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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.11.2016

Eine Geschichte über 2924 Hunden in fiktiver Erzählung und wahrheitsgetreuen Fotos

2924 Hunde und 10 Tierheime : FotobuchRoman
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Wer einen Einblick in andere (ausländische) Tierheime bekommen möchte, hat mit diesem Buch eine gute Wahl getroffen. Es verbindet fiktive Erzählung mit echter Fotodokumentation - eine Mischung, die gelungen ...

Wer einen Einblick in andere (ausländische) Tierheime bekommen möchte, hat mit diesem Buch eine gute Wahl getroffen. Es verbindet fiktive Erzählung mit echter Fotodokumentation - eine Mischung, die gelungen ist und zum Nachdenken anregt.

Natalie, angehende Architektin, wird zu ihrem Unmut von einem bedeutenden Museumsprojekt abgezogen und soll in verschiedene Tierheime reisen, um sich deren Architektur anzuschauen. Dass es dabei nicht nur bei den Bauwerken bleibt, wird schnell deutlich. Natalies anfängliche Abneigungen, Vorurteile und Ängste verschwinden, als sie sich näher mit den Tierheimen, seinen Bewohnern und den Pflegern befasst. Vielleicht ist nicht jeder große (schwarze) Hund bösartig, vielleicht nicht alle Tierheime starr vor Dreck und vielleicht stecken Menschen tatsächlich ihr Herzblut in die Rettung der Tiere. Nebenbei erfährt man vieles über Finanzierung, Aufbau und Mitarbeiter der Tierheime ebenso wie den Sinn von Kastration und Notwendigkeit von Kosten für Adoptionen. Doch auch die Schattenseiten werden beleuchtet, denn nicht in jedem Tierheim haben die Tiere hektargroße Wiesen zum Toben und nicht alle Menschen können nachvollziehen, warum Kastrationen helfen, das Tierleid zu verringern.

Im Buch wird von Tierheimen aus Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, Georgien und Rumänien mit den unterschiedlichsten Größen berichtet (ganz hinten findet sich eine Karte, in der die Tierheime verortet sind). Natalie entwickelt sich nach und nach im Verlauf ihrer Recherche, was sich gut nachvollziehen lässt. Die vielen Fotos zeigen authentischen (!) Tierheimalltag und sind sinnvoll plaziert, sodass sie zur besseren Vorstellung beitragen.
Das Buch hat einen offene Bindung mit einem Umschlag. Der Titel zeigt deutlich, wie viele Tiere in Tierheimen sind und wenn man sich vor Augen führt, dass einige lediglich eine zweistellige Zahl von Hunden beheimatet, werden die Unterschiede klar!

Leider sind die Kapitel gegen Ende etwas abgehakt, was sehr schade ist. Zudem hatte ich persönlich Probleme mit der Bindung, da sie bei mir im Inneren des Buches wohl etwas unsauber geklebt war (hoffentlich ein Einzelfall!).
Mit dem Buch möchte die Autorin zeigen, dass es den Tieren in den Tierheimen nicht unbedingt schlecht gehen muss, was ihr auch gelingt und was hoffentlich unsere Abscheu gegenüber diesen verringern kann. Trotzdem sollte es auch ganz klar vermitteln, dass Tiere wegen uns Menschen in Tierheimen sitzen und dass in manchen Tierheimen die Tiere aufgrund von Geldmangel, Überfüllung und/oder Witterungsbedingungen eben kein Sonnenscheinleben führen. Diese Botschaft fehlt mir persönlich ein wenig.

Wer ganz unverfänglich mehr über das Tierheimleben erfahren möchte und sich dazu wundervolle Fotografien anschauen möchte, ist bei diesem Fotoroman genau richtig.

Veröffentlicht am 23.10.2016

Über den bewussten Umgang mit Pferden

HippoSophia
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"Ein Reiter ohne Pferd [ist] einfach nur ein Mensch [...]. Ein Pferd ohne Reiter aber - bleibt ein Pferd." (HippoSophia S. 164)

Dieses Zitat, welches relativ weit hinten im Buch zu finden ist, ist für ...

