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Veröffentlicht am 06.10.2019

Ein wahnsinnig mitreißendes Buch

Feuer & Flut
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Diese Rezension könnte eventuell den kleinen Nachteil haben, dass ich sie schreibe, nachdem ich auch schon Band 2 gelesen habe. Ich versuche natürlich dennoch, meine Bewertung von den Eindrücken zu Band ...

Diese Rezension könnte eventuell den kleinen Nachteil haben, dass ich sie schreibe, nachdem ich auch schon Band 2 gelesen habe. Ich versuche natürlich dennoch, meine Bewertung von den Eindrücken zu Band 2 zu trennen und natürlich nicht zu spoilern! "Feuer & Flut" habe ich bereits letztes Jahr in meinem Sommerurlaub gelesen und ich war damals (ok - so lange ist es jetzt noch nicht her ...) schon sehr beeindruckt von diesem Buch. In diesem Monat habe ich mich an einen Re-Read gemacht, bevor ich Band 2 gelesen habe, und war beim zweiten Lesen noch begeisterter.

Ich weiß nicht, wie ich darauf gekommen bin, aber vor dem ersten Lesen des Buches hatte ich erwartet, dass "Feuer & Flut" in einer dystopischen Welt viele, viele Jahre in der Zukunft spielen würde. Außerdem hatte ich mit einem viel größeren Fantasy-Anteil gerechnet. Ich war überrascht, dass das Buch doch in der Neuzeit spielt und dabei relativ bodenständig ist. Klar, die genetisch veränderten Tiere sind Dystopie genug, aber ich hatte mir den Handlungshintergrund drastischer vorgestellt.

Weil Tella, die weibliche Hauptperson, eine angenehme Ich-Erzählerin ist, die mich als Leserin schnell überzeugt hat mit ihrer schnippischen und frechen Art, habe ich total schnell in das Buch hineingefunden. Ich mochte ihren Sarkasmus und überhaupt ihre Art, mich mit ihrem Leben vertraut zu machen. Natürlich ist das Leben, das Tella führt, nicht gerade beneidenswert, und ich fand es großartig, wie Tella das deutlich macht, ohne auf die Tränendrüse zu drücken. Sie ist tough und das war für mich einfach nur bewundernswert. Es gab auch ein paar Seiten an ihr, die ich nicht mochte, zum Beispiel ihre Markenaffinität, die mich teilweise doch etwas genervt hat. Aber so ist Tella nun mal und es ist auch ganz interessant zu beobachten, wie sie manche negativen Eigenschaften im Laufe des Buches einfach ablegt.

Die Handlung nimmt recht schnell an Fahrt auf, Tella wird relativ schnell mit dem Brimstone Bleed konfrontiert und es dauert auch nicht lange, bis das Rennen startet. Vielleicht hätte ich mir noch etwas mehr Zeit gewünscht, um Tellas Familie und ihr Leben kennenzulernen. Andererseits schafft es die Autorin auch auf den wenigen Seiten, zu zeigen, wie sehr Tella ihre Familie liebt und wie viel Zuneigung innerhalb dieser Familie steckt, auch wenn das nicht immer öffentlich gezeigt wird. Und natürlich ist mir als Leser auch auf diesen wenigen Seiten bewusst geworden, wie scheiße es ist, dass Tellas Bruder so krank ist und niemand ein Heilmittel findet. Ich glaube, es wird schon deutlich, welche Motivation Tella hat, um am Brimstone Bleed, das einfach nur total abgefahren klingt, teilzunehmen.

