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Veröffentlicht am 18.10.2023

Schluss mit dem Perfektionismus, mehr Selbstakzeptanz!

Nie gut genug
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Hand aufs Herz: Möchte nicht jeder von uns zumindest auf einem bestimmten Gebiet mehr als einfach nur gut sein? In unserer modernen, von Konkurrenzkampf und Leistungsdruck geprägten Gesellschaft reicht ...

Hand aufs Herz: Möchte nicht jeder von uns zumindest auf einem bestimmten Gebiet mehr als einfach nur gut sein? In unserer modernen, von Konkurrenzkampf und Leistungsdruck geprägten Gesellschaft reicht „gut“ einfach nicht mehr aus. Wir werden vielmehr stets dazu angehalten, „mehr aus uns zu machen“, indem wir uns auf Schritt und Tritt optimieren. Die Werbung und die sozialen Medien lassen uns jeden Tag wissen, wie man beruflich erfolgreicher, glücklicher, attraktiver, kurzum: perfekt werden kann. Viele von uns beugen sich dem Druck und machen mit. Doch was macht dieser Perfektionswahn mit uns? Und wie können wir ihm entgehen? Damit beschäftigt sich der britische Professor für Psychologie Thomas Curran in diesem Buch.

Spannend und verständlich erklärt der Autor das Phänomen Perfektionismus und zeigt auf, wie dieser entsteht. Curran präsentiert auch alarmierende Erkenntnisse, die er aus seinen umfangreichen Forschungen zum Perfektionismus gewonnen hat. So ist der Drang zum Perfektionismus in den letzten 30 Jahren rapide angestiegen. Doch unsere Welt ist dadurch nicht besser geworden und wir selbst nicht glücklicher. Ganz im Gegenteil: Wir strampeln uns ab und haben trotzdem das Gefühl, nie gut genug zu sein. Nicht schön genug, nicht effizient genug, nicht kreativ genug. Wir vergleichen uns mit unrealistischen Idealen und können gar nicht anders als scheitern. Die Folgen für die mentale Gesundheit sind verheerend. Immer mehr Menschen leiden unter chronischer Erschöpfung, Burnout, Ängsten und Depressionen. Eine höchst beunruhigende Entwicklung, die uns der Autor vor Augen führt und vor deren Folgen er dringend warnt. Eine positive Nachricht: Es ist durchaus möglich, der Perfektionismusfalle zu entkommen. Der Schlüssel dazu lautet mehr Selbstakzeptanz. In einem der Kapitel zeigt Thomas Curran auf, wie man diese Akzeptanz erreichen kann und gibt uns wertvolle Tipps, die angewendet zu einer positiven Veränderung auf persönlicher Ebene führen können. Er geht sogar noch weiter und präsentiert Vorschläge für eine nachhaltigere Wirtschaft, die auf den überflüssigen Konsum und unkontrolliertes Wachstum verzichtet. Seine Ideen leuchten mir persönlich ein und ich könnte mir tatsächlich vorstellen, dass unser Planet von deren Umsetzung profitieren würde.

Fazit: Es interessantes Buch, das zur Reflexion über uns selbst und unsere Gesellschaft anregt und hoffentlich dazu beiträgt, dass bei möglichst vielen Lesern ein Umdenken stattfindet. Eine wertvolle Lektüre für alle, denen ihr eigenes Schicksal und das Wohl ihrer Mitmenschen am Herzen liegen!

Veröffentlicht am 01.09.2023

Fesselnder Pageturner

Das Leben, das wir begraben
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Der Student Joe Talbert muss für eine Hausarbeit einen vollkommen Fremden interviewen und seine Biografie verfassen. Auf der Suche nach dem geeigneten Kandidaten besucht er ein Altenpflegeheim und lernt ...

Der Student Joe Talbert muss für eine Hausarbeit einen vollkommen Fremden interviewen und seine Biografie verfassen. Auf der Suche nach dem geeigneten Kandidaten besucht er ein Altenpflegeheim und lernt den krebskranken Carl Iverson kennen. Dieser ist ein verurteilter Mörder, der vor 30 Jahren ein junges Mädchen vergewaltigt und ermordet haben soll. Doch je länger sich Joe mit Iverson unterhält und zu seinem Fall recherchiert, desto mehr zweifelt er an dessen Schuld. Er beschließt, den wahren Mörder zu finden und Carls Namen reinzuwaschen. Allerdings bringt er sich damit selbst in tödliche Gefahr...

