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Veröffentlicht am 08.07.2019

Märchenhaft-schauriger Debütroman

Kalte Wasser
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INHALT
Lauren ist gerade Mutter von Zwillingen geworden, als der Alptraum beginnt. Eine Frau steht nachts an ihrem Krankenhausbett und schlägt ihr einen grausamen Deal vor: Eines von ihren Kindern gegen ...

INHALT
Lauren ist gerade Mutter von Zwillingen geworden, als der Alptraum beginnt. Eine Frau steht nachts an ihrem Krankenhausbett und schlägt ihr einen grausamen Deal vor: Eines von ihren Kindern gegen eines von Laurens. Lauren kann sich retten und die Polizei rufen. Dort wird der Vorfall zuerst nicht ernst genommen. Nur die junge Polizistin Harper glaubt ihr. Als plötzlich Laurens Kinder entführt werden, ist sie überzeugt: Jemand hat es auf sie abgesehen. Wird sie langsam verrückt, oder weiß sie etwas, das sonst niemand weiß?
(Quelle: Harper Collins)
MEINE MEINUNG
Mit ihrem Debüt „Kalte Wasser“ hat die britische Autorin Melanie Golding einen fesselnden und sehr außergewöhnlichen Roman vorgelegt, dessen Genre nicht leicht ein zu ordnen ist und eine interessante Mischung aus beunruhigendem Psychothriller, märchenhaft-schauriger Gruselgeschichte und nervenaufreibenden Elementen des Magischen Realismus darstellt. In ihrem Roman hat die Autorin die realistische Haupthandlung um ihre Protagonistin Lauren Tranter mit magisch-mystischen und übernatürlichen Geschehnissen verwoben und geschickt eine geheimnisvolle und sehr verstörende Atmosphäre heraufbeschworen, die mich zunehmend in ihren Bann ziehen konnte. Wie Golding in ihrem Nachwort erläutert, hat sie sich von finsteren Grimmschen Märchen, verschiedenen Volkslegenden aus der europäischen Sagenwelt und insbesondere dem walisischen „Wechselbalg“-Märchen „A Brewery of Eggshells“ für ihren unheimlichen Roman inspirieren lassen und greift die in Legenden weit verbreiteten Urängste vor dem Diebstahl von Neugeborenen durch bösartige Feen und untergeschobenen Elfenkindern auf. Zur Einstimmung auf die Geschehnisse werden immer wieder Auszüge aus ihnen den Kapiteln vorangestellt.
Äußerst raffiniert entwirft Golding ein äußerst beklemmendes Szenario, das sich für die gänzlich überforderte Protagonistin Lauren, die als junge Mutter von neugeborenen Zwillingen mit Versagens- und Verlustängsten zu kämpfen hat, zunehmend zu einem beängstigenden Alptraum zwischen Wahn und Wirklichkeit entwickelt. Es entspinnt sich eine fesselnde, abgründige Geschichte, die auch uns Leser nicht mehr loslässt, denn die Grenzen zwischen Realität, Wahn und Mystik erweisen sich als fließend. Schon bald wird es immer schwieriger, die vordergründig normalen Einblicke in den Laurens Alltag und die surrealen, oftmals gruseligen Erlebnisse einzuordnen und sich ein objektives Bild des wirklichen Geschehens zu machen. In der realen Handlungsebene zeichnet die Autorin sehr feinfühlig und stimmig ein aufrüttelndes Portrait der erschreckenden klinischen Symptome und psychischen Auswirkungen einer postpartalen oder Wochenbett-Depression – einem verstörenden Krankheitsbild, auf das das Umfeld der Betroffenen zumeist mit völligem Unverständnis reagiert und das sich für die erkrankten Frauen rasch von Überforderung, permanentem Schlafdefizit, Ohnmachtgefühlen, über eine emotionale Achterbahnfahrt und Paranoia bis hin zu einem wahren Horrortrip in die Psychiatrie auswachsen kann.
Golding hat mit ihrer Protagonistin Lauren eine äußerst vielschichtige und glaubwürdige Figur ausgearbeitet, die im Laufe der Handlung aufgrund einschneidender Erlebnisse und Traumata nach der Geburt ihrer Zwillinge eine schockierende Entwicklung und Extremzustände ihrer Psyche durchmachen muss. Durch ihre unmittelbar miterlebten Emotionen und Gedanken fällt es nicht schwer, Empathie für sie zu empfinden und man kann es nicht verhindern, sich von ihrer zunehmenden Paranoia zeitweise mitreißen zu lassen. Hervorragend getroffen ist auch die junge Polizistin Joanne Harper, die als einzige aufgrund ihrer persönlichen Dämonen Laurens Geschichte Glauben schenkt und ihre Ängste ernst nimmt. Trotz ihrer eher rational geprägten Ermittlungsarbeit beginnt sie auf eigene Faust mit Nachforschungen, um den Hintergründen auf die Spur zu kommen.
Golding überzeugt mit einem angenehmen, fesselnden Schreibstil und einer gekonnt heraufbeschworenen, schaurig-unheilvollen Atmosphäre, die für einen gewissen Gänsehautfaktor sorgt. Der Spannungsbogen steigt unaufhaltsam an, um schließlich in einem packenden Showdown zu gipfeln.
Auch wenn zum Ende einige Entwicklungen eher verwirren als zur Klärung der Hintergründe beitragen, klingt die Geschichte durchaus stimmig aus und lässt uns mit einem rundum unbehaglichen und beklemmenden Gefühl zurück.
FAZIT
Ein mystisches, fesselndes und sehr intensives Leseerlebnis, das mich mit einer vielschichtigen, sehr abgründigen Geschichte in seinen Bann ziehen konnte.

