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Veröffentlicht am 06.03.2019

Abenteuerliche Reise auf dem Amazonas

Die Jangada
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Eine Fahrt auf dem Amazonas. verbunden mit einer spannenden Geschichte um spätes Recht: darum geht es in Jules Vernes Abenteuer-Roman "Die Jangada".

Die Jangada ist das, was man auf dem Cover sieht: ein ...

Eine Fahrt auf dem Amazonas. verbunden mit einer spannenden Geschichte um spätes Recht: darum geht es in Jules Vernes Abenteuer-Roman "Die Jangada".

Die Jangada ist das, was man auf dem Cover sieht: ein dicht bebautes Schiff, ein kleines Dorf auf einem riesen Floß, das auf dem Amazonas unterwegs ist. Auf diesem Boot befindet sich Joam Garral, der Brautvater, mit seiner Familie und Angestellten. Denn die Hochzeit soll bei den Schwiegereltern in Belem gefeiert werden - was eine Reise von 800 Meilen auf dem Amazonas bedeutet.

Doch Joam Garral will vor der Hochzeit noch altes Unrecht aufheben lassen - was außer ihm aber niemand weiß. Zumindest so lange, bis ein mysteriöser Mann namens Torres, ein Waldläufer, auf die Reisegesellschaft trifft, der im Besitze eines Kryptogramms ist, das die Unschuld Garrals beweisen könnte.

Wer spannungsarme Reisebeschreibungen nicht mag, wird am ersten Teil des Buches keine große Freude finden. Hier herrschen Beschreibungen der Natur vor, es regieren die kleinen Abenteuer einer Flussfloßfahrt die Handlung. Nur manchmal blitzt der feine Humor von Jules Verne beim Beschreiben der Personen oder bei der Darstellung der Umgebung hervor.

Mit dem zweiten Teil des Buches beginnt dann der spannungsgeladenere Teil. Als Torres auf dem Floß mitfährt, kommt Bewegung in die illustre Reisegruppe. Nicht nur, dass aus der Hochzeit eine Doppelhochzeit wird, auch Joam Garral muss unter Beweis stellen, dass er ein Ehrenmann ist.

Die Art, wie Jules Verne hier erzählt, empfand ich als sehr angenehm. Man wird als Leser an die Hand genommen, ohne dass man das Gefühl hat, belehrt zu werden. Dabei hat mir sowohl die Beschreibung des Amazonas gut gefallen wie auch die sich entwickelnde Handlung. Dank Vernes detailreichen Beschreibungen hätte ich auf die abgedruckten Bilder gut verzichten können. Auch wenn der Erzählfluss etwas langsam ist (was auf jeden Fall der langsamen Fließgeschwindigkeit des Amazonas entspricht!) und etwa das Dechiffrieren des Kryptogramms sehr langatmig erzählt wird, habe ich an "Die Jangada" doch großen Gefallen gefunden. Jules Verne gelingt es, dass einem die Personen bald schon vertraut wirken und man sich mit ihnen freut, wenn sie die große Stadt schließlich erreichen.

Veröffentlicht am 24.02.2019

Heimat und Abschied

Fünf Tage im Mai
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Die Tage im Mai sind es, die Illys Leben maßgeblich beeinflussen. Fünf Tage im Mai greift Autorin Elisabeth R. Hager heraus, um durchzubuchstabieren, was Heimat ist und wie Abschied gelingen kann.

Fünf ...

Die Tage im Mai sind es, die Illys Leben maßgeblich beeinflussen. Fünf Tage im Mai greift Autorin Elisabeth R. Hager heraus, um durchzubuchstabieren, was Heimat ist und wie Abschied gelingen kann.

Fünf Tage im Mai: Nicht fünf aufeinanderfolgende Tage, sondern fünf Maitage in ganz unterschiedlichen Jahren bilden den zeitlichen Rahmen des Romans von Elisabeth R. Hager. Die Handlung spannt sich zwischen den Jahren 1986 und 2004, also über einen Zeitraum von 18 Jahren.

Elisabeth R. Hager erzählt Ausschnitte aus dem Leben von Illy, die Episoden dazwischen lässt sie aus. Wo sie wichtig sind, kommen sie rückblickend zum Vorschein. Auch wenn man zwischendurch den Eindruck hat, dass einem Informationen fehlen: Am Schluss des Buches hat man als Leser den Eindruck, dass die Geschichte rund ist. Dafür sorgt auch, dass in jeder der fünf Geschichten ihr Urgroßvater Korbinian vorkommt, den sie seit ihrer Kindheit liebevoll Tat’ka nennt.

