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Veröffentlicht am 08.09.2017

Quer durch Alaska

Das Leuchten am Rand der Welt
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Eowy Ivey wählt für ihren zweiten Roman eine Erzählstruktur, auf die ich mich in den ersten Seiten kurz einstellen musste. In vielen Tagebucheinträgen der Hauptakteure, aber auch in Zeitungsartikeln und ...

Eowy Ivey wählt für ihren zweiten Roman eine Erzählstruktur, auf die ich mich in den ersten Seiten kurz einstellen musste. In vielen Tagebucheinträgen der Hauptakteure, aber auch in Zeitungsartikeln und abgebildeten Dokumenten schreitet die Handlung schnell voran.

Im Jahr 1885 bricht Allen Forrester auf, um am Wolverine River entlang bis ins Landesinnere von Alaska vorzudringen. Dabei will er sowohl das Land kartographieren als auch die dort lebenden Indianer erforschen. Er hat sich gut vorbereitet auf diese abenteuerliche Reise. Dennoch hat die Natur wie zu erwarten die ein oder andere Unwägbarkeit parat. Gegen Wind und Wetter war auch damals nicht immer ein Kraut gewachsen. Man spürt die Kälte der Alaska-Nächte und mehr als einmal ist ein seltsamer Eingeborener unterwegs und sorgt für Aufregung und Unsicherheit. Forrester ist ein echter Forscher und mir gefiel seine Aufgeschlossenheit und seine Ausdauer.

Zuhause wartet die Ehefrau Sophie. Ihr Part ist weniger dramatisch und deshalb eigentlich der undankbarere. Er dreht sich mehr um das Warten und Ausharren aber auch die Suche einer jungen Frau nach einer Beschäftigung, die die Tage sinnvoll ausfüllen kann. Damals hatten es die Männer sicherlich leichter, weil sie freier in ihren Entscheidungen waren und mehr Möglichkeiten hatten. Gerne wäre sie mit ihrem Mann mit auf die Expedition gegangen. Das hätte ich auch sehr schön gefunden, aber gesundheitliche Gründe verhindern das und später findet Sophie einen eigenen Weg, die Natur und die Welt neu zu entdecken und zu erforschen.

Eine weitgehend unspektakuläre aber dennoch intensive Reise mit zwei Menschen, deren Wünschen und Sehnen der Leser sehr nahe kommt. Eine Prise Mythologie hat die Autorin auch wieder eingebaut.

Veröffentlicht am 30.08.2017

eine unterhaltsame Zeitreise

Zeitkurier
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Bei Zeitreise-Romanen kann ich ganz selten nein sagen. Ich liebe es, den Autoren durch die Zeit zu folgen und die Gedankenschleifen nachzuvollziehen, die so eine Zeitreise zwangsläufig mit sich zieht. ...

Bei Zeitreise-Romanen kann ich ganz selten nein sagen. Ich liebe es, den Autoren durch die Zeit zu folgen und die Gedankenschleifen nachzuvollziehen, die so eine Zeitreise zwangsläufig mit sich zieht. Auch Wesley Chus Roman „Zeitkurier“ hat mich hier nicht enttäuscht. Im Gegensatz zu vielen andere Büchern, die in ausgehend von unserer Gegenwart in die Vergangenheit oder Zukunft reisen, ist hier die Ausgangslage, dass wir uns in einer dystophisch-verwüsteten Zukunft der Erde befinden und die Menschen versuchen durch Zeitreisen in die Vergangenheit – also unsere Gegenwart in etwas – ihre zur Neige gehenden Ressourcen aufzustocken. Um aber möglichst wenig in den Verlauf der Geschichte einzugreifen und um Himmels Willen nicht etwas unwiederbringlich zu verändern oder durcheinander zu bringen, schicken sie die Zeitreisenden nur dorthin, wo bekanntermaßen große Naturkatastrophen oder andere Unglücke sowieso zur Zerstörung der betreffenden Ressourcen geführt hatte. Es wird also etwas in die Zukunft transportiert, was nicht mehr fehlen kann im Weltgefüge, da es so oder so zerstört worden wäre.

