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Veröffentlicht am 08.04.2023

Schrumpfen wir die Wirtschaft, um zu überleben?

Das Ende des Kapitalismus
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"Das Ende des Kapitalismus" von Ulrike Herrmann musste bei mir eine Weile reifen, bis ich es rezensieren konnte. Der Titel hat mich damals, als es heraus kam sofort angesprochen, ist er doch recht radikal ...

"Das Ende des Kapitalismus" von Ulrike Herrmann musste bei mir eine Weile reifen, bis ich es rezensieren konnte. Der Titel hat mich damals, als es heraus kam sofort angesprochen, ist er doch recht radikal in seiner Forderung und hat die üblichen Vertreter*innen herausgefordert, gleich über die Überschrift zu diskutieren, ohne den Inhalt des Buches zu kennen. Doch was steht wirklich in dem Buch? Ulrike Herrmann hat das Buch in drei Teile aufgeteilt und klärt sehr gut über die Geschichte des Kapitalismus auf. Im zweiten Teil geht es darum, dass es ihrer Ansicht nach kein "Grünes Wachstum" gibt und leider finden sich in diesem Teil in Bezug auf unsere zukünftige Energieversorgung ein paar Schwächen, nichtsdestotrotz gibt es auch hier vieles, was zum Nachdenken anregt. Im dritten Teil dreht es sich darum, wie ein Ende des Kapitalismus gelingen kann, ohne dass gleich alles im Chaos versinkt. Ulrike Herrmann zieht hier die britische Kriegswirtschaft als ein mögliches Vorbild heran und mal eine Zukunftsvision, die zwar vom Weniger, vom Verzicht geprägt sein wird, aber nicht von einem schlechten Leben.

Insgesamt ist es ein Buch, dass zu mehr als hitzigen Debatten anregt, Möglichkeiten aufzeigt und auch wenn der mittlere Teil nicht ganz gelungen ist, ein Buch ist, das man auf dem Schirm haben sollte.

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Veröffentlicht am 05.03.2023

Brachiale Leidenschaft

Irgendwann werden wir uns alles erzählen
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1990, Wendezeit, Deutschland ist im Umbruch – ich kann mich noch genau an diese Zeit erinnern, an dieses Versprechen und auch die Sorge, wie die Zukunft wird, wenn sich die beiden Hälften Deutschlands ...

1990, Wendezeit, Deutschland ist im Umbruch – ich kann mich noch genau an diese Zeit erinnern, an dieses Versprechen und auch die Sorge, wie die Zukunft wird, wenn sich die beiden Hälften Deutschlands wieder vereinen. „Irgendwann werden wir uns alles erzählen“ ist Daniela Kriens Debütroman und spielt in dieser Zeit in einem Dorf in der Nähe der deutsch-deutschen Grenze. Es geht um Zukunft, Zweifel und Liebe.

Es hat mich sprachlich umgehauen, welche Ausdruckskraft Daniela Krien hat, sie schafft es, die Stimmung, die Gefühle so rüber zu bringen, dass man als Leserin auch das Unausgesprochene spürt. Hier war es die Intensität der Gefühle von Maria und Henner und der Verschlafenheit des Dorfes, des Kummers der Mutter, der Angst der Menschen vor der Veränderung, der Begeisterung der Menschen über die Veränderung, die tiefliegenden Schmerzen der Erinnerung.

Es ist eine brachiale Leidenschaft, die über Maria und Henner herein bricht. Ich finde es teilweise erschreckend und beängstigend, gewaltvoll und schmerzhaft. Es ist eine Liebe, Besessenheit vom anderen, die über ein gesundes Maß hinausgeht.

Es ist eine unglaublich schmerzhafte Geschichte und es gibt Szenen, die schwer zu ertragen sind. „Die Brüder Karamasow“ sind wie eine Klammer um die Geschichte. Ein Buch, dass unter die Haut geht und eine*n heftig schüttelt beim Lesen. Eine absolute Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 20.02.2023

Ist Jane Eyre noch zu retten?

Der Fall Jane Eyre
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Der literarische Supergau ist eingetreten und Jane Eyre wurde aus dem Originalmanuskript von Charlotte Brontë entführt. Was kann nun getan werden, um zu verhindern, dass das komplette Buch für immer ohne ...

Der literarische Supergau ist eingetreten und Jane Eyre wurde aus dem Originalmanuskript von Charlotte Brontë entführt. Was kann nun getan werden, um zu verhindern, dass das komplette Buch für immer ohne seine Hauptfigur ist? Ein sehr kniffliger Fall für die Literaturagentin Thursday Next. Wird sie es schaffen und Jane Eyre retten?
das Debüt von Jasper Fforde ist einfach grandios bekloppt, spleenig und einfach liebenswert. Um es kurz zu machen: entweder liebt man diese Buchreihe oder man lässt es. Ich gehöre zu denjenigen, die es heiß und innig lieben. Jasper Fforde hat sich eine Parallelwelt zu der unsrigen ausgedacht. Es ist auf den ersten Blick ziemlich ähnlich, doch unterscheiden sich die Welten auch voneinander.

