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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.08.2018

Toll konstruierter Krimi, der wegen zahlreicher Schauplätze nie langweilig wird

Minus 18 Grad
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Stefan Ahnhem schickt Fabian Risk zum dritten Mal auf Ermittlungstour. Nach dem starken ersten Teil „Und morgen du“ und dem etwas schwächeren zweiten Teil „Herzsammler“ war ich sehr gespannt, ob der dritte ...

Stefan Ahnhem schickt Fabian Risk zum dritten Mal auf Ermittlungstour. Nach dem starken ersten Teil „Und morgen du“ und dem etwas schwächeren zweiten Teil „Herzsammler“ war ich sehr gespannt, ob der dritte Band wieder die Höhe des Debüts erklimmen kann.

Stefan Ahnhem selbst wird ja als „würdiger Erbe Stieg Larssons“ bezeichnet (so der NDR laut Verlagshomepage). Ahnhem wird also mittlerweile hoch gehandelt. Ich hoffe, dass Leser, die mit „Minus 18°“ in die Reihe einsteigen wollen, nicht enttäuscht werden – und ich auch nicht.

Nun zur Sache:
Zwischen Zimtschnecken und Croissants ermitteln Risk und sein Team bei der Helsingborger Kripo in einem verwirrendem Fall, in dem das erste Mordopfer schon zwei Monate tot ist und dann anscheinend doch noch lebt. Das kann doch nicht sein! Die Auflösung folgt bald und die Polizei versucht dem Mörder eine Falle zu stellen. Doch anscheinend kleben nicht nur die Finger vom Naschen sondern auch die Gehirnwindungen der Ermittler, führt sie der Täter doch gekonnt an der Nase herum.

Derweilt möchte Dunja Hougaard in Dänemark einen wirklich brutalen Mord an einem Obdachlosen aufklären. Die Beschreibungen dazu (und nicht nur dazu) sind kaum auszuhalten vor lauter Grausamkeit. Unvorstellbar, dass sowas in Wirklichkeit passiert. Die Kollegen, die offiziell in diesem Mordfall ermitteln glauben ihrer Theorie nicht – die anfangs auch nur eine Theorie ist. Dunja nimmt, zusammen mit ihrem Partner Magnus, die Dinge selbst in die Hand.

Nach viel Ermittlungsarbeit diesseits und jenseits des Øresunds, spitzt sich das Finale schließlich an gefühlt hundert Schauplätzen zu, man weiß nicht, wo was passieren wird, fast alles ist möglich. Vor lauter Möglichkeiten und Ungewissheiten war ich schon ganz hibbelig. Einfach genial!

„Minus 18°“ zeichnet sich durch kurze Kapitel und zahlreiche Schauplätze aus. Wir folgen vielen Personen, allen voran natürlich Fabian Risk in seinem privaten Umfeld und inmitten seines Ermittlungsteams. Wir begleiten Risks Sohn Theodor und seine Tochter Matilda, seine Ehefrau Sonja, Dunja, das ein oder andere Mordopfer, die Mörder.. Und das alles auch noch länderübergreifend! Es wäre also ein leichtes aufgrund der Fülle der Geschehnisse den Überblick zu verlieren. Das passiert aber nicht, denn Ahnhems Schreibstil macht es einfach, der Handlung zu folgen. Nichts ist geschnörkelt, quasi fast sachlich nüchtern. Angemessen für einen Krimi. Ich fragte mich mit fortschreitender Handlung zunehmend, wie der Autor am Ende alles zusammenfügen wird – und ob überhaupt.

Ahnhem ist also ein wirklich toll konstruierter Krimi gelungen, der wegen den zahlreichen Schauplätze nie langweilig wird. Man folgt so vielen Personen und hat deshalb eigentlich fast den totalen Überblick. Fabian und Dunja stehen auch hier wieder im Mittelpunkt, samt Familie, Feinden, Problemen, Krisen, Rückschlägen und Erfolgen.

Auch wenn ich persönlich die Millenium-Trilogie Stieg Larssons nicht als das Nonplusultra des skandinavischen Krimis ansehe, drängt sich doch ein Vergleich auf – schon allein wegen der Brutalität der Morde und dem nüchternen Schreibstil. Wem diese Reihe gefiel, lege ich also Ahnhems besonders ans Herz. Denn ich kann sagen, dass meine Hoffnung erfüllt wurde: „Minus 18°“ erreicht mindestens das Niveau von „Und morgen du“. Es ist also einerlei, mit welchem Buch in die Reihe gestartet wird. Achja: die Würfel für einen vierten Teil sind wohl gefallen.

