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Veröffentlicht am 09.04.2019

Fernweh und ein Auf und Ab der Liebe

Zeilen ans Meer
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Zeilen ans Meer von Sarah Fischer erschienen im Bastei Lübbe Verlag
Das Buch beginnt mit einem Brief an den Ozean, verpackt in einer Flaschenpost, abgegeben an das Meer in Perth am 18. August 1999. Zeilen ...

Zeilen ans Meer von Sarah Fischer erschienen im Bastei Lübbe Verlag
Das Buch beginnt mit einem Brief an den Ozean, verpackt in einer Flaschenpost, abgegeben an das Meer in Perth am 18. August 1999. Zeilen der 19jährigen Lena, die in Australien zu sich selbst gefunden hat. Zeilen, die von Liebe und Träumen zu diesem Kontinent zeugen, voller Hoffnung und Glück. Zeilen, die nach Verrücktheit und Lebensmut klingen. 15 Jahre lang wartet diese Nachricht auf Sam, der sie 2015 am Strand von Sydney findet und Lena mit einem Brief antwortet. Träume und was davon übrig geblieben ist, wandern per Post um die halbe Welt. Von Deutschland nach Australien, von Australien nach Deutschland. Was kann passieren, wenn das Schicksal seine Finger im Spiel hat? Kann aus einer Brieffreundschaft Verliebtheit, ja sogar Liebe werden? Kann eine Begegnung mit einem Fremden dem Leben eine neue Richtung geben? Vertrautheit über eine solch große Distanz, unfassbar! Doch die beiden sind etwas besonderes, sie sind Lena und Sam...
Oh mein Gott! Dieses Buch, Sams und Lenas Briefe und Botschaften sind mit Abstand das Romantischste, was ich je gelesen habe. Die Intensität der Charktere und des Gesagten steigern sich mit jedem Schriftstück. Höhen und Tiefen des Lebens und eine mögliche Freundschaft oder gar Beziehung werden ausgelotet. Über Turbulenzen hinweg wird das Leben der beiden Weggefährten heftig dureinander gewirbelt. Dabei kann Lena die Spuren, die diese vergangenen 15 Jahre hinterlassen haben, nicht einfach fortwischen. Die Hauptfigur, Lena gibt dem Leser die Möglichkeit, sich selbst zu erkennen und ihr dabei ganz nah zu sein. Im Alltag verloren, von Pflichten überrollt, alle Träume tief vergraben, aufgegeben für die Ansprüche der anderen. Da tritt unerwartet Sam in ihr Leben. Selbst er, der sonnenverwöhnte Surfer, versucht die Schattenseiten der Vergangenheit auszublenden. Gemeinsam geben sie sich Halt und Mut, kleine Fluchten sowie Hoffnung auf eine glückliche Zukunft. Es entstehen wunderbar, fast poetische Zeilen, die Sarah Fischer in einen einfühlsamen, gegenwärtigen Roman verewigt hat. Die Autorin erzählt in klarer, warmherziger Weise und lässt auch die schweren Momente nicht außen vor. Die Autorin bindet Glück und Trauer, Verlust und Zuversicht fest zusammen, dass es beinnahe wehtut. Dabei kommt eine Prise Fernweh auf. Die Bilder Australiens, Münchens und Frankreichs ziehen so eindeutig vor dem inneren Auge vorbei, als wäre man mit Sam am Strand oder mit Lena am Eisbach. Sarah Fischer spart nicht mit detailreichen, ausschmückenden Beschreibungen der sehnsuchtsvollen Örtlichkeiten.
Das i-Tüpfelchen dieser romantischen Geschichte sind die Buchempfehlungen, die im Briefwechsel ausgetauscht werden. Danke für die Anregungen und Erinnerungen, die hier als Appetithäppchen dienen.
Fazit: Der Aufbau in Briefform funktioniert hier sehr gut. Die Dynamik steigert sich mit jedem Brief. Ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen und hätte gern noch weitere Episoden mit Sam und Lena erlebt. Ich vergebe eine unbedingte Leseemmpfehlung für diesen Balanceakt zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, diesen einfühlsamen, lebendigen Roman, diese einmalige, bezaubernde und zeitgenössische Liebesgeschichte, die lange nachklingt und eine unspezifische Sehnsucht zurücklässt. Übrig bleibt ein Gedanke über die eigenen verpassten Chancen und die Möglichkeiten, die da vielleicht noch lauern...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
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  • Erzählstil
  • Stimmung
  • Figuren
Veröffentlicht am 24.03.2019

Grenzenlose Sehnsucht - Heimat

Was uns erinnern lässt
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Was uns erinnern lässt ein Roman von Kati Naumann erschienen im HarperCollins Verlag
2017: Milla, 33 Jahre alt, genießt abends in ihrer Wohnung in Coburg zusammen mit ihrem 14-jährigen Sohn Neo ein Marmeladenbrot. ...