"Ein Reiter ohne Pferd [ist] einfach nur ein Mensch [...]. Ein Pferd ohne Reiter aber - bleibt ein Pferd." (HippoSophia S. 164)

Dieses Zitat, welches relativ weit hinten im Buch zu finden ist, ist für mich das Kernstück von HippoSophia. Ohne das Pferd kann der Mensch kein Reiter sein - ein Anstoß, sich Gedanken über die Beziehung zum und den Umgang mit dem Pferd zu machen, welcher schon vor dem eigentlichen Kontakt mit ihm beginnt. Wie wirken wir, wenn wir gehetzt und voller Gedanken am Stall erschienen und dann doch nichts funktioniert, weil das Pferd schlecht drauf ist? Wir sollten ankommen, genießen, im Moment sein - eine Anregung nicht nur für das Leben mit Pferd.

Der Einband mit dem schönen Cover ist aus Karton, außen grau und innen rot - schon ein gelungener Kontrast, ebenso wie die wirklich hochwertigen Seiten. Auf knapp 200 Seiten beleuchtet Karin Müller nicht nur, warum Pferde eine heilende Wirkung auf Menschen haben, sondern betrachtet das große Ganze: was macht der Stall mit dem Pferd, in dem es so viel Zeit seines Lebens verbringt (oder verbringen muss), was kann eine Weidehaltung im Herdenverband bewirken, was es zur Folge haben kann, wenn wir nicht nur bei Fragen zur Haltung in uns und das Pferd hineinhorchen, was der Gesundheitszustand unseres Pferdes über uns aussagen kann und welch große Bedeutung die therapeutische Wirkung von Pferden hat.
Geschmückt mit berührenden Erfahrungsberichten, Zitaten von bekannten Reitsportgrößen und Therapeuten sowie Übungen zur Achtsamkeit bietet dieses Buch einen Leitpfaden, die Beziehung zu seinem Pferd harmonischer, tiefgründiger zu gestalten und regt an, dem Pferd Dankbarkeit (und einiges mehr) zurück zu geben.
Man merkt, dass der Autorin der achtsame Umgang mit den wundervollen Geschöpfen eine Herzensangelegenheit ist. Wenn wir auch nur ein wenig davon mitnehmen, ist schon viel erreicht!

Leider gefiel mir persönlich die Einbindung einiger Zitate absolut nicht, da teils lediglich der Name genannt wurde und im direkten Anschluss das Zitat folgte, was durch Verben oder Satzverknüpfungen vermeidbar ist.

Insgesamt ein wirklich hochwertiges Buch, in dem mit Leidenschaft für ein zwingend notwendiges Umdenken im Umgang mit Pferden plädiert wird.

Veröffentlicht am 18.10.2016

Toll recherchierter und bildhaft erzählter Roman über die Kinderkreuzzüge

Unter dem Banner des Kreuzes
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"Unter dem Banner des Kreuzes“ von Astrid Fritz führt uns ins Freiburg des 13. Jahrhunderts. Die Menschen sind stark geprägt von ihrem Glauben, so auch die junge Anna. Als sie davon hört, dass sich Scharen ...

"Unter dem Banner des Kreuzes“ von Astrid Fritz führt uns ins Freiburg des 13. Jahrhunderts. Die Menschen sind stark geprägt von ihrem Glauben, so auch die junge Anna. Als sie davon hört, dass sich Scharen von Kindern aufmachen, um Jerusalem zu befreien, angeführt vom Hirtenknaben Nikolaus, ergreift sie die Gelegenheit um von ihrem brutalen Vater zu fliehen. Überzeugt von den vielversprechenden Worten der Junker schließen sich wie Anna noch weitere Freiburger dem Zug an, und später auch der zukünftige Priester Konrad. Sind die Bewohner der Dörfer, die sie auf ihrem Zug passieren, zunächst noch begeistert und gastfreundlich, werden sie später argwöhnisch betrachtet und vertrieben, denn niemand will mehr die magere Ernte teilen. So leiden die Kinder auf ihrem Weg unter Hunger, Durst, Entbehrungen und Angst. Immer weiter führt sie ihr steiniger Weg, angetrieben vom Glauben. Doch werden sie es bis ans Meer schaffen, um von dort nach Jerusalem zu gelangen?