Veröffentlicht am 19.08.2018

Perez erneut in Höchstform

Gefährliche Ernte
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In der flirrenden Hitze des Sommers wird eine Leiche gefunden, ausgerechnet am Weinberg von Perez‘ Vater. Perez selbst – Kleinganove und Lebemann, Schöpfer des Creus, ein Weißwein, der bei den Reichen ...

In der flirrenden Hitze des Sommers wird eine Leiche gefunden, ausgerechnet am Weinberg von Perez‘ Vater. Perez selbst – Kleinganove und Lebemann, Schöpfer des Creus, ein Weißwein, der bei den Reichen und Schönen im Raum Banulys viel Gefallen findet, wird panisch, liegt doch das Geheimnis seines Spitzenweins ganz in der Nähe. Aber nicht nur deshalb ist Perez persönlich betroffen und nimmt eigene Ermittlungen auf. Dabei stößt er auf Menschenhandel, den Rechtsruck in Frankreich, das Problem mit illegalen Einwanderern und scheinheilige Politiker.

Yann Sola hat somit die tagesaktuelle Situation der Grande Nation aufgegriffen, wie es so viele Autoren von Krimis, die in Frankreich spielen, getan haben. Dabei ist das Thema für mich noch nicht ausgelutscht, wird es doch in jedem Regionalkrimi anders beleuchtet und gewichtet. Und man wird vielleicht sogar gezwungen, über die Umstände und Zustände in Deutschland nachzudenken.

Mit Perez hat Yann Sola zudem einen derart sympathischen Protagonisten erschaffen, unglaublich. Manchmal grummelig und nicht gerade der attraktivste, dafür aber gewitzt, mit ausgeprägtem Geschäftssinn und mit südfranzösischem.. ähm ja, Charme?! Er nimmt kein Blatt vor den Mund, aber das scheint in diesem Landstrich gang und gebe zu sein. Mit Hilfe treuer Freunde meistert er auch die schwierigsten Situationen. Solas Schreibstil ist dabei locker, fluffig und stellenweise richtig frech. Die Geschichte erscheint dadurch glaubwürdig und bodenständig. Ein toller zweiter Band der Reihe, den ich ehrlich gesagt nicht so gut erwartet hatte – nach dem Debüt „Tödlicher Tramontane“, welches einer meiner Krimi-Highlights 2016 war.

Veröffentlicht am 19.08.2018

Im wahrsten Sinne des Wortes ein kulinarischer Krimi, dabei spannend und unterhaltsam

Gefährliche Empfehlungen
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Bouneschlupp, Huesenziwwi, panéierte Kuddelfleck – wenn da einem nicht das Wasser im Munde zusammenläuft..

Ja, wir befinden uns wieder in Luxemburg, im Deux Eglises bei Xavier Kieffer. Endlich! Hat irgendwie ...

Bouneschlupp, Huesenziwwi, panéierte Kuddelfleck – wenn da einem nicht das Wasser im Munde zusammenläuft..

Ja, wir befinden uns wieder in Luxemburg, im Deux Eglises bei Xavier Kieffer. Endlich! Hat irgendwie fast zu lange gedauert.

Der fünfte Band der Reihe startet im Zweiten Weltkrieg, irgendwann 1944, kurz vor der Befreiung Paris‘ im August des Jahres. Wir begleiten dabei einen Trupp des OSS, ein Nachrichtendienst der Amerikaner und Vorläufer der CIA, die über (befreite) Radiostationen Informationen durch halb Europa senden. Immer mal wieder wird ein Schwenker in die Vergangenheit gemacht und worauf das hinauslaufen wird, erfährt man im Laufe des Buches.

In der Gegenwart verrät der Klappentext, was geschehen ist. Der Guide Gabin von 1939 ist verschwunden. Was findet jemand an oder auch in dieser alten Ausgabe, die natürlich längst überholt ist?

Kieffer selbst macht sich auf, das Geheimnis des Guide zu erforschen. Sogar im Auftrag von allerhöchster Stelle! Dabei erwarten den Leser Jahrzehnte voller Geschichte der Sterneküche: Angefangen bei Marie-Antoine Carême und dem von ihm eingeführten service a là Russe, über Auguste Escoffier und seiner Haute Cuisine (mir war nicht bewusst, auf wie viele Arten man Eier zubereiten kann), die Nouvelle Cuisine der 60er und 70er Jahre bis hin zu Estebans „Vollplastikbrasserien“ (O-Ton Kieffer). Es werden auch Einblicke in die rätselhafte Welt des Guide Gabin gewährt, bestimmt lassen sich die ein oder anderen Mysterien in die reale Welt des Guide Michelin oder Guide Gault-Millau übertragen. Man merkt also, wo der Fokus liegt. Es wird viel erzählt, einiges getrunken, noch mehr gegessen und dabei (wieder einmal) gleichzeitig eine Einführung in die traditionsreiche französische Küche gegeben. Ich liebe es, kann aber verstehen, wenn das nicht jedermanns Sache ist.