Was uns erinnern lässt ein Roman von Kati Naumann erschienen im HarperCollins Verlag
2017: Milla, 33 Jahre alt, genießt abends in ihrer Wohnung in Coburg zusammen mit ihrem 14-jährigen Sohn Neo ein Marmeladenbrot. Doch es ist nicht irgendeine Marmelade! Nein, eine Brombeermarmelade, die Mila auf ihren Streifzügen zu einem sogenannten Lost Place in einem Keller mitten im Thüringer Wald gefunden hat. Fast 40 Jahre sind seit dem Sommer der Verabeitung der süßen Brombeeren vergangen und mit ihr die Erinnerungen an das Hotel Waldeshöh und dessen Geschichte, die nun verblasst. Mila ist fasziniert von diesem verborgenen Ort und recherchiert auf eigene Faust. Dabei geht sie der Geschichte des ehemaligen Hotels und deren Besitzern auf den Grund. Es blühen tiefgreifenden Rückblicke auf, die auch ihr eigenes Ich tief berühren.
1945: Eine junge Lehrerin lebt mit ihrer Schulklasse aus Frankfurt am Main und andere Kinder zusammen mit Johanna Dressel, ihrem Sohn Werner und ihrer Schwiegermutter in den Tiefen des Thüringer Waldes, nahe des Rennsteigs, im Dressels Forst im angesehen Hotel Waldeshöh. Das Gebiet ist schon seit Generationen im Familienbesitz. Johannah kümmert sich so gut es geht um die Belange des Hotels und angrenzenden Forsts, während ihr Mann Arno im Krieg kämpft. Dann die Nachricht, die Panzer der Amerikaner sollen schon in Coburg, Neustadt und Eisfeld angekommen sein. Johannas Furcht vor den Russen geht in ihrer Vermutung unter: "...was haben wir für ein Glück, dass es die Amerikaner sind. Jetzt wird alles gut." Inwieweit sich Johannahs Aussage bewahrheitet und was mit dem einst angesagen Anwesen geschieht, berichtet die Autorin indem der Leser die Familie Dressel durch viele Jahrzehnte begleitet - bis ins Jahr 1977. Dabei durchlebt man Höhen und Tiefen der verschiedenen Hauptprotagonisten und Nebencharaktere, die einen alle ans Herz wachsen. Die Autorin erzählt ihre Geschichte mit ungeahnter Kraft und es entsteht ein Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Durch gekonnt platzierte Cliffhanger wechselt Kati Neuman in die zweite Erzählenbene und verfolgt, dank Mias Bemühungen um Recht und Ordnung, allerlei emotionalen Entschlüsselungen. Es kommt zu einer Begegnung mit Christine. Beide Frauen arbeiten zusammen die jeweils eigene Geschichte auf, bringen Licht ins Dunkel und finden Antworten auf viel zu lange ungestellte Fragen. Der Aufbau dieser beiden Zeitschienen und wechselnden Perspektiven funktioniert brillant und steigert den spannenden Lesefluss ungemein. Die bildgewaltigen Beschreibungen vertiefen den Eindruck einer realen Erzählung, wobei Fiktion und Wirklichkeit gekonnt verschwimmen. Die Liebe zur Natur und zum Thüringer Wald ist in den jeweiligen fast poetischen Schilderungen spürbar. Gerade weil ich heute meine Füße wieder dort hinein setzten werde und in der ehemaligen DDR aufgewachsen bin, berühren mich die einfühlsamen, atmophärischen Erzählfragmente sehr. Mich hat "Was uns erinnern lässt" mit dem passenden Cover positiv überrascht, aufgewühlt und nachdenklich zurückgelassen. Kati Naumann hat ein wundervolles Herzensbuch geschrieben, eine spannendes Familienschicksal, welches mir so manchen Gänsehautmoment beschert hat. Eine klare Leseempfehlung mit zahlreichen Gedanken zum Thema Heimat.

