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dear_fearn

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Veröffentlicht am 26.09.2020

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Der Winter des Bären
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Mila lebt mit ihren zwei Schwestern und ihrem Bruder in einem Häuschen im Wald. Seit ihre Mutter gestorben und ihr Vater fortgegangen ist, leben die vier Kinder allein im seitdem herrschenden Winter. Der ...

Mila lebt mit ihren zwei Schwestern und ihrem Bruder in einem Häuschen im Wald. Seit ihre Mutter gestorben und ihr Vater fortgegangen ist, leben die vier Kinder allein im seitdem herrschenden Winter. Der Frühling will einfach nicht wiederkommen und während des Ausharrens und Wartens wird die Nahrung immer knapper, da der Wald kaum noch etwas zu geben hat.

Als einige Männer das Häuschen der Kinder aufsuchen, verschwindet Oskar über Nacht, ohne Vorwarnung. Sanna vermutet, dass ihr großer Bruder sie willentlich verlassen hat, doch Mila hat in der Nacht etwas gesehen und zudem Eigenartiges an den Männern bemerkt, wie zum Beispiel eine goldene Schnur, die um Stiefel der Männer gewickelt war. Als sie sich am Morgen auf die Suche nach Oskar begeben, findet Mila eine solche Schnur. Sie reisen in die nächstgelegene Stadt, um sich dort nach ihrem Bruder zu erkundigen, und als Mila dort vom Zauberer Runde angesprochen wird, beginnt eine abenteuerliche Reise.

Schon die ersten Seiten haben mich gefangen genommen, allein durch die wunderbar bildreiche Sprache bei der Beschreibung der Natur. Die Namen der Kinder sind sehr schön nordisch angehaucht (Mila, Pípa, Oskar und Sanna) und die beschriebene Umgebung macht einen skandinavisch-rauen Eindruck. Der Erzählstil ist geradlinig, einfach verständlich, aber spannend. Zwar ist es eine Geschichte für Kinder, aber auch ich als Erwachsene konnte ihr viel abgewinnen, denn es geht um Mut, Zusammenhalt, wachsame Beobachtungen und das Vertrauen in sich selbst. Es ist ein Wintermärchen, das mit den Einstieg in die dunkle Jahreszeit leicht gemacht hat.

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Wanderfüße

Zugvögel
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Franny Stone hat Wanderfüße. Sie hat sie von ihrer Mutter geerbt, weshalb sie die Bürde trägt, nie lange an einem Ort verweilen zu können, ob sie will oder nicht. Die Wanderung, die in diesem Buch beschrieben ...

Franny Stone hat Wanderfüße. Sie hat sie von ihrer Mutter geerbt, weshalb sie die Bürde trägt, nie lange an einem Ort verweilen zu können, ob sie will oder nicht. Die Wanderung, die in diesem Buch beschrieben wird, ist allerdings eher eine Seereise. Franny reist mit den letzten Zugvögeln, den Seeschwalben. Sie will ihre Reise in den Süden verfolgen, um sie vor dem Aussterben bewahren zu können, denn sie sind die letzten lebenden Zugvögel. Alle anderen Vögel sind ebenfalls dabei, auszusterben.

Charlotte McConaghy ist sehr wortgewandt und erzeugt mit ihren Worten eine einmalige Kulisse. Den Fjord, die bunten Holzhäuschen, die Kälte - da beschreibt jemand Grönland von seiner schönsten Seite und vor allem so eindrucksvoll, dass man die eisige Salzluft fast schmecken kann.

Aber lang ist von Grönland nicht die Rede, da Frannys Reise dort nur beginnt. Sie überzeugt den Kapitän eines Fischereischiffes, den Zugvögeln zu folgen. Fische gibt es schon lange kaum noch, entsprechend niedrig sind die Fangquoten. Franny verspricht, dass die Zugvögel auf ihrer Reise gen Süden bei ihrer Nahrungssuche ganze Fischschwärme ausfindig machen werden und Ennis, der Käpt'n, endlich den "Goldenen Fang" machen wird.

Allerdings ahnt weder Franny, auf welche verdrehte Crew sie sich einlässt, noch weiß die Crew, wie beschädigt Franny eigentlich ist. Sie hatte kein leichtes Leben, hat vieles verdrängt, spricht wenig (und selten die Wahrheit), weil sie viel schlimmes erlebt hat. Von einem spricht sie jedenfalls oft: Von ihrem Mann Niall.

