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Veröffentlicht am 04.02.2024

Kommissarin Klugscheißer bringt die Wahrheit ans Licht

Gehe mit den Toten
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Im Mittelpunkt von Alexander Hartungs Thriller “Gehe mit den Toten“ steht die junge Kripobeamtin Lara Plank mit ihrem ehemaligen Kollegen Simon, der aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden ist, aber ...


Im Mittelpunkt von Alexander Hartungs Thriller “Gehe mit den Toten“ steht die junge Kripobeamtin Lara Plank mit ihrem ehemaligen Kollegen Simon, der aus gesundheitlichen Gründen ausgeschieden ist, aber der Kollegin nun wieder sehr aktiv zur Seite steht. Eines Tages wird der reiche Industrielle Bernhard Döhring grausam ermordet auf seinem Anwesen im Raum Frankfurt aufgefunden. Er war ein bekannter Wohltäter und Mäzen. Lara untersucht noch einmal den Tatort und macht schlimme Entdeckungen in seinem Jagdhaus. Sie nimmt die Hilfe eines Journalisten - ihres Ex-Freundes Daniel -in Anspruch, der ihr wichtige Tipps gibt. So entdeckt sie Ungereimtheiten bei dem Tod von Döhrings Anwalt Ingdahlen, der keineswegs durch einen Sexunfall starb. Es gibt Verbindungen zum Rotlichtmilieu, Hinweise auf Korruption und Wirtschaftskriminalität sowie auf zwielichtige Helfer und bezahlte Schläger. Lara ermittelt eigenmächtig gegen die ausdrücklichen Anweisungen ihres Vorgesetzten Nowak und gerät bei ihren Alleingängen selbst in Lebensgefahr, nachdem bereits durch heimtückische falsche Darstellung ihrer vergangenen und gegenwärtigen Tätigkeit in den Medien ihr Ruf ruiniert wurde. Irgendjemand will nicht, dass alte Fälle wieder aufgerollt werden und Lara den Zusammenhang zwischen verschiedenen Verbrechen und tätlichen Angriffen herstellt.

Hartungs Thriller ist spannend, wirkt auf mich jedoch sehr konstruiert und wenig realistisch mit immer neuen Verwicklungen und einer zunehmend unüberschaubaren Personenvielfalt. Für mich ist das kein Meisterwerk, vor allem nicht, was die sprachliche Qualität betrifft. Falls dieses Buch der Auftakt einer Serie ist, werde ich keine Fortsetzung lesen.

Veröffentlicht am 04.02.2024

(Fast) Keiner ist ohne Schuld

Verborgen
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“Verborgen“ ist der dritte Band einer Trilogie, die in der kleinen isländischen Gemeinde Akranes spielt. Eines nachts brennt ein Haus, und man findet einen Toten, einen jungen Mann namens Marinó. War ...


“Verborgen“ ist der dritte Band einer Trilogie, die in der kleinen isländischen Gemeinde Akranes spielt. Eines nachts brennt ein Haus, und man findet einen Toten, einen jungen Mann namens Marinó. War es ein Unglücksfall oder Selbstmord? Weder noch. Alle Indizien deuten schließlich auf Mord. Die Ermittlerin Elma und ihre Kollegen finden immer mehr Spuren, ohne der Lösung näher zu kommen. Wenige Tage vor dem Brand wurde das holländisches Au-pair-Mädchen Lise zum letzten Mal gesehen, das die kleinen Töchter des Ehepaars Unnar und Laufey betreute. Deren 20jähriger Sohn Andi war mit dem Opfer Marinó befreundet. Dann finden die Ermittler eine zweite Leiche. Hängen die Fälle zusammen? Und wenn ja, wie und warum?
Der Leser folgt den schwierigen Ermittlungen in einem immer komplexer werdenden Fall mit ständig neuen Wendungen und wachsender Personenzahl, vor allem auch mit einer stetig zunehmenden Zahl von Verdächtigen. In der kleinen Gemeinde kennt jeder jeden, und jeder weiß alles über die anderen. Dadurch entsteht ein erhöhter Druck. Die Ermittlerin Elma, die selbst in einer schwierigen Situation mit ihrem Partner Saevar steckt, folgt gegen Ende impulsiv ihrer Intuition, ohne die ihrer eigenen Sicherheit dienenden Vorschriften zu beachten und bringt sich in Lebensgefahr. Da gibt es jemanden, der alles tun würde, um sich und die eigene Familie zu schützen. Am Ende versteht der Leser die Zusammenhänge und weiß, wer in die Geschehnisse verwickelt ist.
Der Krimi liest sich spannend und punktet mit seinem isländischen Ambiente und den sorgfältig gezeichneten Charakteren, vor allem der sympathischen Ermittlerin Elma. Mir war die Geschichte teilweise zu unübersichtlich und schwer nachzuvollziehen. Außerdem stört mich, dass der Fall zwar gelöst wird, aber doch nicht endgültig zum Abschluss kommt. Es soll ganz offensichtlich eine Fortsetzung geben. Das schätze ich nicht so sehr.