Der Roman beginnt mit der herrlich komischen Geschichte von der Erstkommunion Illys. Dass ihr schlecht wird, sie aus der Kirche rennt, das ist schnell erzählt. Aber mit welcher Raffinesse und mit welchem Ausbund an feinsinnigem Humor das erzählt wird!

Darauf folgt die erste – unglücklich endende – Liebe, darauf wiederum die Heimfahrt von ihrem Studienort Marseille zur Geburtstagsfeier des Urgroßvaters. Die Rückfahrt nach Tirol fällt ihr dabei alles andere als leicht: „Etwas in mir war zum Stillstand gekommen und roch ranzig wie die Haut unter einer zu selten abgelegten Uhr, während die Zeit einfach weiterlief und der Schaffner einen Halt nach dem nächsten ankündigte.“

Die große Kunst, die Elisabeth R. Hager so meisterlich versteht, ist nicht nur das Finden wunderbarer Bilder (vor allem, wenn die großen Festivitäten beschrieben werden), sondern auch das geschickte Verpacken von großen Themen in kleinen Geschichten. Wie überhastet Illy aufgebrochen sein muss, wie schwer ihr die Rückkehr (sei es auch nur auf der Durchreise) fallen musste, all das wird erst nach und nach deutlich. Heimat und Abschiednehmen entpuppen sich erst nach und nach als die beiden zentralen Themen des Romans.

So hält man mit „Fünf Tage im Mai“ zwar eine leichtfüßige, unterhaltsame Geschichte in Händen, zugleich aber auch ein Buch, das die ernsten, prägenden Themen des Lebens zum Tragen bringt.

Veröffentlicht am 16.02.2019

Gelungenes Debut

Wallace
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Ein kleines, feines Buch hat der Schöffling-Verlag in diesem Jahr mit „Wallace“ herausgebracht. Sein Autor, Anselm Oelze, stellt uns dabei Alfred Russel Wallace (1823-1913) vor. Ein Naturwissenschaftler, ...

Ein kleines, feines Buch hat der Schöffling-Verlag in diesem Jahr mit „Wallace“ herausgebracht. Sein Autor, Anselm Oelze, stellt uns dabei Alfred Russel Wallace (1823-1913) vor. Ein Naturwissenschaftler, der zur gleichen Zeit wie Darwin seine Überlegungen zur Evolution niederschrieb. Oelze inszeniert in seinem Buch sehr geschickt Wallace als Kontrahent Darwins, dem zu Unrecht der Ruhm versagt wurde.

Erzählt wird die Geschichte von Wallace auf zwei Ebenen. Oelze lässt den Nachtwächter eines Museums auf dieses scheinbare Unrecht stoßen. Der, nachdem er erst einmal Lunte gerochen hat, vertieft sich immer mehr in das Leben von Wallace und schmiedet schließlich einen Plan, der Wallace doch noch zu seinem Recht (und seinem Ruhm) in der Geschichte bringen soll. Zu dieser Schelmengeschichte gesellt sich ein zweiter Erzählstrang, die Entdecker- und Abenteuergeschichte von Wallace bis zum Jahr 1858, wobei Oelze Wallace – wozu auch immer diese Marotte dienen soll – immer nur den „jungen Bärtigen“ bzw. später den „Bärtigen“ nennt.

Oelze orientiert sich dabei an der Biographie von Wallace, lässt zum Beispiel auch dessen Hang zum Spiritismus nicht aus. Hinzu kommt allerdings Oelzes sprachgewaltige Ausschmückung der beschriebenen Szenen. Wenn Wallace seine Theorie von der Entstehung der Arten entwirft, so tut er das in einem Fieberrausch, bei dem der Leser die explodierende Begeisterung, das Heureka! miterleben kann. Vergessen ist der unerträgliche Geruch des verwesenden Schweins vor der Hütte, wenn sich kaskadenhaft Überlegung an Überlegung reiht. Denn: „seine Gedanken rasten so schnell, dass er sie nicht anzuhalten vermochte“.

An solchen Stellen spürt man förmlich den Spaß am Spiel mit Worten und Formulierungen. Manches mag zwar etwas überzogen beschrieben sein, manches wirkt eher wie ein Exkurs als zur Handlung gehörig, anderes dafür ist einfach nur großartig erzählt. „Wallace“ ist ein Roman, der mir mit seiner Erzählkraft und mit seinem Witz beim Lesen enorm viel Freude bereitet hat.

Veröffentlicht am 25.12.2018

18 Geschichten über das Prügeln...

Sich Prügeln
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Wie kommt es, dass Menschen sich prügeln?
Houssam Hamade hat in seinem Buch „Sich Prügeln“ 18 Geschichten gesammelt, die den Umgang mit Gewalt nähern beleuchten.
Es sind ganz unterschiedliche Menschen, ...

