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Veröffentlicht am 11.05.2020

Großartiger historischer Roman

Raffael - Das Lächeln der Madonna
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INHALT

Raffael Sanzio gilt schon mit zwanzig Jahren als neuer Stern am Himmel der Renaissance. In Rom, dem Zentrum der Welt, malt er für Kardinäle, Könige und den Papst; er wird Baumeister des Petersdoms ...

INHALT

Raffael Sanzio gilt schon mit zwanzig Jahren als neuer Stern am Himmel der Renaissance. In Rom, dem Zentrum der Welt, malt er für Kardinäle, Könige und den Papst; er wird Baumeister des Petersdoms und verstrickt sich immer tiefer in die Machtkämpfe einer der blutigsten, spannendsten und faszinierendsten Epochen der europäischen Geschichte. Raffael ist mit der Tochter eines mächtigen Mannes verlobt, der Künstler heiratet aber nie. Sein persönlichstes - und skandalträchtigstes - Bild zeigt eine andere, nackt. Ihr Name ist Margherita Luti.

(Quelle: Droemer Knaur Verlag)

MEINE MEINUNG

Mit seinem großartigen Debüt „Raffael - Das Lächeln der Madonna“ hat der deutsche Autor und Kunsthistoriker Noah Martin einen lehrreichen und äußerst fesselnden historischen Roman über Raffael Sanzio, einen der bedeutendsten Maler der Renaissance, vorgelegt, dessen Todestag sich in diesem Jahr zum 500. Mal jährt. Mit einer interessanten Mischung aus packendem Abenteuerroman, tragischer Liebesgeschichte und anschaulicher Vermittlung von kunsthistorischen Details und geschichtlichen Fakten ist Noah Martin ein opulentes, überaus überzeugendes Epos gelungen, das Fans von anspruchsvollen, historischen Romanen begeistern wird.

Gekonnt entführt uns Martin in seiner packenden und wendungsreichen Geschichte ins Italien zur Zeit der Renaissance. Es ist eine kulturhistorisch äußerst faszinierende Epoche in der einzigartige Kunstwerke, grandiose Bauwerke und bedeutende Gemälde geschaffen wurden, die noch heute zu den bedeutendsten Werken der Menschheit zählen. Mühelos tauchen wir dank des wort- und bildgewaltigen Schreibstils in die atemberaubende Kulisse des reichen Oberitaliens mit seinen unzähligen Stadtstaaten und Provinzen ein und erleben eine schillernde, bewegte Zeit voller Intrigen, Korruption, Mordkomplotte und grausamer Eroberungskriege.

Im Mittelpunkt des Romans steht das kurze, aber ereignisreiche Leben, die künstlerische Entwicklung und das überaus produktive Schaffen des jungen Raffael Sanzios (1483-1520), einem wahren Universalgenie und bedeutendsten Meister der Hochrenaissance, und natürlich auch die verwickelte, tragische Geschichte über seine heimliche Liebe zur hübschen Bäckerin Margherita Lutti aus Siena. In einem weiteren Handlungsstrang begleiten wir den jungen Daniele, einen Freund Raffaels aus Urbino, während seiner klerikalen Laufbahn in Rom und haben Anteil an seinen aufreibenden Erlebnissen als Schreiber des umtriebigen Monsignore Bernardo Dovizi im Vatikan.