Veröffentlicht am 17.03.2019

Wo gehöre ich hin?

Nordlicht, Band 03
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Nordlicht Band 3 Die Magie der wilden Pferde von Karin Müller 2019 Schneiderbuch EGMONT
Elin leidet noch immer unter rasenden Kopfschmerzen. Das bedeutet fluguntauglich und mindestens drei weiter Wochen ...

Nordlicht Band 3 Die Magie der wilden Pferde von Karin Müller 2019 Schneiderbuch EGMONT
Elin leidet noch immer unter rasenden Kopfschmerzen. Das bedeutet fluguntauglich und mindestens drei weiter Wochen Island, Ljosadis, Kari und Co.! Fantastisch, oder? Leider darf Elin weder reiten noch andere spannende Sachen unternehmen. Doch dank ihrer Träume sowie der magischen Verbindung zu dem unsichtbaren Volk Islands und vor allem zu Kari, lässt das Abenteuer nicht lange auf sich warten . Denn es geht weiter und hat bereits begonnen! Die Prophezeihung... Ein düsteres Geheimnis, etwas Bedrohliches liegt, wie ein Schatten, für Menschen Augen unsichtbar über der Insel. Die Zukunft liegt jetzt in Elins und Karis Händen.
Im abschließenden 3. Band der Island-Fantasie-Reihe startet die Autorin im gewohnt flüssigen, zeitnahen Schreibstil ins packende Finale. Dank der jugendlichen Sprache taucht man gespielt einfach in Elins Gedankenspirale ein. Das Leben kann kompliziert sein, die Liebe noch komlizierter. Das spürt Elin am eigenen Leib, hat sie sich doch in ein scheinbar unsichtbares Fabelwesen-Kari, welches ihre Sehnsucht ins Unfassbare steigert, verliebt. Und welche Gefühle ruft der attraktive, äußerst reale Raik in ihr hervor? Virtueller Austausch contra lebensnaher Wirklichkeit... Im Nordlicht findet sich mehr als diese zarte Liebesgeschichte. Träume, Aufbruch, Wandlung und Beständigkeit- Karin Müller schickt die Leser in eine frische, aufwühlende und fesselnde Geschichte vor der rauen und wunderschönen Kulisse Islands.
Die beiden Paralellwelten von Huldu und Menschen verschwimmen im perfekten Einklang. Dank der Abgrenzung durch verschiedene Schriftstile weiß man sofort, in welcher Welt man sich befindet. Scheinbar zufällig, wie in einem Traum, fügen sich die Szenen zusammen, bis sich das unerwartete Bild am Ende offenbart. Das Ende und die in Wahrheit ernsthafte Botschaft ist passend für diese magische Roman-Triologie mit den fühlbaren Protagonisten.
Fazit: Durch die Vorkenntnisse zu den Inhalten der beiden Vorgängerbände haben mich die Zeilen im 3. Nordlicht gefangen genommen und sehr gut unterhalten. Der Jugendroman überrascht mit einer durchweg fantastisch, turbulent erzählten Geschichte auf der Suche nach Liebe und Glück sowie den Werten der aktuellen Zeit.

Veröffentlicht am 13.03.2019

Spionage und Geheimnisse

Schatten der Toten
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Schatten der Toten von Elisabeth Herrmann, ein atmosphärischer Thriller, erschienen im Goldmann Verlag
Im dritte Band begibt sich die Tatortreinigerin Judith Keppler auf Spurensuche nach dem Mann, der ...