Das Brimstone Bleed an und für sich war einfach nur krass! In diesem ersten Band müssen die Teilnehmer an diesem Wettrennen die ersten zwei von vier Stationen durchlaufen und überleben. Es gilt, sich durch den Dschungel zu schlagen und die Wüste zu durchqueren. Als Anhaltspunkt dienen den Teilnehmern blaue Flaggen, die ihnen den Weg zum Basislager - dem Ziel - zeigen. Die Aufgabe in den ersten beiden Etappen ist also gleich, nur die Umstände sind anders. Und es ist einfach erschreckend, zu beobachten, wie sich Menschen verhalten können, wenn sie ein so kostbares Ziel wie ein Heilmittel für ihren geliebten Menschen vor Augen haben. Das Buch ist stellenweise einfach sehr grausam. Sowohl auf physischer als auch auf psychischer Ebene fügen sich die Kandidaten Schmerzen zu und es gibt Wendungen, mit denen ich niemals im Leben gerechnet hätte. Doch zum Glück zeigt die Autorin auch, wie in solchen Extremsituationen Freundschaften entstehen und Menschen zusammenwachsen. Es hat unglaublich gut getan, wenn bei all der Schwierigkeit und der Härte dieses Wettkampfes doch Szenen zum Lachen zu lesen waren.

Es sind über 100 Teilnehmer, die am Brimstone Bleed teilnehmen, natürlich spielt nicht jeder von ihnen im Buch eine tragende Rolle. Dennoch waren es einige Figuren, die man als Leser näher kennenlernt. Teilweise war es für mich schwierig, sie mir genauer vorzustellen. Besonders was das Alter der Charaktere betrifft, hatte ich so meine Schwierigkeiten. Aber während des Lesens sind mir einige Figuren immer mehr ans Herz gewachsen und ich fand es toll, was Victoria Scott für eine Geschichte um diese Charaktere drumherum gesponnen hat.

Es gibt einen Grund, warum ich nicht gerne Bücher lese, in denen Tiere eine Rolle spielen. Ich bin in der Beziehung furchtbar nah am Wasser gebaut und beim Lesen von "Feuer & Flut" ist mir das nur noch einmal so richtig bewusst geworden. Ich kann es nicht ertragen, wenn Tiere Gefühle zeigen, wenn sie ihre Liebe zu ihrem Herrchen zeigen, wenn sie Trauer oder Angst zeigen, weil sie geschlagen oder gequält werden. Leider gab es in diesem Buch Szenen, die ich gar nicht gerne gelesen habe. Zum Glück weitet Victoria Scott diese nicht unnötig aus. Es ist eher meine Fantasie gewesen, die mir das Lesen schwer gemacht hat. Und letztlich sind es auch einfach die Tiere, die Pandoras, gewesen, die diesem Buch seinen ganz besonderen Reiz geben. Es ist unglaublich, welchen Ideenreichtum die Autorin an den Tag gelegt hat, um ganz besondere Tiere mit ganz besonderen Fähigkeiten zu erschaffen. Auch hier gibt es Figuren, die mir ganz besonders ans Herz gewachsen sind, mit denen ich mitgefiebert habe, über die ich gestaunt und gelacht habe, die mir das Herz schwer gemacht haben.

In diesem ersten Band wird bereits erklärt, was der Hintergrund des Brimstone Bleeds ist. So unspektakulär ich diesen Aufhänger doch fand, so krankhafter und abscheulicher ist er doch. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich der Altersempfehlung des Verlages unter anderem aufgrund dieses Aspekts anschließen kann. Für Leser ab 14 Jahren ist das Buch doch schon recht krass. Selbst mich als Erwachsene hat es stellenweise echt erschüttert und wahnsinnig berührt.

Der erste Band hat mich nach dem ersten Lesen mit großer Spannung und Vorfreude auf Band 2 zurückgelassen. Umso froher war ich beim Re-Read, dass ich direkt zur Fortsetzung greifen konnte.