Äußerst detailverliebt und opulent hat Martin seine Handlung mit zahlreichen faszinierenden Hintergrundgeschichten angelegt und die fesselnde Lebens- und Liebesgeschichte Raffaels darin eingebettet. Im Laufe der vielschichtig angelegten Handlung begegnen wir etlichen bekannten historischen Persönlichkeiten. Glücklicherweise ist dem Roman mit dem “Dramatis personae“ ein äußerst umfangreiches Personenverzeichnis vorangestellt, so dass man stets den Überblick über die äußerst zahlreichen fiktiven Figuren sowie die historisch verbürgten Persönlichkeiten behält. Die etwas verwirrende Anzahl der Charaktere lässt sich jedoch nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten sehr gut zuordnen. Zur besseren Einordnung und Orientierung findet sich auf den Vorsatzblätter zudem eine hübsche, farbig illustrierte Landkarte von Italien anno 1500, in die neben der Kennzeichnung der unterschiedlichen Herrschaftsgebiete auch die wichtigsten Schauplätze der Geschichte eingezeichnet sind.
Ob nun die brutalen Schlachtszenen von Cesare Borgias Kriegszügen, Szenen aus dem Alltag hinter den Mauern des Vatikans mit intriganten Kardinälen und dem machtbesessenen, skrupellosen Papst Alexander VI. oder Raffaels Erlebnisse während seines rastlosen Schaffens und seine Begegnungen mit den berühmten Künstlern Michelangelo oder Leonardo da Vinci – Martin ist es hervorragend gelungen, ein facettenreiches Sittengemälde jener Zeit zu zeichnen. Gekonnte bringt er uns auch die damaligen Zustände in den Städten, die Alltagsprobleme der einfachen Bevölkerung sowie die hochkomplexe politische Lage nahe.

Hervorragend hat der Autor die sorgfältig recherchierten historischen Details zu den gesellschaftlichen, kunsthistorischen und politischen Hintergründen der damaligen Zeit mit seiner interessant inszenierten und sehr spannenden fiktiven Geschichte verwoben, die mit ihren zahlreichen Erzählsträngen und häufigen Szenenwechseln für viel Abwechslung sorgt. Wie der Autor in seinem sehr interessanten Nachwort erläutert, hat er sich bemüht der belegten Historie in seinem Roman gerecht zu werden, geht aber auch darauf ein, dass er sich natürlich einige künstlerische Freiheiten genommen und historische Fakten verändert hat.

Die detaillierten, lebendigen Beschreibungen der zahlreichen, vielschichtig ausgearbeiteten Charaktere und Schauplätze wirken äußerst authentisch und facettenreich, so dass man sich als Leser alles sehr plastisch vorstellen und mühelos in die damalige Zeit eintauchen kann. Der lebendige und sehr ausdrucksvolle Schreibstil des Autors ist sehr angenehm zu lesen, wobei für meinen Geschmack einige Dialogen sprachlich allerdings etwas zu modern geraten sind.

Äußerst lehrreich sind auch viele Passagen, in denen auf die Herstellung der damals verwendeten Farbpigmente, seinen Entwurfsmethoden und speziellen Vorbereitungsprozesse bei seinen Gemälden und Fresken eingegangen wird. Sehr ausführlich und anschaulich erläutert Martin Raffaels besondere künstlerische Stilmittel beispielsweise bezüglich Komposition, Lichtwirkung oder Anatomie sowie seine interessanten Studien zur Perspektive. Trotz seiner recht kurzen Schaffensphase hat ein umfangreiches Werk hinterlassen, das wir auch heute noch als beeindruckende Altar- und Madonnenbilder, prächtigen Gemälden sowie den grandiosen Ausmalungen der Stanzen im Vatikan bewundern können.
Dieser Roman hat mich auf jeden Fall neugierig auf die Arbeiten dieses außergewöhnlich talentierten Künstlers aus der Renaissance gemacht und ist zugleich eine wundervolle Liebeserklärung an Raffael und sein Schaffen.

FAZIT

Ein beeindruckender, fesselnder historischer Roman zu Zeiten der italienischen Renaissance – opulent, mitreißend erzählt, hervorragend recherchiert, und äußerst lehrreich.
Ein großartiges, sehr lesenswertes Debüt!

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Veröffentlicht am 04.05.2020

Sehr informatives, inspirierendes Ayurveda-Kochbuch

Ayurvedische Wohlfühlküche
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„Für mich bedeutet Essen mehr als reine Nahungsaufnahme“ ~ Divya Alter

MEINE MEINUNG
Ayurveda als uralte Heilkunst ist so modern wie nie. Die ayurvedischen Weisheiten zeigen auf beeindruckende Weise, ...

