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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.04.2024

emotionale und ernste Gespräche

Sommerhaus am See
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Der Roman wirkt auf den ersten Blick wie eine leichte Sommerlektüre, ist es aber keinesfalls. Die Charaktere werden zuerst langsam eingeführt und die Großfamilie hat geplant ein letztes gemeinsames Wochenende ...

Der Roman wirkt auf den ersten Blick wie eine leichte Sommerlektüre, ist es aber keinesfalls. Die Charaktere werden zuerst langsam eingeführt und die Großfamilie hat geplant ein letztes gemeinsames Wochenende im Sommerhäuschen zu verbringen, bevor die Eltern dieses verkaufen wollen. Schon zu Beginn geschieht ein Unglück, an dem sie nicht nur als Zuseher vorkommen, sondern sie tief betroffen macht und auch selbst in gewisser Weise wachrüttelt. Die beiden erwachsenen Söhne beginnen ihr Leben zu reflektieren, hinterfragen ihre Partnerschaften, gestehen sich ihre eigenen Fehler und Laster ein und obwohl die Stimmung gedrückt ist und vom Unglück überschattet wird, so rückt die Familie doch enger zusammen. Mit der Zeit werden die Gespräche intensiver und ehrlicher, lange gehütete Geheimnisse kommen ans Licht und ungewohnte Seiten werden hervorgekehrt. Wer sich zuerst nicht so gut verstanden hat, ist sich auf einmal viel näher und was man als fix angenommen hat, gerät plötzlich ins Wanken. Auch die alternden Eltern werden mit anderen Augen betrachtet und die Kinder hinterfragen, warum die Eltern das Häuschen verkaufen möchten. Die ehrliche und auch unschöne Auseinandersetzung mit sensiblen und unerfreulichen Themen hat mir sehr gut gefallen und ich habe im Laufe der wenigen Tage eine große Veränderung bei allen Charakteren wahrgenommen. Diese Entwicklung finde ich ebenfalls sehr schön. Man fühlt sich als Leserin weniger wie ein/e Beobachterin, sondern wie ein Teil der Familie im Sommerhaus am See, da man persönlich angesprochen und emotional involviert wird. Ein wunderschönes Buch, auch wenn die Themen manchmal ernst sind und die Stimmung düster ist, am Ende gibt es doch wieder Lichtblicke und die Hoffnung auf positive Veränderung.

Veröffentlicht am 17.04.2024

Beziehungen werden intensiver

Grenzfall – In den Tiefen der Schuld
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Der dritte Kriminalroman mit den bereits bekannten Ermittlerteams aus Österreich und Deutschland ist wieder spannend und vor allem persönlich, von der ersten Seite bis zur letzten. In diesem Fall ist die ...

Der dritte Kriminalroman mit den bereits bekannten Ermittlerteams aus Österreich und Deutschland ist wieder spannend und vor allem persönlich, von der ersten Seite bis zur letzten. In diesem Fall ist die Kollegin von Bernhard Krammer, Roza Szabo, scheinbar spurlos verschwunden und er weiß nicht, wie er damit umgehen soll. Nachdem in ihrer Wohnung auch eine Leiche gefunden wird, weiß er nicht, ob er seiner Kollegin vertrauen soll, sie freiwillig untergetaucht ist oder ob sie gar in ein Verbrechen involviert ist. Anstelle einer Großfahndung wird gemeinsam mit den deutschen Ermittlerinnen, darunter seine Tochter Alexa, intern mit allen möglichen Ressourcen nach Roza gesucht. In diesem Teil merkt man, dass sich Alexa und Bernhard emotional annähern, nachdem sie so lange Zeit nichts von ihrer gegenseitigen Existenz gewusst haben und dies geschieht ihnen nicht leicht, da beide sich charakterlich in manchen Bereichen zu ähnlich sind. Gleichzeitig stellt Bernhard fest, dass er kaum etwas über seine Kollegin Roza weiß und Alexa findet eine gute Arbeitsbasis zu ihrem Kollegen Jahn, mit dem es anfangs nicht leicht war. Dafür bleibt für das Privat- und Liebesleben momentan wenig Zeit, da alle zeitlichen Ressourcen für die Suche nach Roza gebündelt werden.
Als zweiten Handlungsstrang bekommt man in kursiver Schrift Texte über eine Frau, die in der Ich-Perspektive erzählt, präsentiert. Es stellt sich erst nach und nach heraus, um welche Person es sich hier handelt.
Am Ende des Buches bekommt man als Leser
in schon einen kleinen Ausblick, worum es im nächsten Teil gehen wird und ich freue mich darauf, alte und neue Bekannte wieder zu lesen.