Mein Fazit

Ich bin einfach überwältigt vom Ideenreichtum der Autorin, vom Tempo dieses Buches, von den Charakteren - den menschlichen und den tierischen -, die mir ans Herz gewachsen sind, die ich stellenweise aber auch einfach verabscheut habe. Victoria Scott hat ein wahnsinnig mitreißendes Buch geschrieben, das ich einfach nur als krass empfunden habe.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Ich hoffe auf eine Fortsetzung

Salz & Stein
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Zwei von vier Etappen haben die mutigen Teilnehmer des Brimstone Bleeds überstanden, jetzt folgen die Etappen Meer und Berge. Und je mehr Teilnehmer zurückbleiben, umso mehr wächst in den bisher erfolgreichen ...

Zwei von vier Etappen haben die mutigen Teilnehmer des Brimstone Bleeds überstanden, jetzt folgen die Etappen Meer und Berge. Und je mehr Teilnehmer zurückbleiben, umso mehr wächst in den bisher erfolgreichen Kandidaten der Wunsch heran, für sich und ihre geliebten Menschen das rettende Medikament zu ergattern. Band 2 schließt also nahtlos an Band 1 an und es ist nicht empfehlenswert, dieses Buch ohne die Vorkenntnisse aus Band 1 zu lesen!

Ich hatte den Eindruck, dass in diesem zweiten Band vor allem viel auf zwischenmenschlicher Ebene passiert. Die bereits bekannten Kandidaten rücken noch näher zusammen und es gilt herauszufinden, wer tatsächlich vertrauenswürdig ist und wer nicht. Dazu werden auch neue Charaktere vorgestellt, die man bisher noch nicht kannte. Auch hier gilt es auszuloten, wer ins Team passt und wer nicht. Auch das Zusammenspiel der Pandoras rückt stärker in den Vordergrund. Und letztlich lernen auch die Kandidaten ihre Pandoras ganz neu kennen. Das Bewältigen der beiden Etappen Meer und Berge passierte mehr nebenbei, während das Hauptaugenmerk schon verstärkt auf den zwischenmenschlichen und -tierischen Beziehungen lag. Und das hat mir richtig gut gefallen. Denn in Band 1 wurde schon thematisiert, wie die Kandidaten sich von blauer Flagge zu blauer Flagge bewegen. Das blieb natürlich auch in der Fortsetzung nicht aus. Umso froher war ich, dass der Schwerpunkt doch ein anderer war.

Ich muss zugeben, dass ich mit dem Einstieg in "Salz & Stein" ein wenig meine Schwierigkeiten hatte, da das Buch zu ruhig beginnt. Ja, es ist ein zweiter Teil, und ja, ich finde es immer hilfreich, wenn dem Leser noch mal kurz und knapp in Erinnerung gerufen wird, was im ersten Teil passiert ist. Da ich dieses Mal Band 1 und 2 aber unmittelbar hintereinander gelesen habe, war es für mich nicht nötig, noch mal daran erinnert zu werden, was in Band 1 passiert ist. Mit ein wenig Abstand zwischen beiden Büchern wäre ich dankbar dafür gewesen, aber so hat es mich aufgehalten, denn ich wollte doch einfach nur wissen, wie es weitergeht und vor allem endet!

Während ich bereits in Rezis zum ersten Teil Vergleiche zu "Die Tribute von Panem" gelesen habe, ist mir beim Lesen von "Salz & Stein" auch selbst dieser Vergleich in den Kopf gekommen. Erinnert ihr euch daran, wie im ersten Teil kurz vor dem Ende die Regeln geändert wurden, um es den Kandidaten noch schwerer zu machen, um die Hungerspiele noch grausamer zu machen? Ich hatte den Eindruck, dass den Veranstaltern des Brimstone Bleed in diesem zweiten Teil auch spontan Regeländerungen eingefallen sind, um noch einen oben draufzusetzen, um den Kandidaten und ihren Pandoras noch mehr Leid zuzufügen. Furchtbar war das und gar nicht schön zu lesen. Und doch konnte ich das Buch natürlich nicht zur Seite legen ...

