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Veröffentlicht am 08.03.2023

Fesselnde Neuerzählung der wahren Geschichte Medusas

STONE BLIND – Der Blick der Medusa
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MEINE MEINUNG
Mit ihrem unterhaltsamen Roman „Stone blind – Der Blick der Medusa“ ist der britischen Bestseller-Autorin Natalie Haynes eine äußerst fesselnde Neuerzählung der antiken griechischen Mythologie ...

MEINE MEINUNG
Mit ihrem unterhaltsamen Roman „Stone blind – Der Blick der Medusa“ ist der britischen Bestseller-Autorin Natalie Haynes eine äußerst fesselnde Neuerzählung der antiken griechischen Mythologie rund um die faszinierende Figur der Medusa gelungen.
Hervorragend hat die Autorin die Darstellungen aus den Varianten des berühmten Mythos und verschiedenen antiken Quellen recherchiert und zu einer anschaulich und mitreißend erzählten Geschichte verwoben.
Eine umfassende Darstellung des Mythos von Medusa und Perseus findet sich in Ovids Werk Metamorphosen.
Da das Schicksal von Medusa untrennbar mit der Legende und dem Heldenepos von Perseus, dem Sohn von Zeus, verbunden ist, beleuchtet die Autorin sehr ausführlich die vielschichtige Vorgeschichte der tragischen Geschehnisse. Gekonnt nimmt uns die Autorin mit auf eine spannende Zeitreise durch das antike Griechenland zu berühmten mythischen Stätten. Sie lässt die alten mythischen Götterhelden wie Zeus, Poseidon, Hera, Hephaistos, Athene oder Hermes aus den bekannten Legenden der klassischen Antike vor unserem inneren Auge lebendig werden und zudem viele hilfreiche Hintergrundinformationen zur komplexen griechischen Mythologie einfließen.
Aus den unterschiedlichen Erzählperspektiven lernen wir die mächtigen olympischen Götter kennen mit ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten und Schwächen und erkunden ihre komplizierten Beziehungen zueinander, aber auch ihre Einstellung zu den Halbgöttern und Sterblichen. Zudem erhalten wir sehr aufschlussreiche Einblicke in ihre Geheimnisse, Intrigen, Rache- und Machtgelüste, Eitelkeiten und ihrer permanenten Missgunst, die Ursache für zahllose Familiendramen, erbarmungslosen Streitigkeiten und ihr oftmals grausames Handeln sind.
Poetisch und bildgewaltig erzählt Haynes die facetten- und wendungsreiche Geschichte der Medusa aus einem feministischen Blickwinkel und bietet interessante, erfrischend andere Perspektiven. Es ist die bewegende Geschichte einer jungen selbstlosen Frau, die als jüngste der Gorgonenschwestern als Sterbliche aufwächst und der von den launischen und rachsüchtigen Göttern sehr übel mitgespielt wird. So erleben wir Medusa mehr als mitfühlende Schwester und bedauernswertes Opfer denn als todbringendes Monster, zu dem sie schließlich gemacht wurde, mit ihrem Haupt aus Schlangen und ihrem Blick, der jedes Lebewesen zu Stein verwandelt.
Gekonnt und mit humorvollen Seitenhieben demontiert die Autorin nach und nach das glorreiche Heldenepos von Perseus. Nur mit göttlicher Hilfe gelang es ihm, seine abenteuerliche Mission zu bestehen und das machtvolle Gorgonenhaupt in seinen Besitz zu bringen, das ihn schließlich zu einem wahrhaft furchteinflößenden Monster werden ließ.
Hervorragend hat die Autorin in zahlreichen Episoden die durchtriebene, streit- und rachsüchtige Persönlichkeit von Athene, als Göttin des Krieges, des Handwerks und des Heldenmuts, eingefangen. Ich muss gestehen, dass mich Athenes facettenreicher Charakter mit ihren Eigenheiten und ihre boshaften Intrigen fast mehr in den Bann gezogen haben, als die eigentliche Protagonistin Medusa, die zeitweilig etwas in den Hintergrund gedrängt wurde und leider längst nicht so präsent in der Geschichte war.

