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Veröffentlicht am 20.09.2019

Too much

Die einzige Zeugin
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Leider wurden hier ein bisschen viele Themen in ein Buch verpackt: der Umgang mit geistig gehandicapten Personen, Flüchtlingswelle und Bettlermafia und das Darknet. Jedes dieser Themen würde für sich einen ...

Leider wurden hier ein bisschen viele Themen in ein Buch verpackt: der Umgang mit geistig gehandicapten Personen, Flüchtlingswelle und Bettlermafia und das Darknet. Jedes dieser Themen würde für sich einen guten Stoff für einen Krimi abgeben, hier wurde es leider einfach zu viel.
Eva leidet unter der Trennung von Svante, obwohl sie selbst die Initiative dazu gesetzt hat. Als sie Svante vor dessen neuem Reihenhäuschen, in das er mit seiner aktuellen Lebensgefährtin gezogen ist, eines Abends stalkt und ihm bis zum nahegelegenen Supermarkt folgt, kommt es zu einer verbalen Auseinandersetzung. Eva verliert das Bewusstsein, als sie wieder zu sich kommt, befindet sie sich im Krankenhaus, streng bewacht von der Polizei – denn Svante wurde an jenem Abend ermordet, und Eva ist erstmal die Hauptverdächtige.
Zeitgleich geschehen in der exklusiven Reihenhaussiedlung, die sich auf dem Gelände einer ehemaligen psychiatrischen Klinik befindet, eigenartige Dinge. Es werden Knochenteile gefunden, ein Einbrecher scheint unterwegs, die Bewohner gründen eine Bürgerwehr, um abends zu patrouillieren, die Nerven liegen blank – hängen der Mord an Svante und diese Vorgänge zusammen? D
Nachdem die Polizei offenbar überfordert ist, nimmt Eva die Suche nach Svantes Mörder selbst in die Hand. Sie erinnert sich an eine Bettlerin, die ihr wenige Augenblicke, bevor Svante aus dem Geschäft kam, ein Bild von zwei Kindern vor die Nase hielt. Auf der Suche nach dieser Frau erfährt Eva unfassbare Leidensgeschichten der rumänischen Bettler und lernt die Unterwelt von Stockholm kennen.
Nachdem alle Rumänen die Frau in Rumänien glauben, macht sich Eva über einen Umweg über Berlin, wo sie zu ihrem Sohn Filip Kontakt aufnimmt und ihn bittet, ihm bei der Suche nach der Zeugin zu helfen.
Ab da wird die Geschichte komplett unglaubwürdig: Filip gibt in Budapest Tausende von Euros für Schuhe für Flüchtlinge aus, die Eva wieder auf ihrem Konto hat, obwohl sie vor der Abreise mehr als klamm war und sogar Schmuck von Svante versetzte. Sie finden in Rumänien (ist ja nicht ganz klein) eigentlich sofort die richtigen Personen und Ansprechpartner. Unterwegs erfährt Eva, dass Filip Svante geholfen hat, sich im Darknet und mit Bitcoins zurechtzufinden. Und obwohl Eva und Filip sich die Wahrheit über Svantes Tod zusammenreimen, behalten sie diese Information für sich.
Währenddessen wird in Stockholm ein Obdachloser festgenommen, der klar als Einbrecher und Dieb (der von Svante gekauften Lebensmittel) identifiziert wird und dem dann gleich die offenen Morge zur Last gelegt werden. Offenbar ist diese bedauernswerte Person als Kind zweier Insassen der psychiatrischen Klinik versteckt in den unterirdischen Gängen der Klinik aufgewachsen. Ulla, eine ehemalige Krankenschwester der Klinik, brachte die Polizei auf die richtige Spur und findet als einziger Zugang zur Gedankenwelt dieser Person.
Fehlende Sympathieträger und eine immer unglaubwürdigere Geschichte machten es mir gegen Ende schwierig, das Buch fertigzulesen. Weniger wäre wahrscheinlich mehr gewesen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 05.08.2019

Traumabewältigung

Die Gärten von Monte Spina
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Tonis Mann Leon ist bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Um sich abzulenken, hat Toni der deutschen Heimat Lebewohl gesagt und erst in England einen Job als Gärtnerin angenommen, dann wird sie ...