Anfangs ist alles ein einziges Rätsel. Frannys Vergangenheit wird in Rückblenden Stück für Stück offenbart. Sie ist grausam, blutig, teilweise liebevoll und zärtlich, aber vor allem holt sie sie Stück für Stück ein, bis beide Erzählstränge miteinander im Ende der Geschichte münden, das mich als Leserin ziemlich sprachlos zurückgelassen hat. Klare Leseempfehlung für dieses spannende und düstere Buch!

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Herzwärme in arktischer Kälte

Kalmann
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Dieses Buch hätte ich gern langsamer gelesen. Ich hätte gerne noch mehr Kalmann, noch mehr Island... ach, einfach noch mehr von allem gehabt!

Am Anfang habe ich nicht so richtig verstanden, worum es ...

Dieses Buch hätte ich gern langsamer gelesen. Ich hätte gerne noch mehr Kalmann, noch mehr Island... ach, einfach noch mehr von allem gehabt!

Am Anfang habe ich nicht so richtig verstanden, worum es im Buch eigentlich gehen wird. Kalmann ist ein erwachsener, aber durch seine Behinderung auch ein besonderer Mann. Er ist der Ich-Erzähler und mit ihm erlebt man als Leser nicht nur die Ereignisse in der Geschichte, sondern auch all seine Gedanken, die nicht immer bei der Sache bleiben, sondern abschweifen und noch so viel mehr offenbaren, als einen simplen Erzählstrang. Aufgewachsen ist Kalmann bei seiner viel-arbeitenden Mutter, erzogen wurde er deshalb von seinem Großvater, der ihm mehr beibrachte, als die Schule es konnte. Er kann jagen, über 500 Jahre alte Gröndlandhaie fangen, Gammelhai einlegen und weiß genau Bescheid über die Welt! Sein Leben im verschlafenen, isländischen Nest Raufarhöfn ist geregelt und gleichmäßig. Er hat seinen besten Freund Noí und Magga, die ihn regelmäßig in Großvaters Heim fährt. Sein amerikanischer Vater hat ihm ein paar wenige Dinge vermacht, unter anderem eine alte Mauser (Pistole), einen Sheriffstern und einen Cowboyhut, die Kalmann voller Stolz trägt. Er ist der Sheriff von Raufarhöfn.

Dieser Sheriff wird auch gebraucht, denn bei einem seiner einsamen Streifzüge durch die isländische Natur auf der Jagd nach einem unruhestiftenden Polarfuchs, stößt Kalmann auf eine Blutlache am Arctic Henge. In kürzester Zeit wird das verschlafene Raufarhöfn von Polizei und Presse wachgerüttelt, Suchaktionen und Befragungen der Bewohner werden unter Leitung von Polizistin Birna durchgeführt. Aber keine Sorge, Kalmann ist da.

Dieses Buch ist so hübsch geschrieben. Kalmann ist unbedarft und einfach, aber dabei auch ausgesprochen weise. Er weiß genau Bescheid, das merkt man gleich. Sein kindlicher Blick auf die Welt hat mir gut gefallen. Oft musste ich durch seinen möglicherweise unbeabsichtigten Humor beim Lesen laut lachen. Selbst wenn im eigentlich sehr spannenden und rätselhaften Kriminalfall mal streckenweise nichts außergewöhnliches passiert ist, hatte mich Kalmanns Gedankenwelt trotzdem im Bann.

Kalmann mínn, du hast diese Geschichte zu meinem Lesehighlight 2020 gemacht.

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Hübscher kleiner Aufrüttler

Der Gepäckträger
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Drei Personen nehmen den gleichen Flug, einzige Gemeinsamkeit: Ein schwarzer Koffer mit rotem Anhänger. Ansonsten sind sie völlig verschieden.

Michael will Kunst studieren, aber sein Vater zwingt ihm ...

Drei Personen nehmen den gleichen Flug, einzige Gemeinsamkeit: Ein schwarzer Koffer mit rotem Anhänger. Ansonsten sind sie völlig verschieden.