Veröffentlicht am 28.01.2024

HaSchem meint es nicht gut mit Chani und Baruch

Die Hoffnung der Chani Kaufman
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Chani und Baruch stammen aus einer jüdisch orthodoxen Gemeinde in London. Zur Zeit leben sie in Jerusalem, wo sich Baruch zum Rabbi ausbilden lässt. Sie sind seit zehn Monaten verheiratet und lieben ...


Chani und Baruch stammen aus einer jüdisch orthodoxen Gemeinde in London. Zur Zeit leben sie in Jerusalem, wo sich Baruch zum Rabbi ausbilden lässt. Sie sind seit zehn Monaten verheiratet und lieben sich. Ihr einziges Problem ist, dass ihre Ehe bisher kinderlos geblieben ist. Schließlich bitten sie Baruchs reiche Eltern um Hilfe, um eine Untersuchung und eventuell eine Fruchtbarkeitsbehandlung in einer Londoner Klinik zu finanzieren. Die Schwiegermutter hat Chani immer als unpassende Partnerin für ihren Sohn abgelehnt und nimmt die kostspieligen Dienste einer unsympathischen Heiratsvermittlerin in Anspruch, um eine neue Frau für Baruch zu finden. In einem zweiten Handlungsstrang geht es um Rabbi Chaim Zilberman und seine Frau, die Rebbetzin Rifka. Rifka hat ihren Mann und ihre Kinder ein Jahr zuvor verlassen, weil sie ihren Glauben verloren hat und das Leben in der strenggläubigen Gemeinschaft nicht mehr ertrug. Nun lebt sie unter ärmlichen Verhältnissen in einer Einzimmerwohnung und muss Anfeindungen und Schikanen der Frommen ertragen, wo auch immer sie ihnen begegnet. Ihr Mann wird von seinen Vorgesetzten zur Scheidung gedrängt. Als Rifka mit der Zustimmung zögert, gerät sie in Lebensgefahr. Auch ihr jüngster Sohn Moishe wird in der Schule gemobbt und schikaniert, ohne dass die Schulleitung ihn schützt. Am Beispiel von Rifka und ihrem 20jährigen Sohn Avromi, der eine Talmudschule in Jerusalem besucht und eigentlich in die Fußstapfen seines Vaters treffen soll, zeigt die Autorin, dass es Alternativen zur strenggläubigen Lebensführung der Orthodoxen geben muss, denn einige der Gesetze beruhen nicht auf der Tora, sondern sind menschengemacht, genauer gesagt: von Männern, häufig zum Nachteil der Frauen. Deutlich kritisiert sie auch die Niedertracht, mit der die ach so Frommen die Abtrünnigen verfolgen.
Ich habe diesen Roman gern und sehr schnell gelesen, denn er hat mich in eine mir bisher weitgehend unbekannte Welt eingeführt. Ein Glossar erleichtert das Verständnis einer Vielzahl von jiddischen Ausdrücken. Die Kenntnis des ersten Teils ist nicht erforderlich. Von mir gibt es eine klare Empfehlung.

Veröffentlicht am 21.01.2024

Alles ist verbunden, nichts geht je verloren

Leuchtfeuer
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In Dani Shapiros Roman „Leuchtfeuer“ geht es um zwei Familien in der Division Street im fiktiven New Yorker Vorort Avalon: die Familie des Arztes Ben Wilf mit Ehefrau Mimi und den Kindern Sarah und Theo ...


