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Veröffentlicht am 02.01.2021

Anspruchsvolle theologische Texte für jeden Tag des Jahres

Ein Jahr mit C. S. Lewis
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Für dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, den Tag mit einem besinnlicheren Moment ausklingen zu lassen. Daher war ich ganz erfreut, als ich C.S. Lewis als Jahresbegleiter entdeckte: "Ein Jahr mit C.S. ...

Für dieses Jahr habe ich mir vorgenommen, den Tag mit einem besinnlicheren Moment ausklingen zu lassen. Daher war ich ganz erfreut, als ich C.S. Lewis als Jahresbegleiter entdeckte: "Ein Jahr mit C.S. Lewis" - Texte aus seinen Werken zu jedem Tag des Jahres. Das Buch, das bereits 2003 erschienen ist, wurde nun von Gerth-Medien in einer neuen Ausgabe herausgebracht. 

Wer sich von dem Verfasser der "Chroniken von Narnia" leichte Kost verspricht, der wird mit dem Buch eines anderen belehrt: Lewis war von Beruf Wissenschaftler - seinen Texten merkt man es an. Und so findet man in dem Lesebuch zwischendurch auch leicht zu lesende Texte, aber auch allerhand schwere Kost, wo es mehr als eine Tasse Kaffee braucht, bis man verstanden hat, was Lewis sagen will. Beim Lesen hatte ich oft den Eindruck, dass mir der Zusammenhang des Gesagten fehlt, auch wenn in der Regel mehrere Auszüge hintereinander aus dem gleichen Buch von Lewis stammen. 

Vermisst habe ich auch eine Einleitung oder ein Nachwort, in dem erklärt wird, in welcher Logik die Texte ausgewählt wurden, nach welcher Absicht sie in ihre Reihenfolge gebracht wurden. Hier wäre es gut gewesen, wenn man als Leser sich vor der Lektüre der einzelnen Tage einen groben Überblick verschaffen hätte können, was ihn im Laufe des Jahres erwartet.

Schade finde ich, dass kein Auszug aus den "Chroniken von Narnia" verwendet wurde - in den Büchern sind ja viele christliche Motive aufgegriffen. Aber vielleicht hätte das gar nicht zu dem Andachtsbuch gepasst. Denn Lewis erweist sich hier als niemand, der zum Nachdenken einlädt, sondern als einer, der etwas aufzeigen will, dem es um Erkenntnis geht. 

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Veröffentlicht am 28.12.2019

Sträter-Texte aus den letzten drei Jahren

Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein
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Was Torsten Sträter ausmacht, ist sein Understatement. Belangloses wird aufgegriffen, ausgeweitet, verformt und es entsteht eine zumeist grotesk anmutende Geschichte. Auch in seinem neuen Buch ...

Was Torsten Sträter ausmacht, ist sein Understatement. Belangloses wird aufgegriffen, ausgeweitet, verformt und es entsteht eine zumeist grotesk anmutende Geschichte. Auch in seinem neuen Buch „Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein“ schreibt Torsten Sträter so seine Texte.

So ist das, was Torsten Sträter hier präsentiert, ein Konglomerat aus einerseits billigem momenthaftem Klamauk und andererseits witzigen Einfällen, aus denen echte Geschichten werden. Die Geschichten aus seiner Kindheit, die sich langsam entwickeln, gehören zu stärksten Texten des Buches. Auch Anspielungen zwischen den Texten sind hier zu finden. Allerdings nur dort, wo sie aus einer Feder sind, sprich aus dem gleichen Bühnenprogramm stammen.

Die bunte Mischung, die in „Es ist nie zu spät, unpünktlich zu sein“ zu finden ist, bringt mit sich, dass jeder hier etwas finden kann, das ihm gefällt. Von den fantasievollen Beschreibungen unerklärlicher Gegenstände aus der Fernsehsendung „Sträters Männerhaushalt“ über die Pressesprecher-Texte aus „extra 3“ bis hin zu den erzählenden Texten wie „Omma“.

Ein großer Wurf ist das Buch keinesfalls. Dafür ist es zum einen zu sehr Sammelsurium, zum anderen sind auch zu viele schlechte Texte zu finden. Bei den Pressesprecher-Texten fehlt oft der eine rote Faden – um billiger Gags willen wird eine inhaltlich klare Linie aufgegeben. Andere Texte sind einfach inhaltlich schlecht wie etwa „Plastikmüll“, wo ein ernstes Thema wenig gekonnt aufgegriffen wird. Es scheint so, dass Sträter inhaltliche Positionierungen auf Teufel komm raus vermeiden will. Da hilft auch Sträters sprachliche Virtuosität nicht weiter.

Andere Bücher von Sträter haben mir besser gefallen.