„Für mich bedeutet Essen mehr als reine Nahungsaufnahme“ ~ Divya Alter

MEINE MEINUNG
Ayurveda als uralte Heilkunst ist so modern wie nie. Die ayurvedischen Weisheiten zeigen auf beeindruckende Weise, wie stark unsere Gefühlswelt und Gesundheit durch die Ernährung beeinflusst wird. Für viele gelten die Prinzipien der ayurvedischen Gesundheitslehre als Schlüssel zu einer gesunden Ernährung und können zu einer wesentlichen Besserung von Verdauungs- und verschiedensten Gesundheitsproblemen bei tragen.
In ihrem Kochbuch „Ayurvedische Wohlfühlküche - 100 saisonale Rezepte für die moderne Ernährung“, das bei UNIMEDICA im Narayana-Verlag erschienen ist, vermittelt die Autorin Divya Alter äußerst informativ und anschaulich die praktischen Aspekte des modernen, ayurvedischen Kochens und präsentiert zugleich einen sehr inspirierenden Leitfaden für eine gesunde, vegetarische Ernährung und optimale Gesundheit.
Die aus Bulgarien stammende Yogini, Ayurveda-Pionierin und Ernährungsexpertin Divya Alter betreibt in Manhattan ein authentisches ayurvedisches Café und leitet zudem die Kochschule Bhagvat Life, einer gemeinnützigen Bildungsorganisation in New York. Basierend auf ihrem umfangreichen Wissen und vielfältigen Erfahrungsschatz über schmackhaftes Kochen und ganzheitliche Heilung hat die Autorin in ihrem Kochbuch eine große Vielfalt an leckeren, alltagstauglichen Rezepten zusammengestellt, die zeigen, dass gesunde Ernährung weder langweilig noch aufwendig sein muss. Neben der Verwendung von klassischen indischen Zutaten regt sie auch dazu an, gezielt regionale Produkte in den Speiseplan zu integrieren. So umfassen ihre ayurvedischen Gerichte neben klassischen Rezepten auch eine große Auswahl an Gerichten nach italienischer oder französischer Art wie beispielsweise Spinatrisotto, Lasagne mit Brokkolini, Karotten und Spinat oder eine köstliche Gemüsequiche in der Pfanne.
Das sehr informative Inhaltsverzeichnis wirkt auf den ersten Blick mit seinen unterschiedlich gesetzten Schrifttypen und Untergliederungen etwas unübersichtlich, gibt aber bei genauerem Studium einen hervorragenden Überblick über die ausführlich behandelten Themengebiete und den sehr strukturierten Aufbau des Rezeptteils. Sehr umfangreich und äußerst lesenswert ist auch die Einleitung, in der sich Divya Alter uns Lesern vorstellt und ihren beruflichen Werdegang schildert. Hierin vermittelt die sympathische Autorin auch sehr anschaulich ihre persönliche Einstellung zur ayurvedischen Küche und ihre Herangehensweise an das vorliegende Buch.
„Ayurvedische Wohlfühlküche ist ein Versuch, Ihnen die Prinzipien zu vermitteln, nach denen Sie Ihre körperlichen und geistigen Bedürfnisse mit den Lebensmitteln und Gewürzen verbinden können, die Sie ins entsprechende Gleichgewicht bringen.“ (Zitat Divya Alter S.6)
Bevor es an die Rezepte geht, gibt es in TEIL EINS „Unsere Beziehung zum Essen“ zunächst eine ausführliche Einführung in die Grundlagen der ayurvedischen Ernährung. Sehr verständlich und interessant werden auch die drei Doshas (Vata, Pitta und Kapha) vorgestellt. So kann man schon einmal grob versuchen, sich selbst anhand der luftigen, feurigen oder erdigen Qualitäten einem Konstitutionstyp zuzuordnen - wobei es ja immer wieder mal zu Schwankungen bei den Erscheinungsformen kommt. In einem weiteren Kapitel beleuchtet die Autorin zudem detailliert unser Verhältnis zum Essen und geht auf die fünf wichtigen Eigenschaften von Lebensmitteln ein. Doch keine Angst, große Erfahrung mit Ayurveda und ayurvedischischem Kochen wird nicht vorausgesetzt. Dank der verständlichen Erläuterungen eignet sich das Buch auch diejenigen, die an einem Einstieg in das Thema "Ayurvedische Ernährung" interessiert sind.