Veröffentlicht am 22.03.2024

bewegende Geschichte einer coabhängigen Schwester

You'd be Home Now
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Eine sehr bewegende, emotionale Familiengeschichte über die Suchterkrankung des Sohnes und vor allem über die Co-Abhängigkeit der Familie. Insbesondere die jüngere Schwester fühlt sich in die Verantwortungsrolle ...

Eine sehr bewegende, emotionale Familiengeschichte über die Suchterkrankung des Sohnes und vor allem über die Co-Abhängigkeit der Familie. Insbesondere die jüngere Schwester fühlt sich in die Verantwortungsrolle gedrängt, die ihr selbst über den Kopf wächst und ihr kaum die Möglichkeit gibt, ihre eigene Jugendzeit auszuleben. Emmy erzählt emotional über die vielen Hoffnungsmomente und Abstürze, die die Suchterkrankung mit ihrem Bruder mit sich bringt. Sie sieht in ihm aber nicht nur die kranke Person, sondern auch ihren liebevollen Bruder, der in ihrer Kindheit mit ihr herumgealbert hat, sie in der Schule beschützt hat und ihr Verbündeter gegen die strengen, bevormundenden und häufig abwesenden Eltern war. Kein Mensch ist nur gut oder schlecht, sondern alle Menschen haben von allen Elementen etwas in sich, das bei gewissen Gelegenheiten mehr oder weniger zum Vorschein kommt. Emmy klammert sich voller Hoffnung auf die Aussicht auf Heilung, da ihr Bruder einen Entzug in einer angesehen Klinik macht und auch danach ist sie positiv eingestellt und hilft ihm, den strengen Plan mit Regeln, den ihre Mutter aufgestellt hat, einzuhalten und ihn bei Verstößen zu decken. Leider kommt sie selbst zu kurz und wird ausgenutzt und in der Schule gemobbt, aber da sie immer die vernünftige und selbstständige Tochter war, muss sie fast alle Kämpfe mit sich selbst austragen. Man spürt die tiefe Traurigkeit und Aussichtslosigkeit sehr und auch, dass sie nach Enttäuschungen nur noch schwer bereit ist, sich auf neue Freund*innen einzulassen und zu erkennen, dass es auch noch Menschen gibt, denen sie am Herzen liegt.
Am besten gefällt mir das Ende, das einen kleinen Lichtblick offenbart, aber nicht zu unrealistisch gehalten ist, mehr möchte ich an dieser Stelle auch nicht verraten. Die Familie ist mit den Problemen und Sorgen am Ende dennoch gewachsen, hat zu einer neuen Konstellation und Stärke gefunden und widmet sich Zukunftsperspektiven mit Sinn.

Veröffentlicht am 14.03.2024

spannender Countdown bis zur Tat

Die Auszeit
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Der Thriller ist aufgrund des Schreibstils erfrischend lebendig zu lesen. Durch die detaillierten Beschreibungen der Charaktere und auch der örtlichen Gegebenheiten, hat man als Leserin das Gefühl auch ...