Literatur hat einen ziemlich hohen Stellenwert und es gibt im Polizeiapparat mehrere Abteilungen, die sich mit diesen Verbrechen beschäftigen. Auch die Bevölkerung nimmt die Sache ziemlich ernst und streitet erbittert darüber, wer denn jetzt die Stücke Shakespeares geschrieben hat. Es gibt Zeitreisende und eine Spezialeinheit, die ChronoGarde, die sich mit Problemen und Verbrechen in diesem Bereich beschäftigt.

Alles in allem ziemlich verrückt und auf den ersten Blick denkt man, dass Jasper Fforde schwer einen an der Waffel hat. Auf den zweiten Blick merkt man, dass er einfach ein Mensch mit einer wunderbar überschäumenden Fantasie ist, der sich tolle Geschichten und komplette Parallelwelten ausdenkt. Es gibt viele Dialoge und so ist die Erzählung sehr dynamisch. „Der Fall Jane Eyre“ hat alles, was eine gute Geschichte braucht. Es ist ein spannendes Buch, eine verrückte und verzwickte Geschichte um ein mysteriöses Verbrechen, durchgeknallte Charaktere, es gibt eine Liebesgeschichte, einen mehr als bösen Bösewicht und witzige Details, was will man mehr?

Gleichzeitig ist es auch ein Spiegel für uns, wir beschäftigen uns mit unserem Klein-Klein, mit Nebenkriegsschauplätzen und gehen nicht die großen Fragen an. Dies ist in unserer Welt so und auch in der Parallelwelt, in der „Der Fall Jane Eyre“ spielt. Wir zanken uns um Worte, um Details und vergessen dabei das große Ganze. Fforde gelingt es, eine aufregende, völlig durchgeknallte Geschichte zu erzählen und am Ende des ersten Bandes möchte man – so man es denn mag – sofort die Fortsetzung lesen, aber die steht „In einem anderen Buch“, so heißt sie nämlich, die Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 03.02.2023

Warum haben sie Tiere gegessen?

Einst aßen wir Tiere
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Wie werden wir oder unsere Nachfahren einst auf uns und unsere Art der Ernährung zurückblicken? Was werden sie dazu sagen, dass wir Tiere in viel zu engen Räume eingesperrt haben, ihnen ein Leben gemäß ...

Wie werden wir oder unsere Nachfahren einst auf uns und unsere Art der Ernährung zurückblicken? Was werden sie dazu sagen, dass wir Tiere in viel zu engen Räume eingesperrt haben, ihnen ein Leben gemäß ihrer Natur verweigert haben, um sie in Massen zu schlachten, obwohl wir schon längst wussten, dass wir uns anders ernähren können, um weniger Tierleid zu verursachen und um mit pflanzlicher Ernährung der Aufheizung des Klimas etwas entgegenzusetzen? In „Einst aßen wir Tiere“ geht die niederländische Zukunftsanthropologin Roanne van Voorst dieser Frage nach.
Es geht darum, dass Roanne van Voorst in ihrer Rolle als Zukunftsforscherin einen Blick zurückwirft. Sie schaut auf uns aus der Perspektive der zukünftigen Menschen und erklärt, wie sich die Menschen entschieden haben, diesen Weg zu wählen, um die drohende Klimakatastrophe noch aufzuhalten. Dies finde ich sehr positiv, denn bislang gibt es sehr viele dystopische Ansätze, begründet natürlich darin, dass wir den Hintern nicht hochkriegen und zum Beispiel hier in Deutschland noch nicht einmal ein Tempolimit hinbekommen.

Da kommt eine Rückschau aus einer Zukunft, in der wir doch noch die Kurve gekriegt haben, gerade recht. So eine positive Erzählung ist, was wir zusätzlich zu den wichtigen, erklärenden Fakten brauchen. Zunächst lautete ihre Fragestellung unter der sie das Buch schrieb, ob wir diese große Veränderung überhaupt durchlaufen können, bis ihr klar wurde, dass wir das können, denn wir haben schon so oft bewiesen, dass wir so eine Aufgabe bewältigen können. Es geht eher darum, ob wir das wollen.

„Einst aßen wir Tiere“ ist ein Buch, das aufklärt über die fatale Rolle der Lebensmittelindustrie, der Milch-, Eier- und Fleischproduktion und wie sie uns beeinflussen. Sie klärt auch auf, dass man sich auch mit veganer Ernährung richtig ungesund ernähren kann, wenn man nicht auf das achtet, was man so zu sich nimmt – ganz wie mit jeder anderen Ernährungsform auch.

