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Veröffentlicht am 11.04.2024

Estelas Schürze

Mein Name ist Estela
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Die chilenische Schriftstellerin Alia Trabucco Zerán hat mit ‚Mein Name ist Estela‘ einen erschütternden Roman über die Klassenunterschiede in ihrem Land geschrieben.

Estela lebt sieben Jahre bei einer ...



Die chilenische Schriftstellerin Alia Trabucco Zerán hat mit ‚Mein Name ist Estela‘ einen erschütternden Roman über die Klassenunterschiede in ihrem Land geschrieben.

Estela lebt sieben Jahre bei einer Familie in einem winzigen Hinterzimmer als Hausmädchen und gehört doch nicht zur Familie. Sie bleibt unsichtbar, wird nicht wahrgenommen und doch hat sie zu funktionieren, nicht weniger und nicht mehr wird von ihr erwartet. Ihre karierte Schürze wird ihr zur zweiten Haut. Julia, die Tochter des Paares, kommt eine Woche nach Estelas Ankunft auf die Welt und wird der mit Kindern unerfahrenen Estela in den Arm gedrückt. Kein Wunder, dass das erste Wort des Kindes Nana ist. Was die Mutter missfällt. Ihrem Mann berichtet die Dame des Hauses das erste Wort wäre Mama gewesen.

Estela erzählt ihre Geschichte. Sie sitzt in einem Verhörraum und redet mit den Wänden, froh darüber, endlich eine Stimme zu haben auch wenn ihr niemand antwortet. Hört ihr überhaupt jemand zu? Egal. Sie beginnt ihre Erzählung von den Rändern aus, bevor sie sich dem Kern der Geschichte nähert. Sie berichtet von ihren Aufgaben, von alltäglichen Dingen, die sie in diesem Haushalt erledigen muss. Beinahe emotionslos berichtet sie, dann wieder schweift sie stark ab.

Gerade diese roboterhafte Emotionslosigkeit hat mich an dieser Geschichte sehr gestört. Okay, ein paar Mal rebelliert Estela ganz leise, hat einige wenige Hassanfälle, die sie jedoch sofort im Keim erstickt. Ich bin der Hauptprotagonistin nicht nahegekommen. Ich spürte ihre Einsamkeit, die eigentlich kaum auszuhalten war. Ich frage mich, warum hat sie nicht wenigstens ihre freien Tage mit anderen Menschen verbracht, ist der Kälte ihrer Arbeitgeber wenigstens für Stunden entflohen? Mir blieb Estela bis zum Schluss ein Rätsel. Ihre Arbeitgeber sind beide vom Ehrgeiz zerfressen. Alles muss perfekt sein. Und natürlich muss auch Julia ein perfektes Kind sein. Sie rennen gegen die Zeit an. Besonders der Herr des Hauses, er ist Doktor an einer Klinik, ist besessen von der Zeit. Jeden Morgen verlässt er das Haus mit dem Satz: Wieder ein neuer Arbeitstag. Er hasst seine Kollegen, die Krankenschwestern, jeden einzelnen Patienten. Na ja, vielleicht sind diese Menschen einfach nicht perfekt! Und Julia? Ja, sie ist das Kind ihrer Eltern. Sie konnte einem im Grunde nur leidtun.

Die Autorin schreibt beklemmend dicht und nah am Leben. Mich hat das Buch verstört zurückgelassen. Ich mochte es nicht und doch hat es mich beschäftigt. Vielleicht war genau das der Sinn dahinter? Und deshalb, nach langem Abwägen, doch eine Vier-Sterne-Bewertung. Dennoch würde ich es nicht noch einmal lesen.


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  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.04.2024

Mord auf Sylt

Gefährlicher Sog
5

In ‚Gefährlicher Sog‘ schickt die Autorin Sabine Weiss die Kommissarin Liv Lammers nach Sylt, Deutschlands beliebtester Urlaubsinsel. Es ist bereits der achte Fall für Liz. Ich kannte die Vorgängerbände ...

In ‚Gefährlicher Sog‘ schickt die Autorin Sabine Weiss die Kommissarin Liv Lammers nach Sylt, Deutschlands beliebtester Urlaubsinsel. Es ist bereits der achte Fall für Liz. Ich kannte die Vorgängerbände nicht, bin aber problemlos in diesem Krimi eingestiegen, d.h. man kann ihn unabhängig zu den anderen Bänden lesen.

Zum Inhalt: Am Strand von Hörum wird eine männliche Leiche aufgefunden. Liv und ihre Kollegen übernehmen die Ermittlungen. Auf das Opfer wurde brutal eingestochen. Dreiundzwanzig Messerstiche zählte der Gerichtsmediziner. Der Tote heißt Timur Roters und hat zusammen mit seiner Frau Merret als Sozialpädagoge in einer Jugendwohngruppe gearbeitet. Hat er sich durch seine liberale Einstellung Feinde gemacht? Liv und ihr Team ermitteln in alle Richtungen. Denn Verdächtige gibt es viele, u. a der Muschelfischer Erik Pagelsen oder auch der dritte Betreuer der Gruppe, Bernd Beversen. Und wie es scheint, werden einige nervös.