Nach diesem umfangreichen, informativen Einführungsteil schließt sich nun TEIL ZWEI mit dem eigentlichen Rezeptteil an, der nochmals mit einem kurzen Vorwort beginnt und einige wichtige Anmerkungen und Hinweise der Autorin enthält. Der Rezeptteil ist sehr übersichtlich gestaltet und besitzt eine jahreszeitliche Gliederung in Frühling & Frühsommer, Sommer & Frühherbst sowie Spätherbst & Winter. Diese sind dann nochmals unterteilt in Rezepte für Morgens, Mittags/Abends, Gaumenfreuden und Getränke. Dank der saisonalen Gliederung der Rezepte findet jeder Konstitutionstyp die optimalen Gerichte für die jeweilige Jahreszeit. Zu jedem Rezept gibt die Autorin auch Tipps für ein spezifisches Dosha und bietet Rezeptvarianten entsprechend der eigenen Verdauungsstärke an. Neben vielen abwechslungsreichen, modernen Rezepten kommen aber auch die klassischen ayurvedischen Gerichte und Grundnahrungsmittel wie Khicharis, Chutneys, Masalas und Ghee nicht zu kurz. Zudem gibt es noch weitere spezielle Kapitel wie Beilagen & Salatdressings, sowie Die Grundnahrungsmittel der neuen ayurvedischen Küche. Von Salaten über Suppen, vielfältige Getreide- und Gemüsegerichte bis hin zu den Gaumenfreuden ist alles dabei, was das Herz begehrt. Dass man nicht auf Genuss verzichten muss, wenn man sich nach ayurvedischen Prinzipien ernährt, zeigen besonders die Dessertrezepte, wie zum Beispiel die köstlichen Sesam-Honig-Bällchen oder das leckere Limettenmousse. Da fällt einem beim Durchblättern die Entscheidung, welches Rezept man zuerst ausprobieren möchte, schon richtig schwer.
Alle Rezepte sind laktovegetarisch, haben fast alle glutenfreie Optionen sowie vegane Alternativen aufgelistet, die mit entsprechenden Codes gekennzeichnet sind. Zu jedem Rezept gibt es neben einer übersichtlichen Zutatenliste und verständlich geschriebenen Zubereitungshinweisen stets noch einen ausführlichen Einleitungstext sowie ergänzende Informationen wie interessante Varianten, besondere Hinweise zu den verwendeten Lebensmitteln, die Wirkungsweise der verwendeten Gewürze oder Kombinationsmöglichkeiten.
In TEIL DREI werden in Die Ausrüstung für ihre neue Ayurvedische Küche noch die wichtigsten Gewürze und Kräuter vorgestellt. Zudem gibt es einen Überblick über die wichtigsten, im Rezeptteil verwendeten Zutaten, interessante Informationen zur Warenkunde und Erläuterungen zu Lebensmitteln, die als eher problematisch angesehen werden.
Am Ende des Buchs finden sich im ABSCHLUSS noch einige zusammenfassende Worte der Autorin, ein ANHANG, eine Danksagung und abschließend ein ausführlicher, alphabetischer Index, der einem das Auffinden der Rezepte, aber auch der Zutaten und vieler im Text erwähnten Begriffe erleichtert.
Gefallen haben mir auch die ansprechend klare, moderne Aufmachung und die eher schlicht gehaltene, bisweilen verschiedenfarbige Gestaltung der Seiten, die gut zum Thema "Ayurvedische Ernährung" passen und dem insgesamt sehr informativen Konzept des Buchs gerecht werden. Die schöne Bebilderung des Inhalts mit natürlich wirkenden, Appetit-anregenden Fotos von William und Susan Brinson ist ebenfalls sehr gelungen. Schade ist allerdings, dass man nicht zu allen Rezepten ein Farbfoto findet, denn schließlich wecken appetitanregende Bilder gerade beim Stöbern in Kochbüchern die Neugier auf die abgedruckten Gerichte und macht direkt Lust aufs Nachkochen.
FAZIT
Ein schön aufgemachtes, inspirierendes und äußerst informatives Ayurveda-Kochbuch mit leckeren, abwechslungsreichen Rezeptideen!
Sehr empfehlenswert für alle, die sich für die alte Heilkunst Ayurveda und gesunde Ernährung interessieren und einmal etwas Neues ausprobieren möchten!

