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Veröffentlicht am 10.10.2018

Unsere hochmoderne Welt: Schrecklich schön oder ganz schön erschreckend?

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
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Wir schreiben das Jahr 1942. Deutschland befindet sich in einem Krieg, den es selbst angezettelt hat. Die Lage spitzt sich zu, denn die Nachrichten von der Ostfront sind alles andere als erfreulich. In ...

Wir schreiben das Jahr 1942. Deutschland befindet sich in einem Krieg, den es selbst angezettelt hat. Die Lage spitzt sich zu, denn die Nachrichten von der Ostfront sind alles andere als erfreulich. In Weimar versuchen Mitarbeiter des mit moderner Technik ausgestatteten Nationalen Sicherheitsamtes ihre Arbeitsplätze zu sichern bzw. dem Dienst an der Front zu entgehen, indem sie die außerordentlich wichtige Rolle des NSA für das Dritte Reich unter Beweis stellen. Mit Hilfe von Computern und speziell dafür geschriebenen Programmen sind sie in der Lage, das deutsche Volk zu überwachen, Gegner des Nazi-Regimes aufzuspüren und sogar internationale Spionage zu betreiben. Als es der jungen Programmiererin Helene bewusst wird, welche Konsequenzen ihre Arbeit in der Praxis hat, bekommt sie Zweifel, ob sie das Richtige tut. Damit ist sie nicht alleine. Doch ist es noch möglich, das ausgeklügelte System zu überlisten und dem Wahnsinn ein Ende zu setzen?

In seinem neuesten Roman „NSA – Nationales Sicherheits-Amt“ nimmt uns Andreas Eschbach auf eine Reise in die deutsche Vergangenheit. In einer faszinierenden Mischung aus geschichtlichen Fakten und Phantasie schildert der Autor bewegende Schicksale seiner Protagonisten vor dem Hintergrund der dramatischen Ereignisse in Deutschland und in Europa der 30er und 40er Jahre. Fassungslos verfolgt der Leser, wie das totalitäre Regime immer mehr an Macht gewinnt, um irgendwann Alles und Jeden unter Kontrolle zu haben. Das Verblüffende dabei: Hitlers Erfolg wird maßgeblich durch den Einsatz moderner Technik unserer Zeit ermöglicht. Diese gewagte Idee, Nazis mit Computern auszustatten und ihnen Zugang zu persönlichen Daten der Bürger zu gewähren, setzt der Autor konsequent und sehr überzeugend um. Ähnlich wie er das bereits in seinem Bestseller „Das Jesus Video“ erfolgreich getan hat – ich sage nur: eine Videokamera in einem uralten Grab - so schafft es Eschbach auch hier, den Leser so mit seiner Geschichte zu fesseln, dass dieser schnell vergisst, wie absurd der Gedanke eigentlich ist. Statt dessen taucht er in die Handlung ein und fiebert mit. Sehr hilfreich dabei ist die lebendige Schilderung der handelnden Personen, besonders von Helene und ihrem Arbeitskollegen Eugen. Es sind interessante, komplexe Charaktere, die man sich gut vorstellen und in die man sich zuweilen auch einfühlen kann. Sie lassen den Leser nicht unbeteiligt, vielmehr lösen sie bei ihm die unterschiedlichsten Emotionen aus – die Palette reicht von Bewunderung bis Abscheu. Der flüssige, abwechslungsreiche Schreibstil, überraschende Wendungen und die kontinuierlich steigende Spannung tragen dazu bei, dass man das Buch kaum aus der Hand legen kann, auch wenn einem bei der Lektüre fast durchgehend der Schreck im Nacken sitzt. Das Beunruhigende: Dieser Schreck lässt nach der letzten Seite nicht wirklich nach. Denn mit Beklemmung wird es dem Leser immer wieder bewusst, dass das grauenhafte Szenario keineswegs nur Fiktion ist. Vieles davon, was der Autor mit der Kraft seiner Phantasie in der Zeit des Nazi-Diktatur geschehen lässt – die Abschaffung des Bargelds, Manipulierung und Überwachung durch Medien, internationale Spionage im Netz, von der zunehmenden Transparenz jedes Einzelnen ganz zu schweigen - ist bereits heute Realität. Es reicht ein Blick nach China, wo gegenwärtig die permanente Überwachung der Gesellschaft erprobt wird. Und dies ist mit großer Wahrscheinlichkeit nur der Gipfel des Eisberges. Droht uns allen am Ende digitaler Totalitarismus? Man fragt sich, was sich die Menschheit da einbrockt und wie das Ganze enden wird...

Mit seinem neuesten Roman beweist Eschbach erneut, dass er nicht nur gut unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen kann – in diesem Fall zum Nachdenken über den Segen und den Fluch unserer modernen Technik, die uns einerseits nützliche Dienste leistet, uns aber andererseits nach und nach abhängig und zu Marionetten macht – Marionetten in Händen derer, die unser Verhalten steuern wollen, unsere Privatsphäre nicht achten und zuweilen unsere Naivität auf die böseste Art ausnutzen. „NSA“ zeigt so deutlich auf, was passieren kann, wenn die moderne Technologie in die falschen Hände gerät, dass man bei der Lektüre eine Gänsehaut bekommt. Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Menschen wachgerüttelt und zumindest zu einem vorsichtigeren Umgang mit ihren Privatdaten bewegt werden – das wäre schon mal ein Anfang!