Sabine Weiss schreibt gut lesbar und flüssig. Die verschiedenen Perspektiven machen den Krimi interessant. So konnte mich ‚Gefährlicher Sog‘ bis zum Schluss auch fesseln. Die Autorin versteht es meisterhaft, die Atmosphäre der Nordseeinsel einzufangen und den Leser in die Ermittlungen hineinzuziehen. Die Figuren sind authentisch gezeichnet. Die Kommissarin Liz Lammers ist eine starke Frau und Mutter. Mit ihrer Teenager-Tochter Sanne hat sie allerdings gewisse Nüsse zu knacken, dass macht sie wiederum auch menschlich. Denn wo im Leben läuft schon alles glatt. Liz Kollege Andreas benimmt sich ihr gegenüber ziemlich rüpelhaft, dieses Betragen ist besonders unter Kollegen nicht zu akzeptieren. Mit Timurs Witwe Merret hatte ich meine Probleme, sie hinterließ bei mir einen äußerst seltsamen Eindruck, ebenso die Jugendlichen der Wohngruppe. Da wurde sehr viel verborgen und unter die Decke gehalten.

Fazit: Ein unterhaltsamer Küstenkrimi, mit einem tollen Lokalkolorit und einer überraschenden Auflösung des Falls.


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  • Handlung
  • Erzählstil
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  • Spannung
Veröffentlicht am 28.03.2024

Lilys Erbe:

Du hast mir nie erzählt
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“Du hast mir nie erzählt” spielt im Jahr 1997 in London. Die 25jährige Lily hat ihr Studium abgebrochen und wurstelt sich mehr schlecht als recht mit ihrer Arbeit in einem Second-Handshop durchs Leben. ...



“Du hast mir nie erzählt” spielt im Jahr 1997 in London. Die 25jährige Lily hat ihr Studium abgebrochen und wurstelt sich mehr schlecht als recht mit ihrer Arbeit in einem Second-Handshop durchs Leben. Sie kämpft mit psychischen Problemen. Maya, ihre ältere Schwester unterstützt sie so gut es geht. Dann erhält Lily völlig überraschend einen Brief aus Hongkong, der Heimat ihrer verstorbenen Mutter Sook-Yin. Lily hat ihre Mutter kaum gekannt. Sie war erst fünf Jahre alt, als ihre Mutter bei einem Unfall ums Leben kam. Jetzt hinterlässt ihr ein unbekannter Geschäftsmann eine halbe Million Pfund, mit der Bedingung, dass sie ihr Erbe persönlich in Hongkong antritt.

Die Geschichte entfaltet sich in zwei Zeitebenen: Zum einen begleiten wir Lily auf ihrer Reise nach Hongkong, wo sie nicht nur mehr über ihre Mutter erfährt, sondern auch ihre eigene Identität sucht. Zum anderen lernen wir Sook-Yin kennen, die in den 60er Jahren von Hongkong nach London kommt und mit vielen Hindernissen zu kämpfen hat. Beide Frauen sind Außenseiterinnen und werden mit Rassismus konfrontiert.

Ein beeindruckender Debütroman über zwei Frauen aus unterschiedlichen Generationen und unterschiedlichen Kulturräumen, und doch verbindet sie ihre Familiengeschichte, deren Geheimnis unterschwellig in das Leben der Protagonistin hineinwirkt. Auf ihrer Suche nach ihrer Identität deckt Lily ein Puzzleteil nach dem anderen auf.

Interessant auch der Schauplatz Hongkong 1997. Die Handlung spielt zur Zeit der Rückgabe Hongkongs aus 156 Jahren britischer Kolonialherrschaft an China. Alle fiebern dem großen zeremoniellen Akt entgegen.

Mir hat Wiz Whartons Roman sehr gefallen. Sie erzählt einfühlsam von Familienverflechtungen und der Sehnsucht nach Zugehörigkeit. Die Charaktere sind authentisch gezeichnet. Besonders Lilys Onkel Chan ist in seiner Böshaftigkeit glaubhaft dargestellt. Und auch ihr schwacher Vater kommt nicht sehr gut weg. Lilys Mutter Sook-Yin habe ich unendlich bewundert. Sie ist eine starke Protagonistin, eine Kämpferin.

Wie zerstörerische Eifersucht in Familien wirken kann, ist unvorstellbar. Und letztlich läuft in dieser Geschichte alles darauf hinaus.

