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Veröffentlicht am 24.09.2023

Spurlos verschwunden

Die Suche
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Während Bundesermittler Aaron Falk ins südaustralische Weinland fährt, wo er bald als Taufpate fungieren wird, denkt er nach über das Marralee Valley Food and Wine Festival im Vorjahr, bei dem eine Frau ...

Während Bundesermittler Aaron Falk ins südaustralische Weinland fährt, wo er bald als Taufpate fungieren wird, denkt er nach über das Marralee Valley Food and Wine Festival im Vorjahr, bei dem eine Frau spurlos verschwunden ist. Niemand versteht, dass Kim ihre erst sechs Wochen alte Tochter allein im Kinderwagen zurückgelassen hat und sich aus dem Staub gemacht oder sich gar im nahe gelegenen See ertränkt hat, aber genau das scheint damals geschehen zu sein. Beim diesjährigen Festival will man einen Aufruf starten und die Ermittlungen noch einmal aufleben lassen, da Kims Leiche nach wie vor nicht gefunden worden ist.

Detailliert beschreibt Jane Harper die Situation auf der Kirmes, heute, ebenso wie ein Jahr zuvor. Einige Figuren spielen eine tragende Rolle und werden auch vorstellbar charakterisiert, etliche Namen tauchen aber auch nur in Erinnerung an frühere Ereignisse auf, wie beispielsweise an die Jugendpartys am See, wo man sich bis zum Erbrechen betrunken hat. Selbstverständlich gibt es schlüssige Zusammenhänge, die am Ende verknüpft werden, den Überblick zu bewahren, fällt jedoch mitunter schwer, insbesondere, weil sich Falks Überlegungen und die Rückblicke seiner Freunde in Marralee doch recht in die Länge ziehen. Während sich Harpers Schreibstil flüssig liest, bleibt die Handlung aber immer wieder zäh zurück und verliert sich in plötzlich eingeflochtenen Zeitsprüngen in die Vergangenheit. Trotz aller Wirrungen ergibt sich am Ende eine passende Auflösung für alle offenen Fragen; die Idee für den Roman gefällt mir sehr gut, die Umsetzung ist leider diesmal nicht so gut gelungen wie bei „Der Sturm“.

Fazit: ein interessanter Spannungsroman über Schuld und Gesellschaftskonflikte, der nach einem eher langatmigen Beginn erst nach und nach an Spannung zulegt und ein überraschendes Ende bereithält.

Veröffentlicht am 18.09.2023

Aufregender Serienstart

Die Bergwacht: Alpenglühen
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Die junge Bergführerin Lena soll vom gerade sechzig Jahre alt gewordenen Leiter der Bergwacht seine Nachfolge im Verein übernehmen. Dabei werden aber altgediente Mitglieder übergangen, der Vorschlag sorgt ...

Die junge Bergführerin Lena soll vom gerade sechzig Jahre alt gewordenen Leiter der Bergwacht seine Nachfolge im Verein übernehmen. Dabei werden aber altgediente Mitglieder übergangen, der Vorschlag sorgt für Unruhe, was dem Team natürlich nicht gut tut. Bei den folgenden schwierigen Einsätzen wird sich zeigen, wer für Zusammenhalt und Verantwortung steht und wer für welche Aufgabe am besten geeignet ist. Zudem trifft ein ehemaliger Bichlbrunner wieder im Dorf ein und sorgt für Aufregung.

In einzelne Einsatzprotokolle gegliedert wird die Zeit vom 23. Juni bis zum 7. Juli erzählt, wobei die Schilderungen sehr realistisch und gut nachvollziehbar dargestellt sind. Der Alltag der Bergwachtler, wie sie sich selbst nennen, ist anspruchsvoll, dennoch gehen sie ihren Aufgaben stets sorgfältig nach, egal, ob eine Verschulden der Wanderer und Bergsteiger vorliegt oder nicht. Interessant sind die bestens recherchierten Hintergrundinformationen, die fiktive Handlung davor passt sich perfekt ins Geschehen ein, besonders gut gefallen hat mir die Geschichte aus Nils Sagenbuch ziemlich am Ende des Buches. Nicht nur Lena, auch alle anderen Figuren sind wunderbar charakterisiert, die schöne Berglandschaft exzellent in Szene gesetzt, die Gefahren aber ebenfalls sachlich aufgeführt. Besonders der Sonnenaufgang auf der Alm ist so phänomenal, dass man sich selbst in den bayerischen Bergen wähnt und zwischenzeitlich sind die Schilderungen aufregender als in so manchem Thriller. Böse ist dann das Ende, das viele Möglichkeiten offen lässt und jedenfalls dafür sorgt, dass alsbald der Folgeband im Regal steht.