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Veröffentlicht am 04.05.2020

Ein berührender Roman voller Poesie

Offene See
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INHALT
Der junge Robert weiß schon früh, dass er wie alle Männer seiner Familie Bergarbeiter sein wird. Dabei ist ihm Enge ein Graus. Er liebt Natur und Bewegung, sehnt sich nach der Weite des Meeres. ...

INHALT
Der junge Robert weiß schon früh, dass er wie alle Männer seiner Familie Bergarbeiter sein wird. Dabei ist ihm Enge ein Graus. Er liebt Natur und Bewegung, sehnt sich nach der Weite des Meeres. Daher beschließt er kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, sich zum Ort seiner Sehnsucht, der offenen See, aufzumachen. Fast am Ziel angekommen, lernt er eine ältere Frau kennen, die ihn auf eine Tasse Tee in ihr leicht heruntergekommenes Cottage einlädt. Eine Frau wie Dulcie hat er noch nie getroffen: unverheiratet, allein lebend, unkonventionell, mit sehr klaren und für ihn unerhörten Ansichten zu Ehe, Familie und Religion. Aus dem Nachmittag wird ein längerer Aufenthalt, und Robert lernt eine ihm vollkommen unbekannte Welt kennen. In den Gesprächen mit Dulcie wandelt sich sein von den Eltern geprägter Blick auf das Leben. Als Dank für ihre Großzügigkeit bietet er ihr seine Hilfe rund um das Cottage an. Doch als er eine wild wuchernde Hecke stutzen will, um den Blick auf das Meer freizulegen, verbietet sie das barsch. Ebenso ablehnend reagiert sie auf ein Manuskript mit Gedichten, das Robert findet. Gedichte, die Dulcie gewidmet sind, die sie aber auf keinen Fall lesen will.
(Quelle: DUMONT Buchverlag)

MEINE MEINUNG
In seinem jüngsten, äußerst gelungenen Roman „Offene See“ erzählt der bereits mehrfach ausgezeichnete britische Autor Benjamin Myers eine berührende Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen Jung und Alt und eine wundervolle Geschichte über das Erwachsen-Werden. Zugleich hat der Autor mit seinem ausdrucksstarken und sprachgewaltigen Roman eine beeindruckende Hommage an die Kraft der Literatur und Poesie verfasst. Glücklicherweise ist es den beiden Übersetzer*innen hervorragend gelungen, Meyers großartigen, sehr metaphernreichen Erzählstil und seine poetische Sprache auch ins Deutsche zu übertragen.
Eingebettet in eine Rahmenhandlung, in der ein alternder Schriftsteller auf sein Leben zurückblickt, lässt der Autor den 16-jährigen Protagonisten und Ich-Erzähler Robert Appleyard, seine Geschichte über jenen schicksalhaften Sommer kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges erzählen, der sein gesamtes Leben verändern sollte. Bevor er wie alle Männer seiner Familie auch als Bergarbeiter in den Kohlebergwerken Nordenglands arbeiten wird, beschließt der freiheitsliebende, verträumte Junge sich auf Wanderschaft gen Süden Richtung Yorkshire zu begeben, um noch etwas vom Land zu sehen, die Natur zu erleben und einmal die Weite des Meeres zu erfahren.
Schon nach wenigen Sätzen hat mich die außerordentlich dichte Atmosphäre dieses Romans voller Poesie und Nostalgie gefangen genommen und begeistern können. Fast wie aus der Zeit gefallen wirkt diese etwas altmodisch anmutende, beschauliche Geschichte mit ihren opulenten Natur- und Landschaftsbeschreibungen und den ausführlichen Schilderungen des idyllischen, ländlichen Lebens. Ein Hauch von Romantik liegt beim Lesen der wundervollen Passagen in der Luft, in denen der Kraft und Schönheit der heimischen Flora und Fauna gehuldigt wird ohne aber völlig ins Kitschige abzugleiten.
Fesselnd ist es mitzuerleben, wie der junge, scheue Robert durch die zufällige Begegnung mit der älteren, äußerst unkonventionellen Dulcie Piper allmählich aufblüht, dem Leben ganz neue Seiten abgewinnt und durch sie eine gänzlich neue Welt kennen lernt. Ganz nebenbei lässt Dulcie Robert nicht nur seine kulinarische Vorlieben entdecken oder animiert ihn zum eigenständigen Denken, sondern sie erweckt insbesondere auch seine Liebe zur Literatur und Poesie, die seine Einstellung zum Leben und seine Zukunft nachhaltig verändern wird.
Es ist für beide der Beginn einer wundervollen, bereichernden Freundschaft zwischen Jung und Alt. Schließlich gelingt es Robert, auch Dulcie dabei zu helfen, sich einem schmerzhaften Verlust in ihrer Vergangenheit zu stellen und neue Zuversicht zu schöpfen.
Meyers versteht es hervorragend, die Emotionen und die Stimmungen seiner liebenswerten Charaktere glaubhaft und nachvollziehbar darzustellen. Auch wenn Robert nicht ganz fassbar für mich wurde, ist mir die faszinierende und sehr eigenwillige Protagonistin Dulcie schon bald sehr ans Herz gewachsen. Mit ihrer unbeschwerten, offenen und warmherzigen Art, ihrer quirligen, verrückten Lebensfreude, aber auch ihren gelegentlichen schroffen und melancholischen Ausbrüchen hat der Autor eine überaus tiefgründige, sehr authentische Figur geschaffen, die mich sehr beeindruckt hat.