Fazit: Die spannende Suche nach Antworten macht “Du hast mir nie erzählt” zu einem besonderen Leseerlebnis.

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Veröffentlicht am 22.03.2024

Zerknüllte Träume

Lichtjahre im Dunkel
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Um es gleich vorweg zu schreiben. Noch nie hat mich ein Krimi von Friedrich Ani so enttäuscht und dabei bin ich ein Fan dieses Autors und seine psychologischen Krimis.

Der Schreibwarenhändler Leo Ahorn ...

Um es gleich vorweg zu schreiben. Noch nie hat mich ein Krimi von Friedrich Ani so enttäuscht und dabei bin ich ein Fan dieses Autors und seine psychologischen Krimis.

Der Schreibwarenhändler Leo Ahorn ist verschwunden. Erst fünf Tage später wendet sich seine Frau an den Privatdetektiv Tabor Süden, um ihn wieder zu finden. Von der Polizei will sie nichts wissen. Leo Ahorn hatte den Laden schon sehr jung übernehmen müssen, da er erst seinen Vater und kurze Zeit später auch seine Mutter verloren hatte. Schon bald danach heiratete Leo die junge Viola. Die Ehe ist kinderlos geblieben. Beide arbeiten tagein, tagaus
gemeinsam im Geschäft. Doch das das läuft nicht mehr. Mittlerweile kämpfen sie um ihre Existenz. Die Kunden bleiben weg, kaufen im Supermarkt oder Online. Finanziell wird es immer enger. Leo versucht Geld aufzutreiben, er hat große Pläne für einen Umbau. Und dann kommt er eines Abends aus seinem Stammlokal, dem Blauen-Eck, wo er sein Feierabend-Bierchen trinkt, nicht mehr nach Hause.

Friedrich Ani beschreibt die Tristesse dieser Ehe sehr gut. Zwei Menschen, die sich nichts mehr zu sagen haben. Die Ehe hat die beiden ausgehöhlt, sie leben blutleer nebeneinander her. Es ist eine Welt ohne Nähe. Während Leo noch Träume und Pläne für die Zukunft hat, gleitet Viola fast ins Paranoide ab. Sie fühlt sich bedroht von fremden Mächten.

Wie in allen Romanen von Friedrich Ani gefällt mir seine Sprache. Ani schafft mit wenigen Worten Bilder. Manche Sätze möchte man sich auf der Zunge zergehen lassen. Er ist, wie sein Ermittler Tabor Süden, ein genauer Beobachter.

Zitat: Ein Leben, das auf der Stelle tritt, in dem es keine Klänge mehr gibt, kein Echo, kein Überschwang, kein Tänzchen, kein unvermutetes Lachen.

Ich liebe Tabor Südens Schweigen und seine Gedankengänge. Leider hat es diesmal der Autor übertrieben. Der Krimi versumpft in Gedanken, das erstickt die Spannung. Da ist eigentlich nur Langeweile, genau wie die Ehe von Leo und Viola. Man wartet darauf, dass sich was tut. Aber es tut sich nichts. Ich habe mich ehrlich gesagt, zum Schluss nur noch durch diesen Roman gequält.

Fazit: Schade. Diesmal nicht mein Ani!


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Veröffentlicht am 20.03.2024

Märchenhafte Auszeit!

Märchen für mehr Gelassenheit
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Isabella Farkasch entführt uns in ihrem Buch “Märchen für mehr Gelassenheit” in die Welt von Wichteln, Feen und Riesen und sogar in die Hölle. Der Märchenerzählerin möchte mit ihren Geschichten den Menschen ...



Isabella Farkasch entführt uns in ihrem Buch “Märchen für mehr Gelassenheit” in die Welt von Wichteln, Feen und Riesen und sogar in die Hölle. Der Märchenerzählerin möchte mit ihren Geschichten den Menschen eine Auszeit aus dem Alltag schenken. In Märchen steckt Zauberkraft, sie schenken dem Leser innere Ruhe und Spannungsabbau. In den modernen Märchen von Isabella Farkasch finden wir viel Weisheit und Stoff zum Nachdenken und Meditieren, neue Impulse und Problemlösungen tuen sich auf.

Die “Märchen für mehr Gelassenheit” sind geeignet für alle Altersstufen, ob zum Vorlesen oder Selberlesen, zum Schlafengehen oder einfach mal zwischendurch. Einfach mal Innehalten täglichen Alltagstrott.,

Das Cover ist liebevoll gestaltet. Im Innenteil wird jede Geschichte mit einem Zitat einer berühmten Person eingeleitet, dass mit hübschen Blütenzweigen gerahmt wird. Die Autorin schreibt einfühlsam und angenehm lesbar. Leser, die offen sind für Märchen, werden diese Geschichten berühren.

Fazit: Für alle die Märchen mögen, unabhängig vom Alter.

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