Das Buch stand wegen der vielen positiven Kritiken schon länger auf meiner Leseliste. Nun habe ich den Roman endlich gelesen und stelle fest, er wird zu Recht gelobt. Allen Eskens gelang ein sehr spannender Psychothriller, der ohne grausame Szenen und Effekthascherei auskommt und trotzdem den Leser zu fesseln vermag. Mich hat er schon mit dem ersten Textabsatz in seinen Bann gezogen, sodass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte. Eine packende Story mit überraschenden Wendungen, sehr angenehmer Schreibstil, gut konstruierte, lebendige Figuren (besonders Joe Talbert hat mir sehr gut gefallen) - „Das Leben, was wir begraben“ ist definitiv lesenswert. Ich freue mich sehr, dass ich den Autor entdeckt habe und bin schon gespannt auf seine weiteren Romane

Unbedingt erwähnen muss ich noch die meines Erachtens sehr gelungene grafische Gestaltung des Buches. Ein tolles Cover, das im Gedächtnis bleibt und neugierig macht! Es war mein erstes Buch aus dem Festa-Verlag und sicherlich nicht das letzte

Fazit: Sehr gut geschrieben und durchweg spannend - genau das Richtige für alle Fans des Genres!

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Veröffentlicht am 15.08.2023

Brilliant und erschreckend aktuell

Sekunden der Gnade
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Boston, 1974: Mitten in einem heißen Sommer erhitzt die anstehende Aufhebung der Rassentrennung an den öffentlichen Highschools die Gemüter der Bewohner. Es kommt zu massiven Protesten und Demonstrationen, ...

Boston, 1974: Mitten in einem heißen Sommer erhitzt die anstehende Aufhebung der Rassentrennung an den öffentlichen Highschools die Gemüter der Bewohner. Es kommt zu massiven Protesten und Demonstrationen, die Stadt brodelt wie ein Hexenkessel. Mary Pat Fennessy hat aber größere Sorgen: Sie sucht ihre 17-jährige Tochter Jules, die von einem abendlichen Treffen mit Freunden nicht nach Hause gekommen ist. Ihre Nachforschungen bringen Entsetzliches ans Licht und die kaum zu ertragende Wahrheit macht aus der verzweifelten Mutter eine Rachegöttin...

Dennis Lehanes Roman ist nichts für Zartbesaitete und auch keine gute Wahl für Leser, die nach einer leichten, entspannenden Lektüre suchen. Der Autor beschäftigt sich darin mit einem unbequemen, unschönen und trotzdem sehr wichtigen und leider nach wie vor aktuellem Thema: dem Rassismus. Er versetzt uns durch sein schriftstellerisches Talent und eigene Kindheitserinnerungen in das Boston der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts und erweckt ein Bild von einer Stadt zum Leben, die sich in einem Ausnahmezustand befindet. Es ist ein Stück bewegende Zeitgeschichte, das – wage ich zu vermuten – nicht vielen bekannt ist. Ich gestehe, auch ich hatte von „Busing“ und von den schlimmen Auswirkungen der als Integrationsversuch gedachten Regelung keinen blassen Schimmer. Schon allein deswegen fand ich das Buch sehr interessant. Interessant, aber auch schockierend: Dennis Lehane zeichnet eine Gesellschaft, die von allerhand Vorurteilen geprägt ist und zeigt auf, zu welchen Grausamkeiten Menschen fähig sind, wenn sie sich den anderen überlegen fühlen. Der Roman zwingt zum Nachdenken über die damalige und über unsere heutige Zeit, in der sich in puncto Vorurteile und Gewalt leider herzlich wenig geändert hat. Die Lektüre macht sprachlos und wütend auf diese Umstände. Das Buch ist aber nicht nur eine Anklage, sondern aus meiner Sicht auch ein Appell an unsere Menschlichkeit und das Gute, das wir trotz unserer Fehler in uns tragen. Davon scheint der Autor überzeugt zu sein. Seine Protagonistin Mary Pat – notabene ein von Lehane wirklich meisterhaft kreierter Charakter - ist das beste Beispiel dafür. Aufgewachsen in Southie, dem „weißen“ Wohnviertel, hält sie sich ganz selbstverständlich für etwas Besseres als ihre afroamerikanischen Mitbürger. Erst ihre persönliche Tragödie öffnet ihr die Augen für die Ungerechtigkeiten, die sie erfahren. Mary Pat begreift, dass auch sie daran mitschuldig ist und versucht, Abbitte zu leisten.

Es wäre toll, wenn dieses Buch möglichst viele Menschen für die Thematik sensibilisieren und ähnlich wachrütteln könnte – das Potenzial dazu hat es allemal. Ich persönlich könnte es mir auch gut als Schullektüre für ältere Jahrgänge vorstellen.

Fazit: Ein wichtiger, großartig geschriebener Roman, dessen Handlung unter die Haut geht und einen nur schwer loslässt – von mir fünf Sterne und eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 01.07.2023

Perfektes Lesevergnügen!

Die Affäre Alaska Sanders
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Im Sommer 2010 erreicht den Polizei-Sergeant Perry Gahalowood eine anonyme Nachricht, die sich auf einen seiner früheren Fälle bezieht. 1999 wurde in der friedlichen Kleinstadt Mount Pleasant eine junge ...