FAZIT
Eine berührende, großartig erzählte Geschichte über das Erwachsen-Werden und ein wundervoll poetisches Plädoyer für ein selbstbestimmtes, bewusstes Leben jenseits von äußeren Zwängen und gesellschaftlichen Konventionen.

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Veröffentlicht am 05.04.2020

Eine großartige deutsch-italienische Familiensaga

Belmonte
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„~ Eine Gärtnerin, die ihre Wurzeln nicht kennt. ~ Ein Skandal, der die Vergangenheit bestimmt. ~ Eine Liebe zu Italien, die niemals endet. ~“
INHALT
Als ihre Großmutter Franca überraschend stirbt, erbt ...

„~ Eine Gärtnerin, die ihre Wurzeln nicht kennt. ~ Ein Skandal, der die Vergangenheit bestimmt. ~ Eine Liebe zu Italien, die niemals endet. ~“
INHALT
Als ihre Großmutter Franca überraschend stirbt, erbt Simona, italienisch-deutsches Gastarbeiterkind in der dritten Generation, deren Elternhaus in den italienischen Marken, von dessen Existenz sie bis dahin nichts wusste. Die junge Landschaftsgärtnerin aus dem Allgäu macht sich auf in das ferne Belmonte, ein verträumtes, mittelalterliches Dorf, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Dort findet sie Aufzeichnungen mit Francas Lebensbeichte und folgt, gegen alle Widerstände, den Spuren ihrer Vorfahren, bis sie am Ende eine erschreckende Wahrheit enthüllt…
(Quelle: Piper Verlag)
MEINE MEINUNG
In ihrem Roman „Belmonte“ erzählt Antonia Riepp, ein Pseudonym der deutschen Bestseller-Autorin Susanne Mischke, eine großartige, bewegende deutsch-italienische Familiengeschichte, die sich über vier Generationen erstreckt. In ihrem berührenden Roman um Heimat, Identität, Freundschaft und Liebe erzählt Riepp die spannende Suche der jungen Protagonistin Simona nach ihren italienischen Wurzeln, bei der sie schließlich einige dunkle wie auch wohlgehütete Familiengeheimnisse aufdeckt, und die für die junge Frau zugleich auch eine Reise zu sich selbst wird.
Angesiedelt ist die Handlung zum einen im idyllischen Allgäu und zum anderen in dem malerischen, fiktiven Ort Belmonte, das in den italienischen Marken, einer wundervollen mittelitalienischen Region zwischen Adria und dem Apennin, liegt.
Die Autorin hat ihre viele Jahrzehnte umspannende Handlung auf unterschiedlichen Zeitebenen angelegt, die einander geschickt abwechseln. So lässt sie die Ereignisse in der Vergangenheit zum einen aus der Perspektive von Simonas Urgroßmutter Teresa und zum anderen von ihrer Oma Franca jeweils in der dritten Person erzählen, während wir die Gegenwart aus Simonas Sicht erleben. Danks des sehr einfühlsamen und zugleich mitreißenden Schreibstils der Autorin hat mich