Ich habe bereits in meiner Rezi zu Teil 1 erwähnt, dass es seine Gründe hat, warum ich nicht gerne Bücher lese, in denen Tiere eine größere Rolle spielen. Ich bin in der Beziehung einfach sehr nah am Wasser gebaut. In Teil 2 hat sich das nur wieder bestätigt. Und mehr möchte ich an dieser Stelle auch gar nicht dazu sagen.

Es gab einen Aspekt der Handlung, den ich irgendwie unnötig fand. Ich nenne mal das Stichwort "Kabelbinder", um nicht zu viel zu verraten, aber gleichzeitig denjenigen von euch, die das Buch schon gelesen haben, dennoch einen Hinweis zu geben, was ich meine. Alles rund um dieses Thema fand ich einfach nur überflüssig und ich habe den Sinn dahinter nicht so recht verstanden, da es letztlich keinerlei Auswirkungen auf die Handlung hatte.

Die Entwicklung von Tella macht in diesem zweiten Band noch mal einen richtigen Sprung und sie ist mir noch mehr ans Herz gewachsen. Ich fand sie einfach großartig in diesem Buch. Sie ist so clever, gleichzeitig einfach so wichtig für die gesamte Gruppe, und sie erkennt auch selbst, wie man seine Prioritäten richtig setzt. Das habe ich ihr in diesem Buch hoch angerechnet.

Das Ende des Buches war für mich ok, auch wenn ganz klar nicht alle Fragen beantwortet werden. Ich möchte schon gerne wissen, wie es weitergeht, aber sollte es tatsächlich kein weiteres Buch mehr geben, könnte ich mich durchaus damit zufriedengeben, wie Band 2 nun geendet hat.


Mein Fazit

Ich hatte ein paar Schwierigkeiten, in das Buch hineinzufinden, aber als die dritte Etappe des Rennens startete, war ich wieder drin in der Handlung und habe bis zum Schluss mit den Charakteren und ihren Pandoras mitgefiebert. Mit dem Ende kann ich mich zufriedengeben, wäre aber dennoch wahnsinnig interessiert an einer weiteren Fortsetzung.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Ein ganz besonderes Buch

Eins
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"Eins" ist mal wieder eines dieser Bücher, bei denen ich unbedingt etwas zur Aufmachung sagen muss. Denn die Gestaltung dieses Buches hat mich sehr beeindruckt und fasziniert und als es bei mir angekommen ...

"Eins" ist mal wieder eines dieser Bücher, bei denen ich unbedingt etwas zur Aufmachung sagen muss. Denn die Gestaltung dieses Buches hat mich sehr beeindruckt und fasziniert und als es bei mir angekommen ist, konnte ich es gar nicht fassen, wie großartig es aufgemacht ist und wie wunderschön es ist. Ich habe mich lange mit diesem Buch beschäftigt, nicht nur mit seinem Inhalt, sondern auch mit seinem Äußeren. Es ist ein echter Schatz. Der Schutzumschlag ist transparent und aus stabilem Plastik. Aufgedruckt sind auf den Innenseiten der Klappentext und die Autorenbeschreibung, auf der Vorderseite der Titel sowie in Hellblau die Umrisse des Kopfes eines Mädchens. Erst durch den weißen Einband des Buches, auf den sich der Schutzumschlag legt, werden diese Aufdrucke sichtbar und lesbar. Der Einband des Buches selbst fühlt sich wie sehr hochwertiges Leinen an. Hier aufgedruckt ist der gleiche Umriss des Kopfes wie auf dem Schutzumschlag, nur in Rosa und spiegelverkehrt. Legt man nun den Schutzumschlag um das Buch, ergibt sich ein faszinierendes Zusammenspiel der Farben. Nehmt das Buch unbedingt mal in die Hand, wenn ihr es im Buchladen beim Stöbern seht, und macht mal den Schutzumschlag ab. Ich bin wirklich begeistert von der Aufmachung!