Nebenbei ermittelt Kieffer wie ein Wilder, in Luxemburg, Lyon, Paris, Lothringen. Eine rastlose Jagd, was dem Buch zwischenzeitlich immer wieder enormes Tempo verleiht. Dazu ein möglicher Terroranschlag, der luxemburgische Spëtzeldéngscht (wie toll ist dieses Wort bitte?), russische Agenten.. Es geht quasi drunter und drüber, aber das macht diese Ermittlung zur bisher spannendsten.

Auch wenn man bislang kein Buch der Reihe gelesen hat, kann man gut mit diesem einsteigen. Es gibt eine Kerntruppe an Personen, die immer wieder in Erscheinung tritt, man kennt sich also schnell aus. Die Story ist einfach, dabei aber nicht anspruchslos. Sie plätschert so dahin, zwischendrin mit sehr spannenden Szenen, mit viel Witz und Situationskomik. Und schwupps ist das Buch auch schon aus.

Fazit: „Gefährliche Empfehlungen“ ist wirklich ein kulinarischer Krimi, dabei spannend, unterhaltsam und angenehm zu lesen. Mehr Kochen, Küchenhistorie und Essen geht kaum. Das wäre dann wohl ein Kochbuch.

Veröffentlicht am 19.08.2018

Crazy, sexy, cool..

Snow Heart
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... beschreibt "Snowheart" von Olivia Mikula (unter diesem Namen schreibt Andreas Dutter) wohl zutreffend. Ein weiteres Kleinod aus dem Drachenmond Verlag, mit einem quietschbunten und wunderschönem Cover.

Die ...

... beschreibt "Snowheart" von Olivia Mikula (unter diesem Namen schreibt Andreas Dutter) wohl zutreffend. Ein weiteres Kleinod aus dem Drachenmond Verlag, mit einem quietschbunten und wunderschönem Cover.

Die Geschichte ist verwirrend, dabei aber intelligent, brutal, witzig und so neu. Ich habe eine solche Geschichte oder ähnliches noch nie gelesen. Was "eine solche Geschichte" ist, erläutere ich hier nicht extra. Der Klappentext umreißt das ganz gut.

Caspara als Hauptfigur ist wohl das, was man auch als nerdig verstehen kann: Bücherwurm, Serienjunkie, Bloggerin. Mir gefallen die Anspielungen auf Serien und ihre Darsteller, Bands, Bücher und Promis. Ich kannte sie alle - obwohl ich sagen muss, dass Julio viel heißer ist als Andrés
Auch die anderen (Haupt-)Figuren sind sympathisch, obwohl man sie nicht wirklich tiefergehend kennenlernt. Etwas unglaubwürdig finde ich allerdings, was sich so schnell zwischen Caspara und Wyatt entwickelt (ohne näher darauf einzugehen, was das "was" ist).

Die Handlung ist wie schon erwähnt teilweise sehr komplex. Durch Zeitschleifen, telepathische Kommunikation und wiederauferstehende Menschen sind der Fantasie des Autors keine Grenzen gesetzt. Nichts ist unmöglich, jeder Ausgang denkbar.

Mir persönlich hätte es gut gefallen, wenn ich mehr über die Personen erfahren hätte und die Beziehungen sanfter gespinnt worden wären. So geht alles rasend schnell - und schwupps ist's schon wieder rum. Nichtsdestotrotz: klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 19.08.2018

Alltag und Heldentum, Ängste und Hoffnungen mutiger Menschen im Großbritannien des Jahres 1940

Dunkelheit
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Zeitreisen unterliegen besonderen Gesetzen, die verhindern, dass die Zukunft verändert wird. Doch was passiert, wenn diese Gesetze nicht mehr gelten würden?

Wir befinden uns zu Beginn von Dunkelheit ...

Zeitreisen unterliegen besonderen Gesetzen, die verhindern, dass die Zukunft verändert wird. Doch was passiert, wenn diese Gesetze nicht mehr gelten würden?

Wir befinden uns zu Beginn von Dunkelheit im Jahr 2060, eine Gruppe Historiker reist durch die Zeit um als stille Beobachter Zeitgeschichte zu dokumentieren. Was dann aber folgt ist weniger Science Fiction als ein fundierter und brillant recherchierter Einblick in das Jahr 1940 zu Kriegsbeginn in Großbritannien.