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Veröffentlicht am 07.10.2019

Originelles Figuren-Panorama, spröder Schreibstil

Das Schöne, Schäbige, Schwankende
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„Romangeschichten“ nennt Brigitte Kronauer die Texte, die sie in ihrem Band „Das Schöne, Schäbige, Schwankende“ versammelt hat. Der Grund ist nicht darin zu finden, dass Kronauer sich eines parlierenden ...

„Romangeschichten“ nennt Brigitte Kronauer die Texte, die sie in ihrem Band „Das Schöne, Schäbige, Schwankende“ versammelt hat. Der Grund ist nicht darin zu finden, dass Kronauer sich eines parlierenden Erzählstils bedient hätte, sondern vielmehr darin, dass es eine Rahmenhandlung gibt, die den Großteil der Texte lose miteinander verbindet. Ihr Buch als Roman zu bezeichnen, würde es nicht korrekt charakterisieren. Die Geschichten, die sie schreibt, entwickeln ein umfangreiches Eigenleben, einen thematischen roten Faden sucht man vergebens.

Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: eine Schriftstellerin zieht sich ins Haus eines Bekannten zurück, um ihr Buch fertigzustellen. Doch im Haus des Ornithologen drängen sich ihr ganz andere Geschichten auf. Nach und nach findet sie in ihren Mitmenschen Eigenarten der Vögel wieder. Und so entstehen 39 kleine Porträts über Menschen, die die Schriftstellerin an Vögel erinnern. An eine zerfledderte Krähe etwa oder an ein munteres Spatzenmännchen.

Die Erzählweise der Geschichten lässt sich am ehesten als nüchtern und zurückhaltend beschreiben. Der personale Erzähler bzw. die personale Erzählerin gibt nie mehr preis als nötig, wertet kaum, sondern stellt lieber dar. So wirken die Geschichten wie Kurzgeschichten, die allerdings teilweise einen etwas längeren Zeitraum in den Blick nehmen. Zumeist steht das Schicksal der Personen im Vordergrund, allzu viel wird an Menschelndem auch nicht ausgelassen, bis hin zum Inzest reicht das Schicksal.

Manchen der Geschichten gelingt es, den Leser zu fesseln, besonders dann wenn sie etwas komplexer strukturiert sind und überraschende Wendungen bieten. Zum Teil verliert sich allerdings der Reiz der Geschichten, der durch originelle Charaktere durchaus vorhanden ist, im Laufe der Handlung durch den nüchtern darstellenden Schreibstil. Das originelle Panorama der Personen – die alternde Sängerin, die Diva, der verliebte Mechatroniker, die verlassene Frau – widerspricht dem eher beschreibenden Erzählstil.

So interessant manche der Geschichten auch komponiert waren: mit dem Erzählstil der Geschichten konnte ich mich nur bedingt anfreunden.

Veröffentlicht am 10.09.2019

Ja, aber...

Drei
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"Drei" von Dror Mishani ist spannend zu lesen, geschickt aufgebaut und bietet überzeugende Figuren. Dennoch hat mich das Buch nicht überzeugt, was an der fehlenden Auflösung liegt.

Der Grund dafür, warum ...

"Drei" von Dror Mishani ist spannend zu lesen, geschickt aufgebaut und bietet überzeugende Figuren. Dennoch hat mich das Buch nicht überzeugt, was an der fehlenden Auflösung liegt.

Der Grund dafür, warum alles in "Drei" so kommt, wie es kommt, bleibt auch am Schluss des Buches offen. Dror Mishani hält sich so eine Fortsetzung des Buches offen, das auch als Serie ins Fernsehen kommen soll. So bleibt - in diesem Buch zumindest - trotz einer erfolgten Auflösung am Schluss - das Wesentliche, die Gründe, ungeklärt. Als Leser fühle ich mich da schon etwas an der Nase herumgeführt.

An der Nase herumgeführt werden auch die drei Frauen, die die zentralen Figuren in Mishanis Roman sind. Alle drei treffen auf den geheimnisvollen Rechtsanwalt Gil und gehen mit ihm eine Beziehung ein - mal als Seitensprung, mal als erhoffter Neuanfang nach einer Scheidung.

Da ist zunächst einmal Orna. Die geschiedene alleinerziehende Mutter schafft es kaum, sich von ihrem Exmann zu lösen. Sie kämpft um ihren Sohn, will sich neu binden und nutzt die Beziehung zu Gil auch dazu, von ihrem Ex-Mann loszukommen. Sehr gelungen ist zwischen den Zeilen dargestellt, wie sehr Orna Gefahr läuft, an der gescheiterten Beziehung zu zerbrechen. Für ihren Sohn würde Orna alles tun, sich selbst vernachlässigt sie dabei aber. Sehr gekonnt bringt Mishani ihre große Unsicherheit zum Ausdruck, vielleicht ein klein wenig zu oft.