Fazit: Ein hochspannender Thriller, der mit seinem brisanten Thema perfekt den Nerv unserer Zeit trifft. Unbedingt lesen!



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  • Charaktere
  • Spannung
Veröffentlicht am 19.03.2024

Ein kluges, sehr persönliches Buch

Die Kehrseite des Himmels
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Vor Jahren habe ich zu Weihnachten „Die Lügen der Frauen“, ein Buch mit Geschichten von Ljudmila Ulitzkaja, geschenkt bekommen. Es hat mich begeistert und seitdem gehört die Autorin zu meinen Lieblingsschriftstellerinen. ...

Vor Jahren habe ich zu Weihnachten „Die Lügen der Frauen“, ein Buch mit Geschichten von Ljudmila Ulitzkaja, geschenkt bekommen. Es hat mich begeistert und seitdem gehört die Autorin zu meinen Lieblingsschriftstellerinen. Sie ist eine wahre Meisterin darin, die schwierigen menschlichen Schicksale oft in nur wenigen Sätzen, aber klug, warmherzig und auch mit einem ganz speziellen Humor zu Papier zu bringen. Sie weiß ihren Figuren Leben einzuhauchen, sodass sie berühren und einem im Gedächtnis bleiben. Aber wer ist die Frau, die hinter so vielen lebendigen Charakteren steht? Wie ist sie aufgewachsen, was hat sie geformt, wie ist ihre Sichtweise auf die Welt? Antworten auf diese und viele andere Fragen findet der Leser in diesem Buch.

Die Autorin erzählt von ihren Vorfahren, ihrer Kindheit und Jugend in Moskau, von Menschen und Büchern, die sie beeindruckt und beeinflusst haben. Mit beeindruckender Offenheit schildert sie den Verlauf ihrer Krebserkrankung und der Therapie. Sie gedenkt ihrer lieben Freundinnen, die ebenfalls schwer erkrankt und den Kampf gegen die Krankheit bereits verloren haben. Es sind sehr persönliche Zeilen, die bewegen und unter die Haut gehen. Ulitzkaja schreibt auch über ihre Weltaunschauung, über die Religion und Politik. Sie setzt sich sehr kritisch mit den politischen Zuständen in ihrer Heimat auseinander und warnt vor einem neuen Krieg, den russischer Militarismus zu Folge haben könnte. Die Textpassagen stammen aus dem Jahr 2014. Heute, zehn Jahre später, lesen sie sich wie eine Prophezeiung...

Das Buch ist keine einfache, aber sehr wertvolle Lektüre, die mich persönlich bereichert hat. Ich habe es gerne gelesen und ich bewundere Ljudmila Ulizkaja jetzt noch mehr. Nicht nur für ihr schriftstellerisches Talent, sondern auch für ihre menschliche Größe, die mir dieses Buch gezeigt hat – was für eine offene, großherzige, kluge und mutige Frau!

„Die Kehrseite des Himmels“ ist aber definitiv nicht nur für die Fans der Autorin interessant. Jeder, der mit offenen Augen durchs Leben geht und seine Horizonte erweitern möchte, wird in diesen Buch etwas für sich finden. Von mir eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.02.2024

Fesselnd und originell

Die Insel des Zorns
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Die berühmte Ex-Schauspielerin Lana Farrar verbringt ein Osterwochenende auf ihrer griechischen Privatinsel Aura. Ihre Begleiter sind der Ehemann Jason, ihr Sohn Leo, die Haushälterin und enge Vertraute ...

Die berühmte Ex-Schauspielerin Lana Farrar verbringt ein Osterwochenende auf ihrer griechischen Privatinsel Aura. Ihre Begleiter sind der Ehemann Jason, ihr Sohn Leo, die Haushälterin und enge Vertraute Agathi und zwei Freunde: die Bühnenschauspielerin Kate und der Theaterautor Elliot. Der Aufenthalt auf der sonst so idyllischen Insel ist aber alles andere als erholsam. Die fröhliche Stimmung ist nur Fassade: Zwischen den einzelnen Personen gibt es Spannungen und die nicht ausgetragenen Konflikte führen dazu, dass die Lage eskaliert. Passenderweise zieht der gewaltige, von den Griechen „Zorn“ genannte Sturm auf, der die sieben Personen (mit dabei ist noch der Verwalter der Insel Nikos) gefangen hält. Und dann geschieht ein Mord...