Zum Hörbuch:
Die Schauspielerin, Hörbuch- und Synchronsprecherin Laura Maire ist eine sehr gelungene Besetzung für dieses ungekürzte Hörbuch. Mit ihrer angenehmen, frischen Stimme und flottem Tempo präsentiert sie die Geschichte sehr mitreißend und lebendig. Trotz der vielen Charaktere und raschen Perspektivwechsel, die einem beim Zuhören etwas Konzentration abverlangen um nicht den Faden zu verlieren, konnte ich der Handlung gut folgen. Mit Steigerungen des Sprechtempos, Variation der Intonation und wohl dosierten Pausen gestaltet sie die unterschiedlichen Episoden abwechslungsreich und eindringlich. Gekonnt sie bietet ein breites Spektrum an Stimmvarianten auf und schlüpft mit den passend gewählten Stimmnuancen mühelos in die verschiedenen Rollen, so dass man sich in die sich rasch wechselnden Emotionen der verschiedenen Charaktere wunderbar hineinversetzen kann.
Insgesamt eine lebendige und überzeugende Lesung, die dieses Hörbuch zu einem mitreißenden Hörvergnügen macht!

FAZIT
Eine beeindruckende, fesselnde Neuerzählung des antiken griechischen Mythos um Medusa aus einem feministischen Blickwinkel – gut recherchiert, lehrreich und mitreißend erzählt.
Sehr empfehlenswert für alle, die sich für die berühmten Mythen der klassischen Antike interessieren.

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  • Handlung
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Veröffentlicht am 26.02.2023

Der rüstige Donnerstagsmordclub wieder auf Mörderjagd

Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel (Die Mordclub-Serie 3)
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MEINE MEINUNG
„Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel“ vom britischen Autor Richard Osman ist bereits der dritte Band seiner gelungenen und etwas skurrilen Cosy Crime-Reihe, in deren Mittelpunkt ...

MEINE MEINUNG
„Der Donnerstagsmordclub und die verirrte Kugel“ vom britischen Autor Richard Osman ist bereits der dritte Band seiner gelungenen und etwas skurrilen Cosy Crime-Reihe, in deren Mittelpunkt die erstaunlich rüstigen Mitglieder des Donnerstagsmordclubs aus der Seniorenresidenz Coopers Chase stehen.
Einmal die Woche trifft sich das gewitzte Hobby-Ermittlerquartett bestehend aus Elisabeth, Joyce, Ibrahim und Ron um ungelöste Morde aufzuklären.
Dieser Krimi lässt sich auch ohne Vorkenntnisse der vorangegangenen Bände lesen, doch denke ich, dass es bei der Vielzahl der Figuren leicht unübersichtlich wird. Zudem finde ich, dass man die exzentrischen Charaktere des Donnerstagsmordclubs mit all ihren Eigenheiten und Vorgeschichten schon etwas kennen sollte, da sie nicht mehr ausführlich vorgestellt werden.