Veröffentlicht am 07.07.2019

Überzeugendes Kochbuch mit genialen One-Pot-Rezepten

Die One-Pot-Challenge
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INHALT
Wer oder was ist das Kochtrio? Drei begeisterte One-Pot-Fans und eine super spannende Challenge!
Die drei One-Pot-Fans: Sandra Schumann, Meisterin aller Töpfe, Pfannenflüsterer Martin Kintrup ...

INHALT
Wer oder was ist das Kochtrio? Drei begeisterte One-Pot-Fans und eine super spannende Challenge!
Die drei One-Pot-Fans: Sandra Schumann, Meisterin aller Töpfe, Pfannenflüsterer Martin Kintrup und Blechkünstlerin Sarah Schocke.
Die Challenge: mit Topf, Pfanne und Blech für 20 Zutaten ein brandneues One-Pot-Rezept kreieren!
So verwandelt sich ein Hähnchenfilet in einen sonnig-mediterranen Hähnchen-Artischocken-Topf, eine Ratzfatz-Hähnchen-Bohnen-Pfanne und ein Orangen-Safran-Knusperhähnchen vom Blech. Genial!
Und wer entscheidet über das jeweils beste Rezept? Diesen Part übernimmt Jumbo Schreiner: Schauspieler, Moderator, Genießer und Food-Tester!
Er schaut dem Kochtrio ganz genau in Topf, Pfanne und aufs Blech, heizt die Challenge an und kitzelt aus dem Kochtrio nicht nur die besten One-Pot-Rezepte der Welt heraus, sondern auch jede Menge Küchentricks und -tipps.
Kurzum: Hier kommt das ultimative Kochbuch für die genialste One-Pot-Küche aller Zeiten - und spannende Unterhaltung pur!
(Quelle: Gräfe & Unze Verlag)