Soweit alles klar? Gut, dann muss man jetzt noch wissen, dass Zeitreisen auch für die Menschen nicht ganz ohne sind. Allein schon die psychologische Komponente ist gewaltig, denn die Zeitkuriere treffen auf sehr viele Menschen, von denen sie ja wissen, dass sie demnächst zu Tode kommen werden. Diese Begegnungen sind für den Hauptakteur James eine ständig wachsende Belastung, die ihn immer mehr aus dem Tritt bringt. Schließlich beschließt er, jemanden zu retten. Damit löst er natürlich eine dramatische Kettenreaktion aus. Genau das, was ja eigentlich vermieden werden sollte.

Der Autor nimmt sich erst mal viel Zeit, den Leser in diese Welt einzuführen, deren Regeln und Konstruktionen zu erklären, die Charaktere zum Leben zu erwecken. Dabei gibt er sich große Mühe, seine Idee der Zeitreise auch mit technischen und wissenschaftlichen Methoden zu beschreiben. So etwas mag ich sehr gerne. Erst dann, nach etwa einem Viertel des Buches, zieht er das Tempo langsam an. Nein, Mr. Chu erfindet das Zeitreiserad nicht neu. Aber mir macht es einfach immer wieder großen Spaß, einem klugen Autor auf so einer Zeitreise zu folgen. Nachdem ich erst mit „Dark matter“ vor ein paar Wochen vergnügliche Stunden in diesem Genre verbracht habe, konnte mich auch „Zeitkurier“ gut unterhalten. Zur vollen Punktzahl fehlt ein bisschen, da das Ende etwas überstürzt daherkommt aber ich kann das Buch durchaus empfehlen.

Ach ja, auch ich möchte das tolle Cover noch einmal extra erwähnen.

Veröffentlicht am 30.08.2017

gehaltvoller Geschichtsroman

Das Ohr des Kapitäns
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Der ungewöhnliche Titel des Buches „Das Ohr des Kapitäns“ erklärt sich bereits nach 60 Seiten.
Nachdem die Engländer das Handelsrecht für Sklaven erhalten, die in spanische Hoheitsgebiete verkauft werden, ...

Der ungewöhnliche Titel des Buches „Das Ohr des Kapitäns“ erklärt sich bereits nach 60 Seiten.
Nachdem die Engländer das Handelsrecht für Sklaven erhalten, die in spanische Hoheitsgebiete verkauft werden, patrouillieren die Spanier vor der Küste und kontrollieren jedes Schiff und dessen Fracht. Einer der Händler, Jenkins, versucht sich aber zu weigern und die Spanier zu hintergehen. Deshalb schneidet ihm der Anführer im Eifer ein Ohr ab. Jenkins sorgt dafür, dass die Britische Regierung davon Kenntnis erhält, dass ein spanischer Küstenwach-Kapitänen einem englischen Handelskapitän seiner Meinung nach grundlos Gewalt angetan hat. Das löst einen erbitterten Streit der beiden Länder aus der in einem Kolonialkrieg endet.

Das Buch ist sehr hochwertig gestaltet. Da ist zum einen das herausragend schöne Cover. Ich liebe diese Form der Malerei, in der die Schifffahrt zentrales Thema ist. Zum anderen gibt es zwei Seekarten im Inneren, die den Ort der Geschehnisse großräumig darstellen und ein Gefühl für die damalige Zeit hervorrufen.

Ich hatte erst ein Buch von Gisbert Haefs gelesen und das liegt schon ziemlich lange zurück. Mir war nicht mehr in Erinnerung, wie anspruchsvoll und fast zeitgenössisch zur Geschichte sein Erzählstil ist. Es erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und man darf keinen Roman erwarten, den man so einfach mal herunter liest. Auch sind nicht die Charaktere im Mittelpunkt des Geschehens sondern mehr der historisch belegte Konflikt, der auf interessante Weise den Konflikten gleicht, die es auch heute gibt, wenn zwei Nationen sich um Handelsrechte streiten und ein kleiner Vorfall eine internationale Krise auslösen kann. Also im eigentlichen Sinne ein Lehrstück über den Menschen und die Mechanismen der politischen Auseinandersetzung.
Es war sicherlich teilweise ein bisschen zäh zu lesen aber auch wieder gehaltvoll. Deshalb vier Sterne von mir.

Veröffentlicht am 25.08.2017

solide

Kein guter Ort
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„Kein guter Ort“ war mein erster Roman von Berhard Stäber. Man kann das Buch gut lesen, ohne die zwei Vorgängerbände zu kennen aber im Laufe der Geschichte wird tatsächlich die Neugierde darauf geweckt, ...