Der Thriller ist aufgrund des Schreibstils erfrischend lebendig zu lesen. Durch die detaillierten Beschreibungen der Charaktere und auch der örtlichen Gegebenheiten, hat man als Leserin das Gefühl auch selbst mit dabei vor Ort zu sein. Die Situationen werden aus Sicht der Influencer-Gruppe rund um Viktoria sowie dem Team des Retreats geschildert. Zusätzliche Spannung baut auch die Form des Countdowns bis zur Tat auf, indem die Stunden bis zur Tragödie heruntergezählt werden. Ich finde die Stimmung spannend, vor allem der Stimmungswechsel. Zu Beginn des Aufenthaltes sind alle gut gelaunt, zwar im Arbeitsmodus, aber trotzdem verbinden sie die Arbeit mit der angenehmen Auszeit und freuen sich auf ein paar nette Tage miteinander. Schon bald kommen die ersten Unstimmigkeiten auf und als Leserin spürt man deutlich, dass nun hervorkommt, was alles unter der Oberfläche brodelt. Von Stunde zu Stunde werden weitere Geheimnisse aufgedeckt, Affären vermutet und bestätigt und man bekommt einen Blick hinter die Kulissen. Gleichzeitig verändert sich auch die Wetterlage, ein aufkommendes Unwetter zusammen mit einer Menge Cocktails bringt Wahrheiten ans Tageslicht. Wut, Enttäuschungen und Zurückweisungen, Eifersucht bringen zusätzlich die Situation zur Eskalation und einige Personen in Lebensgefahr.
Die beteiligten Personen hatten im Nachhinein betrachtet, keine schöne Auszeit im abgelegenen, idyllischen Retreat, aber mir hat der Thriller eine schöne Auszeit vom Alltagsstress bereitet. Ich würde sehr gerne noch weitere Thriller dieser Art von der Autorin lesen.

Veröffentlicht am 05.03.2024

traurig und schön zugleich

Das späte Leben
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Der Roman erzählt einfühlsam und emotional, wie schnell sich das Leben wenden kann. Was ändert sich durch die Krebsdiagnose? Wie viel Lebenszeit bleibt noch und was möchte man mit der verbleibenden Zeit ...

Der Roman erzählt einfühlsam und emotional, wie schnell sich das Leben wenden kann. Was ändert sich durch die Krebsdiagnose? Wie viel Lebenszeit bleibt noch und was möchte man mit der verbleibenden Zeit anfangen, um sie möglichst sinnvoll zu nutzen? Diese Fragen stellt sich Martin mit 76 Jahren. Er möchte auch seinem kleinen Sohn David, der im Kindergartenalter ist, bestmöglich in Erinnerung bleiben und wertvolle und einprägende Lektionen mit auf den Weg geben. Martin versucht dies, indem er ihm Briefe schreibt. Seiner Frau gefallen die Themen, die Martin in den Briefen anspricht überhaupt nicht. Was sollte man schreiben? Was könnte in vielen Jahren für David als Jugendlicher interessant sein zu erfahren?
Schön finde ich, dass die Familie die letzte gemeinsame Zeit mit Aktivitäten füllt, wie sie es vorher nicht so intensiv gemacht haben und eine möglichst harmonische Zeit miteinander erleben möchten. Jede*r geht mit dem Thema Tod anders um. David stellt Fragen und möchte alles erklärt bekommen, auch was nach dem Tod passiert. Martin möchte seinem Sohn bestmöglich in Erinnerung bleiben und ihn auf das Leben vorbereiten, obwohl die Zeit knapp bemessen ist und seine Frau verdrängt, möchte sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen. Außerdem hat sie Angst, dass Martin und David sich zu sehr aneinander binden und sie nach dem Tod dadurch als Mutter im Nachteil ist und die Beziehung zu ihrem Sohn erst wieder hart erarbeiten muss.
Die unbekannten Faktoren Zeit und Befinden spielen eine große Rolle, wenn diese bekannt wären, könnte man besser planen und sich mit der Situation arrangieren, aber leider ist dies nicht so einfach. Die letzten Tage verbringt die Familie gemeinsam, die Kräfte schwinden, trotzdem gibt es noch kleine Lichtblicke.
Der Roman ist traurig, aber dennoch schön geschrieben. Vor allem Martin macht sich viele Gedanken und stellt dann fest, dass er loslassen muss und nicht alles beeinflussen kann, was noch kommen wird. Seine Ehefrau und der Sohn werden ein Leben nach seinem Tod führen, das er nur bedingt beeinflussen kann, aber er ist zuversichtlich, dass sie dies gut meistern werden.