Astrid Fritz beschreibt mit einer bildhaften, flüssig lesbaren Sprache den Weg des sogenannten Kinderkreuzzuges. Man fühlt sich, als wäre man wirklich mit Anna, Konrad und der kleinen Freiburger Schar unter den Wanderern. Die Kinder machten sich auf, getrieben von ihrem Glauben, überzeugt von den Worten von Nikolaus, häufig mit nichts als den Lumpen, die sie trugen, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Immer wieder lauern Gefahren auf ihrem Weg und nicht alle sind stark genug, die Anstrengungen zu bewältigen. Die kleine Freiburger Schar wächst immer mehr zusammen, wie eine kleine Familie mit Konrad ihrem Beschützer und seinem treuen Pferd. Der Leser kann mitfiebern und hofft, dass sie jeden Abend wohlbehalten ein Obdach finden. Man befindet sich mittendrin im Geschehen, spürt förmlich, wie die Stimmungen schwanken. Auch wenn der Roman den größten Teil von der Wanderung handelt, so bleibt es durchweg spannend.

Der Roman ist in sich rund und sehr spannend erzählt. Ausgeschmückt mit historischen Fakten erfährt man so über die Kinderkreuzzüge und die Kraft des Glaubens zur damaligen Zeit. Auch wird einem bewusst, mit welchen Entbehrungen die Kinder leben mussten, die teilweise ohne Schuhe hunderte Kilometer bei Wind und Wetter in die ihnen unbekannte Ferne zogen. Die Charaktere wachsen einem sehr ans Herz und man hofft, dass alles gut für sie ausgeht.

Fazit: Großartig recherchiert, bildhaft aufbereitet und spannend erzählt. Ich hoffe sehr auf eine Fortsetzung!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Großartiges Debüt

Mein bist du
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Detective Sean Corrigan ist nicht wie andere Cops. Er ist besser. Er kann sich in die grausamsten Täter hineinversetzten, kennt ihre dunkelsten Gefühle, hat selbst Grauenhaftes erlebt. Doch kann er sich ...

Detective Sean Corrigan ist nicht wie andere Cops. Er ist besser. Er kann sich in die grausamsten Täter hineinversetzten, kennt ihre dunkelsten Gefühle, hat selbst Grauenhaftes erlebt. Doch kann er sich weit genug von den schrecklichen Morden distanzieren, damit ihn seine Vergangenheit nicht einholt? Als er zu einem Tatort mit einer abstoßend verstümmelten Leiche kommt ist ihm klar, dass er es hier mit einem gerissenen Killer zu tun hat, der keine Gnade kennt. Ein Verdächtiger ist zwar schnell gefunden, aber jegliche Beweise fehlen. Wie viele Morde müssen noch geschehen, bevor er der Mörder überführt werden kann?

Mit Sean Corrigan hat der Autor einen sympathischen und menschlichen Protagonisten geschaffen, der nicht wie in anderen Thrillern ein „Übermensch“ ist. Die Fähigkeit, sich in die Täter und das Geschehen hineinversetzen zu können, wird am Anfang öfter erwähnt, es bleibt aber dann alles im Rahmen und driftet auch nicht ins Übernatürliche ab.

Auch die anderen Charaktere sind sehr vielschichtig und wirken authentisch und gut durchdacht, bis auf Corrigans Frau Kate, die doch eher unwirklich erscheint, vielleicht, weil sie zu wenig ins Geschehen eingebunden ist.