Im Sommer 2010 erreicht den Polizei-Sergeant Perry Gahalowood eine anonyme Nachricht, die sich auf einen seiner früheren Fälle bezieht. 1999 wurde in der friedlichen Kleinstadt Mount Pleasant eine junge Frau namens Alaska Sanders brutal ermordet. Gahalowood hat damals ermittelt, den vermeintlichen Mörder entlarvt und hinter Gitter gebracht. Doch nun lässt ihn der anonyme Hinweis daran zweifeln, dass der Richtige im Gefängnis sitzt. Zusammen mit seinem Freund, dem Schriftsteller Marcus Goldmann, nimmt er sich den Fall wieder vor. Die beiden Männer fördern neue Details ans Licht und stellen fest, dass 10 Jahre zuvor bei den Ermittlungen grundlegende Fehler begangen wurden ...

Was bin ich froh, dass mir dieses Buch in die Hände fiel! Ich kann es gar nicht verstehen, dass mir dieser Autor bis dato fast unbekannt war... Seinen Namen habe ich zwar öfters gehört, sogar eins seiner früheren Bücher zu Weihnachten bekommen, aber tatsächlich bisher nichts von ihm gelesen. Definitiv ein Fehler! „Die Affäre Alaska Sanders“ hat mich regelrecht umgehauen, sodass ich inzwischen in Joël Dicker-Fieber bin und mir gerade seine restlichen Werke besorge Ein absolut begnadeter Erzähler, der genau weiß, wie man eine packende Geschichte konstruiert, geschickt Hinweise einstreut, die Spannung aufbaut und bis zum Schluss aufrechterhält, interessante Charaktere entwirft und dem Leser ein tolles Leseerlebnis liefert! Zugegeben man muss seinen Schreibstil mögen, denn ich kann es mir vorstellen, dass vor allem die vielen Zeitsprünge in der Handlung, die offenbar eines der Markenzeichen von Dicker sind, so manchen von uns verwirren oder sogar nerven. Ich für meinen Teil fand diese Art des Erzählens grandios, zumal der Autor die Textpassagen immer mit Zeitangaben versieht, sodass man die Orientierung nicht verliert. Der Roman hat mich perfekt unterhalten und ich konnte ihn kaum aus der Hand legen. Ich habe definitiv einen neuen Lieblingsschriftsteller und freue mich schon sehr darauf, bald seine anderen Bücher zu lesen!

Fazit: Toll geschrieben und fesselnd, von mir eine klare Leseempfehlung!


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Veröffentlicht am 16.06.2023

Geht unter die Haut

Dinge, die wir brennen sahen
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An einem heißen Sommertag verschwindet in der australischen Kleinstadt Durton die zwölfjährige Esther. Einige Tage später wird ihre Leiche gefunden – vergraben auf einem Grundstück, dessen Besitzer offenbar ...

An einem heißen Sommertag verschwindet in der australischen Kleinstadt Durton die zwölfjährige Esther. Einige Tage später wird ihre Leiche gefunden – vergraben auf einem Grundstück, dessen Besitzer offenbar unschuldig ist und mit der Sache nichts zu tun hat. Die polizeilichen Ermittlungen bringen verstörende Details ans Licht, die die trügerische Kleinstadt-Idylle zerstören und das Leben der Bewohner für immer verändern werden ...

Wer einen blutigen, adrenalingeladenen Krimi/Thriller erwartet, wird enttäuscht sein.
Gleich am Anfang erfahren wir zwar von einem furchtbaren Verbrechen , dessen Rätsel im Laufe der Handlung aufgelöst wird, trotzdem ist das Buch aus meiner Sicht eher ein psychologischer Roman als ein Krimi. Im Mittelpunkt stehen die Schicksale der Kleinstadtbewohner, deren Beweggründe, Emotionen und Taten. Mithilfe eines häufigen Perspektivenwechsels gewährt uns die Autorin einen tiefen Einblick in die seelische Welt ihrer Protagonisten und zeigt sich dabei als aufmerksame und einfühlsame Beobachterin.
Es ist ein Roman über Freundschaft und Vertrauen, über Schuld, Verlust und Trauerbewältigung. Über die Kindheit, die von schlimmen Ereignissen überschattet wird, die uns aber formen, ein Teil von uns werden. Und darüber, dass wir uns alle zuweilen auf einem sehr schmalen Grat bewegen. Es ist ein schmaler Grat zwischen Recht und Unrecht, Gut und Böse. Manchmal kommt uns Glück zu Hilfe und wir müssen nicht für unsere Fehler bezahlen, dies kann sich aber beim nächsten Mal ändern...

Mit „Dinge, die wir brennen sahen“ gelang Hayley Scrivenor ein bewegender, berührender Roman, der lange nachhallt. Ganz bestimmt keine leichte Kost, aber meines Erachtens sehr lesenswert und ein vielversprechendes Debüt. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich bin jetzt schon gespannt auf die nächsten Romane der Autorin!