Tonis Mann Leon ist bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Um sich abzulenken, hat Toni der deutschen Heimat Lebewohl gesagt und erst in England einen Job als Gärtnerin angenommen, dann wird sie von dort weg auf die geheimnisvolle Insel Monte Spina engagiert, auf der allerdings noch keiner der Gärtner länger als ein halbes Jahr ausgehalten hat. Trotzdem empfindet sie Monte Spina mit den 4 Angestellten des geheimnisvollen Chefs Max Bror als Refugium, sie geht in ihrer Arbeit auf, und jeder lässt sie in Ruhe werkeln. In gedanklichen Zwiesprachen mit ihrem Mann kommt sie sogar der Traumabewältigung ein Stück näher. Bis Max Bror auftaucht. Geheimnisvoll, unnahbar – und leider sehr sexy.
Leider beginnt ab der Begegnung mit Max Bror das Buch, sehr klischeehaft zu werden. Wetten unter reichen Freunden, bei denen Frauen als Ware behandelt werden, ein Tyrann, der einem trockenen Alkoholiker Whisky vorsetzt, körperliche Gewalt, Respektlosigkeit. Und doch – spätestens zum Ende wird der Leser, auch durch die meines Erachtens mitreißende und berührende Sprache, wieder versöhnt.

Veröffentlicht am 17.07.2019

Erfrischende Sommerküche

Ceviche. Das Kochbuch
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Ich kannte die peruanische Art der Fischkonservierung durch Limettensaft schon länger. Spannend fand ich nun die Idee, diese Methode, deren Gerichte sich hauptsächlich durch Schärfe und Säure auszeichnen, ...

Ich kannte die peruanische Art der Fischkonservierung durch Limettensaft schon länger. Spannend fand ich nun die Idee, diese Methode, deren Gerichte sich hauptsächlich durch Schärfe und Säure auszeichnen, nun auch mal mit Gemüse auszuprobieren.

Die Rezepte sind übersichtlich verfasst, die Zubereitung gut beschrieben, die Bilder sehr geschmackvoll arrangiert. Praktisch fand ich auch den Zusatzteil mit Grundrezepten (Tigermilch) sowie das Glossar.

Vielleicht wäre für die eine oder andere sehr schwer erhältliche Zutat auch ein Alternativvorschlag noch hilfreich.

Die ausprobierten Gerichte (2x vegetarische Ceviche, 2x Ceviche mit Fisch) sind jedenfalls bei meinen Testessern hervorragend angekommen, auch mit den Mengenangaben empfinde ich für durchschnittliche Esser als passend. Eine erfrischende Alternative in der Sommerküche!

Veröffentlicht am 14.04.2019

Magische Jahre einer immer jungen Stadt

An den Ufern der Seine
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Paris hat immer schon einen ganz eigenen Reiz verströmt – ob in den 20er Jahren, wo sich Hemingway, Fitzgeralds, Cocteau, Dali und Josephine Baker in der Stadt trafen, in der Belle Epoque, wo Gauguin, ...

