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Veröffentlicht am 01.11.2020

Bewegendes Porträt des Ausnahmekünstlers Gustav Mahler

Der letzte Satz
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INHALT
An Deck eines Schiffes auf dem Weg von New York nach Europa sitzt Gustav Mahler. Er ist berühmt, der größte Musiker der Welt, doch sein Körper schmerzt, hat immer schon geschmerzt. Während ihn der ...

INHALT
An Deck eines Schiffes auf dem Weg von New York nach Europa sitzt Gustav Mahler. Er ist berühmt, der größte Musiker der Welt, doch sein Körper schmerzt, hat immer schon geschmerzt. Während ihn der Schiffsjunge sanft, aber resolut umsorgt, denkt er zurück an die letzten Jahre, die Sommer in den Bergen, den Tod seiner Tochter Maria, die er manchmal noch zu sehen meint. An Anna, die andere Tochter, die gerade unten beim Frühstück sitzt, und an Alma, die Liebe seines Lebens, die ihn verrückt macht und die er längst verloren hat. Es ist seine letzte Reise.
"Der letzte Satz" ist das ergreifende Porträt eines Künstlers als müde gewordener Arbeiter, dem die Vergangenheit in Form glasklarer Momente der Schönheit und des Bedauerns entgegentritt.
(Quelle: Hanser)
MEINE MEINUNG
Mit seinem neuen Buch „Der letzte Satz“ ist dem österreichischen Schriftsteller Robert Seethaler erneut ein eindrucksvoller, berührender und eher stiller Roman gelungen.
Auf gerade einmal 125 Seiten widmet er sich dem Leben und Schaffen des berühmten Musikers, genialen Komponisten und Dirigenten Gustav Mahler (1860–1911), der die symphonische Musik von der Spätromantik in die Moderne lenkte. Seethaler entwirft mit seinem ruhigen, ausgefeilten Erzählstil ein faszinierendes und ungewöhnliches Portrait dieses Ausnahmekünstlers und bringt uns den zerbrechlichen Menschen hinter dem Genie, einen kreativen Schöpfer und Interpreten, einen verzweifelt Liebenden sowie mit dem Schicksal ringenden Menschen nahe.
Mit einer klaren, poetischen Sprache nimmt Seethaler den Leser in seiner Rahmenhandlung mit auf Gustav Mahlers letzte Reise an Bord des Passagierschiffes „Amerika“, auf dem der berühmte Komponist mit seiner Frau Alma und Tochter Anna von New York Richtung Europa reist. Von schwerer Krankheit gezeichnet, die meiste Zeit auf dem Sonnendeck verbringend und von einem eigens abgestellten jungen Schiffsjungen umsorgt, hängt er seinen Gedanken und Erinnerungen nach. Immer wieder wird diese Rahmenhandlung durchbrochen von Rückblicken des alternden Künstlers, in denen er sein Leben in der Vorahnung seines nahenden Todes Revue passieren lässt. So folgen wir Mahlers wirren, unzusammenhängenden Gedankenstrom und assoziativen Erinnerungsfetzen, in denen er sich noch einmal auf verschiedene Episoden, kleine Anekdoten und einschneidende Geschehnisse in seinem Leben zurückbesinnt.
Ob nun sein schwieriges Verhältnis zu seiner Ehefrau Alma, die einst zu den begehrtesten Frauen Wiens zählte und sich von ihm enttäuscht einem anderen zuwendete, der tragische Tod seiner älteren Tochter Maria oder seine ihn quälenden Gedanken an seine unvollendeten Kompositionen - der Leser erhält sehr aufschlussreiche Einblicke in das Innenleben dieses eigenbrötlerischen Außenseiters und hochtalentierten, mit seinem Leben hadernden Künstlers.
Mit viel psychologischem Feingefühl ist es dem Autor gelungen, Gustav Mahler in seiner Genialität aber auch seiner inneren Zerrissenheit, Melancholie, Trauer und Verbitterung sehr glaubhaft einzufangen. Zugleich lässt er uns auch an seinen Glücksmomenten und Schicksalsschlägen teilhaben.
Sehr einfühlsam und anschaulich zeichnet Robert Seethaler in kurz angerissenen Szenen Mahlers grandioses Wirken und einzigartiges Schaffen nach - das Arbeiten an seinen Sinfonien in seinem abgeschiedenen Kompositionshäuschen, seine Tätigkeit als Direktor der Wiener Hofoper oder seine Gedanken an die Uraufführung seines Ausnahmewerks die 8. Sinfonie. Sehr gelungen und humorvoll erzählt Seethaler beispielsweise in einer Anekdote das Modellsitzen des Maestros beim berühmten Auguste Rodin in Paris. Sehr eindrucksvoll ist auch seine Begegnung mit dem großen Sigmund Freund im holländischen Leiden geschildert, bei dem sich Mahler Hilfe für seine gescheiterte Ehe erhoffte.
Obwohl der Autor uns an einigen sehr emotionalen, tragischen Momenten in Mahlers Leben Anteil nehmen lässt, blieb für mich stets eine seltsame Distanz, die leider eine wirkliche Nähe und Anteilnahme für Gustav Mahler vermissen ließen.
Dennoch ist es Robert Seethaler gelungen, mit wenigen, aber sehr pointierten Worten eine beeindruckend skizzierte Lebensgeschichte niederzuschreiben und bei mir wieder Interesse an einem faszinierenden Ausnahmekünstler und seinen außergewöhnlich musikalischen Werken zu wecken.
FAZIT
Ein unterhaltsames und bewegendes Porträt des Ausnahmekünstlers Gustav Mahler – ruhig und einfühlsam erzählt! Nicht ganz so gelungen wie andere Werke von Seethaler, aber dennoch lesenswert!