Um einen richtig gemütlichen Wohlfühlkrimi handelt es sich übrigens nicht, denn manchmal geht es ziemlich blutrünstig zur Sache. Mit seinem typisch britischen, subtil humorvollen Erzählstil und höchst amüsanten, schlagfertigen Dialogen konnte mich Osman wieder bestens unterhalten. Toller Wortwitz, viel Situationskomik sowie bisweilen recht abstruse Verwicklungen ließen mich immer wieder Schmunzeln.
Wie schon bei den anderen Bänden wird die eigentliche Handlung immer wieder von den aufschlussreichen Tagebucheintragungen von Joyce unterbrochen, die die Geschehnisse auf ihre unnachahmliche Art kommentiert und zusammenfasst. Schade nur, dass sie bei der turbulenten Handlung doch etwas zu kurz kommen.
Das Seniorenquartett beschäftigt sich diesmal mit einem10 Jahre alten Cold Case, der es in sich hat. Damals verschwand die junge Journalistin Bethany Waites und Co-Moderatorin des lokalen TV-Stars Mike Waghorn spurlos, als sie einem brisanten Fall von Steuerbetrug auf der Spur war. Auch wenn die Handlung recht langsam in Gang kommt, macht es wieder viel Spaß, die gewitzte Seniorentruppe bei ihren unorthodoxen, aber sehr einfallsreichen Ermittlungen zu diesem höchst verzwickten und wendungsreichen Fall zu begleiten. Das Polizisten-Duo Chris und Donna und natürlich auch der Bogdan als unentbehrliches Faktotum sind wieder mit von der Partie, und unterstützen die vier agilen Senioren, wo immer sie können.
Besonderes Highlight sind die lebendigen, vielschichtig gezeichneten Hauptfiguren mit ihren liebenswerten Eigenarten und Schrullen. Es macht großen Spaß, ihre unterhaltsamen Diskussionen zu verfolgen und mitzuerleben, wie sie ihre interessanten Fähigkeiten und Stärken bei Bedarf auszuspielen wissen.
Der neue rätselhafte Kriminalfall, der wieder viel Stoff zum Mitraten bietet, ist nicht die einzige Herausforderung für den Donnerstagsmordclub. Denn zu allem Überfluss wird Elisabeth mal wieder von ihrer Vergangenheit als Geheimdienstagentin eingeholt und von einem skrupellosen Widersacher vor eine nahezu ausweglose Entscheidung gestellt. Souverän meistern sie im eingespielten Team jedoch auch diese verzwickte Situation mit ihren bisweilen unorthodoxen Herangehensweisen. Während die sonst so souveräne Elizabeth sich hier einen unverzeihlichen Patzer erlaubt, überrascht die etwas naiv wirkende Joyce wieder auf ganzer Linie.
Auch die zahlreichen Nebenfiguren mit ihren Hintergrundgeschichten sind interessante Charaktere, die mit ihren Handlungen für viel Spannung und beste Unterhaltung.
Nach einigen unerwarteten Wendungen überschlagen sich die Ereignisse schließlich regelrecht und gipfeln in einem spannenden Finale. Kaum zu glauben, dass es ihnen mit ihren Tricks und cleveren Kombinationsgabe wieder gelingt, den überaus raffinierten Mörder zu stellen! Für mich war die Auflösung eine große Überraschung, mit der ich überhaupt nicht gerechnet hatte.
Ich bin schon sehr gespannt auf eine Fortsetzung und freue mich auf ein Wiedersehen mit dem schrulligen Team des Donnerstagsmordclubs und ihren netten Freunden.