Drei Zeitreisende begeben sich an drei verschiedene Orte Großbritanniens, um Heldentum zu studieren. Diese Helden werden aber nicht in den Reihen der Royal Air Force oder ähnlichem gesucht, sondern in der normalen Bevölkerung, die in der schweren Zeit des Krieges über sich hinauswächst.

Die Geschichte startet schleppend, man lernt viele Zeitreisende kennen und wenn man – wie ich – nicht Willis‘ Die Jahre des schwarzen Todes gelesen hat, ist das ganze Zeitreisen zu Beginn höchst kompliziert: Damit die Historiker zwischen all den sogenannten Gegenwärtlern nicht herausstechen, bereiten sie sich intensiv auf ihre Einsätze vor, bekommen z.B. passende Kleidung. Sie haben aber auch die Möglichkeit, sich mit Infos gefütterte Implantate einsetzen zu lassen. Diese beinhalten dann etwa einen amerikanischen Akzent oder auch geschichtliche Daten – wer könnte sich schon alle Bombeneinschläge Londons merken? Schwierig ist es, eine passende Bühne zur Landung in der entsprechenden Zeit zu finden. Der Vorhang in die Vergangenheit öffnet sich nur, wenn kein Gegenwärtler mitbekommen kann, dass sich dieser öffnet und einen Zeitreisenden ausspuckt. In äußerst turbulenten Zeiten – wie es der Zweite Weltkrieg zweifellos war – ist auch noch das Problem der Gleitung zu beachten, quasi eine Abweichung in Zeit oder Ort vom eigentlichen Ziel.

Mit diesem Wissen ausgestattet folgen wir hauptsächlich drei Zeitreisenden in die Vergangenheit:

Merope, welche sich 1939 Eileen nennt, befindet sich als Hausmädchen in Warwickshire und verfolgt die Evakuierung Londoner Kinder in die Grafschaft nördlich der Hauptstadt, da die Lady des Haushalts einem Teil dieser Kinder Obdach gewährt.

Mike wird nach einigem Hin und Her entgegen seinen bisherigen Plänen ins Dover des Jahres 1940 geschickt. Er ist als amerikanischer Kriegsberichterstatter des Omaha Observer getarnt, um die Evakuierung von Soldaten aus dem französischen Dünkirchen zu beobachten, welche von englischen Zivilisten über den Kanal durchgeführt wurde.

Polly reist ebenfalls 1940 in die Londoner Oxford Street um den Blitzkrieg zu dokumentieren. Sie soll sich dabei als Verkäuferin bewerben und die mutige Londoner Bevölkerung begleiten, die den Luftangriffen fasst gleichmütig gegenüber steht.

Im Rahmen dieser drei großen Storylines lernen wir den englischen Alltag im Zweiten Weltkrieg kennen, fundiert recherchiert und mit Willis‘ Schreibstil auch trotz oft fehlender Spannung nie wirklich langweilig. Wer hier jedoch einen aufregenden Zeitreiseroman mit geänderter Zukunft, einem toten Hitler und verrückten Zeitschleifen erwartet, der wird enttäuscht sein. Dieses mögliche Potential wurde nicht ausgeschöpft, was aber wohl auch im Sinne der Autorin ist – sonst hätte sie es gemacht.

Wie der Klappentext verrät, läuft nicht alles wie am Schnürchen. Zeitreisen bringen enorme Probleme mit sich. So gehen die Historiker in turbulenten Zeiten verloren, gefangen in den Wirren des Krieges. Werden sie zurückkehren können?

Fazit: Connie Willis schafft weniger eine Science Fiction-Geschichte als vielmehr einen fundierten historischen Einblick in das Großbritannien zu Zeiten den Zweiten Weltkrieges. Lässt man sich darauf ein, dass Dunkelheit ein Roman ist, der viel vom Alltag der Protagonisten erzählt, der viel Banalitäten beschreibt, aber auch die Hoffnungen, Ängste und den Mut der Menschen dieser Ära, wird mit einem Buch belohnt, dass vielleicht nicht immer spannend ist, aber trotzdem nie wirklich langweilig wird. Wer auf viel Action steht, dem rate ich von diesem Buch ab. Wer die Schrecken des Zweiten Weltkrieges aus der Sicht der Briten sehen möchte, wer von Mut und Menschlichkeit am Tiefpunkt des 20. Jahrhunderts lesen möchte, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt. 4 Sterne für Dunkelheit, von dem ich anderes erwartet habe, aber trotzdem überzeugt wurde. So überzeugt, dass ich den zweiten Teil Licht mit Sicherheit lesen werde.