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 29.10.2020

Spannender Auftakt einer ideenreichen Fantasy-Reihe

Ministry of Souls – Das Schattentor
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INHALT
London, 1850: Unbemerkt von der Öffentlichkeit sorgt das Ministerium für endgültige Angelegenheiten dafür, die Seelen Verstorbener auf die andere Seite zu befördern. Der angehende Soulman Jack will ...

INHALT
London, 1850: Unbemerkt von der Öffentlichkeit sorgt das Ministerium für endgültige Angelegenheiten dafür, die Seelen Verstorbener auf die andere Seite zu befördern. Der angehende Soulman Jack will sich endlich im Außeneinsatz beweisen. Sein erster Auftrag führt ihn ausgerechnet auf das Gelände des Buckingham Palace. Dort wurde eine arabische Gesandtschaft ermordet. Jack soll den Tatort von ihren Geistern befreien — und entdeckt, dass Naima, die Tochter des Emirs, noch lebt. Als er ihr helfen will, wird er von einem schattenartigen Biest angegriffen. Um Naima zu schützen, befördert Jack sie in die Zwischenwelt! Und bricht damit eine der wichtigsten Regeln der Soulmen.
(Quelle: Lübbe)

MEINE MEINUNG
Mit „Ministry of Souls – DAS SCHATTENTOR“ hat der Autor Akram El-Bahay einen faszinierenden Auftakt zu seiner als Dilogie angelegten Ministry of souls-Reihe vorgelegt. Es handelt sich um einen sehr einfallsreichen und fesselnden Fantasyroman, der mich mit seiner fantasievollen und sehr abenteuerlichen Geschichte bestens unterhalten konnte.
El-Bahays geniale Ausgangsidee, dass es mitten in London das Ministry of Souls - ein „Ministerium für endgültige Angelegenheiten“ gibt, das mit Hilfe der sogenannten „Soulmen“ den Übertritt der Seelen von Verstorbenen in die Zwischenwelt bis zu ihrer endgültigen Reise ins Jenseits regelt, ist wirklich originell. Auch die vielen kreativen Details seiner komplexen, sehr vielschichtigen Fantasywelt haben mich rasch in ihren Bann gezogen.
Akram El-Bahay ist wirklich ein talentierter Geschichten- und Märchenerzähler; dank seines sehr bildhaften, mitreißenden und lebendigen Schreibstils stellt sich bald ein tolles Kopfkino ein und so fällt es einem leicht, sich auf die faszinierende Geschichte einzulassen. Hervorragend haben mir die vielen eingestreuten humorvollen Episoden gefallen, die für Abwechslung sorgen und mich köstlich amüsiert haben. Großen Spass bereitet es ebenfalls, verschiedene Motive und Figuren aus bekannten Fantasyromanen und Anspielungen auf Comics aufzuspüren, die der Autor immer wieder in seine Geschichte hat einfließen lassen.
Angesiedelt ist die fesselnde Handlung im viktorianischen London Mitte des 19. Jahrhunderts. Sehr eindrücklich und stimmungsvoll hat der Autor das historische Setting dieser faszinierenden Stadt voller Kontraste mit den sehr authentisch geschilderten Schauplätzen eingefangen, so dass man mühelos in die damalige Zeit abtauchen kann. Geschickt verwebt El-Bahay die historische Realität mit seinen Fantasyelementen und beschwört allmählich eine unheilvolle Atmosphäre herauf. Deutlich merkt man, dass in dieser Stadt wegen der befremdlichen Häufung von rätselhaften Unfällen und mysteriösen Anschlägen nicht alles mit rechen Dingen zugeht.