Der Autor war selbst Detective, er weiß also, wovon er schreibt – und das merkt man! Alles wirkt durchdacht und eben so, als könnte es sich tatsächlich so abgespielt haben. Der Leser bekommt interessante Einblicke in die Polizeiarbeit, die, obwohl es natürlich nicht so sein muss, sehr realistisch erscheint.

Allein für den Sprachstil hat das Buch einen zusätzlichen Stern verdient. Der Autor versteht es, Fährten und Hinweise zu legen, sodass man bis zur letzten Seite rätselt und fiebert. Die geschickt angeordneten Perspektivenwechsel sind großartig, ich habe das Gefühl, wirklich von einer anderen Person zu lesen, da der Stilwechsel absolut gelungen ist. Durch viele Kleinigkeiten, wie z.B. die Beobachtung des Verhaltens der Elstern, fügt der Autor auch nachdenkliche Passagen ein, die die ganze Geschichte rund machen. Auch die Aufreihung in mehrere Handlungsstränge stört nicht, sondern macht alles nur noch spannender.

Dieser Thriller hat Struktur, gut ausgearbeitete Charaktere, eine Menge Spannung, Gänsehautfeeling und ist insgesamt rund und durchdacht, zudem besticht er mit einem tollen Sprachstil. Deshalb würde ich am liebsten 6 Sterne vergeben! Ein wirklich tolles Debüt!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Christa Bernuth entführt in die abartigsten Ecken der Menschheit

Das Falsche in mir
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Lukas Salfeld, Familienvater, hütet ein schreckliches Geheimnis. Er hat als Jugendlicher seine Freundin Marion umgebracht, hat dafür eine Gefängnisstrafe verbüßt und hofft nun, ein normales Leben führen ...

Lukas Salfeld, Familienvater, hütet ein schreckliches Geheimnis. Er hat als Jugendlicher seine Freundin Marion umgebracht, hat dafür eine Gefängnisstrafe verbüßt und hofft nun, ein normales Leben führen zu können. Doch er merkt, dass sie sein Trieb nur schwer kontrollieren lässt. Bald darauf verschwinden Mädchen, die eine nicht zu übersehende Ähnlichkeit mit Marion haben – und tauchen verstümmelt wieder auf. Doch Lukas erinnert sich nicht daran, was er nachts getan hat…

Der Thriller ist hauptsächlich aus der Perspektive von Lukas geschrieben, was ihn allein dadurch anders macht. Man erlebt mit, wie sich Lukas auf die Suche nach dem wahren Mörder macht, da er selbst unter Verdacht steht. Außerdem erfährt man nach und nach, was damals mit Marion passiert ist. Doch ist er es diesmal wirklich nicht gewesen, der die Mädchen geschnitten hat? Der Leser weiß die meiste Zeit nicht, was genau vor sich geht. Das macht das Buch sehr spannend. Und als man glaubt, es zu wissen, kommt es doch anders. Hier gelingt es Christa Bernuth gerade so, die Geschichte doch nicht auf die ausgelutschte Thriller-Schiene abrutschen zu lassen, sondern eine interessante Wendung einzufügen. Schon ein bisschen unrealistisch, aber das Gesamtbild ist auf jeden Fall gelungen.

Dadurch, dass man nicht nur die Geschichte von Lukas, sondern auch von der Ermittlerin Sina Rastegar und ihrer Freundin erfährt, ist ‚Das Falsche in mir‘ sicherlich nichts für schwache Gemüter. Durch die Mischung aus Tagebuch, Rückblenden und dem nüchternen Erzählstil wirkt alles so real, als würde man daneben stehen.

Der Titel ist passend gewählt, die Nadeln auf dem Cover eher weniger, dafür ist das Heruntertropfen der Titelfarbe umso treffender.

‚Das Falsche in mir‘ ist ein sehr gelungener, spannender und nervenaufreibender Thriller, der mich sehr überzeugt hat. Er wird sicherlich nicht der letzte sein, den ich von dieser Autorin gelesen habe.