Sprachspielen haben und sich auch vor etwas unheimlichen Gestalten nicht gruseln.

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Veröffentlicht am 01.06.2022

Klimt in Zürich

Waldinneres
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Gottfried Messmer betreibt in Zürich das Künstlercafé «Kafi Glück», einen angesagten Treffpunkt für Musiker und Kunstliebhaber, wo es das kälteste Bier in der ganzen Stadt und die coolste Musik gibt. «Gott», ...

Gottfried Messmer betreibt in Zürich das Künstlercafé «Kafi Glück», einen angesagten Treffpunkt für Musiker und Kunstliebhaber, wo es das kälteste Bier in der ganzen Stadt und die coolste Musik gibt. «Gott», wie ihn seine Freunde nennen, ist ein Eigenbrötler, der früh seine Eltern verlor und sein halbes Leben in der Welt herumgereist ist. Nun mit Ende 50 hat er, so scheint es, mit seiner Freundin Julia und dem Café sein Glück gefunden. Bis eines Tages eine grosse Schweizer Bank bei ihm anruft und ihn zu einem vertraulichen Gespräch bittet: Sein Vater habe vor vielen Jahren im Safe der Bank etwas deponiert. Plötzlich sieht Gottfried sich mit einem Erbe konfrontiert, welches sein bisheriges Leben und das Bild, welches er von seinen Eltern hatte, ins Wanken bringt. Im Safe findet sich nämlich ein alter Spazierstock, in dessen Inneren ein verschollen geglaubtes Gemälde von Gustav Klimt versteckt ruht. Im Begleitschreiben bittet Gottfrieds Vater ihn, den rechtmässigen Besitzer zu finden und das Bild zurückzugeben. Doch wo soll Gottfried mit der Suche beginnen?
In Rückblenden auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs und durch die Ereignisse in der Gegenwart erfährt der Leser, dass es sich bei dem wahren Besitzer um einen jüdischen Kunstsammler handelte, welcher vor den Nazis über versteckte Wege in die Schweiz floh und von Gottfrieds Vater dabei unterstützt werden sollte. Durch einen tragischen Unfall wurden die beiden Männer auf der Flucht kurzzeitig getrennt, wobei Gottfrieds Vater den Spazierstock an sich nahm, um im Wald schneller vorankommen und Hilfe holen zu können. Als er zu dem verletzten Juden zurückkehrte, war dieser verschwunden. Oder hat Vater Messmer sich das alles nur ausgedacht, um das wertvolle Gemälde an sich zu nehmen? Ist er am Ende nur einer von vielen Verbrechern, die sich am Leid der Juden bereichert hat?
Und schon stecken die Leser mitten in einem Naziraubkunst-Krimi.
Meine Meinung:
In diesem Roman steht die oftmalige Oberflächlichkeit unserer Zeit zunächst im Kontrast zu der existentiellen inneren und äusseren Not der Menschen während des zweiten Weltkriegs. Dabei hat er das Elend zuallererst der Juden im Blick, aber dann auch dasjenige der Menschen, die sich nicht mitschuldig machen wollten am Unrecht der Nazidiktatur. Dabei wird deutlich, dass es mit der vielbeschworenen Neutralität der Schweiz während dieser Zeit nicht so weit her war. «Das Boot ist voll» als Entschuldigung dafür, keine jüdischen Flüchtlinge aufnehmen zu können, war eine bewusst gemachte Aussage, die den Tod von unzähligen Menschen in Kauf nahm. Gerne hätte ich über dieses wichtige Thema, nachdem es doch den Aufhänger für diesen Roman bildet, noch mehr gelesen. Doch leider konzentriert sich der Roman nach meinem Gefühl dann sehr in der Gegenwart, was die Autorin aber nach eigenen Angaben bewusst so gewollt hat. «Die Ereignisse der Vergangenheit sind lediglich der Motor, der eine gegenwärtige Handlung in Gang setzt.» (Zitat aus einem Interview). Ob gerade dieses sehr komplexe Thema dafür als Aufhänger geeignet ist, kann man in Frage stellen.
Bei der Auflösung der Handlungsstränge am Schluss gab es für mich zu viele Zufälle, die dann zum Happy End führten. Die inneren Kämpfe und das Ringen sowohl der Menschen zur damaligen Zeit als auch der Umgang mit Schuld kommt darüber zu kurz. Wir begegnen im Buch vielen sehr interessanten Gestalten, über deren Vergangenheit ich gerne noch mehr gelesen hätte. «Waldinneres» ist auf jeden Fall sehr spannend und sehr flüssig zu lesen. Für jemanden wie mich, die in der Schweiz lebt und auch etliche im Roman vorkommende Orte in Zürich kennt, war die Lektüre natürlich nochmal ein besonderer Genuss.
Fazit: Mónica Subietas hat einen spannenden Roman über das Thema «Raubkunst» geschrieben, der sich sehr flüssig liest und zum Nachdenken anregt. Leider bleibt er an vielen Stellen durch die Konzentration auf die Gegenwart für mich zu sehr an der Oberfläche.