Ein wunderbarer Roman, der mir besonders abwechslungsreiche Lesestunden beschert hat – ich bleibe jedenfalls dran an der Reihe und empfehle diesen Band schon einmal gerne weiter!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.09.2023

Blumen vor dem Tod

Der Botaniker
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Getrocknete Blumen und Gedichte verschickt der raffinierte Mörder, den man bald „Der Botaniker“ nennt – wer seine Post bekommt, ist wenig später tot. Während der Ermittlungen in diesem schier unlösbaren ...

Getrocknete Blumen und Gedichte verschickt der raffinierte Mörder, den man bald „Der Botaniker“ nennt – wer seine Post bekommt, ist wenig später tot. Während der Ermittlungen in diesem schier unlösbaren Fall wird auch noch die phantastische Pathologin aus dem Team verhaftet, da sie augenscheinlich ihren Vater ermordet hat – eine klare Sache, denn neben anderen Indizien finden sich nur ihre Fußspuren im Schnee rund ums Haus. DS Washington Poe ist auf allen Seiten gefordert.

Erst einmal dauert es ein wenig, bis man sich an den anfangs unterschiedlichen Schauplätzen zurechtfindet, die komplizierten Zusammenhänge werden erst später klar. Auch die Figuren sind eher irritierend, handelt es sich bei Chefin Stephanie Flynn, Ermittler Washington Poe, Pathologin Estelle Doyle und Analystin Tilly Bradshaw doch um ein recht schräges Team mit mehr als ungewöhnlichen Charakteren. Der Fall rund um den Botaniker ist klug angelegt, obwohl die Taten stets angekündigt werden, schafft es die Polizei nicht, die Adressaten der Gedichte zu schützen. Auch für die Pathologin scheint eine Verurteilung wegen Mordes unausweichlich, denn Poe wird das Rätsel um den glänzenden Schnee am Tatort wohl nicht lösen können?

Kurze Kapitel, knappe Dialoge und makabre Witze im Ermittlungsteam charakterisieren diesen außergewöhnlichen Kriminalroman. Rasch fliegen die Seiten dahin, selbst wenn einem manchmal die Handlung doch ein bisschen zu ausführlich vorkommt. Die Auflösung der beiden Fälle birgt überraschende Momente, die Krönung kommt aber erst ganz zum Schluss, Dranbleiben lohnt sich also!

Ein ungewöhnlicher Krimi, den man so noch nicht gelesen hat. Durchaus eine Empfehlung für alle, die das Ausgefallene suchen und mit komplizierten Ermittlern ihre Freude haben.

Veröffentlicht am 14.09.2023

Unterm Stephansdom

Der Totengräber und der Mord in der Krypta (Die Totengräber-Serie 3)
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Wien im Jahre 1895: In der Gruft unter dem Stephansdom wird bei einer Touristenführung eine Leiche gefunden. Aus einem Waisenhaus im fünften Wiener Gemeindebezirk verschwinden immer wieder Kinder. Zwei ...

Wien im Jahre 1895: In der Gruft unter dem Stephansdom wird bei einer Touristenführung eine Leiche gefunden. Aus einem Waisenhaus im fünften Wiener Gemeindebezirk verschwinden immer wieder Kinder. Zwei spannende Kriminalfälle, in welche Leopold von Herzfeldt diesmal verwickelt ist.