In Dani Shapiros Roman „Leuchtfeuer“ geht es um zwei Familien in der Division Street im fiktiven New Yorker Vorort Avalon: die Familie des Arztes Ben Wilf mit Ehefrau Mimi und den Kindern Sarah und Theo und später die Nachbarn Shenkman mit dem hochbegabten Sohn Waldo. Eines Tages passiert eine Tragödie, die das Leben der Wilfs für immer verändert. Die Geschwister Sarah, 17 und Theo, 15 sind in einer Sommernacht mit einer Freundin angetrunken im Auto unterwegs, als ein tödlicher Unfall passiert. Ben Wilf versucht noch vergeblich zu helfen. Von nun an bestimmt ein furchtbares Geheimnis ihr Leben und sie müssen mit einer schweren Schuld zurechtkommen.
Die Autorin zeichnet das Leben der zwei Familien über einen Zeitraum von 50 Jahren – 1970-2020 – nach und gewährt dem Leser durch einen allwissenden Erzähler tiefen Einblick in die Gedanken und Gefühle ihrer sorgfältig gezeichneten psychologisch komplexen Charaktere. Ihre Lebenswege kreuzen sich mehrfach, und vor allem Ben Wilf hat eine besondere Verbindung zu Waldo Shenkman, der sich schon als kleiner Junge mit Astrologie beschäftigt und später ein berühmter Astrophysiker wird. Durch Waldo sieht Ben, dass alles miteinander verbunden ist, dass die Kreisläufe von Geburt und Tod eine Entsprechung in den Konstellationen von 100.000 Billionen Sternen haben, die Millionen von Jahren benötigen, um zu entstehen und wieder zu verschwinden. Mit seinem ungewöhnlichen Wissen über das Universum und die letzten Stunden im Leben seiner dementen Frau Mimi hilft Waldo dem alten Mann, seinen großen Verlust zu bewältigen.
Mir hat der Roman gut gefallen, obwohl er durch den Verzicht auf eine chronologische Erzählweise aufmerksames Lesen erfordert. Ungewöhnlich, aber sehr gut und absolut empfehlenswert.

Veröffentlicht am 21.01.2024

Paris unter deutscher Besatzung

Paris Requiem
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Chris Lloyds zweiter Roman um den Ermittler Eddie Giral spielt im von den Deutschen besetzten Paris Ende 1940. In einem heruntergekommenen Jazzclub wird ein Toter gefunden, der auf grausame Weise umgekommen ...


Chris Lloyds zweiter Roman um den Ermittler Eddie Giral spielt im von den Deutschen besetzten Paris Ende 1940. In einem heruntergekommenen Jazzclub wird ein Toter gefunden, der auf grausame Weise umgekommen ist. Man hat ihm den Mund mit Nadel und Garn zugenäht. Giral kennt das Mordopfer, das er selbst seiner Bestrafung zugeführt hat. Er wird entdecken, dass insgesamt mehr als 30 Straftäter aus dem Gefängnis in Fresnes entlassen wurden, ohne dass sich aufklären lässt, wer diese Maßnahme autorisiert hat. Giral stößt auf eine Mauer des Schweigens und findet zunächst nicht viel heraus. Dann passieren weitere Verbrechen, und Giral selbst gerät in Lebensgefahr.
Im Lauf der spannenden Geschichte werden mehrere Handlungsstränge verfolgt und andere Themen behandelt. Eddie versucht seinen Sohn aufzuspüren und möglichst zu retten, zu dem er seit der Trennung von dessen Mutter keinen Kontakt mehr hatte. Weitere Mütter suchen nach ihren Söhnen und bitten Eddie um Hilfe. Viel kann er nicht ausrichten, muss stattdessen vorsichtig lavieren, um sich nicht mit dem eigenen Vorgesetzten und den zahlreichen mächtigen Vertretern der Besatzungsmacht anzulegen und sein Leben zu riskieren.
Der Autor schafft es in dieser gelungenen Mischung aus Krimi und historischem Roman, ein sehr anschauliches Zeitporträt zu schaffen, in dem deutlich wird, wie das Leben der Franzosen mit der allgegenwärtigen Bedrohung, dem Hunger, der Rationierung von Lebensmitteln und der Knappheit von allen Arten von Gebrauchsgütern Ende 1940 aussah, als die Menschen mit allen Mitteln versuchten, das eigene Überleben zu sichern. Auch Eddie muss Kompromisse eingehen, zur Kooperation bereit sein, ohne sich korrumpieren zu lassen. Dem Autor sind mit Eddie Giral und seinem Kollegen Boniface sehr sympathische Protagonisten gelungen. Ein empfehlenswerter Roman.