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Veröffentlicht am 05.05.2022

Es ist nicht, was der Klappentext verspricht.

Der Ausflug
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Amalia, ihr Bruder Bodo, Gero und Josef kennen sie sich schon seit der 8. Klasse. Damit die vier, trotz alltäglichen Pflichten, deren Freundschaft behalten zu können, unternehmen die junge Erwachsene jährlich ...

Amalia, ihr Bruder Bodo, Gero und Josef kennen sie sich schon seit der 8. Klasse. Damit die vier, trotz alltäglichen Pflichten, deren Freundschaft behalten zu können, unternehmen die junge Erwachsene jährlich Ausflüge. Diesmalige Ziel ist eine sommerliche Kanutour auf einem Flussdelta irgendwo und nirgendwo in Deutschland. Doch schon bei der Ankunft erleben die Freunde wegen Josefs dunkle Hautfarbe nicht nur Ablehnung, sondern werden diskriminiert, sogar öffentlich bedroht. Die vier lassen sich keinesfalls einschüchtern, wozu auch, in einem Land Regel und Gesetze herrscht und setzen deren Ausflug wie geplant vor. Bis es alles eskaliert...

Von vornweg: wer inhaltlich anspruchsvolle Romane oder aber auch ganz „normale“ Krimis mag, sollte hier Finger weglassen. Denn es ist weder eins noch der andere. Der Klappentext verspricht eine spannungsvolle Story und die Geschichte fängt daher vielversprechend an, doch nach paar gelesenen Seiten wird einem sofort klar: es ist nicht, was man erwartet hat. Die Handlungen sind unglaubwürdig, die Thriller-Szenen, die eigentlich Spannung bringen sollte, sind langweilig und unlogisch. Dazu kommen langatmige Gedanken von der unsympathischen Protagonistin und sinnlose Dialoge zwischen die Freunde. Ehrlich gesagt, war ich froh, dass dieses Buch nur 190 Seiten hatte, wenn es länger wäre, hatte ich es höchstwahrscheinlich abgebrochen. Es tut mir leid, aber ich kann in dem Sinne dieses Buch nicht weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 17.04.2022

Melancholisch und poetisch

Geschichte einer großen Liebe
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1978. Edith und Andrea begegnen sich zum ersten mal auf einer Überfahrt von Venedig nach Piräus. Sie ist eine frisch gebackene Abiturientin, rebellisch, voll mit Lebensenergie. Er ist ein zehn Jahre älterer ...

1978. Edith und Andrea begegnen sich zum ersten mal auf einer Überfahrt von Venedig nach Piräus. Sie ist eine frisch gebackene Abiturientin, rebellisch, voll mit Lebensenergie. Er ist ein zehn Jahre älterer Kapitän des Schiffes, ohne bestimmten Hafen. Schon ab dem ersten Augenkontakt an, spüren die beiden gegenseitige Anziehungskraft. Besonders Andrea ist begeistert von Edith. Die beiden verabschieden sich, treffen sie sich wieder, erst entwickelt sich zwischen den beiden eine Freundschaft, dann eine Art von einer offenen Beziehung. Andrea, verliebt in Edith, löst seine Verlobung und macht ein Heiratsantrag, doch die freiheitsliebende Edith weist ihn zurück und taucht ab. Nach Jahren Funkstille stoßen die beiden aufeinander auf eine andere Ecke der Welt zusammen und ab da erleben die beiden all die Höhen und Tiefen des Lebens zusammen.

Rückblickend, aus der Sicht von Andrea, sprachgewaltig, poetisch, sogar beinahe philosophisch erzählt die Bestsellerautorin Susanna Tamaro über eine Liebe. Eine große Liebe, die viele Schicksalsschläge ertragen musste. Es klingt jetzt vielleicht wie eine Rosa-Rote-Liebesgeschichte, ist es aber nicht. Tamaro schnitt ein Stück aus der realen Welt ab, greift Themen wie Tod und Trauer, Jungsein und Altwerden. Ihre Charaktere sind wie einer von uns, haben eigene Lasten zu tragen, treffen manchmal die falschen Entscheidungen und sind lebendig. Doch egal wie gut das Buch geschrieben wurde, konnte es mich nicht hundertprozentig überzeugen. Vielleicht liegt es daran, dass die Geschichte in kurzen Kapitel und in teils großen Zeitsprüngen erzählt wurde, aber vielleicht auch daran, weil ich mich keiner der beiden Charaktere identifizieren konnte, ich weiß es nicht. Auf jedenfalls fehlte mir hier ein gewisse Etwas. Nichts ist trotzdem eine herzerwärmende Liebesgeschichte.