Auch wenn der Einstieg in diese komplexe Welt rund um die Soulmen, die Zwischenwelt mit ihren besonderen Gesetzmäßigkeiten und den Eigenheiten der Seelen von Toten nicht so einfach ist, hat man bald in die ereignisreiche und sehr rätselhafte Geschichte hineingefunden. Erzählt werden die Geschehnisse hauptsächlich aus der Perspektive des sympathischen Protagonisten Jack, einem angehenden Soulman am Ministry of Souls, der von den sich überschlagenden Ereignissen regelrecht überrollt wird. In dem Archivar Oz findet er einen genialen Verbündeten und treuen Wegbegleiter, und so begleiten wir die beiden gespannt auf ihrer immer abenteuerlicher und gefährlicher werdenden Mission.
Ein besonderes Highlight der Geschichte sind definitiv die Charaktere, die El-Bahay - egal ob Gut ob Böse - sehr vielschichtig und mit viel Liebe zum Detail angelegt hat, so dass sie mit ihren Eigenheiten und Schwächen sehr lebendig und lebensecht wirken und man ihre Beweggründe und ihr Handeln gut nachvollziehen kann.
Obwohl Soulman Jack als Hauptfigur ebenfalls facettenreich und interessant ausgearbeitet ist, drängen ihn einige Nebencharaktere im Laufe der Handlung eindeutig in den Hintergrund. Für meinen Geschmack wirkte er etwas zu blass und konturlos. Auch wenn er mich mit seiner Empathie und seinem Kampfeswillen beeindruckt hat, so agierte er in vielen Situationen viel zu zögerlich, sprunghaft und planlos. Mein heimlicher Star dieser Geschichte ist der liebenswerte Archivar Oz, der anfangs sehr nerdig und unscheinbar wirkt, aber bald über sich hinauswächst, seine überraschenden Stärken ausspielen kann und mir mit seiner ganzen cleveren, schrulligen und witzigen Art sehr ans Herz gewachsen. Der Geist der alten Katzendame Agatha ist ebenfalls ein Charakter, den man einfach lieben muss und mich mit ihrer Schlagfertigkeit immer wieder zum Schmunzeln gebracht hat.
Lediglich die sich rasch entwickelnde Liebesgeschichte wirkte auf mich sehr überstürzt, klischeebesetzt und unglaubwürdig. 
Die Geschichte nimmt schließlich immer mehr an Fahrt auf und unterhält uns mit vielen actionreichen Szenen. Nach einigen unvorhersehbaren Wendungen und spannenden Enthüllungen gipfelt die Geschichte in einem packenden Showdown. Nach einem fiesen Cliffhanger zum Abschluss sehe ich der Fortsetzung schon mit Ungeduld entgegen und bin sehr neugierig, mit welchen Entwicklungen uns der Autor noch überraschen wird.

FAZIT
Ein gelungener und sehr fesselnder Auftakt einer neuen, faszinierenden Fantasy-Dilogie. Die fantasievolle, komplexe Geschichte, der humorvolle, sehr bildhafte Schreibstil und die tollen Charaktere sorgen für ein unterhaltsames Leseerlebnis!