Und wenn ihr das Buch dann schon mal in der Hand habt, dann nehmt es am besten auch direkt mit. Denn es ist so so so lesenswert! Bücher über Zwillinge habe ich durchaus schon gelesen, auch über Geschwisterbeziehungen allgemein. Aber bislang habe ich noch kein Buch über siamesische Zwillinge gelesen, umso faszinierender fand ich dieses Werk von Sarah Crossan.

Und aufgepasst - jetzt kommt auf den ersten Blick ein Widerspruch in sich: Selten habe ich so schnell so ein umfangreiches Buch gelesen und mich dabei doch so intensiv mit dem Inhalt beschäftigt. Denn: Mit seinen gut 420 Seiten ist "Eins" schon ein ordentlicher Schmöker, aber dennoch habe ich wohl nur drei Stunden zum Lesen gebraucht. Denn die inhaltliche Gestaltung erinnert an einen Gedichtband. Oft sind es nur wenige Zeilen, die auf die einzelnen Seiten gedruckt wurden, mit Überschriften, kurzen Zeilen und Absätzen. Beim Lesen passt man sich automatisch diesem Rhythmus an und liest in einem ganz eigenen und besonderem Tempo, was das Lesevergnügen wirklich einzigartig macht.

Über einen Zeitraum von acht Monaten (von August bis März) begleitet man als Leser Tippi und Grace. Man erlebt ihren Alltag, man geht mit ihnen zur Schule, man sitzt mit ihnen zusammen am Frühstückstisch, man begleitet sie in ihrer Freizeit. Und dabei ist dieses Buch so viel mehr. Denn natürlich sitzen Tippi und Grace nicht einfach am Frühstückstisch. Sie benötigen dafür einen extra breiten Stuhl. Und natürlich gehen Tippi und Grace nicht einfach so zur Schule. Denn selbst die Schuluniform, die alle Schüler tragen müssen, schafft es nicht, dass Grace und Tippi so aussehen wie alle anderen. Und natürlich ist der Alltag von Tippi und Grace alles andere als normal. Denn da ist der Vater, der verzweifelt auf der Suche nach einem Job ist, um seine Familie zu ernähren, und dabei doch immer wieder scheitert und sich dem Alkohol hingibt; da ist die jüngere Schwester, die sich verbissen im Balletttraining vergräbt, um vor allem für ihre Eltern mehr zu sein als nur die Schwester von Tippi und Grace, und die dabei doch immer mehr entschwindet. Da ist zwar die Lust am Leben, aber dann ist da eben auch der Wunsch, einfach mal allein sein zu können. Da sind die Therapiestunden. Da ist die Angst vor der Zukunft.

Ich-Erzählerin des Buches ist Grace. Sie spricht oft von einem "Wir", aber letztlich sind es ihre Gedanken, die man als Leser am intensivsten mitbekommt. Es sind sehr erwachsene Gedanken, die sie mit dem Leser teilt. Wenn sie zum Beispiel erzählt, dass es wirklich nicht so schlimm sei, mit ihrer Schwester verwachsen zu sein, denn schließlich gebe es ganz andere Fälle von siamesischen Zwillingen, die mit zusammengewachsenen Köpfen oder Herzen leben müssen oder zu zweit nur zwei Arme haben. Oder wenn sie sich fragt, ob es ihre jüngere Schwester Dragon nicht nervt, mit ihnen verwandt zu sein und ob sie das nicht auch zum Freak macht. Es sind sehr bewegende Gedanken, die tief in mir als Leserin viel bewirkt haben. Grace ist eine sehr toughe Ich-Erzählerin, die ich für ihre Einstellung zum Leben extrem bewundert habe. Es ist großartig, wie es Sarah Crossan gelingt, Grace den Lesern des Buches so nahe zu bringen, dass man sich fühlt, als wäre man selbst mit Grace verwachsen. Sie kommt dem Leser so nahe, ihre Geschichte und ihre Gedanken und Gefühle werden so lebendig, dass man gar nicht anders kann, als mit ihr zu fühlen. Man fühlt die Einschränkungen, die ihr Leben mit sich bringt, aber man fühlt auch den enormen Spaß am Leben, die Freude über Kleinigkeiten, die erste Liebe, den Wunsch, doch endlich mal ein paar Minuten für sich selbst zu haben, die Angst, als die Ärzte sie und ihre Familie vor die schwerste Entscheidung ihres Lebens stellen. Denn das Buch nimmt eine drastische Wende.