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Veröffentlicht am 07.04.2022

Kurzweilig und lesenswert

Die Diplomatin
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Friederike Anderman, genannt auch Fred ist Ende Vierzig, geboren in der DDR, Tochter von einer alleinerziehenden Mutter, die damals nach BRD geflüchtet ist, aber mittlerweile seit Jahrzehnten in Hamburg ...

Friederike Anderman, genannt auch Fred ist Ende Vierzig, geboren in der DDR, Tochter von einer alleinerziehenden Mutter, die damals nach BRD geflüchtet ist, aber mittlerweile seit Jahrzehnten in Hamburg lebt. Sie ist eine erfahrene deutsche Botschafterin, war in Bagdad tätig als die Bomben aus der Himmel fielen und arbeitet im Moment in Montevideo/Uruguay. Doch dann wird eine deutsche Bloggerin, Tochter von einer der einflussreichsten deutschen Familien in Uruguay, vermisst. Fred schenkt dem Fall nicht genügend Aufmerksamkeit und wurde als „Strafe“ in der Türkei, genauer gesagt in politisch chaotischen Istanbul versetzt. Istanbul... Millionenmetropole und Schlagader von der Türkei und genau hier wartet sie noch einmal ein harte Schlag...

Schnörkellos, zynisch und mit einer Prise schwarzen Humor versüßt erzählt die Bestsellerautorin Lucy Fricke über eine Konsulin, die den glauben an die Diplomatie verloren hat. Ihr Figur pendelt Zwischen Moral und Politik und diplomatische und private Affäre hin und her. Fred war für mich am Anfang ein gefühlloser Charakter, ein Prototyp von einer Frau, die ihre Karriere vor ihre Familienplanung bevorzugt. Doch je weiter ich gelesen hab, desto mehr konnte ich sie verstehen. Fricke nimmt die deutsch-türkischen Zusammenarbeit unter die Lupe und übt dabei Kritik an beiden Regierungen, obwohl das ziemlich gefährlich werden konnte. Haarscharf recherchiert, sehr bildhaft leuchtet sie in eine höchst Geheime Welt und gibt einige Einblicke lehrreiche, politische Einblicke frei. Ein Roman, der geopolitisch nicht aktuell sein kann. Sehr empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 31.03.2022

60 Jahre Almanya

Dschinns
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Im Oktober 1961 kamen die ersten türkische Gastarbeiter nach Deutschland. Überwiegend Männer, die in der Türkei als Bauer, Bauarbeiter oder Handwerker tätig waren. %90 der Männer hatten nur ein Ziel: genug ...

Im Oktober 1961 kamen die ersten türkische Gastarbeiter nach Deutschland. Überwiegend Männer, die in der Türkei als Bauer, Bauarbeiter oder Handwerker tätig waren. %90 der Männer hatten nur ein Ziel: genug Geld fürs eigene Ackerland oder Betrieb sparen und wieder zurückkehren. Doch alles kam anders als geplant! Wer in Deutschland einigermaßen auf den eigenen Beinen stehen konnte, blieb und holt seine Familie nach. Mittlerweile leben in Deutschland ca. 3-Millionen türkeistämmigen Menschen. Eine Familie davon sind die Yilmazs...

Der Herr des Hauses Hüseyin Yilmaz stirbt unerwartet nach 30 Jahre harter Arbeit, kurz vor der Rente, in Istanbul. Übrig bleibt sein Lebensziel: ein Eigenheim in der Türkei. „Kötü haber tez duyulur“, sagt man in der Türkei. Das heißt, die schlechte Nachrichten verbreiten sich schnell und so erfährt der Rest der Familie von Hüseyins Tod mitten in der Nacht in Deutschland. Die Ehegattin Emine und die jüngsten Kinder Perihan und Ümit nehmen den erst besten Flug. Der zweitältester Sohn Hakan rast 3000 Km durch die Länder durch, die Älteste Tochter verpasst ihr Flug und landet einen Tag nach der Beerdigung in Istanbul. Und wir, die Leser*innen reisen in den Gedanken von der sechsköpfigen Gastarbeiterfamilie. Einer türkische Familie, deren Leben zwischen Tradition und Moderne pendelt...

