Spannend!
Ein Tag, zwei LebenBei Büchern wie „Ein Tag, zwei Leben“ oder ähnlichen, wo es um Zeitreisen oder Identitätssprünge geht, ist es mir immer sehr wichtig, dass der Autor / die Autorin eine nachvollziehbare Erklärung für das ...
Bei Büchern wie „Ein Tag, zwei Leben“ oder ähnlichen, wo es um Zeitreisen oder Identitätssprünge geht, ist es mir immer sehr wichtig, dass der Autor / die Autorin eine nachvollziehbare Erklärung für das jeweilige Phänomen anbietet. Ich muss das nicht logisch verstehen, das geht meistens irgendwie auch gar nicht. Aber ich muss es zumindest nachvollziehen können, um mich wirklich mit solchen „Fähigkeiten“ anzufreunden. Jessica Shirvington lässt ihre Leser relativ lange im Unklaren darüber, wie es sein kann, dass Sabine in zwei Parallelwelten lebt. Ich habe mich praktisch schon nach dem ersten Kapitel gefragt, wie das funktionieren soll und was vor allem mit Sabines Körper in der Parallelwelt passiert, die sie verlässt. Die Erklärung, die irgendwann von der Autorin kommt, ist total simpel, aber ich bin glücklich mit ihr. Ich habe keinen Knoten im Gehirn bekommen, um nachzuvollziehen, was hier passiert und konnte dem Buch dadurch total gut folgen. Letztlich hätte man als Leser auch selber auf die Erklärung kommen können, aber es ist mir eben auch wichtig, dass der Autor sich etwas dabei gedacht hat. Nur so kann für mich ein solches Phänomen authentisch in einem Buch verarbeitet werden.
Sabine ist eine Ich-Erzählerin, die mir sofort sympathisch war. Was besonders deutlich wird, ist ihre innerliche Zerrissenheit. Sie weiß einfach nicht, welches der beiden Leben, das sie führt, IHR Leben ist. Hat sie überhaupt eine eigene Persönlichkeit? Wer ist sie? Wo gehört sie hin? Immer wieder wird Sabine von diesen Fragen geplagt, bis sie einen Entschluss fasst, der ihre beiden Leben komplett verändern wird. Ich konnte Sabines Gefühle total gut nachvollziehen, denn nicht nur die Wechsel zwischen den Parallelwelten werden so eindringlich beschrieben, dass man als Leser fast selbst die Panik dabei spürt. Sondern auch Sabines Gedanken und vor allem Gefühle werden so intensiv dargestellt, dass man direkt Verständnis und Mitgefühl für sie aufbringt.
Ungefähr die erste Hälfte des Buches beschreibt die beiden Leben von Sabine. Die sind wirklich sehr unterschiedlich, aber Sabine hat gelernt, sich anzupassen. Das merkt man schnell daran, dass sie ab und zu dazu neigt, sich nach ihrem eigenen Charakter zu verhalten, sich dann aber innerlich daran erinnern muss, in welchem Leben sie sich gerade befindet und das dieses ein ganz anderes Verhalten von ihr erwartet. Es sind in dieser ersten Hälfte des Buches hauptsächlich Szenen aus dem Schul- und Familienalltag von Sabine. Es sind keine spannenden Szenen, aber dennoch ist einfach eine gewisse Neugier da, was mit Sabine passieren wird. Denn schließlich hat Sabine eine folgenschwere Entscheidung getroffen...
Und dann lernt sie Ethan kennen und er bringt alles durcheinander. Ich denke, ich verrate nicht zu viel, wenn ich euch sage, dass sich Ethan und Sabine ineinander verlieben. Mir fehlten diesbezüglich leider die Emotionen. Obwohl Sabine ein total gefühlsbetonter Mensch ist, wurden ausgerechnet ihre Gefühle zu Ethan für mich nicht deutlich genug. Klar, Ethan ist schon echt ein toller Kerl und es wundert mich auch nicht, dass sich die beiden zueinander hingezogen fühlen. Aber irgendwie sind die Emotionen nicht bei mir angekommen. Und deshalb konnten mich auch einige dramatische Szenen am Ende des Buches nicht hundertprozentig mitreißen, weil da eine gewisse Distanz zu der Beziehung zwischen Ethan und Sabine bestand.
Gerade am Ende erwarten den Leser einige überraschende Szenen und auch eine gewisse Dramatik. Ich selbst hatte mit den Wendungen, die das Buch nimmt, überhaupt nicht gerechnet. Aber ich denke, es wird euch freuen zu hören, dass „Ein Tag, zwei Leben“ ein in sich abgeschlossenes Buch ist. Klar, die Autorin könnte bestimmt in einem zweiten Buch noch etwas zu erzählen haben, aber das Buch kann so, wie es ist, locker als Stand-Alone durchgehen.
Mein Fazit
Die Suche nach der eigenen Identität - für die sympathische Ich-Erzählerin Sabine könnte sie dramatischer nicht sein.