Dieses Buch ist so viel mehr und so tiefsinnig, dass es gar nicht für eine Rezension reicht. Lest dieses Buch unbedingt selbst! Und vielleicht wisst ihr jetzt auch, warum es kein Widerspruch war, zu schreiben, dass ich noch nie so schnell so ein dickes Buch gelesen habe und dennoch so viel Zeit damit verbracht habe. Denn das Leseerlebnis war so intensiv und das Buch wirkt lange nach. Es hat gut getan, diese Rezi zu schreiben und dabei das Buch noch einmal zu durchleben.


Mein Fazit

"Eins" ist ein ganz einzigartiges und besonderes Buch, das nicht nur von der Aufmachung her überzeugt, was den Schutzumschlag, den Einband und den Textsatz betrifft, sondern vor allem auch durch den Inhalt, der so intensiv und bewegend ist.

Veröffentlicht am 06.10.2019

Ein ganz wundervolles Buch!

Emmy & Oliver
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Emmy und Oliver sind praktisch seit Geburt an die besten Freunde. Sie sind am selben Tag im selben Krankenhaus geboren, sie sind Nachbarn und zusammen aufgewachsen. Sie teilen ihre Hobbys und sie teilen ...

Emmy und Oliver sind praktisch seit Geburt an die besten Freunde. Sie sind am selben Tag im selben Krankenhaus geboren, sie sind Nachbarn und zusammen aufgewachsen. Sie teilen ihre Hobbys und sie teilen ihr Leben. Und als Oliver auf einem kleinen Zettel gefragt wird, ob er Emmy mag, umkringelt er das Ja dreimal. Nichts könnte sich je zwischen die beiden drängen. Bis Oliver vom einen auf den anderen Tag plötzlich spurlos verschwindet und Emmy allein zurückbleibt.

"Emmy & Oliver" ist ein Buch, das mir unglaublich gut gefallen hat und auch extrem viel mit mir als Leserin gemacht hat. Ich war von Anfang an gefangen von der Geschichte und den unglaublich lebendig Charakteren und das Buch hat sich als wahrer Schatz präsentiert. Nicht nur äußerlich, sondern auch inhaltlich. Ich habe mit Emmy zusammen Oliver vermisst, habe mich nach ihm gesehnt, war genervt von den Eltern, die alles verbieten, habe dem Augenblick, in dem er und Emmy sich wiedersehen würden, herbeigesehnt und gefürchtet, habe ein Wechselbad der Gefühle durchlebt. Und am Ende das Buch mit einem zufriedenen Seufzer geschlossen und es noch lange nachhallen lassen. Ihr müsst es unbedingt selbst lesen, wahrscheinlich reichen meine Worte gar nicht aus, um zu beschreiben, was für ein wundervolles Buch "Emmy & Oliver" ist.

Total anschaulich und eindringlich beschreibt Robin Benway durch ihre Ich-Erzählerin Emmy, wie es sich anfühlt, wenn völlig unerwartet ein Mensch aus dem eigenen Leben verschwindet. Wie man am Anfang die Hoffnung nicht verliert und jeden Tag denkt, dass heute der Tag ist, an dem er zurückkehren wird. Wie dann aber doch nach und nach die Zuversicht schwindet und man lernt, sich einen neuen Alltag zu formen. Und wie am Ende doch am meisten der Gedanke zählt, dass man selbst immer noch da ist.

