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Veröffentlicht am 13.04.2024

Mercedes

Wir sind für die Ewigkeit
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Spanien, 1939: Der Bürgerkrieg zwingt die sechzehnjährige Mercedes zur Flucht aus Barcelona, bei der sie ihre Familie verliert. Gemeinsam mit dem sympathischen Agustí landet sie in einem französischen ...

Spanien, 1939: Der Bürgerkrieg zwingt die sechzehnjährige Mercedes zur Flucht aus Barcelona, bei der sie ihre Familie verliert. Gemeinsam mit dem sympathischen Agustí landet sie in einem französischen Internierungslager, die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft erlischt jedoch bald auf tragische Art und Weise. Mutig blickt Mercedes dennoch ihrer eigenen Zukunft entgegen, erduldet viele Rückschläge und findet nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs endlich ihr Glück. Aber da steht auch schon wieder ein Stück hartnäckiger Vergangenheit vor der Tür.

Sehr bildhaft und lebendig erzählt Astrid Töpfner diese verhängnisvolle Geschichte, in welcher aufgrund sorgfältigster Recherche auch historische Fakten und Personen vorkommen (siehe Nachwort). Auch wenn die Handlung selbst fiktiv ist, so erscheint sie doch sehr glaubwürdig und könnte sich ganz ähnlich zugetragen haben. Die Figuren sind gut ausgearbeitet in ihrer Entwicklung im Laufe der Jahre und es ist deutlich zu erkennen, wie unterschiedlich Menschen auf Krisensituationen reagieren: der eine passt sich an, der andere engagiert sich aktiv im Widerstand. Die Autorin versteht es, ein gewisses Maß an Verständnis für beide Seiten aufkommen zu lassen und nicht vorschnell zu urteilen. Auch Mercedes als Hauptfigur muss sich entscheiden und gerät dadurch in eine schreckliche Zwickmühle. Wie viel Wahrheit verträgt das Leben, wie viel Lüge ist notwendig? Im Laufe der Kapitel werden die Emotionen immer tiefer, Töpfner fesselt den Leser mit ihrem flüssigen Schreibstil an die Zeilen und fängt die Atmosphäre im Spanischen Bürgerkrieg und während des Franco-Regimes sehr gut ein. Trotz des politischen Hintergrundes geht es aber weniger um Kampfhandlungen und Scharmützel, sondern vielmehr um Gedanken und Empfindungen der einzelnen Figuren, welche sehr gut dargestellt werden und stets überzeugend sind. Eine Achterbahn der Gefühle begleitet den Leser durch dieses Buch, das Ende ist glücklich gewählt und versöhnlich.

Auch dieses Buch von Astrid Töpfner hat mich berührt und mir interessante und bewegende Lesestunden beschert. Ich empfehle den Start der Spanien-Saga sehr gerne weiter und freue mich auf die Fortsetzung!

Veröffentlicht am 09.04.2024

Ein Toter am Friedhof

Schon lange tot
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Ein Toter am Friedhof, das ist doch ganz normal, sollte man meinen. Allerdings liegt dieser Tote ohne Sarg in einem Grab, in das er gewiss nicht hineingehört. Ist die Leiche gar jener Verdächtige, der ...

Ein Toter am Friedhof, das ist doch ganz normal, sollte man meinen. Allerdings liegt dieser Tote ohne Sarg in einem Grab, in das er gewiss nicht hineingehört. Ist die Leiche gar jener Verdächtige, der sieben Jahre zuvor zwei Frauen am Supermarktparkplatz niedergeschossen hat? Schwierige Fragen ergeben sich für Kommissarin Sheridan Holler in diesem verzwickten Fall.

Ein spannender Einstieg am Parkplatz des Supermarktes, recht kurze Kapitel aus unterschiedlichsten Blickwinkeln – gekonnt fesselt Autorin T. M. Payne den Leser an die Handlung dieses Thrillers. Sämtliche Figuren kann man sich sehr bald bildlich vorstellen, viel Humorvolles und witzige Dialoge sorgen für Lebendigkeit und Realitätstreue. Neben den überaus gut charakterisierten Personen darf man Katze Maud keinesfalls vergessen, die sich stets selbst perfekt in Szene setzt. Wie von allein entspinnt sich eine überraschende Geschichte, deren Facetten bis zum Ende Neuigkeiten bereithalten und nicht nur den Leser in die Irre führen. Dank exzellenter Polizeiarbeit und gut aufeinander abgestimmten Ermittlern gelingt die Lösung aller Fragen höchst erfolgreich.