MEINE MEINUNG
Das im Gräfe & Unzer Verlag erschienene Kochbuch “Die One-Pot Challenge“ präsentiert uns das interessante, innovative Konzept von One-Pot-Gerichten in Form einer äußerst unterhaltsamen Challenge, in der ein Kochtrio bestehend aus den Köchen Sandra Schumann, Martin Kintrup und Sarah Schocke gegeneinander antritt.
Der bekannte Schauspieler, Moderator und Food-Tester Jumbo Schreiner gibt jeweils eine Zutat vor, aus dem die Kochprofis dann ein geniales One-Pot-Rezept kreieren sollen und das ausschließlich mit einem Topf, einer Pfanne oder einem Backblech zubereitet werden darf. Zu 20 Hauptzutaten gibt es insgesamt 60 verschiedene One-Pot-Rezepte, so dass wirklich für jeden Geschmack etwas dabei sein sollte. Eine spannende Herausforderung, die uns jede Menge Anregungen für kulinarische Highlights und interessante Rezeptideen für tolle, abwechslungsreiche Gerichte zum Nachkochen bietet.
Schon die sehr ansprechende, optische Aufmachung des Kochbuchs mit den gelungenen Fotos der Foodfotografin Becca Crawford und dem Peoplefotografen Klaus-Maria Einwanger ist ein richtiger Hingucker und macht neugierig auf all die abgebildeten köstlichen Gerichte, die sehr natürlich, authentisch auf den Abbildungen wirken. Sehr unterhaltsam ist auch die Challenge-Idee mit vielen amüsanten Kommentaren und sehr originell aufgemachten Fotos umgesetzt worden. Zum Ende einer jeden Challenge-Aufgabe wird natürlich vom „Probierlöffel“ und Moderator Jumbo kein Gewinner gekürt, sondern es werden für uns nochmals kurz die besonderen Charakteristika der unterschiedlichen Rezeptvorschläge herausgestrichen.
Das 192 Seiten starke Kochbuch umfasst neben einem witzig gestalteten Inhaltsverzeichnis, einem kurzen Vorwort „Hallo One-Pot-Fans“ vom Sherif-Doc Jumbo, den Challenge-Hauptteil mit den Rezepten und eine alphabetisch angeordnetes Register im Anhang, in dem sowohl die Rezeptnamen als auch die 20 Hauptzutaten aufgelistet sind.
Äußerst gelungen ist der Challenge-Hauptteil mit insgesamt unterschiedlichen 60 Rezepten, in dem das Kochtrio eine bunte, abwechslungsreiche Mischung mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen zusammengestellt hat. Von Gemüse, Fisch und Fleisch, über Nudeln, Reis, Kartoffeln bis hin zu Tofu und Feta gibt es eine breite Palette an interessanten Zutaten. So finden sich neben etwas außergewöhnlichen Rezepten, auch nicht allzu aufwändige und recht einfache Gerichte, die auch von Einsteigern leicht nachgekocht werden können. Die Rezepte sind sehr übersichtlich gestaltet und zumeist auf einer Doppelseite abgedruckt. Neben einem ansprechenden Farbfoto des jeweiligen Gerichts finden sich eine Auflistung der benötigten Zutaten für jeweils zwei Personen, die Zubereitungszeit, eine Angabe der Kalorien pro Portion sowie die durchnummerierten Zubereitungsschritte, die ausreichend ausführlich und nachvollziehbar beschrieben und recht einfach nachzukochen sind.
Neben leckeren Nudelgerichten, originellen Salaten und leckeren Fleischgerichten gibt es natürlich auch köstliche Kreationen für Vegetarier – bei dieser Vielfalt sollte eigentlich für jeden Geschmack und jedes Können das Richtige dabei sein.

FAZIT
Ein äußerst gelungenes, inspirierendes und witzig aufgemachtes Buch mit vielen interessanten, kreativen Rezeptideen, das man gerne in die Hand nimmt und einfach Lust aufs geniale One-Pot-Kochen macht!

Veröffentlicht am 07.07.2019

Außergewöhnlicher und sehr lesenswerter Krimi

All die unbewohnten Zimmer
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INHALT
Eine Frau wird ermordet, ein Streifenpolizist erschlagen. In einem Netz von falschen Geständnissen und zwischen Zeugen, die nichts gesehen haben wollen, suchen »die Vier« nach der Wahrheit: Der ...