Ganz schwierig war für mich das Verhalten von Emmys Eltern. Ja, es ist schlimm, dass Oliver verschwunden ist. Und ja, natürlich macht man sich als Eltern Sorgen. Aber es ist ja nicht so, als wäre ein Wildfremder in das Leben von Olivers Familie und dadurch irgendwie auch in das Leben von Emmys Familie eingedrungen. Es war immer noch sein Dad, der so gehandelt hat. Also warum bitte wird Emmy in Watte gepackt, warum darf sie kaum einen Fuß alleine vor die Tür setzen, warum wird ihr alles verboten? Ja, ich kann die Eltern in einem gewissen Maße verstehen, aber ihr Verhalten, vor allem das der Mutter, fand ich völlig übertrieben und es hat mich teilweise auch echt extrem genervt. Ich weiß nicht, wie oft ich beim Lesen innegehalten habe, um mich über Emmys Mutter aufzuregen. Die Frau ist echt der absolute Hammer! Und das meine ich jetzt nicht positiv.

Umso froher war ich, dass Emmy ihr Ding durchgezogen hat. Und mit "Ding" meine ich vor allem das Surfen. Es hat so gutgetan, mit ihr zusammen zu erleben, wie sie sich heimlich mit ihrem Board an den Strand schleicht und sich den Wellen hingibt. Überhaupt mochte ich Emmy mit ihrer frischen Art total, was aber im Übrigen auch für ihre Freunde Drew und Caro gilt. Die drei, später vier, sind einfach so eine geniale Gruppe. Ich habe die Schlagabtäusche und Dialoge so geliebt. Auch wenn es um ganz alltägliche Sachen im Leben der Teenager geht, hatte ich nicht das Gefühl, hier Sachen zu lesen, die man schon tausendmal gelesen hat. Auch ist überhaupt keine Langeweile bei dem üblichen Alltagsgeplänkel aufgekommen, weil der Schreibstil der Autorin einfach so mitreißend und ihr Humor so genial ist. Die Freundschaft der drei spielt natürlich auch eine große Rolle, stellt fast eines der Hauptthemen dar, denn natürlich ändert sich hier auch einiges, als Oliver zurückkommt.

Diesem Augenblick, als Oliver nach zehn Jahren plötzlich wieder nach Hause kommt, habe ich richtig entgegengefiebert. Emmy beschreibt toll, was dabei in ihr vorgeht, und es fällt so leicht, sich in sie hineinzuversetzen. Das Aufeinandertreffen der beiden hatte ich mir dann stellenweise doch etwas anders vorgestellt, vor allem die Tatsache, dass Oliver sich nicht mehr wirklich an sie oder Caro oder Drew erinnern konnte, hat mich total verwundert und ich fand es auch nicht ganz logisch. Aber wahrscheinlich liegt das daran, dass Oliver für Emmy immer präsent war, auch wenn ihr Leben in der Zwischenzeit einfach einen anderen Inhalt bekommen hat. Aber dennoch hat sie immer an ihn gedacht und sich an die Momente mit ihm erinnert. Während Oliver im Gegensatz dazu in ein völlig neues Leben geschmissen wurde. Die ersten sieben Jahre seines Lebens haben einfach keine Rolle mehr gespielt. Und so eben auch Emmy oder Caro oder Drew. Wahrscheinlich ist es da ganz normal, dass Dinge in Vergessenheit geraten.

Natürlich wird alles anders, als Oliver plötzlich wieder da ist. Aber nicht nur seine Beziehung zu Emmy wird thematisiert, sondern natürlich auch einfach sein Leben an sich. Oliver hat in den letzten zehn Jahren kein schlechtes Leben geführt. Sein Vater ist nicht das Monster, für das ihn alle halten. Oliver kommt in eine für ihn völlig fremde Familie. Er hat auf einmal Schwestern und eine Mutter und einen Stiefvater, dafür keinen Vater mehr. Und keiner fragt ihn, wie es ihm geht. Bis auf Emmy. Und sie ist es dann natürlich auch, der er sich öffnet.