FAZIT
Eine unterhaltsame Fortsetzung dieser skurrilen, amüsanten Cosy Crime-Reihe – mit tollem britischen Humor, liebenswerten Charakteren und einem verzwickten Cold Case!

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Veröffentlicht am 29.01.2023

Humorvoller Gartenkrimi

Aufblattelt
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MEINE MEINUNG
Mit ihrem unterhaltsamen Gartenkrimi „Aufblattelt“ geht die im beschaulichen Südburgenland angesiedelte Krimi-Erfolgsserie der österreichischen Autorin Martina Parker bereits in die dritte ...

MEINE MEINUNG
Mit ihrem unterhaltsamen Gartenkrimi „Aufblattelt“ geht die im beschaulichen Südburgenland angesiedelte Krimi-Erfolgsserie der österreichischen Autorin Martina Parker bereits in die dritte Runde.
Das außergewöhnliche Cover dieses Gartenkrimis mit seinen dargestellten Motiven hat einen hohen Wiedererkennungsfaktor und stimmt einen sehr schön auf die Geschichte ein. Der vorliegende Krimi lässt sich übrigens problemlos auch ohne Vorkenntnisse aus den vorangegangenen zwei Bänden „Zuagroast" und „Hamdraht" lesen, da zum Verständnis wichtige Hintergrundinfos zu den Charakteren geschickt in die Handlung eingeflochten werden.
Schon das humorvolle, hintergründige Krimidebüt „Zuagroast“ hat mich mit der umtriebigen Lokaljournalistin Vera Horvath und den Gartenladies vom „Klub der Grünen Daumen“, deren vermeintlich harmlose, garten- und kräuterinteressierte Mitglieder es faustdick hinter den Ohren haben, sehr gut unterhalten können.
Auch im dritten Band darf wieder ausgiebig gelebt, geliebt, gegartelt und natürlich gestorben werden! Und so viel sei auch schon verraten – der Mörder ist nicht der Gärtner!
Martina Parker ist erneut ein abwechslungsreicher und spannender Wohlfühlkrimi mit viel Lokalkolorit, einer illustren Schar an interessanten Charakteren und einem verzwickten Fall gelungen – obendrein gewürzt mit allerlei Wissenswertem rund um Garten, heimische Pflanzen, Kräuter, Naturkosmetika und Heilmittelchen sowie einem winzigen Schuss Erotik. Trotz vieler humorvoller Szenen werden aber auch einige ernste Themen behandelt.
Sehr gut gefallen haben mir auch die stimmungsvollen, detailreichen Beschreibungen der burgenländischen Landschaft und der verschiedenen Schauplätze sowie zahlreiche mundartlich eingefärbte Dialoge, die für ein überaus lebendiges Lokalkolorit sorgen. Sicherheitshalber wird der wundervolle Dialekt übrigens in den Fußzeilen übersetzt.
Der unheilvolle Prolog mit der darin geschilderten, verstörenden Szene lässt sofort Spannung aufkommen, denn deren Bedeutung wird uns erst sehr viel später klar. So dauert es auch recht lange bis der eigentliche Kriminalfall in Gang kommt, denn zunächst werden wir in das fesselnde Setting eingeführt und lernen eine Menge schillernder Figuren wie beispielsweise die hochinteressante Adelsfamilie von Hohenfelsen kennen, die so manche überraschende Eigenheiten und erstaunlichen Geheimnisse aufzubieten haben. Für viel Unterhaltung und Abwechslung sorgen auch die Mitglieder des Gartenklubs als alte Bekannte mit einer ganzen Bandbreite speziellen Besonderheiten und Schrullen, die von der Autorin sehr lebendig und trotz gewisser Klischees recht authentisch charakterisiert werden. Jedem Kapitel vorangestellt werden wieder spannende bis skurrile Fun Facts aus der Tierwelt und Natur, die meist Bezug auf die darauffolgende Handlung haben.
Gekonnt zieht uns Martina Parker nach und nach in einen verwirrenden, ziemlich komplexen Fall hinein. Der geheimnisvolle alte Graf von Hohenfels, der hitzige Adoptivsohn als Umweltretter, seine nicht standesgemäße Braut Isabella, gewilderte Tiere im Wald, bis hin zur ersten Toten auf der Hochzeit – die vielen zunächst unzusammenhängenden Handlungsstränge geben viele Rätsel auf, so dass ich den Krimi gar nicht mehr aus der Hand legen mochte und mich gespannt mit auf die Jagd nach dem Mörder begeben habe.
Schon bald überschlagen sich die Ereignisse immer mehr und gipfeln schließlich in einem packenden Showdown. Die schlüssige Auflösung des Kriminalfalls hat mich übrigens sehr überrascht.

FAZIT
Ein unterhaltsamer Wohlfühlkrimi - mit wundervollen Charakteren, großartigem Humor, tollem Lokalkolorit und allerlei nützlichem Gartenwissen!
Ein empfehlenswertes Lesevergnügen mit ganz besonderem regionalen Charme!

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Veröffentlicht am 28.01.2023

Fesselndes Portrait einer Top-Spionin

Agent Sonja
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MEINE MEINUNG
Mit dem beeindruckenden Buch „Agent Sonja“ beweist der erfolgreiche britische Bestsellerautor und Spionageexperte Ben Macintyre erneut, dass er sein Handwerk versteht. Bereits nach dem kurzen ...