  • Einzelne Kategorien
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  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Fantasie
Veröffentlicht am 27.10.2020

Kultkommissar Klufti ist zurück!

Funkenmord (Kluftinger-Krimis 11)
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INHALT
Ein grausames Verbrechen, das ungesühnt blieb, ein Unschuldiger, der jahrelang im Gefängnis saß: Ein Fehler aus der Vergangenheit lastet schwer auf Kluftinger. Der Kommissar ist fest entschlossen, ...

INHALT
Ein grausames Verbrechen, das ungesühnt blieb, ein Unschuldiger, der jahrelang im Gefängnis saß: Ein Fehler aus der Vergangenheit lastet schwer auf Kluftinger. Der Kommissar ist fest entschlossen, den Fall „Funkenmord“ wieder aufzurollen, doch seine Kollegen zeigen wenig Interesse an einem Cold Case. Nur die neue Mitarbeiterin Lucy Beer unterstützt ihn bei der Suche nach dem wahren Täter. Kluftinger ist beeindruckt von der selbstbewussten jungen Frau, die frischen Wind in seine Abteilung bringt. Zu Hause jedoch geht Kluftinger solche Frauenpower ab, weil Doktor Langhammer die angeschlagene Erika von allen häuslichen Arbeiten freistellt – ausgerechnet jetzt, wo die Taufe ihres Enkelkindes unmittelbar bevorsteht. Der Kommissar muss also wohl oder übel beides machen: Hausmann spielen und einen Mörder finden …
(Quelle: Ullstein)

MEINE MEINUNG
Mit „Funkenmord“ von dem deutschen Autorenduo Volker Klüpfel und Michael Kobr geht die Bestseller-Serie um den Kultkommissar Kluftinger aus Altusried bereits in die 11. Runde. Es ist nicht unbedingt notwendig alle Bände dieser Krimi-Reihe zu kennen. Da aber in diesem Band schon einige Vorkenntnisse aus dem vorangegangenen Fall vorausgesetzt und nicht alle zum Verständnis wichtigen Hintergrundinformationen nochmals im Detail aufgegriffen werden, ist es ratsam den 10. Band „Kluftinger” gelesen zu haben.
Die Krimireihe um Kommissar Kluftinger ist der Inbegriff eines Regionalkrimis mit viel Allgäuer Lokalkolorit und jede Menge Humor und Situationskomik. Entsprechend unterhaltsam lässt sich auch der neue Fall an.
Nach den dramatischen Ereignissen im letzten Band haben Kommissar Kluftinger und sein Team im Kemptener Kommissariat noch nicht wieder richtig in die Normalität zurückgefunden. Auch der Alltag daheim bei den Kluftingers läuft alles andere als in den gewohnt bedächtigen Bahnen und da Erika krank ist, muss der sichtlich überforderte Klufti schließlich seine Qualitäten als Hausmann unter Beweis stellen. Doch auch beruflich bereitet ihm ein über dreißig Jahre zurückliegender Fall, der brutale Mord an einer jungen Lehrerin, großes Kopfzerbrechen. Ein Unschuldiger wurde damals aufgrund seiner falschen Ermittlungen verurteilt und der Kommissar will nun den Fall unbedingt erneut aufrollen, um den wahren Täter zu stellen. Die Suche nach neuen Beweisen und die Ermittlungen kommen zunächst sehr schleppend in Gang und die Befragungen der damaligen Zeitzeugen sind auch nicht sehr ergiebig. Eher zufällig stößt das Team um Kluftinger auf eine heiße Spur in dem immer verwickelter werdenden Fall, so dass sich zum Ende hin die Geschehnisse regelrecht überschlagen und die Spannung enorm anzieht. Die Auflösung des alten Mordfalls und die Zusammenhänge zu den aktuellen Ereignissen konnten mich schließlich überraschen.
Der sehr unterhaltsame Krimi lebt natürlich vor allem von seinen „kultigen“, sehr verschrobenen Charakteren und dem außerordentlich witzigen bisweilen fast schon klamaukigen Schreibstil der Autoren.
Der Protagonist Kommissar Kluftinger als Allgäuer Original, bodenständig, konservativ und extrem sparsam, ist ein absolut liebenswerter Charakter, den man mit seiner pragmatischen Art einfach ins Herz schließen und über dessen Schrullen man immer wieder schmunzeln muss. Sein sehr unbedarfter Umgang mit den neuen Medien und sonstigem technischen Fortschritt ist sehr amüsant, auch wenn sein „deppertes" Verhalten im Alltagsleben manchmal schon etwas übertrieben wirkt, ist die Situationskomik aber insgesamt sehr gelungen. Als Kommissar beeindruckt er mit erstaunlicher Kombinationsgabe und guter Intuition und erweckt keineswegs den Eindruck eines trotteligen Polizisten.
Auch bei den vielen Nebenfiguren haben die Autoren eine bunte Palette an unterschiedlichen, lebendigen Charakteren geschaffen, die für viel Abwechslung und Unterhaltung sorgen. Neben altbekannten Figuren wie dem äußerst nervigen Landarzt und Intimfeind Dr. Langhammer, gibt es als Verstärkung des unterbesetzten Ermittlerteams auch einen jungen und dazu noch hübschen weiblichen Neuzugang in Form der cleveren Lucy Beer, die einen erfrischend unkonventionellen Wind in Kluftingers Abteilung bringt.