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Veröffentlicht am 01.06.2022

Ariadne, wo ist Dein Faden?

Papyrus
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Wenn man ein Buch über «die Geschichte der Welt in Büchern» schreiben möchte, hat man sich allerhand vorgenommen. Bücher über Bücher sind in der Regel für Lesebegeisterte immer ein Magnet. Und so habe ...

Wenn man ein Buch über «die Geschichte der Welt in Büchern» schreiben möchte, hat man sich allerhand vorgenommen. Bücher über Bücher sind in der Regel für Lesebegeisterte immer ein Magnet. Und so habe auch ich mich schon lange auf die deutsche Übersetzung dieses Buches gefreut. Allerdings kann ich im Nachhinein nur jeder Leserin und jedem Leser raten, sich den spanischen Originaltitel vor Augen zu führen. Der lautet nämlich in etwa: «die Erfindung des Buches in der antiken Welt». Und das ist es im Grunde, wovon «Papyrus» handelt: Die Bibliothek von Alexandria, Homer, die Griechen, das Alte Rom. Andere Kulturen jedoch, in welcher ja ebenfalls die Buchentwicklung schon sehr früh zur Blüte kam (etwa in China), kommen nicht vor. Das ist das Erste.
Das Zweite aber ist, dass ich, wenn ich mich schon in einem so eng gesteckten Rahmen aufhalten soll, dann einen strukturierten Text, ein zusammenhängendes Ganzes erhoffe. Bestimmt verfügt die Autorin über ein enormes Wissen als studierte Philologin. Und ein bisschen kenne ich selbst mich auch in dieser Materie aus. Und da muss ich leider sagen: Dieses Buch bleibt dann wieder zu sehr an der Oberfläche.
«Papyrus» ist weder ein Sachbuch noch ein Roman. Es lässt mich wirklich ratlos zurück. Für Laien ist es nur bedingt geeignet, weil man oft nicht genau unterscheiden kann: Was ist jetzt historisch gesichertes Wissen und was entspringt der Fantasie der Autorin? Für Leser, die sich schon öfter mit der antiken Welt befasst haben, bietet es dagegen nicht wirklich etwas Neues.
In diesem Buch mischen sich Fakten und Fantasie. Tatsachenberichte über kultur- und weltgeschichtliche Ereignisse aus der Antike werden ergänzt durch romanhafte Erzählungen, in welchen die Autorin beschreibt, wie sie sich vorstellt, dass es gewesen sein könnte. Das hat seinen Reiz, aber nicht durchgängig. Vor allem dann nicht, wenn es den Lesefluss permanent unterbricht. Der rote Faden in diesem Werk geht verloren durch diesen nicht nachvollziehbaren Wechsel von Fachwissen, Fantasieaufsatz und persönlichen Anekdoten. Innerhalb des Buches springt die Autorin im antiken Kulturraum hin und her und erzählt nicht chronologisch. Auch dadurch wirkt es unstrukturiert. Und Spruchweisheiten, die man ja so oder ähnlich schon hundertmal gehört hat im Sinne von «Bücher verleihen der Fantasie Flügel, öffnen Welten, Wissen und Lesen sind Macht usf. » passen wirklich nicht zum Anspruch dieses Buches. Irgendwann hatte ich genug davon und die letzten Seiten nur noch durchgeblättert.
Was ich wirklich mag, ist dieses: Aus jeder Seite spricht die Liebe der Verfasserin zu Büchern und Literatur. Das Ziel, Menschen Bücher nahezubringen ist nobel und schön. Und natürlich ist auch das Cover ein Hingucker mit der zum Titel passenden Papyruspflanze in Goldglanz. Aber ich habe mich in diesem über 700 Seiten grossen Labyrinth leider komplett verirrt.

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