Schatten der Toten von Elisabeth Herrmann, ein atmosphärischer Thriller, erschienen im Goldmann Verlag
Im dritte Band begibt sich die Tatortreinigerin Judith Keppler auf Spurensuche nach dem Mann, der ihr Leben von Grund auf veränderte und ihre Chance auf eine sorglose Zukunft zerstörte, ihren Vater. Nach gefühlsgewaltigen Entwicklungen und einem überraschenden Todesfall entscheidet sich Judith, für eine Reise zum Grund dieser bedeutungsvollen Tatsache und eine tragische Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Ich. ...
Elisabeth Herrmann ist ein großartiger Thriller gelungen. Mit einer intelligent ausgeklügelten Geschichte und einem logischen Aufbau, auf 669 flüssig lesbaren Seiten, entwirrt die Autorin Verstrickungen von geheimen Machenschaften, illegalen Handlungen von machthabern gedeckt und schicksalhaften Begebenheiten. Mit einer anspruchsvoll konstruierten Story und treffenden, fesselnden Worten muss der Leser aufpassen und mitdenken, um die verschiedenen Verwicklungen und Bündnisse zu verstehen. Bei den Aktionen und Handlungen von Judiths Vater sowie den geschichtlichen Folgen benötigt man alle Sinne, um nicht aus den Takt zu kommen. Definitiv ist das keine Lektüre nach einem arbeitsreichen Tag, wenn man müde ist. Agenten, BND, Stasi und andere tretten auf die Bühne und agieren in dunklen Zeiten. Undurchschaubare Aktionen und unerwartenden Wendungen fördern den Spannungsaufbau bis zum schlüssigen Ende.
Fazit: Ein gelungener Spionagefall mit Judith Keppler, der mich fesseln konnte und den ich gern weiterempfehle. Leider geriet die Hauptprotagonistin neben der Haupthandlung fast ein wenig in den Hintergrund und ihre Gedankengänge landeten im Verborgenen. In den Vorgängerbänden war Judith greifbarer und näher am Leser. Ich vergebe 4 sehr gute Punkte für diese scharfsinnige Reise in die Vergangenheit zu den Schatten der Toten.

Veröffentlicht am 13.03.2019

Albrecht Dürer trifft einen Fan

VENUS AD
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Venus AD, geschrieben von Gabriele Borgmann, erschienen PalmArtPress Berlin
Nele lebt für alte Gemälde und seit vielen Jahren schlägt ihr Herz für Albrecht Dürer. Dieser landet im Hier und Jetzt, vor den ...

Venus AD, geschrieben von Gabriele Borgmann, erschienen PalmArtPress Berlin
Nele lebt für alte Gemälde und seit vielen Jahren schlägt ihr Herz für Albrecht Dürer. Dieser landet im Hier und Jetzt, vor den Füßen der Doktorantin, mitten in Berlin. Gereist ist er, durch Zeit und Raum, weil ein unsagbar, infarmes Ereignis ihn erregt und zutiefst gekränkt hat. Lucas Cranach raubte seine Venus-Skizze und blendet nun mit ihrer Schönheit und adretten Nacktheit die Gönner und Liebhaber der Kunst. Das darf einfach nicht sein! Düreres einmaliges Monogramm muss auf das Kunstwerk der Venus mit dem kleinen Amor eingeritzt werden. Der Künstler landet 2019 in der Hauptstadt und will sich zurück holen, was rechtmäßig ihm gehöhrt. ...
Kein Mystery-Roman und auch kein Fantasy-Abenteuer schreibt Gabriele Borgmann hier nieder. Auf 183 Seiten erzählt die Autorin eine moderne Geschichte auf zwei Zeitebenen. Die Worte lese sich poetisch und gleichzeitig skurril. Die Nacht in Berlin wirkt wie ein zeitloserTraum. Nele bietet sich die Möglichkeit ihren allgegenwärtigen, liebsten Maler hautnah zu spüren, ihm Fragen zu stellen und ganz nah bei ihm zu sein. Ungeahnte Möglichkeiten ergeben sich aus diesem surrealen Zusammentreffen. Am Ende findet sich eine eindringliche Erkenntnis, die Albrecht Dürers Gemüt beruhigt und Neles klarer und doch voll von Fragen zurück lässt. Die Vergangenheit und Zeit Cranachs und Dürers wirkt intensiv und lebendig. Sie steht der zeitlich aktuellen Seite in nichts nach. Ausdrucksstark, fast lyrisch erzählt die Autorin ein gegenwartsnahes literarisches Stück Zeitgeschichte. Die Rangeleien und Autoritäten der kulturpolitischen Eitelkeiten kommen dabei nicht zu kurz.
Fazit: Gut gefallen hat mir die Abbildung des Bildes der Venus mit Amor von Lucas Cranach dem Älteren (1509) am Anfang des Buches. Das unscheinbare Cover passt zur Geschichte, doch hebt es deren Einmaligkeit nicht hervor. Die kurzweilige Lektüre um Venus AD habe ich unheimlich gern gelesen. Die Zeilen sind anspruchsvoll und ergeben eine abgerundete, liebevolle Erzählung. Spannend und interessant zu lesen und unbedingt empfehlenswert!