FAZIT
"Funkenmord" ist ein amüsanter und spannender Regionalkrimi mit viel Allgäuer Lokalkolorit sowie jeder Menge Humor und Situationskomik, der mich bestens unterhalten konnte!

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Veröffentlicht am 27.10.2020

Hawthornes neuer, fesselnder Fall

Mord in Highgate
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INHALT
Der erfolgreiche Scheidungsanwalt Richard Pryce wurde in seinem Londoner Haus in Hampstead Heath mit einer 2000 Pfund teuren Flasche 1982 Château Lafite Rothschild Pauillac niedergeschlagen. An ...

INHALT
Der erfolgreiche Scheidungsanwalt Richard Pryce wurde in seinem Londoner Haus in Hampstead Heath mit einer 2000 Pfund teuren Flasche 1982 Château Lafite Rothschild Pauillac niedergeschlagen. An die Wand neben der Leiche ist in grüner Farbe eine rätselhafte Botschaft gepinselt. Schnell scheint klar, wer es war: Nur wenige Tage zuvor hat die berühmte feministische Autorin Akira Anno ihm genau diesen Tod angedroht – und ihm ein Glas Rotwein ins Gesicht geschüttet. Aber ist es wirklich so einfach? Was hat die geheimnisvolle Botschaft an der Wand neben dem Opfer zu bedeuten? Neue Entwicklungen und Enthüllungen verringern nicht, sondern erhöhen die Anzahl der Verdächtigen – alle lügen oder verbergen etwas. Als ein weiterer Toter gefunden wird, muss Hawthorne gemeinsam mit seinem Assistenten Anthony Horowitz tief in die Vergangenheit der Opfer eintauchen, um die Lösung des Rätsels zu finden.
(Quelle: Insel Verlag)