Die Handlung ist stellenweise sehr emotional und feinfühlig, fast zerbrechlich und häufig auch sehr ernst. Nicht immer ist es angenehm, was man als Leser vorgesetzt bekommt, aber gerade das macht dieses Buch auch so aus. Es ist einfach ganz besonders. Und natürlich passiert zwischen Emmy und Oliver auch viel auf zwischenmenschlicher Ebene. Ich denke, dass kann ich ruhigen Gewissens verraten. Denn diese Szenen waren es, die besonders schön zu lesen waren.

Neben der Handlung, die in der Gegenwart spielt, gibt es immer wieder Zwischenkapitel in kursiver Schrift, die Episoden aus Emmys und Olivers gemeinsamer Vergangenheit wiedergeben. Sie runden das Buch perfekt ab und haben mich rückblickend fast noch mehr berührt als die Kapitel, die in der Gegenwart spielen, da sie die Grundlage für die tiefe und innige Freundschaft zwischen Emmy und Oliver bilden und einfach nur zuckersüß sind. Manchmal wird in diesen Zwischenkapitel auch eine Sache angesprochen, die sich bis in die Zukunft auswirkt und in der Gegenwart wieder aufgegriffen wird. Das hat mir auch richtig gut gefallen.

Wenn die übertrieben nervige Mutter und das merkwürdige Verhalten beim ersten Aufeinandertreffen mit seinen ehemaligen Freunden nicht gewesen wäre, hätte das Buch definitiv die volle Punktzahl bekommen. So ziehe ich am Ende einen halben Stern ab, spreche aber guten Gewissens eine Leseempfehlung von ganzem Herzen aus!

Veröffentlicht am 19.01.2024

Etwas zu viel des Guten

Die geheime Gesellschaft
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Von dem Debüt der Autorin, "Die versteckte Apotheke", war ich so begeistert, dass ich mir von ihrem zweiten Roman sehr viel erhofft habe. Leider wurde diese Erwartung etwas enttäuscht. Dabei fing alles ...

Von dem Debüt der Autorin, "Die versteckte Apotheke", war ich so begeistert, dass ich mir von ihrem zweiten Roman sehr viel erhofft habe. Leider wurde diese Erwartung etwas enttäuscht. Dabei fing alles gut an. Der Einstieg in das Buch war mit der Beschreibung einer Seancé sehr spannend, und von Seite zu Seite haben sich die großen Verstrickungen der Geschichte mehr und mehr offenbart. Eine düstere Atmosphäre schwebt über dem Buch, alles wirkt undurchsichtig, mystisch, magisch. Die Charaktere haben sich im Verlauf der Geschichte immer wieder von neuen Seiten gezeigt, wodurch die Handlung stets unerwartet und nicht ganz durchschaubar blieb. Nach und nach haben sich die Zusammenhänge erklärt, Vermutungen konnten angestellt werden, die je nach Gespür der Lesenden bestätigt oder als komplett falsch dargestellt wurden. So hat das lesen wirklich großen Spaß gemacht.

Leider hat die Autorin es ab der zweiten Hälfte des Buches jedoch etwas übertrieben. Auf einmal wurde die Geschichte sehr unangenehm, einfach weil alles etwas zu viel war. Etwas zu viel Ehrgeiz der Handelnden, etwas zu viel Konstruktion seitens der Autorin, etwas zu viel Zufall, etwas zu viel Bösartigkeit. Wo das Düstere in der ersten Hälfte des Buches noch für angenehme Spannung gesorgt hat, wurde es nun einfach beklemmend und fast schon verstörend. Einige Charaktere haben erheblich Sympathiepunkte eingebüßt und das Licht am Ende des Tunnes hat gefehlt. So ist die Freude am Lesen leider verloren gegangen. Ich hoffe auf ein wieder mehr überzeugendes nächstes Buch der Autorin.

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