Unsicher auf ganz andere Weise ist die zweite Frauengestalt, von der im zweiten Teil des Buches die Rede ist. Emilia ist aus Osteuropa nach nach Israel gekommen, um als Pflegekraft zu arbeiten. Sehr eindrücklich schildert Mishani, wie Emilia versucht, sich eine neue Heimat aufzubauen, indem sie mehr für die Einrichtung ihres angemieteten Zimmers ausgibt, als sie sich eigentlich leisten kann. Auch Emilia trifft auf den mysteriösen Gil. Hier zeigt sich zum ersten mal die etwas religiös-esoterische Seite des Buches, denn Emilia sucht nicht nur Halt in ihrem Leben in der Kirche, sondern sieht auch immer wieder den Verstorbenen, den sie gepflegt hat. Man kann darüber sicherlich geteilter Meinung sein, aber dass einem Tote erscheinen, ist für mich nur schräg und ich habe es unter esoterischer Krimskrams abgebucht. Dass die Toten im Laufe des Romans auch direkt angesprochen werden, hat mich doch sehr irritiert und wenig überzeugt.

Im letzten Teil entwickelt sich der Roman mit einer weiteren Perspektive hin zur Auflösung - mehr sei hier nicht verraten. Ja, geschickt aufgebaut ist der Roman. Keine Frage. Nach einem eher gemächlichen Beginn steigt die Spannungskurve rasant. Überzeugend lebendig wirken die Frauenfiguren, die hier im Zentrum stehen.

Dass man als Leser aber mit den Beweggründen der Handelnden am Schluss so ganz allein gelassen wird, hat einiges von den Stärken des Buches stark relativiert.

Veröffentlicht am 10.08.2019

R.I.P.

R.I.P.
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Zwei Jugendliche werden brutal ermordet. Die Ermittler stehen vor einer Fülle an Puzzleteilen, die so gar nicht zusammenpassen wollen. Nur ein Motiv findet sich in Yrsa Sigurdardóttirs neuem Kriminalroman ...

Zwei Jugendliche werden brutal ermordet. Die Ermittler stehen vor einer Fülle an Puzzleteilen, die so gar nicht zusammenpassen wollen. Nur ein Motiv findet sich in Yrsa Sigurdardóttirs neuem Kriminalroman „R.I.P.“ immer wieder: Mobbing.

Über Mobbing zu schreiben, scheint der isländischen Krimi-Autorin ein Anliegen gewesen zu sein, denn sie spielt das Thema die Klaviatur rauf und runter. Ja, es kann ein Motiv für einen Mord sein. Aber muss dann auch noch die in die Ermittlungen einbezogene Psychologin früher ein Mobbingopfer gewesen sein? Muss dann auch noch ein Mobbing-Experte zum Verdächtigen werden? Und vor allem: müssen sich Polizisten so zickig verhalten, dass man von Mobbing sprechen könnte? Zudem ist das, was inhaltlich über Mobbing gesagt wird, nicht allzu tiefschürfend. Es scheint so, als hätten die Ermittler zum ersten Mal damit zu tun.

So sehr mir der Plot von „R.I.P.“ und die Auflösung gefallen hat: die Spannung ist sehr stark getrübt durch die vielen Querelen innerhalb der Polizei. Die beiden ermittelnden Hauptfiguren werden von ihrer Chefin kaltgestellt – nur zufällig finden sie Wesentliches für die Lösung des Falls heraus. Generell arbeitet man bei der Polizei eher gegeneinander als miteinander. Die ständigen Streitereien während der Ermittlungsarbeit ziehen sich durch das ganze Buch – und das macht das Lesen hin und wieder doch sehr mühsam.

Es mag sein, dass Yrsa Sigurdardóttir das sogar beabsichtigt hat. Der klare Blick des Lesers, der sieht, was bei der Zusammenarbeit alles nicht richtig läuft, steht gegen das, was Mobbing ermöglicht: wegsehen, nicht ernst nehmen, verharmlosen. Allerdings haben die andauernden Querelen und Zickereien zur Folge, dass die Ermittler in „R.I.P.“ allesamt zutiefst unsympathisch wirken.

Was den Plot angeht, ist „R.I.P.“ spannend erzählt. Die vielen Puzzleteile, die lange nicht zusammenpassen wollen, sind gut konstruiert. Dass manches dabei etwas unwahrscheinlich ist, tut keinen Abbruch. Zudem zeigt Sigurdardóttir moderne Ermittlungsarbeit: die Polizisten müssen sich mit Snapchat beschäftigen, Anträge stellen für die Einsichtnahme in Chatprofile. Dagegen wirkt der Zugriff auf die isländische Gendatenbank fast schon einfach.