Bereits der Klappentext und das schöne, passend zum Inhalt gestaltete Cover haben mich neugierig gemacht und ich hoffte, dass mich der mir bis dato unbekannte Autor auf eine spannende Reise mitnehmen wird. Tatsächlich wurden meine Erwartungen noch übertroffen. Alex Michaelidis wartet mit einer fesselnden, originell erzählten Geschichte auf, in der nichts ist wie es scheint. Rätsel über Rätsel, eine überraschende Wendung jagt die nächste und wenn man denkt: ach ja, so war es gewesen, dann wird man gleich eines besseren belehrt. Auch die Charaktere haben es in sich, allen voran der gewiefte Erzähler Elliot, der den Leser geschickt in die Irre führt. Ich wurde prima unterhalten und genoss die Lektüre bis zum Ende, das ich absolut gelungen fand.
Wie schön, dass der Autor bereits einige weitere Romane geschrieben hat – sie stehen bereits auf meiner Leseliste

Fazit: Ein cleverer Pageturner, den man kaum aus der Hand legen kann – bitte unbedingt lesen!

Veröffentlicht am 13.02.2024

Pass auf, wenn du dir ins Haus holst...

Die Haushälterin
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Jodi Bishop lebt mit ihrem Mann Harrison und zwei Kindern in Toronto. Sie arbeitet als Maklerin, versucht den Job und den Haushalt unter einen Hut zu bringen und kümmert sich noch zusätzlich um ihre Eltern. ...

Jodi Bishop lebt mit ihrem Mann Harrison und zwei Kindern in Toronto. Sie arbeitet als Maklerin, versucht den Job und den Haushalt unter einen Hut zu bringen und kümmert sich noch zusätzlich um ihre Eltern. Da ihre Mutter an Parkinson in fortgeschrittenem Stadium leidet, wird deren Pflege immer anstrengender und zeitintensiver. So kommt Jodi auf die Idee, eine Haushälterin für die Eltern einzustellen. Ihre Wahl fällt auf Elyse, die ein echter Glücksfall zu sein scheint. Die patente Witwe wirkt kompetent und liebenswürdig und Jodi schenkt ihr schnell ihr Vertrauen. Ein schlimmer Fehler...

Ich war vor kurzem auf einer Reise, habe mein Buch vergessen und suchte in der Flughafen-Buchhandlung nach einer spannenden Lektüre. "Die Haushälterin" hat mich mit seinem tollen, düster gestalteten Cover und dem Klappentext gleich neugierig gemacht. Ich wurde nicht enttäuscht. Es ist ein solider Psychothriller, der gut unterhält. Joy Fielding liefert eine gute Story, baut gekonnt die Spannung auf und lässt sie immer weiter steigen, bis zum überraschenden Finale. Sie erschafft auch lebendige Charaktere, die man sich beim Lesen gut vorstellen kann. Besonders gelungen fand ich die Erzählerin Jodi, in die ich mich hineinversetzen und deren Emotionen ich nachempfinden konnte. Ich hörte ihr gerne zu und litt mit...

Alles in allem ein gelungenes Buch, bei dem die meisten Psychothriller-Fans auf ihre Kosten kommen werden, von mir eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 11.12.2023

Witzig und herzerwärmend

Sieben Tage ohne
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Die Dienstagsfrauen sind wieder da! Eva, Caroline, Estelle, Judith und Kiki verbringen gemeinsam eine Woche auf der Burg Achenkirch im Altmühltal, wo das Heilfasten auf dem Programm steht. Sieben Tage ...

Die Dienstagsfrauen sind wieder da! Eva, Caroline, Estelle, Judith und Kiki verbringen gemeinsam eine Woche auf der Burg Achenkirch im Altmühltal, wo das Heilfasten auf dem Programm steht. Sieben Tage ohne familiäre und berufliche Verpflichtungen und am Ende ein paar Kilo weniger auf der Waage - das klingt verlockend! Die Auszeit erweist sich aber keineswegs als entspannend, da jede der fünf Freundinnen ihr ganz persönliches Päckchen mit sich bringt. So versucht Eva auf der Burg das Geheimnis um ihren unbekannten Vater zu lösen und Judith sucht nach einem neuen Sinn in ihrem Leben. Auch bei Kiki und Caroline geht es turbulent zu. Lediglich Estelle scheint keine größeren Sorgen zu haben außer einer: dass sie bei der kommenden Gala-Veranstaltung in ihr neues, zu klein gekauftes Chanel-Kostüm nicht reinpasst

Nachdem mir der erste Band sehr gut gefallen hat, war ich sehr gespannt auf diese Fortsetzung. Ich wurde nicht enttäuscht: Monika Peetz gelang erneut ein heiterer, unglaublich herzerwärmender Roman, der nicht nur bestens unterhält (ich musste beim Lesen immer wieder schmunzeln!), sondern auch zum Nachdenken anregt. Die fünf Frauen sind jede einzeln und alle zusammen eine Wucht; lauter tolle und lebendige Charaktere, die man schnell ins Herz schließt und am liebsten selbst als Freundinnen hätte! Ich habe die Lektüre sehr genossen und konnte dabei wunderbar entspannen

Fazit: Ein gute-Laune-Roman für Herz und Seele, sehr zu empfehlen!