INHALT
Eine Frau wird ermordet, ein Streifenpolizist erschlagen. In einem Netz von falschen Geständnissen und zwischen Zeugen, die nichts gesehen haben wollen, suchen »die Vier« nach der Wahrheit: Der ehemalige Mönch Polonius Fischer, der pensionierte Kommissar Jakob Franck, Polizeibeamtin Fariza Nasri und Tabor Süden, der Experte für Vermisstenfälle, übernehmen die Fahndung. Trotz vereinter Kräfte stoßen sie an ihre Grenzen. Aber die Zeit drängt – es kommt zu Nachfolgeverbrechen, und die Todesfälle erregen große mediale Aufmerksamkeit. Sie entfachen hitzige Diskussionen über Ost- und Westdeutschland, Migrationspolitik und »das System« …
In seinem neuen All die unbewohnten Zimmer seziert Friedrich Ani die gegenwärtigen politischen Verhältnisse und den Zustand unserer Gesellschaft – und führt seine Leserinnen und Leser dabei an den Rand des Abgrunds.
Vier einzigartige Ermittlungsmethoden und ein komplizierter Fall: Die Ermittelnden aus Friedrich Anis Bestsellern fahnden erstmals gemeinsam!
(Quelle: Suhrkamp Verlag)

MEINE MEINUNG
In seinem neuen Kriminalroman „All die unbewohnten Zimmer “ lässt der deutsche Erfolgsautor Friedrich Ani gleich vier seiner aus verschiedenen Bestsellern bekannten Ermittler bei Aufklärung von höchst verwickelten Verbrechen mitwirken. Seine berühmten „Vier“ - der ehemalige Mönch Polonius Fischer, der pensionierte Kommissar Jakob Franck, die junge Polizeibeamtin Fariza Nasri und der Experte für Vermisstenfälle Tabor Süden - ermitteln jeder auf seine ganz einzigartige Weise und versuchen den Hintergründen für die Fälle auf die Spur zu kommen. Was bei manchem Autoren äußerst konstruiert und wenig glaubwürdig wirken würde, ist dem versierten Autoren Ani sehr überzeugend und spannend gelungen. Seine anspruchsvolle und genial verschachtelte Erzählweise fordert dem Leser aber auch einiges an Aufmerksamkeit und Mitdenken ab.
Eine ermordete Frau, ein angeschossener Polizist und dazu noch ein im Umfeld einer Demonstration erschlagener Streifenpolizist erregen rasch große mediale Aufmerksamkeit und geben viele Rätsel auf. Doch trotz ihres großen individuellen Einsatzes stoßen die Ermittler bei der Auflösung rasch an ihre Grenzen und geraten unter gehörigen Druck. Im geschickt verwobenen Netz von Falschaussagen, verschollenen oder nicht aussagewilligen Zeugen und tragischen Nachfolgeverbrechen wird es auch für uns Leser immer schwieriger den Durchblick zu behalten. Sehr fesselnd ist es, aus den verschiedenen, sich abwechselnden Perspektiven mit zu verfolgen, wie die unterschiedlichen Charaktere zumeist völlig unabhängig voneinander agieren, sich zufällig über den Weg laufen, immer neue, kleine Puzzleteilchen zusammentragen und so schließlich jeder seinen Anteil zur Aufklärung beitragen kann.
In den am Rande mit den Tätern, Opfern und Zeugen geführten Diskussionen thematisiert Ani geschickt die gegenwärtigen politischen Verhältnisse und führt uns die verschiedenen Stimmungen in unserer Gesellschaft zu Migrationspolitik oder Mentalität zwischen Ost- und Westdeutschland vor Augen. Schrittweise führt uns die fesselnde Krimihandlung an den Rand eines beklemmenden, düsteren Abgrunds und gewährt uns teilweise höchst befremdliche Einblicke in die unterschiedlichsten Befindlichkeiten der Menschen in unserer Gesellschaft. Hierdurch gewinnt der Roman zusehends an inhaltlicher Aussagekraft und Tiefe, die äußerst nachdenklich stimmt.
Anis außergewöhnlicher, pointierter Schreibstil konnte mich wieder sehr überzeugen. Er versteht es hervorragend, Stimmungen und Bilder mit viel Feingefühl und sehr anschaulich zu beschreiben. Hervorragend fängt Ani auch das unverwechselbare Flair der bayerischen Landeshauptstadt mit sehr detaillierten Beschreibungen der Münchener Straßen und Plätze ein.
Sehr vielschichtig und beeindruckend zeichnet Ani seine bemerkenswerten Protagonisten und vielen Nebenakteure – es ist ein faszinierendes, glaubhaft beschriebenes und bewegendes Kaleidoskop aus verschrobenen Einzelgängern, Extremisten, Gescheiterten, (Über-)Lebenskünstlern und den vielen traurigen Verlierern in dieser Gesellschaft, die ihre bitteren Enttäuschungen und Schicksalsschläge nicht mehr überwinden können.