die faszinierende Familiensaga schnell gefangen genommen. Sehr gelungen sind die lebendigen und sehr bildhaften Beschreibungen des beschaulichen Dörfchens, der mediterranen Landschaft und der temperamentvollen Dorfbewohner, so dass man mühelos an Simonas Seite in eine wundervolle andere Welt eintauchen kann. Gekonnt zeichnet die Autorin aber auch ein bewegendes, eindringliches Bild der Lebensbedingungen und beleuchtet dabei die tragischen Schicksale der früheren Generationen – dem mutigen Kampf der Partisanen während des Zweiten Weltkriegs, den einengenden erzkatholischen Moralvorstellungen, der finanziellen Not in der Nachkriegszeit und dem Exodus als Gastarbeiter ins ferne Deutschland.
Die Autorin hat die Rückblicke in die Vergangenheit geschickt mit den Geschehnissen in der Gegenwart verwoben, so dass der Leser immer tiefer in die Geheimnisse der Familie hineingezogen wird. Erst allmählich erhalten wir aufschlussreiche Einblicke in das Leben der Verwandtschaft und einige überraschende Hintergründe zur Francas bewegter Vergangenheit werden gelüftet, wodurch die Spannung immer mehr gesteigert wird. So gibt es für uns Leser bis zur schrittweisen Auflösung einiger wohlgehüteter Geheimnisse viel Stoff zum Spekulieren.
Hervorragend gelungen ist der Autorin auch die vielschichtige Zeichnung ihrer vielen oft so unterschiedlichen Charaktere, die sehr authentisch und lebendig wirken, und deren Schicksale mich sehr berührt haben.

FAZIT
Eine eindrucksvoll erzählte, bewegende Familiengeschichte mit viel Zeit- und Lokalkolorit, die mich von der ersten bis zur letzten Seite fesseln konnte.
Ein sehr lesenswerter und unterhaltsamer Roman!

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Veröffentlicht am 03.04.2020

Großartige Fortsetzung des Merle-Zyklus

Serafin. Das Kalte Feuer
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INHALT
Serafins Venedig ist voller Magie. In einer Neumondnacht begibt er sich mit seiner geflügelten Katze auf Beutezug. Wie jeden Monat ist für eine Nacht das Wasser aus den Kanälen verschwunden. Doch ...

INHALT
Serafins Venedig ist voller Magie. In einer Neumondnacht begibt er sich mit seiner geflügelten Katze auf Beutezug. Wie jeden Monat ist für eine Nacht das Wasser aus den Kanälen verschwunden. Doch statt Kostbarkeiten findet Serafin auf dem Grund des Canal Grande zwei fremde Mädchen, leblos am Fuß eines goldenen Spiegels. Mächtige Gegner machen Jagd auf die beiden. Die Gilde der Glasbrenner, die Kartographen der Spiegelwelt und eine legendäre Katzengöttin – sie alle sehen in den Mädchen Junipa und Merle den Schlüssel zu Venedigs uraltem Zauber.
(Quelle: Fischer Sauerländer)