Das Team rund um Sheridan Holler ist nicht nur in beruflichen, sondern auch in persönlichen Belangen bemerkenswert, der Mix zwischen Ermittlungsarbeit und privaten Details ist ausgewogen, sodass die Handlung abwechslungsreich dahinfließt. Paynes Schreibstil passt wunderbar zum Geschehen, Dynamik und Wortwitz ergänzen einander perfekt. So bereitet Lesen großen Spaß, ich freue mich jedenfalls, wenn es einen neuen Fall für Sheridan Holler geben sollte.

Veröffentlicht am 07.04.2024

Eine Stimme für Mabel

Wohin unsere Träume ziehen
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Dublin, 2021: Sheila Mooney, Podcasterin in Sachen Tales O’Crime, wird im Rahmen neuer Recherchen auf Mabel O’Lorcán aufmerksam, welche im Jahre 1921 auf der einsamen Atlantikinsel Gámor Island aufgetaucht ...

Dublin, 2021: Sheila Mooney, Podcasterin in Sachen Tales O’Crime, wird im Rahmen neuer Recherchen auf Mabel O’Lorcán aufmerksam, welche im Jahre 1921 auf der einsamen Atlantikinsel Gámor Island aufgetaucht ist und niemandem von ihrer Vergangenheit erzählt hat. Lediglich in den Nächten singt und weint sie. Voller Hoffnung auf interessante Details reist Sheila in die Grafschaft Donegal, wo sie auf sympathische 90jährige Zwillinge trifft und auf den charismatischen Schriftsteller Colin Kavanagh. Eine Achterbahn der Gefühle begleitet Sheilas Nachforschungen zur irischen Geschichte rund um den Unabhängigkeitskrieg.

Wie auch bei den bisherigen Büchern Josephine Cantrells spürt man hier vom ersten Moment an die Liebe der Autorin zu Irland und ihren Hang zur realitätsnahen Darstellung der Hintergründe ihrer Geschichten. Wunderbare Bilder, detaillierte Landschaftsbeschreibungen und ein gezielter Blick in die Gedankenwelt ihrer Figuren schaffen eine ausgezeichnete Atmosphäre, in welcher der Leser gemeinsam mit Sheila auf den Spuren Mabels wandelt. Anfangs scheint es kaum möglich, mit den wenigen Informationen weiterzukommen, bis Colin einen entscheidenden Einfall hat. Turbulent geht es zu auf dem Anwesen, auf dem Sheila ein kleines Cottage gemietet hat, aufregend und traurig wird es bei den Tagebucheinträgen von Mabel und obwohl die Vergangenheit nicht neu geschrieben werden kann, findet Cantrell einen stimmigen Abschluss für diese eindrucksvolle Erzählung.

Ein Stück irischer Geschichte wird wieder lebendig, unaufdringlich entspinnt sich eine zarte Romanze, ruhig, aber sehr gefühlvoll spielt die Autorin mit ihren Worten. Wie immer, bin ich beeindruckt vom Können, Historisches mit Unterhaltsamem zu verknüpfen und kann auch für das neueste Buch von Josephine Cantrell nur eine Leseempfehlung aussprechen!

Veröffentlicht am 04.04.2024

Bizarrer Tatort

Schatten im Glashaus
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Kit Darling ist eine emsige Haushaltshilfe und putzt über ihre Agentur in den elegantesten und teuersten Häusern am Strand von Vancouver. Eine Schwäche jedoch begleitet sie regelmäßig: sie schnüffelt in ...

Kit Darling ist eine emsige Haushaltshilfe und putzt über ihre Agentur in den elegantesten und teuersten Häusern am Strand von Vancouver. Eine Schwäche jedoch begleitet sie regelmäßig: sie schnüffelt in den Kleiderschränken ihrer Auftraggeber und durchstöbert deren Computerdateien. Ihr Freund Boon warnt davor, dass sie irgendwann vielleicht auf gefährliche Dinge stoßen könnte – und behält prompt Recht – das Leben von Kit und das des Ehepaars Rittenberg gerät in Gefahr. Sergeant Mallory Van Alst und ihr Partner Corporal Benoit Salumu werden zu einem blutigen Tatort gerufen, allerdings fehlt die Leiche. Nichts ist so, wie es anfänglich scheint bei diesem spannenden Thriller.