FAZIT
Ein fesselnder, sehr bemerkenswerter Kriminalroman mit einem tiefgründigen, hochkomplexen Fall, der noch lange nachklingt!

Veröffentlicht am 07.07.2019

Berührendes Lesevergnügen

Der Zopf meiner Großmutter
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INHALT
"Ich kann mich genau an den Moment erinnern, als mein Großvater sich verliebte. Es war klar, dass die Großmutter nichts davon mitkriegen sollte. Sie hatte schon bei geringeren Anlässen gedroht, ...

INHALT
"Ich kann mich genau an den Moment erinnern, als mein Großvater sich verliebte. Es war klar, dass die Großmutter nichts davon mitkriegen sollte. Sie hatte schon bei geringeren Anlässen gedroht, ihn umzubringen, zum Beispiel, wenn er beim Abendessen das Brot zerkrümelte."
Max' Großmutter soll früher einmal eine gefeierte Tänzerin gewesen sein. Jahrzehnte später hat sie im Flüchtlingswohnheim ein hart-herzliches Terrorregime errichtet. Wenn sie nicht gerade gegen das deutsche Schulsystem, die deutschen Süßigkeiten oder ihre Mitmenschen und deren Religionen wettert, beschützt sie ihren einzigen Enkel vor dem schädlichen Einfluss der neuen Welt. So bekommt sie erst als Letzte mit, dass ihr Mann sich verliebt hat. Was für andere Familien das Ende wäre, ist für Max und seine Großeltern jedoch erst der Anfang.
Ein Roman über eine Frau, die versucht, in einer Gesellschaft Fuß zu fassen, die ihr entgleitet. Über einen Mann, der alles kontrollieren kann außer seine Gefühle.
(Quelle: KIWI Verlag)