Wie kommt es, dass Menschen sich prügeln?
Houssam Hamade hat in seinem Buch „Sich Prügeln“ 18 Geschichten gesammelt, die den Umgang mit Gewalt nähern beleuchten.
Es sind ganz unterschiedliche Menschen, die hier zu Wort kommen. Bei den einen gehört Gewalt zum Leben dazu, bei den anderen ist es eine einmalige Erfahrung, eher impulsiv. Dann gibt es die, die sich nichts gefallen lassen. Wie auch die, die eigentlich gar nicht zuschlagen wollten. Die, die bereuen genauso wie die, die nichts bereuen.

Liest man diese Geschichten, um mehr über den Mechanismus von Gewalt oder über die Ursachen von Gewalt zu erfahren, so wird man vielleicht zunächst enttäuscht. Wie soziologische Feldforschung stehen die Geschichten nebeneinander, immer wieder vermischt mit kurzen Ausführungen zu Prügeltechniken.
So regen die Geschichten an, sich zu fragen: Wozu dient Gewalt? Wäre sie vermeidbar gewesen? Wenn ja, wie hätte man sich anders verhalten können? Oder kann man sie womöglich als berechtigt ansehen? Ist es Aggressionsabbau? Angelerntes Mittel der Auseinandersetzung?
Damit ist „Sich prügeln“ eine Anregung, sich selbst mit der eigenen Position zu Gewaltanwendung zu beschäftigen.
Der Autor selbst vermeidet dabei eine Positionierung, es gibt keinen erhobenen Zeigefinger.

Veröffentlicht am 29.10.2018

Literarische, historische Reiseberichte

Europareise
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Fast zehn Stunden kann man sich mit dem Hörbuch „Europareise“ aus dem Audiobuch-Verlag auf Reisen begeben. So unterschiedlich die Autoren sind, so unterschiedlich sind auch die Reiseberichte.

In dieser ...

Fast zehn Stunden kann man sich mit dem Hörbuch „Europareise“ aus dem Audiobuch-Verlag auf Reisen begeben. So unterschiedlich die Autoren sind, so unterschiedlich sind auch die Reiseberichte.

In dieser Sammlung aus der Reiseliteratur kommen ganz unterschiedliche Texte zum Tragen. Da finden sich bekannte Autoren wie Goethe, Seume, Zweig, Heine und Dickens, aber auch unbekannte wie Ida Pfeiffer.

Bekanntheit ist hier auch nur bedingt ein Qualitätsmerkmal – so wirkt Heinrich Heines Bericht über Polen eher langweilig, während Ida Pfeiffer mit ihrem Bericht über Reykjavik ein spannendes Bild von Islands Hauptstadt bietet.

Dass der Großteil der Texte aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammt, führt dazu, dass man vor allem einen historischen Blick in die Reiseliteratur tut. Reykjavik etwa wird von Ida Pfeiffer als ödes Kaff beschrieben, bestehend aus einer einzigen Straße, der Hauptstraße. Auch über die Menschen weiß sie nicht allzu viel Schmeichelhaftes sagen – übertroffen wird sie nur von Grillparzers launigem Blick auf die Menschen.

Die Sammlung bietet die Möglichkeit zu vergleichen, wie die Reiseschriftsteller ihre Arbeit versahen – und wie sie sie verstanden. Mal liegt der Schwerpunkt auf der Beschreibung von Landschaft und Sehenswürdigkeiten, mal wird nach dem Landestypischen gesucht, mal das Außergewöhnliche, mal das Abenteuer betont. Auch schrecklich Barbarisches wird betont. Sei es der Sklavenmarkt, den man besucht, seien es die Frauen, die – landestypisch – ihre Kinder nicht richtig versorgen. Man erfährt, welcher Schriftsteller welche Landschaften als öde ansieht, wer bei Regen seine Unterkunft nicht verlässt und wer die Mühen der Internierung auf sich nimmt, um für nur wenige Tage nach Syra zu kommen.

Eine Stärke des Hörbuchs sind die unterschiedlichen Sprecher der Reiseberichte. So entsteht eine gewisse Abwechslung. Einen kurzen Einstieg zu den einzelnen Autoren bietet das Booklet – das erleichtert den Einstieg in den jeweiligen Reisebericht.

Meine Erfahrung beim Hören: am interessantesten sind die Reiseberichte, deren Länder man selbst kennt. Da verzeiht man auch eher plumpe Urteile über Mensch und Natur.