Sehr gut aufgebaut präsentiert sich die fesselnde Geschichte, Loreth Anne White lässt unterschiedliche Figuren zu Wort kommen, dazwischen liest man im Tagebuch der Haushaltshilfe. So erfährt der Leser nach und nach, warum die Polizei erst so spät beim „Glashaus“ eintrifft, in welchen Beziehungen die Figuren untereinander stehen und welche Geheimnisse gewahrt werden. Geschickt lenkt White die Aufmerksamkeit auf kleine Details, um die logische Auflösung des Falles zu bekräftigen, wobei der Leser natürlich auch auf falsche Fährten gelockt werden könnte. Abwechslungsreiche Szenen, ein hervorragender Schreibstil, eine nicht abstreifbare Vergangenheit – das sind nur einige der Gründe, die für dieses Buch sprechen, geniale Wendungen und Überraschungen, dazu ein Ende am Anfang – alles hält, was der Klappentext verspricht. Die Spannung beginnt bei der betagten Nachbarin und Zeugin und bleibt aufrecht bis zur letzten Seite, bis zum phantastischen Instagram-Post.

Auch diesmal wieder bin ich begeistert von Loreth Anne Whites Ideen und ihrer perfekten schriftstellerischen Umsetzung einer bewegenden Handlung, die ich so nicht erwartet habe. Ich spreche eine klare Leseempfehlung aus für Freunde guter Spannungsromane und psychologisch begründeter Thriller! Ganz klar gibt es auch für dieses Buch wieder fünf verdiente Sterne.

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Veröffentlicht am 01.04.2024

Nibelungengau

Im Schatten des Thronfolgers
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1909: Polizeiagent Johann Pospischil und sein Assistent Doktor Leopold Frisch werden nach Artstetten gerufen, da unter der Schlosskapelle von Thronfolger Erzherzog Ferdinands Landsitz ein toter Säugling ...

1909: Polizeiagent Johann Pospischil und sein Assistent Doktor Leopold Frisch werden nach Artstetten gerufen, da unter der Schlosskapelle von Thronfolger Erzherzog Ferdinands Landsitz ein toter Säugling gefunden wird. Bei den Ermittlungen im schönen Nibelungengau werden nach und nach unglaubliche Dinge offenbar, welche höchste Beamte in der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie betreffen.

Anders als bei den meisten Krimis stolpert der Leser hier nicht gleich auf der ersten Seite über eine Leiche, nein, man darf geruhsam Land und Leute kennenlernen und mit Dampflokomotiven und Telegrammen tief eintauchen in die Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts. Bildhaft und detailreich beschreibt Christine Neumeyer die Gegend um Schloss Artstetten, erzählt Wissenswertes über Erzherzog Ferdinand und seine Ehefrau Sophie, charakterisiert die handelnden Figuren überaus lebendig und gut vorstellbar. Es wäre schade, wenn man die beiden vorangehenden Bände rund um Pospischil und Frisch nicht kennt, nichtsdestotrotz ist fürs Verständnis der persönlichen Entwicklung der sympathischen Ermittler keinerlei Vorkenntnis notwendig. Die beiden könnten gegensätzlicher nicht sein und doch bilden sie ein hervorragendes Team mit dem eher konservativen Pospischil, dessen Menschenkenntnis unübertreffbar ist und dem jungen wissenschaftsorientierten Frisch, der gerne Automobile lenkt und an einer Heißluftballonfahrt interessiert ist. Die Handlung bietet einen gut ausgewogenen Mix aus dem Flair der Donaumonarchie, einem außergewöhnlichen Kriminalfall und privaten Details zu den Wiener Geheimagenten. Zentrale Themen sind neben Intrigen und Betrug die Rolle der Frau zur damaligen Zeit, Vergewaltigung, ungewollte Schwangerschaft und Abtreibung. Sorgfältige Recherche und ein einfühlsamer Umgang mit delikaten Problemen zeichnen diesen Kriminalroman aus, kurze Kapitel aus unterschiedlichen Blickwinkeln (stets mit übersichtlichen Orts- und Zeitangaben) fachen die Neugierde des Lesers an. Ein wenig Dialekt darf natürlich nicht fehlen, um alles recht authentisch darzustellen.

Auch Band Drei aus der Reihe der erfrischenden Schlosskrimis überzeugt in allen Belangen guter Unterhaltung: ein angenehmer, der Zeit entsprechender Schreibstil, ein charakterstarkes Ermittlerduo und die perfekt eingefangene Atmosphäre in den kleinen Ortsteilen rund um Schloss Artstetten. Mir hat´s wiederum sehr gut gefallen, ich empfehle „Im Schatten des Thronfolgers“ jedenfalls gerne weiter! 5*