MEINE MEINUNG
Mit ihrem großartigen Roman „Der Zopf meiner Großmutter “ ist Alina Bronsky erneut eine berührende, bitterböse und unglaublich irrwitzige Geschichte über die Launen des Lebens, den Familienzusammenhalt, Entwurzelung und das Älterwerden gelungen.
Mit ihrem unverwechselbaren temporeichen, witzigen und schwarzhumorigen Schreibstil erzählt sie die wendungsreiche, tragikomische Geschichte über eine russischen Auswandererfamilie, eine große Liebe und eine unverhoffte Patchwork-Familie.
Überaus faszinierend sind Bronskys herrlich skurrile, sehr liebenswerte Charaktere gezeichnet, die in ihrer Vielschichtigkeit kaum unterschiedlicher sein könnten und außerordentlich unterhaltsam sind.
Mit Maxims Großmutter steht erneut eine außergewöhnliche, äußerst charakterstarke Frauenfigur im Mittelpunkt ihrer Geschichte, die wir ausschließlich aus der Sicht des Enkels und Ich-Erzählers erleben. Als Kontingentflüchtlinge sind er und seine Großeltern aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland gekommen und leben seitdem in einem Wohnheim für Russlandflüchtlinge in einer Kleinstadt. Er ist ein sehr cleverer, aufgeweckter Junge, der allerdings in Augen seiner tyrannischen Großmutter zu einem kränklichen Weichling und lebensuntauglichen Idioten abgetan wird und der vor der bösen Welt und allen erdenklichen schädlichen Einflüssen bewahrt werden muss. Es ist unglaublich amüsant und fesselnd, diese Familie aus der naiv-unvoreingenommenen Perspektive von Max durch ihren Alltag zu begleiten. In absurden, bisweilen herrlich überspitzten Szenen erleben wir ihr bizarres und vermeintlich harmonisches Zusammenleben mit, schmunzeln und empören uns über die Marotten der temperamentvollen Großmutter.
Die Geschichte lebt von den überaus witzigen, bissigen Dialogen und den verschrobenen Ideen und Verhaltensweisen der übergriffigen, autoritären und tyrannischen Großmutter, die mit ihrer erdrückenden Dominanz nicht nur über ihren Enkel „Mäxchen“ sondern über ihr gesamtes Umfeld bestimmen möchte. Schonungslos, bösartig und schockierend sind bisweilen ihr Verhalten und ihre verbalen Rundumschläge, wenn sie beispielsweise antisemitische Sprüche gegen die Juden loslässt ober sich über das deutsche Schul- und Gesundheitssystem echauffiert. Man bringt dieser absolut gewöhnungsbedürftigen Figur äußerst zwiespältige Gefühle entgegen, die von amüsiertem Schmunzeln, über tiefe Empörung und Ablehnung bis hin zu Mitleid reichen. Es dauert eine Weile bis man die tragischen Hintergründe für ihr unmögliches Verwalten begreift und hinter ihrer ruppigen Fassade viel Warmherzigkeit, Liebe und große Verletzlichkeit entdeckt.
So nimmt die wendungsreiche, tragikomische Geschichte ihren Lauf, gewinnt mit den sich verdichtenden Handlungssträngen allmählich immer mehr an Tiefe und stimmt mit seiner tragischen Reichweite auch sehr nachdenklich.

FAZIT
Ein großartiger Roman mit einer witzigen, bitterbösen und zugleich tragikomischen Geschichte und herrlich skurrilen, liebenswerten Charaktere. Ein außerordentlich unterhaltsames und berührendes Lesevergnügen, das man sich nicht entgehen lassen sollte!

Veröffentlicht am 22.06.2019

Aufrüttelnde Dystopie

Dry
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INHALT
Als Alyssa an einem heißen Junitag den Wasserhahn aufdreht, passiert gar nichts. Kein einziger Tropfen kommt aus der Leitung. Und nicht nur ihr Haus und ihre Straße sind betroffen, halb Kalifornien ...

INHALT
Als Alyssa an einem heißen Junitag den Wasserhahn aufdreht, passiert gar nichts. Kein einziger Tropfen kommt aus der Leitung. Und nicht nur ihr Haus und ihre Straße sind betroffen, halb Kalifornien sitzt auf dem Trockenen. Die Bevölkerung wird gebeten, Ruhe zu bewahren, die Situation sei bald wieder unter Kontrolle. Doch das stimmt nicht. Und aus einem ungewöhnlich heißen, trockenen Sommer wird plötzlich der Sommer, in dem Alyssa um ihr Leben kämpfen muss.
(Quelle: Fischer Sauerländer)