Wie gewohnt bestens recherchiert, zeigt uns Oliver Pötzsch diesmal, was es mit dem unheimlichen Phänomen der Gespenster und spiritistischen Sitzungen auf sich hat, wie man an einer Schädelform ablesen kann, wer kriminell veranlagt ist – oder doch nicht? oder wie man Geister fotografiert. Fesselnd und voll der Atmosphäre des ausklingenden 19. Jahrhunderts schreibt der Autor auch diesmal wieder einen spannenden Kriminalroman, in dem so unterschiedliche Figuren vorkommen, wie man es kaum glauben mag: Leo, ein deutscher Kriminalist, der in Graz die neuen Lehren von Hans Gross studiert hat, eine Tatortfotografin, Fräulein Julia, die mit ihrer vierjährigen Tochter in einem Bordell wohnt und ein verschrobener, aber kluger Totengräber vom Zentralfriedhof. Die Handlung wird dadurch besonders abwechslungsreich, verschiedenste Milieus können beleuchtet werden. Sehr lebendig wird das Ganze durch die gut vorstellbaren Schauplätze und wahre Begebenheiten, welche Eingang finden in den Roman. Während man lange im Dunklen tappt, hier und da als Leser nur Andeutungen serviert bekommt, weil es gerade im wesentlichen Moment an der Tür klopft und die Szene wechselt, geht es am Ende Schlag auf Schlag, alles wird schlüssig aufgeklärt, den vermeintlichen Geistern das Handwerk gelegt.

Auch der dritte Teil der Krimiserie überzeugt durch gut charakterisierte Figuren, einen Blick ins damalige Wien und eine logische, interessante Handlung. Für sich alleine empfehlenswert, noch besser im Zusammenhang mit den Vorgängerbänden.


Veröffentlicht am 12.09.2023

Der Fluch

Das Mädchen und der Totengräber (Die Totengräber-Serie 2)
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Wien, 1894: Im Kunsthistorischen Museum liegt eine Mumie – grundsätzlich nichts Außergewöhnliches, diese konservierte Leiche ist jedoch nicht mehrere tausend Jahre alt, sondern noch recht frisch, schließlich ...

Wien, 1894: Im Kunsthistorischen Museum liegt eine Mumie – grundsätzlich nichts Außergewöhnliches, diese konservierte Leiche ist jedoch nicht mehrere tausend Jahre alt, sondern noch recht frisch, schließlich hat man den bekannten Ägyptologen Professor Alfons Strössner noch wenige Wochen zuvor gesehen. Schnell geht man von einem Fluch aus, möchte den Fall alsbald schließen, doch Leo von Herzfeldt glaubt nicht an Übernatürliches, sondern an einen gefinkelten Mord.

Mit seiner unvergleichlichen Art, Geschichten zu erzählen, fesselt Oliver Pötzsch seine Leser auch bei diesem zweiten Fall im historischen Wien von Anfang bis zum Ende. Von ägyptischen Ausgrabungen über diverse Bräuche der Leichenbestattung bis zum Tierpark am Prater und in Wiens Unterwelt erstrecken sich die interessanten und bestens recherchierten Themen. Im Kommissariat geht es nicht immer freundlich zu, dennoch bleibt der „Piefke aus Graz“, zudem noch Jude, mit seinen neuen Ermittlungsmethoden seiner Linie treu und lässt sich nicht unterkriegen. Das Flair von Wien Ende des 19. Jahrhunderts ist bestens eingefangen, die flackernden Gaslampen, Pferdetramways, neumodische Automobile, das unterirdische Kanalnetz, elegante Herren mit schwarzen Anzügen und Zylinder, Damen mit modernen Kostümen, daneben einfache Arbeiter in abgewetzter Kleidung oder Totengräber Augustin Rothmayer, von dem immer ein etwas strenger Geruch ausgeht, der aber überaus intelligent und belesen ist. Mit Kameras werden Tatorte abgelichtet, was nicht immer auf Verständnis sorgt, da die Archive ohnehin schon überquellen, aber die moderne Kriminalistik nach Hans Gross muss auch in Wien Einzug halten. Exzellent charakterisierte Figuren und eingestreute Wiener Dialektwörter erschaffen eine außerordentlich gelungene Atmosphäre, der man sich einfach nicht entziehen kann, für Nichtwiener gibt es am Ende ein Wörterbuch „Wienerisch für Piefkes“ und für alle interessierten Leser ein überaus wertvolles Nachwort mit Hinweisen auf Tatsachen und wahre Begebenheiten, welche Eingang in den Roman gefunden haben.

Kurzum, auch diesmal halte ich ein wunderbares Buch aus der Feder Oliver Pötzsch‘ in Händen, das ich sehr gerne weiterempfehle.

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