MEINE MEINUNG
Mit dem beeindruckenden Buch „Agent Sonja“ beweist der erfolgreiche britische Bestsellerautor und Spionageexperte Ben Macintyre erneut, dass er sein Handwerk versteht. Bereits nach dem kurzen Einstieg wird deutlich, dass wir es nicht mit einem nüchtern erzählten Sachbuch zu tun haben, sondern uns ein packender, temporeich erzählter Roman erwartet, der sich bisweilen wie ein fesselnder Agententhriller liest.
Hierin widmet er sich der unglaublichen, aber wahren Biografie von Ursula Kuczynski (1907- 2000) - einer faszinierenden Frau und legendären Topagentin für den russischen Geheimdienst, die ein außergewöhnlich bewegtes Leben führte, während ihrer Agententätigkeit unter dem Codenamen „Sonja“ um die halbe Welt reiste und bei ihren Einsätzen teilweise extreme Risiken auf sich nahm sowie maßgeblichen Einfluß auf die Weltgeschichte während des 2. Weltkriegs und für den Kalten Krieg hatte.
Ben Macintyre versteht es hervorragend seine aus verschiedenen Quellen akribisch recherchierten Fakten, Informationen und historischen Hintergründe zu einer äußerst spannenden und faszinierenden Geschichte zu verweben. Geschickt lässt er viele Originalzitate in seinen Text einfließen. Ergänzt wird das Ganze durch zwei in den Text eingeschobene Teile mit sehr interessanten Schwarz-Weiß-Fotografien von Ursula, ihrer Familie und ihren vielen Weggefährten aus dem umfangreichen Fotoarchiv der Familie, die das Erzählte veranschaulichen und die damalige Zeit zum Leben erwecken.
Wie der Autor in seinem ausführlichen Nachwort erläutert, standen ihm Unmengen an Quellenmaterial aus verschiedenen Archiven wie MI5-Akten aus dem Britischen Nationalarchiv, Dokumente aus dem Deutschen Bundesarchiv sowie Staatssicherheitsakten aus dem Stasi-Archiv zur Sichtung zur Verfügung. Zudem konnte er für sein Buch auf viele Briefe, Bücher und Dokumentationen zurückgreifen, darunter auch Ursulas Romane, Sachbücher und ihre Memoiren „Sonjas Rapport“. Außerdem konnte er für sein beeindruckendes Werk auch auf tatkräftige Unterstützung von Ursulas beiden Söhnen zählen.
Bereits die ersten Kapitel, in denen wir miterleben wie aus dem jungen energiegeladenen deutsch-jüdischen Mädchen Ursula, das der Kommunistischen Partei Deutschlands beitrat, mit ihrem Ehemann Rudi Hamburger nach Shanghai ging, dort Mutter wurde und schließlich vom berühmten sowjetischen Agent Richard Sorge Anfang der 1930er Jahre für den sowjetischen Geheimdienst rekrutiert wurde, klingen abenteuerlich und scheinen eher einem fesselnden Agententhriller entsprungen zu sein.
Gekonnt gewährt Macintyre uns aufschlussreiche Einblicke in Sonjas Spionagetätigkeit in China, der Mandschurei, Polen, Schweiz und schließlich Großbritannien und erzählt über interessante Details aus ihrem Privatleben und nachhaltig prägenden Geschehnissen während ihres umtriebigen Doppellebens als unerschrockene, hocheffiziente sowjetische Geheimdienstoffizierin einerseits und fürsorgliche Mutter von drei Kindern und unauffällige Hausfrau andererseits. Dabei beleuchtet der Autor auch anschaulich die emotionalen Herausforderungen, die das unstete Leben, die äußerst gefährlichen Spionageoperationen und ihre Verantwortung als Mutter mit sich brachten. Eher durch unglaubliches Glück blieb sie von Stalins Säuberungsaktionen verschont und konnte sich mehr als einmal einer Enttarnung durch knappe Flucht entziehen. Fesselnd ist es auch, die Motivation für ihre Agententätigkeit und ihre unerschütterliche Liebe zum Kommunismus zu ergründen. Ganz nebenbei erfahren wir auch eine Menge faszinierender Details aus den interessanten Biografien ihrer Weggefährten wie Agnes Smedley oder Richard Sorge und ihrer Familie.

FAZIT
Facettenreiches Portrait einer außergewöhnlichen Frau und hochdekorierten sowjetischen Top-Spionin – sorgsam recherchiert, kenntnisreich aufgearbeitet und unglaublich spannend und temporeich erzählt!

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Veröffentlicht am 27.01.2023

Erschütternder zeitgeschichtlicher Roman

Feldpost
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MEINE MEINUNG
In ihrem historischen Roman „Feldpost“ ist es der deutschen Autorin Mechtild Borrmann erneut in beeindruckender Weise gelungen, auf wahren Begebenheiten beruhende Schicksale und zeitgeschichtliche ...