MEINE MEINUNG
Mit seinem Jugendbuch "Serafin: Das kalte Feuer" hat Kai Meyer fast zwanzig Jahre nach dem Erscheinen seiner Merle-Trilogie eine Fortsetzung seines genialen Fantasy-Zyklus herausgebracht, in der er die faszinierende Geschichte um das Waisenmädchen Merle und Junipa, das Mädchen mit den Spiegelaugen, weiterspinnt. Dieser Band kann unabhängig von der Merle-Trilogie gelesen werden, da viele zum Verständnis notwendige Hintergrundinformationen geschickt in die Handlung eingestreut sind. Dennoch macht es natürlich mehr Spaß, das komplexe Fantasy-Epos und die Entwicklung der Hauptfiguren im Kampf für das Gute von Beginn an mitzuverfolgen.
Kai Meyer ist es in seiner Fortsetzung hervorragend gelungen, an den runden Abschluss seiner Trilogie anzuknüpfen, einige lose Fäden der Geschichte aufzugreifen und in die neue facettenreiche Handlung einen wohldurchdachten komplexen Überbau einzubetten. Hierbei erfahren wir interessante Details zum Aufbau des Merle-Universums, die zum Nachdenken anregen und die fantasievolle Geschichte zudem sehr tiefgründig machen. Kenner von Meyers Werken werden auch spannende Querverweise zum Bibliomantik-Kosmos aus „Die Seiten der Welt“ erkennen, was mich sehr begeistert hat. Der Ideenreichtum des Autors und der wundervolle und sehr anschauliche Schreibstil lassen seine erschaffene Welt überaus authentisch und lebendig erscheinen.
Ohne viele Worte zu verlieren nimmt Meyer seine Leser mit in die faszinierende Welt eines alternativen Venedigs, das trotz veränderter Ausgangsbedingungen nicht minder magisch, mystisch und gefährlich ist. Wir begegnen den beiden wohlbekannten Figuren Merle und Junipa, die immer noch auf der Suche nach Merles Vater sind, durch die Spiegelwelt in dieses ihnen völlig fremde Venedig gelangten und Serafin begegnen. Rasch taucht man immer tiefer in die mitreißende Geschichte vor dem magischen Setting Venedigs ein, begleitet die Charaktere auf ihren fesselnden Abenteuern und bangt um ihr Wohl. Erzählt wird in dritter Person jeweils aus Sicht den verschiedenen im Mittelpunkt stehenden Figuren, vor allem natürlich von Serafin, Merle und Junipa. Durch geschickt gesetzte Wechsel der Handlungsstränge und überraschende Wendungen wird der Spannungsbogen immer mehr gespannt. Auch das Erzähltempo wird im Laufe der Handlung zunehmend angezogen, die schließlich in einem packenden Showdown gipfelt.
Sehr gut kann man sich in die lebendigen und vielschichtig angelegten Charaktere hineinversetzen und ihr Innenleben nachvollziehen. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die beiden Hauptfiguren Merle und Junipa, die beide im Verlauf der Geschichte eine enorme Entwicklung durchgemacht haben, an ihren Aufgaben gewachsen sind und sehr gereift wirken. Eine äußerst interessante Rolle in der Geschichte spielt auch der sympathische Serafin, der mir sehr gut gefallen hat. Neben den bekannten Protagonisten lernen wir aber auch einige neue, interessante Figuren und sehr originelle Wesen kennen. Mein absolutes Highlight war die geflügelte Katze Cagliostra, Serafins treue Begleiterin, die mich mit ihren vorlauten Kommentaren immer wieder zum Schmunzeln gebracht hat und eine wahre Bereicherung der Geschichte ist. Aber auch an skrupellosen Widersachern mangelt es nicht wie beispielsweise die recht gruseligen Kartographen, die es auf die beiden Mädchen abgesehen haben und für so manche böse Überraschung sorgen.
Obwohl die Handlung mit seinem stimmigen Ende in sich abgeschlossen ist, gibt es genügend Anknüpfungspunkte für eine fesselnde Fortsetzung seiner fantasievollen Geschichte. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich Merle, Junipa, Serafin und natürlich Cagliostra bald bei weiteren Abenteuern durch die Spiegelwelt begleiten kann.
FAZIT
Eine gelungene, unterhaltsame Fortsetzung des grandiosen Merle-Zyklus mit einer fesselnden Geschichte vor einem faszinierenden Setting und wundervollen Charakteren! Ein äußerst fantasievolles Leseabenteuer für Leser*innen ab 12 Jahren und ein Muss für alle Fans von Kai Meyers Fantasy-Geschichten!

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