MEINE MEINUNG
Mit „Mord in Highgate“ ist Anthony Horowitz, der zu den renommierten Schriftstellern und Drehbuchautoren Großbritanniens zählt, eine spannende und sehr unterhaltsame Fortsetzung seiner neuen originellen Kriminalroman-Reihe um Privatdetektiv Daniel Hawthorne und seinen Assistenten Anthony Horowitz gelungen.
Auch in seinem zweiten Band lässt der Autor sein Detektivgespann Hawthorne und Horowitz wieder ganz im Stil von Sir Conan Doyles‘ berühmten Holmes und Watson in einem sehr verzwickten und kuriosen Mordfall ermitteln. Insbesondere Horowitz‘ lebendiger und humorvoller Schreibstil konnten mich wieder sehr begeistern.
Als klassischer „Whodunit“ angelegt lebt der Krimi vor allem von seinen beiden äußerst faszinierenden Charakteren und bietet viel Stoff zu eigenen Miträtseln und Kombinieren. Erneut erleben wir den Ich-Erzähler und Protagonisten Horowitz mit seinem authentischen biographischen Hintergrund als Drehbuch- und Jugendbuchautor, der als eine Art Watson-Verschnitt den genialen und zugleich sehr rätselhaften Detektiv Hawthorne bei seinen laufenden Ermittlungen begleitet und eine „true crime“ Story hierüber verfassen soll. Zudem erhalten wir sehr interessante Einblicke in die reale Arbeit des Autors, der es sich nicht verkneifen kann, sich selbst mit äußerst selbstkritischen und –ironischen Bemerkungen aufs Korn zu nehmen.
Auch mit der weiteren Hauptfigur, dem ehemaligen Polizisten Hawthorne, ist Horowitz eine vielschichtige Charakterzeichnung gelungen. Ähnlich wie Doyles Romanfigur erweist sich Hawthorne als ein schwieriger, wenig umgänglicher Charakter, der seinen Assistenten Horowitz mit seinem wortkargen, eigenbrötlerischen und arroganten Verhalten immer wieder auf die Probe stellt und mit seinen homophoben Ansichten vor den Kopf stößt. Gespannt verfolgt man Hawthornes Ermittlungstaktiken und amüsiert sich köstlich darüber, dass er sich von Horowitz nicht in die Karten schauen, ihn sogar regelrecht auflaufen lässt, was Horowitz umso mehr dazu antreibt, selbst den Fall lösen zu wollen. Obwohl der neugierige Horowitz hartnäckig versucht, mehr über das mysteriöse Privatleben des undurchschaubaren Ermittlers herauszufinden, bleibt leider auch für uns Leser Hawthornes Biografie weiterhin nebulös, so dass man auf Enthüllungen im neuen Band hoffen muss. Sehr schön hat der Autor aber die unterhaltsamen Interaktionen zwischen den beiden so unterschiedlichen Protagonisten herausgearbeitet, die zwar gegenseitigen Respekt und gewisse Sympathien füreinander erkennen lassen, aber stets auf Distanz bleiben. Auch die Nebenfiguren sind ausreichend tiefgründig angelegt und lebendig beschrieben. Von besonderem Unterhaltungswert sind zudem die zahlreichen bitterbösen Seitenhiebe des Autors auf den Literaturbetrieb.
Horowitz gelingt es hervorragend, die Spannung in diesem komplexen Fall bis zum fesselnden Finale hoch zu halten. Während der Ich-Erzähler uns seine eigenen Überlegungen zum potentiellen Mörder anstellt, ist ihm der clevere Hawthorne mit seiner einzigartigen Beobachtungsgabe und seinem messerscharfen Verstand bereits schon mehrere Nasenlängen voraus. Nach einigen unvorhersehbaren Wendungen konnte mich die Auflösung schließlich doch ziemlich überraschen. Die Aufklärung der Hintergründe zum Mordfall und das Tatmotiv sind in sich schlüssig und nachvollziehbar dargelegt. Ich bin schon sehr gespannt, wie es mit Privatdetektiv Hawthorne und seinem eher unfreiwilligen Assistenten Horowitz weitergehen wird und freue mich schon auf einen neuen Fall!
FAZIT
Eine sehr gelungene, unterhaltsame Fortsetzung mit einem originellen Detektivgespann und einem fesselnden Kriminalfall. Sehr einfallsreich und humorvoll geschrieben!

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Veröffentlicht am 26.10.2020

Mitreißender Auftakt für die vier Wunderfrauen

Die Wunderfrauen
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INHALT

„Darf‘s ein bisschen mehr sein?“

1953, zu Beginn der Wirtschaftswunderjahre, träumt Luise Dahlmann von ihrem eigenen kleinen Lebensmittelgeschäft. Hier soll es nach Jahren des Verzichts wieder ...

INHALT

„Darf‘s ein bisschen mehr sein?“

1953, zu Beginn der Wirtschaftswunderjahre, träumt Luise Dahlmann von ihrem eigenen kleinen Lebensmittelgeschäft. Hier soll es nach Jahren des Verzichts wieder alles geben, was das Herz begehrt. Sie sieht es schon vor sich: die lange Ladentheke mit großen Bonbongläsern darauf, eine Kühlung für Frischwaren, Nylonstrümpfe, buttriger Kuchen, sonntags frische Brötchen … und das Beste daran: endlich eigenständig sein. Endlich nicht mehr darüber nachdenken, warum ihre Ehe nicht so gut läuft, endlich sie selbst sein und etwas wagen.
Drei Frauen werden immer wieder Luises Weg kreuzen: Annabel von Thaler, die wohlhabende Arztgattin von nebenan, die junge Lehrschwester Helga Knaup und Marie Wagner, geflohen aus Schlesien. Sie alle haben in den Zeiten des Aufbruchs und des Neubeginns einen gemeinsamen Wunsch: Endlich wieder glücklich sein.