MEINE MEINUNG
In ihrem historischen Roman „Feldpost“ ist es der deutschen Autorin Mechtild Borrmann erneut in beeindruckender Weise gelungen, auf wahren Begebenheiten beruhende Schicksale und zeitgeschichtliche Ereignisse rund um den Zweiten Weltkrieg zu einer bewegender Geschichte zu verweben. Eine Geschichte, die mich angesichts der Authentizität Intensität der geschilderten menschlichen Tragödien betroffen und sehr nachdenklich zurückgelassen hat.
Recherchiert hat die Autorin hierzu in dem umfangreichen Deutschen Tagebucharchiv in Emmendingen, in dem Zeitzeugnisse aus dem deutschen Sprachraum in Form von unveröffentlichten Tagebüchern, Lebenserinnerungen und Briefen archiviert und der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.
In ihrem Roman führt sie uns sehr nachdrücklich die weitreichenden Auswirkungen vor Augen, die der Nationalsozialismus auf die junge Generation hatte und insbesondere der Krieg der gesamten Bevölkerung zugefügt hat.
Thematisch kreist die überaus bestürzende Geschichte über zwei Geschwisterpaare und deren Familien um eine große verbotene Liebe, die im Verborgenen bleiben muss, verschmähte Zuneigung, Freundschaft, Eifersucht, skrupellose Bereicherung, Verrat und große Schuld.
Die Autorin hat ihren Roman auf zwei unterschiedlichen Zeitebenen angelegt und erzählt die Handlung aus verschiedenen Perspektiven. Durch den einfühlsamen, ansprechenden Schreibstil und den interessanten Einstieg wird man von Anfang an mitten hinein in die Geschehnisse gezogen und folgt gebannt dem weiteren Fortgang der emotional aufwühlenden Zeitreise. In dem Handlungsstrang der Gegenwart des Jahres 2000 lernen wir die Anwältin Cara Russo kennen, die nach einer mysteriösen Begegnung mit einer Unbekannten in einem Café beginnt, sich auf eine aufreibende Spurensuche nach dem rechtmäßigen Besitzer des Inhalts der von dieser zurückgelassenen alten Aktentasche zu begeben. So gelingt es Cara tatsächlich, den damaligen Absender der Feldpostbriefe aufzuspüren deckt bei ihren Recherchen allmählich die tragischen Hintergründe auf.
Im zweiten eindringlich erzählten Handlungsstrang tauchen wir in die Vergangenheit ein und erhalten ausgehend vom Jahr 1935 Einblicke in das Leben zweier befreundeter und in vielerlei Hinsicht schicksalhaft verbundener Familien und ihrer Kinder Adele und Albert sowie Richard und Dietlind ein. Während Familie Martens stramm auf Linie der Nazis ist, gerät Adeles Vater wegen seiner regimekritischen politischen Einstellung zunehmend in große Schwierigkeiten, bis schließlich nur noch die Flucht der Eltern ins Ausland Schlimmeres verhindert und die jungen Geschwister im Nazi-Deutschland zurückbleiben.
In verschiedenen Episoden veranschaulicht die Autorin glaubhaft die unterschiedliche Entwicklung ihrer vielschichtig angelegten Figuren und die Motive für ihr individuelles Handeln. Gekonnt hat sie auch viele historische Fakten und damalige Geschehnisse wie beispielsweise die fatale Bombennacht in Kassel im Oktober 1943 in die Handlung eingeflochten.
Die kurzen Kapitel und raschen Perspektivwechsel sorgen für Abwechslung und lassen die Spannung stetig steigen, auch wenn man ahnt, dass man nicht mit einem versöhnlichen Ausgang rechnen kann. Die vielen von Cara aus den alten Unterlagen und Briefen zusammengetragenen Mosaiksteinchen sowie die Rückblicke in die Vergangenheit offenbaren schließlich die beklemmende Wahrheit über die Vorkommnisse rund um Adele und ihre Familie. Das unfassbare, ihnen widerfahrene Leid und die enthüllten menschlichen Abgründe machen einen sehr betroffen. Insbesondere, da viele der zu dieser Geschichte verdichteten Einzelschicksale und persönlichen Tragödien auf wahren Begebenheiten beruhen.
Etwas schade fand ich, dass die Handlung ab einem gewissen Punkt doch etwas zu vorhersehbar war.
Zum Ende hin überschlagen sich die hochdramatischen Ereignisse regelrecht und es kommt zu einem raschen, fast reportageartigen Bericht im Zeitraffer über die Schicksale der beteiligten Charaktere.

FAZIT
Ein sehr bewegender historischer Roman über eine verbotene Liebe, einen großen Verrat und eine tragische Familiengeschichte zu Deutschlands dunkelsten Zeiten!
Basierend auf wahren Begebenheiten, aufrüttelnd und erschütternd! Sehr lesenswert!

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