Ihr gelingt das Spagat zwischen Wissenschaft und persönlichem Anliegen, sie macht Wissenschaft nahbar. Auch die Problematik, dass sie für ihren Mann auch tierische Produkte kauft und dass sie versucht, beim Essen nicht ständig darüber zu sprechen, welche Erkenntnisse sie gewonnen hat, kommen mir bekannt vor. Sie stellt sich nicht auf einen Sockel, sondern beschreibt das, was sie macht, tut und denkt als etwas, das viele von uns genauso durchleben, die Zweifel und Überlegungen, die kleinen Erfolge. Sie schreibt das Buch aus der Sicht einer Frau, die Verantwortung für die nächste Generation trägt und nicht perfekt ist.

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Veröffentlicht am 03.02.2023

Richtig zu essen, ist viel einfacher, als wir denken

Die Wahrheit über unser Essen
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Die Suche nach der richtigen Art sich zu ernähren, erinnert an die Suche nach dem heiligen Gral oder gar an eine Art religiösen Fanatismus. Der britische Wissenschaftler Tim Spector hat sich auf den Weg ...

Die Suche nach der richtigen Art sich zu ernähren, erinnert an die Suche nach dem heiligen Gral oder gar an eine Art religiösen Fanatismus. Der britische Wissenschaftler Tim Spector hat sich auf den Weg gemacht, „Die Wahrheit über unser Essen“ herauszufinden. Wie er das gemacht hat und was er auf dem Weg fand, erzählt er in seinem gleichnamigen Buch.
Zunächst einmal finde ich den Aufbau des Buches gut, denn Tim Spector geht in seiner Einleitung darauf ein, dass selbst er als Experte nicht davor gefeit ist, den als Kind mitbekommenen Ernährungsleitsätzen unbewusst noch zu folgen und geht auch darauf ein, dass Wissenschaft komplex ist und sich die Erkenntnisse immer wieder ändern, je nach aktuellem Stand der Forschung, sprich, auch er hat die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen. Eine Schwierigkeit ist zum Beispiel, dass es nur wenige verlässliche Langzeitstudien zu bestimmten Fragestellungen gibt und es auch Fehlinterpretationen gibt, besonders wenn entscheidende Aspekte nicht beachtet werden bzw. erst später untersucht werden konnten.

Was mir auch gut gefällt, ist die Tatsache, dass er persönliche Beispiele benennt, wie z. B. die unterschiedlichen Reaktion seiner Frau und von ihm auf bestimmte Lebensmittel. Dadurch untermal er sehr wirkungsvoll die These, dass es nicht „die“ Ernährung für alle gibt, sondern für jeden Menschen eine eigene Art „der“ Ernährung. Wir sind alle so unterschiedlich, wie sollte es dann möglich sein, dass wir alle gleich sind, was die Ernährung angeht? Allein, dass die Menschheit in verschiedenen Umgebungen lebt, macht es schon klar, dass das gar nicht sein kann.

„Die Wahrheit über unser Essen“ gibt einen guten Abriss darüber, wie wichtig es ist, bestimmte Dinge einmal zu hinterfragen und wahrsten Sinne auf den eigenen Bauch zu hören. Tim Spector macht dies auf eine ganz angenehme Art, ohne dass er eine komplizierte, wissenschaftliche Sprache benutzt, sondern leicht merkbare Beispiele und Herleitungen verwendet.

Auch zeigt er auf, wie die Lebensmittelindustrie uns beeinflusst und es zum Beispiel geschafft hat, dass das Hauptaugenmerk bei Übergewicht nicht auf der zuckerhaltigen und zu sehr verarbeiteten Nahrung, die den Reiz auslöst, immer mehr zu essen, sondern darauf, mehr Sport zu treiben liegt. Natürlich trägt Sport zur Gesundheit bei, aber er ist nicht allein dafür verantwortlich, ob jemand übergewichtig ist oder nicht. Hier sollten wir uns immer mal wieder ins Gedächtnis rufen, dass diese künstlich zugesetzten Stoffe nun wirklich nicht Bestandteil der Nahrung unserer Vorfahren waren und unser Körper somit auch nicht darauf ausgelegt ist, sie gut zu verarbeiten.

Gesunde Ernährung ist auch Aufgabe der Politik, sie dient der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger. Information ist unsere eigene Aufgabe, damit wir unsere Kinder für „echtes“ Essen begeistern können. Diesen politischen Aspekt und dass sich der Autor nicht scheut, die unbequemen Wahrheiten über die Lebensmittelindustrie, der Nahrungsmittelversorgungen und wie wir mit anderer Ernährung der Klimakrise etwas entgegensetzen können, anzusprechen, zeichnet dieses Buch zusätzlich aus.

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