MEINE MEINUNG
Mit dem Jugendroman „Dry“ ist dem bekannten US-amerikanischen Autoren Neal Shusterman und seinem Sohn Jarrod eine sehr eindringlich und packend erzählte Dystopie gelungen, die man einfach nicht mehr aus der Hand legen kann. Im Mittelpunkt ihrer fiktiven, aber sehr realistisch anmutenden Geschichte beschreiben die beiden Autoren sehr anschaulich und aufrüttelnd, wie erschreckend schnell unsere zivilisierte Gesellschaft durch eine Wasserknappheit in eine existentielle Krise gerät und ein gnadenloser Kampf ums Überleben beginnt.
Der lebendige, jugendliche und mitreißende Schreibstil der beiden Autoren sorgt dafür, dass man sich schnell in das schockierende, authentisch wirkende Katastrophenszenario und in die verzweifelte Lage der Menschen hineinversetzen kann, sogar ständig ihren Durst verspürt. Dass der Roman aus der Feder von zwei verschiedenen Autoren stammt, merkt man diesem äußerst beeindruckenden Buch nicht an.
Erzählt wird die Geschichte aus wechselnden Perspektiven jeweils in der ersten Person, wobei wir die sich bald überschlagenden Geschehnisse aber hauptsächlich aus Alyssas Sicht miterleben. Kurze, eingeschobene Textpassagen geben uns Lesern darüber hinaus einen nachdrücklichen und umfassenderen Einblick in die bedrohliche Lage im gesamten Bundesstaat Florida.
Die Autoren haben ihre Dystopie äußerst realistisch, abwechslungsreich und packend gestaltet. Dabei schrecken sie auch nicht vor einigen sehr grausamen Passagen zurück, um die Verrohung der Menschen im Überlebenskampf zu verdeutlichen.
Am Beispiel von Alyssa und ihrer Familie erleben wir hautnah die Auswirkungen der Wasserkrise mit. Sehr glaubwürdig sind ihre persönliche Entwicklung und charakterlicher Wandel angesichts der Ereignisse zu verfolgen - vom ganz gewöhnlichen, sorgenfreien Teenager von nebenan, den dieser Notstand völlig unvorbereitet trifft bis hin zu einem taffen, kämpferischen Mädchen, das über sich hinauswachsen muss und schließlich überlebensnotwendige, manchmal auch fragwürdige Entscheidungen treffen muss. Ein weiterer zentraler Charakter ist Kelton, der etwas seltsame Nachbarsjunge von Alyssa, der sich mit seiner Familie als "Prepper" auf einen Ernstfall jeglicher Art bereits akribisch vorbereitet hat und nun auf ausgearbeitete Strategien für den eingetretenen Notfall zurückgreifen kann.
Im Verlauf der Geschichte treten noch zahlreiche weitere Charaktere wie beispielsweise Alyssas kleiner Bruder Garrett, die Aussteigerin Jacqui oder der undurchsichtige Henry auf, die je nach ihrer Rolle von den Autoren sehr authentisch und vielschichtig ausgearbeitet sind und für so manche Überraschung und herbe Enttäuschung gut sind. Insgesamt erleben wir im Laufe der Handlung eine ganze Bandbreite an möglichen Verhaltensweisen, die eine derartige Katastrophe in jedem von uns heraufbeschwören kann. Von Solidarität und rührender Aufopferungsbereitschaft blicken wir auch in die Abgründe der Menschen wie Verrat, Egoismus, Gewaltbereitschaft und Skrupellosigkeit. Sehr glaubhaft zeigen sie die sich verschiebenden Grenzen zwischen Gut und Böse und den zunehmenden Verlust des Moralinstinkts bei den Betroffenen auf.
Mit einigen überraschenden Wendungen zieht der Spannungsbogen immer weiter an. Geschickt lassen die Autoren die Ausnahmesituation für die verschiedenen Figuren immer mehr eskalieren und die sich überschlagende Handlung auf ein sehr mitreißendes, dramatisches Finale zulaufen. Der insgesamt sehr nachdenklich stimmende Roman klingt mit einem für meinen Geschmack leider etwas unrealistischen, überraschenden Ende aus, das aber recht stimmig und für ein Jugendbuch durchaus passend gewählt ist.
FAZIT
Eine lesenswerte, aufrüttelnde Dystopie – fesselnd und sehr realitätsnah geschrieben.