Einfühlsam, bewegend und sorgfältig gewählten, haargenau an ihre Figuren passende Sprache erzählt Fatma Aydemir über eine Familie. Eine Einwandererfamilie, die nirgendwo wirklich hingehört. In der Türkei sind die „Almanci“ die Nachbarn mit Bügeleisen aus Deutschland beschenken müssen, damit die hinter-gebliebenen Eltern ab und zu mal vorbeischauen. In Deutschland sind die Ausländer oder wie Hakan es immer sagt: Kanaken. Es sind zwar Tatsachen für die außenstehende Leser sehr interessant und authentisch wirken, allerdings für die Leute, die in dem türkischen Kreis aufgewachsen sind, sind es nah an der Grenze von Kitsch und Klischee. Die Geschichte fängt beinahe herzzerreißend mit Vater Hüseyins Kapitel an und nach und nach erzählen die Kinder aus deren eigenen Leben und mit eine dramatische Szene schließt die Mutter Emine den Story. Sechs verschiedene Menschen bringen viele unterschiedliche Probleme, Sorgen und Kummer. Obwohl der Beginn sehr überzeugend war, verliert das Buch in der Mitte durch viele Angelegenheiten sein Zog-Kraft. Für mich war es etwas vollgeladen mit Themen. Trotz meiner Kritikpunkte habe ich es sehr gern gelesen und ich kann es nur weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 25.03.2022

Eine leichte, vergnügliche Unterhaltung

Meter pro Sekunde
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Eine junge Mutter zieht mit ihrem Freund und ihr neugeborenem Sohn von Kopenhagen in die westjütländisches Velling, wo die Kühe mehr muhen als Menschen reden. Ein Ort, der Herausforderungen mitbringt, ...

Eine junge Mutter zieht mit ihrem Freund und ihr neugeborenem Sohn von Kopenhagen in die westjütländisches Velling, wo die Kühe mehr muhen als Menschen reden. Ein Ort, der Herausforderungen mitbringt, denn hier ist man lieber unter sich und Plaudereien, insbesondere über Liebesakten sind unerwünscht. Der „Liebster“ der namenlosen Protagonistin nimmt eine Stelle in der Vellinger-Heimvolkshochschule als Lehrer an. Er ist jung, charmant, wird von Abiturientinnen angehimmelt und findet sofort Einschluss. Währenddessen versucht die Erzählerin Freundschaften zuschließen, nimmt etliche Fahrstunden um endlich ihren Führerschein zu bekommen und fängt als „Kummerkasten Tante“ die Briefe von Leser dei der Lokalen Zeitung antworten. Zwischen Schlaflosigkeit und Entwicklungssorgen, worunter die frisch gebackenen Müttern nun mal leiden, versucht sie mit aller Kraft die Vellinger zu verstehen, wenn sie die dafür sogar stalken muss...

„Meter pro Sekunde“ ist einer der erfolgreichsten Romanen der letzten Jahre in Dänemark und bekam in 2020 vom dänischen Buchhändlerklub den Goldenen Lorbeer Literaturpreis. Ob es auch in Deutschland ein Verkaufsschlager werden wird, habe ich allerdings meine Verzweiflung. Es ist ein ruhiger, leichter Unterhaltungsroman, welcher nicht so besonderes ist, trotzdem liest man es gern, was man aber schnell wieder vergisst. Pilgaard schildert sehr bildhaft die Erlebnisse, Gefühle und Gedanken der jungen Mutter und stichelt dabei all die Müttern mit ihrer Art. Ihre Erzählweise kann für den ein oder anderen humorvoll wirken, für mich war es eher gewollt übertrieben, sogar stellenweise ins Lächerliche gezogen. Ich meine: wer über eine Frau, die 78 Fahrstunden für ihren Führerschein braucht oder über ein ein-jähriges Baby, der ständig Muh ruft, lachen kann, bitteschön! Ich persönlich, als Frau und Mutter, kann ich über solche Situationen nicht lachen.

Ein ganzes Schuljahr lang begleiten wir die Protagonistin auf kurzen Kapiteln. Mal lesen wir ihre Kummerkasten-Briefe, mal einige Liedtexte und immer wieder aus ihr Leben. Sie sammelt viele Erfahrungen, macht Fortschritte, verzweifelt an sich, kämpft mit sich als Frau und Mutter. Die Story ist an sich nichts Neues, aber trotzdem hat es mir nette Lesestunden geschenkt. Wer etwas Abwechslung aus dem eigenem Alltag und ruhige, atmosphärische Geschichten sucht, ist hier richtig.

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