Michael will Kunst studieren, aber sein Vater zwingt ihm seinen Traum des Profisportlers auf. Gillian hat Haus, Mann und zwei Söhne, aber steht immer im Schatten ihrer perfekten Schwester. David wurde von seiner Frau betrogen und muss nun auch noch um seinen eigentlich zeit- und nervenfressenden, aber auch gut bezahlten Job bangen.

Am Gepäckband schnappt sich jeder in Eile einen schwarzen Koffer mit rotem Anhänger und alle drei packt das Entsetzen, als sie später feststellen, den falschen mitgenommen zu haben. Ein Anruf bei der Airline bringt sie in ein seltsames Gebäude eines verlassenen Industriegebiets, in dem jeder vom Gepäckträger in einen anderen Raum gebracht wird, der einen Zauber zu mehr Selbsterkenntnis und Heilung bereithält. Denn um sein Gepäck muss man sich kümmern.

Im Nachhinein bin ich mir nicht sicher - ist diese Geschichte eine Parabel, ein Gleichnis, ein Märchen? In jedem Fall ist es eine lehrreiche, kurzweilige Story, die man durchaus mal lesen kann.

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Lehrreicher Tibet-Reisebericht von Mutter und Tochter

Let's go Himalaya!
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Der Einstieg in Katja Linkes "Let's go Himalaya" fiel mir anfangs etwas schwer. Ich hatte Schwierigkeiten, mir die Personen vorzustellen und mir ein vernünftiges Bild der Ausgangssituation zu machen. Bei ...

Der Einstieg in Katja Linkes "Let's go Himalaya" fiel mir anfangs etwas schwer. Ich hatte Schwierigkeiten, mir die Personen vorzustellen und mir ein vernünftiges Bild der Ausgangssituation zu machen. Bei fiktiven Romanen wird der Leser einfühlsam an die Charaktere herangeführt, was bei einem Reisebericht im Selfpublishing nicht so ist. Ich kann deshalb nur jedem empfehlen, auf Katja Linkes Social-Media-Kanälen reinzuschauen und sich ein paar Fotos der gemeinsamen Reise mit Katjas 11-jähriger Tochter Julia anzuschauen. Danach war ich Feuer und Flamme.

Nach dem Abschied von Freunden und Familie geht's los mit dem Flug nach Lhasa und einer holprigen Begrüßung mit intimen Leibesvisitationen und respekteinflößender Überwachung am Flughafen. Kein schöner Einstieg, der danach allerdings durch Pubu, den Reisebegleiter, schnell wieder wett gemacht wird. Die drei besichtigen gemeinsam die Stadt und berühmte Sehenswürdigkeiten. Neben dem Höhenunterschied, der den beiden Frauen Geduld und Luft abverlangt, werden auch schnell sehr viele kulturelle Unterschiede aufzeigt. Gerüche, Ernährung, Reinlichkeit - dafür haben wir als Europäer ein ganz anderes Verständnis. Nicht zuletzt spielt die medizinische Versorgung eine Rolle, da Katja als Ärztin einen besonderen Blick darauf hat. Unterdessen stellt die 11-jährige Julia eine Menge kluger Fragen, die teilweise gerade zu Beginn einen eher konstruierten Eindruck machen. Ich verstehe, dass die Dialoge die Erzählung voranbringen sollen, allerdings wirken sie dadurch leider weniger echt.
Die Reise führt Katja, Julia und Pubu zu Fuß durch das Gebirge. Die Nächte im Zelt sind kalt, die Luft ist knapp, aber der Yakbuttertee hält alle bei Kräften. Dieser Reiseabschnitt, gemeinsam mit dem Mönch Yeshi, und mit der Begegnung mit den Nomaden hat mir außerordentlich gut gefallen. Das Durchhaltevermögen unter den schwierigen Umständen hat mich sehr beeindruckt.

Gelernt habe ich viel - über Buddhismus, China und Tibet als Länder, die Mentalität und generelle Gepflogenheiten. Lustigerweise habe ich über die von Pilzen durchsetzte Raupe, einem Geschenk der Nomaden an Katja, erst neulich etwas in einem Pilzbuch gelesen. Fabelhaft!

Das Finale am Basislager mit nächtlichem Blick auf den Mount Everest und Julias Ablegen des Steins empfand ich als großes Highlight. Es war eine beeindruckende Reise, die mich trotz des holprigen Starts nachhaltig begeistert hat.

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