Paris hat immer schon einen ganz eigenen Reiz verströmt – ob in den 20er Jahren, wo sich Hemingway, Fitzgeralds, Cocteau, Dali und Josephine Baker in der Stadt trafen, in der Belle Epoque, wo Gauguin, Tolouse Lautrec und Degas sich begegneten oder auch in der Renaissance.
Nun also die magischen Jahre 1940-1950: Name-Dropping wird in Paris immer leicht gemacht – in diesen Jahren sind es immer noch Picasso (der bereits in den 20er Jahren in Woody Allans Film Midnight in Paris zu den Influencern gehörte), de Beauvoir, Sartre, Giacometti und Beckett, die nun als radikale Denker der Zeit gefeiert werden. Eine Zeit, die alleine schon aufgrund des Krieges sicherlich sehr entscheidend für die folgenden Jahre war.
Agnes Poirier schildert diese bedeutenden Epoche des Rive Gauche mit seinen bekannten Vertretern und seine Auswirkungen bis heute äußerst präzise und sehr detailgetreu. Viele der erzählten Anekdoten würden zum Romanstoff taugen, das vorliegende Werk ist aber eindeutig – nicht zuletzt aufgrund der exakten Recherche – als Sachbuch deklariert. Interessante Zeitgeschichte.

Veröffentlicht am 14.04.2019

Trauriger Hintergrund eines Sommerhits

Bella Ciao
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Bella Ciao – spätestens seit 2018 allen bekannt als Titel eines Sommerhits. Doch wer kennt den tristen Hintergrund des Partisanenhits?
Piemont, Borgo di Dentro, ein Dorf oberhalb von Genua, um die Jahrhundertwende. ...

Bella Ciao – spätestens seit 2018 allen bekannt als Titel eines Sommerhits. Doch wer kennt den tristen Hintergrund des Partisanenhits?
Piemont, Borgo di Dentro, ein Dorf oberhalb von Genua, um die Jahrhundertwende. Die junge Giulia und ihre beste Freundin Anita rackern wie viele andere in der Seidenfabrik. Giulia legt jede Lira, die sie verdient, sorgfältig auf die hohe Kante für ihre Hochzeit mit Pietro. Rund um Weihnachten, als ein Streik die Fabrik lahmlegt und das ganze Dorf in Aufruhr scheint, schläft sie mit Pietro, in der Hoffnung, die sich anbahnende Entfremdung damit überwinden zu können. Doch Pietro ist in Gedanken nicht mehr bei Giulia – er hat sich in Anita verliebt.
Wie ein Wink des Schicksals hat Giulia erst kurz zuvor eine Annonce für eine Passage in die USA, wo Arbeiter gesucht werden, gefunden und flüchtet, nachdem sie die Liebschaft zwischen Anita und Pietro entdeckt, Hals über Kopf nach Amerika.
Im Laden von Libero Manfredi in New York findet sie nicht nur Aufnahme und Arbeit, sondern in Libero selbst auch ein großes, liebevolles Herz, der Michael, Giulias Sohn, auch wie sein eigenes Kind annimmt. Im Laden von Libero Manfredi in New York findet sie nicht nur Aufnahme und Arbeit, sondern in Libero selbst auch ein großes, liebevolles Herz, der Michael, Giulias Sohn, auch wie sein eigenes Kind annimmt.
Das Buch schildert nun die Zeitabschnitte von 1900 – 1946 immer abwechselnd – einmal erfahren wir, wie Giulia und Libero in New York die Kriegsjahre – sowohl des ersten als auch des zweiten Weltkrieges – aus der Distanz erleben, dann wieder sind wir in Borgo di Dentro bei Pietro, Anita und ihren Familien mitten im Geschehen.
1946, Giulia ist inzwischen Anfang 60 und sehr krank, kehrt sie mit Michael an den Ort ihrer Kindheit zurück. Giulia ahnt nicht, welche Gräuel Anita und ihre Familie in den beiden Weltkriegen erlebt haben, als sie durch Borgo di Dentro streift – ohne Wissen, ob Anita und Pietro überhaupt noch leben oder ob die beiden jemals an sie gedacht haben. Doch es ist nicht Giulia, sondern Michael, der Anita schlussendlich aufspürt und die beiden alten Damen wieder zusammenbringt.
Raffaela Romagnolo ist mit diesem Buch ein Meisterwerk italienischer Geschichte gelungen. Selten wurde die Geschichte der Partisanen in den Wäldern so anschaulich dargestellt. Für mich ab sofort ein Fixpunkt unter den Autoren!