(Quelle: Fischer Verlag)

MEINE MEINUNG

Bei dem historischen Roman „Die Wunderfrauen“ von der deutschen Autorin Stephanie Schuster handelt es sich um den unterhaltsamen Auftakt einer Trilogie, der zu Beginn der 1950er-Jahre in Bayern angesiedelt ist und in dessen Mittelpunkt 4 junge, starke Frauen stehen, die unterschiedlicher kaum sein können.

Es wird eine mitreißende und bewegende Geschichte über Freundschaft und Liebe, Selbstfindung und Emanzipation erzählt aber auch von den großen und kleinen Wundern im Leben sowie von kleinen Intrigen, Rivalitäten und Schicksalsschlägen.

Die Autorin zeichnet ein schillerndes, lebendiges Portrait der 1950er-Jahre und gibt uns sehr anschauliche Einblicke in das damalige Alltagsleben. Gekonnt fängt sie die Nachkriegszeit in Deutschland ein, in der immer noch starre gesellschaftliche Normen, Anstandsregeln und prüde Moralvorstellungen gelten und Männer wie selbstverständlich über das Schicksal der Frauen als Väter, Ehegatten oder Arbeitgeber bestimmen wollen. Sehr schön vermittelt sie die allgemeine Aufbruchsstimmung, die sich in dieser beginnenden Wirtschaftswunderzeit um sich griff, und reißt ebenfalls die noch spürbaren Nachwirkungen des 2. Weltkrieges an.

Wir begleiten die vier jungen Frauen von unterschiedlicher Herkunft und mit verschiedenen Lebensgeschichten, die alle nach der entbehrungsreichen Kriegszeit einen Neubeginn wagen und mutig aus ihren festgelegten Rollen ausbrechen, um ihre Träume zu verfolgen. Aus unterschiedlichen, sich abwechselnden Perspektiven erleben wir das Schicksal der vier Frauen, so dass wir ihre Innenwelt und ihre Entwicklung im Laufe der Geschichte hautnah miterleben, und uns mit ihnen identifizieren können.

Ob nun Luise, die nach dem Tod ihrer Schwiegermutter einen eigenen Gemischtwarenladen eröffnet, die aus Schlesien geflohene Marie, die auf einem Gestüt als Bereiterin arbeiten möchte, die junge, lebenslustige Unternehmerstochter Helga, die nicht verheiratet werden möchte und eine Ausbildung als Krankenschwester beginnt, oder schließlich die unglückliche Chefarzt-Gattin Annabel – sie alle sind starke, authentische Frauenfiguren, die auf der Suche nach sich selbst und persönlichem Glück sind und nach ein bisschen Selbstverwirklichung streben.
Schuster hat ihre vier Protagonistinnen vielschichtig und lebensnah ausgearbeitet. Dank des lebendigen und mitreißenden Schreibstils der Autorin verfolgt man gebannt, wie sich die Lebenswege der Frauen scheinbar zufällig immer wieder kreuzen, und sie schließlich als Freundinnen zusammenfinden.
Insgesamt hätte der Handlung allerdings etwas mehr Tiefgang gut getan und auch die Vorhersehbarkeit vieler Geschehnisse störte mich etwas.

Das Ende des ersten Teils ist recht offen gehalten und macht schon sehr neugierig auf die Fortsetzung der Trilogie mit den vier Wunderfrauen Luise, Helga, Annabel und Marie!

FAZIT

Ein gelungener, unterhaltsamer Auftakt der Wunderfrauen-Trilogie mit einem faszinierenden, lebensechten Zeitporträt der Wirtschaftswunderjahre.

Empfehlenswert für Fans von Wohlfühlromanen mit tollem Zeitkolorit!

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