„Kein guter Ort“ war mein erster Roman von Berhard Stäber. Man kann das Buch gut lesen, ohne die zwei Vorgängerbände zu kennen aber im Laufe der Geschichte wird tatsächlich die Neugierde darauf geweckt, da immer wieder Anspielungen und Hinweise auf Vergangenes vorkommen.

Der Psychologe Arne ist ein interessanter Charakter. Einerseits ein handfester bodenständiger Wissenschaftler andererseits durch seine Erlebnisse bewustseinserweiternden Mitteln und Mystischem nicht abgeneigt. Er hat also bereits Vorahnungen, dass die sympathische Kommissarin Kari ihn besuchen wird. Im Schlepptau hat diese dann Janne, eine junge Frau, die bei Arne in der Klinik ihre Drogensucht bekämpfen soll. Die findet das erst mal nicht so prickelnd und verdrückt sich mit Karis Auto. Sie landet in einem alten verwaisten Hotelgebäude und findet ein Tagebuch. Arne weiß, dass hier zwei unaufgeklärte Mordfälle passiert sind und dass das Tagebuch wohl der einzigen Überlebenden gehörte. Läuft der Mörder noch frei herum? Hat er tatsächlich auch Janne im Visier?

Es dauert eine Weile, bis der Krimi in die Gänge kommt und man überhaupt weiß, worum es hier eigentlich geht. Derweilen lernt man die Charaktere genauer kennen. Für mich als Quereinsteiger war das ganz okay. Die Spannung kommt erst im letzten Drittel des Buches auf und man darf sich auf einen richtigen Showdown freuen. Ich finde die Kombination „Deutscher Autor – lebt und schreibt in Norwegen“ eine interessante Mischung. Auch die Protagonisten haben ihre Wurzeln teilweise in Deutschland.

Die Vorgängerbände zu lesen ist sicherlich keine schlechte Option aber es liest sich auch problemlos als Einsteigeband. Ein solider Krimi mit einem über weite Strecken ruhigen Tempo.

Veröffentlicht am 21.08.2017

spannend und sehr unterhaltsam

Der Herr der Bogenschützen
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Der Titel „Der Herr der Bogenschützen“ lässt kurzzeitig natürlich an Robin Hood denken, dessen Leben der Autor Mac P. Lorne aber bereits ausführlich in anderen Romanen geschildert hat.

Hier nun handelt ...

Der Titel „Der Herr der Bogenschützen“ lässt kurzzeitig natürlich an Robin Hood denken, dessen Leben der Autor Mac P. Lorne aber bereits ausführlich in anderen Romanen geschildert hat.

Hier nun handelt es sich um John Holland und die Zeit um 1400. Holland verliert Vater und Bruder schon als junger Mann und nachdem er durch seine herausragende Bogenschießkunst auffällt, steht er alsbald an der Seite von Englands neuem König. Die Engländer und die Franzosen kämpfen auf europäischem Boden seit langem um die Vorherrschaft. Der englische König Harry – an seiner Seite auch der erste und beste Bogenschütze Holland – gewinnt eine um die andere Schlacht. Erst das Erscheinen von Jehanne Darc legt ihm Steine in den Weg. Eben dieses Szenario hat mir ausgesprochen gut gefallen. Es wird aus der Sicht von Holland aber auch der französischen Nationalheldin erzählt. Dank der guten Recherchearbeit des Autors erfährt man einiges über die geschichtlichen Fakten. Über die Abläufe und Zusammenhänge, die diese dramatische Geschichte interessant unterfüttern.

Ich mag Lornes kraftvollen Erzählstil, der mich an Geschichten von Ulf Schiewe erinnert. Man merkt, dass der Autor an seinem Helden hängt. Er zeichnet ihn als starken und klugen Mann, der so manche Gefahr übersteht und als Kerl aber auch als Freund ein Prachtexemplar ist. Das mag manchmal etwas klischeehaft rüberkommen, macht aber großen Spaß zu lesen. Hier werden Männer und Frauen gleichermaßen ihr Vergnügen haben. Ein historischer Roman, der durch einen spannenden Plot besticht und dabei viel Wert auf historische Genauigkeit legt. Von mir eine dicke Leseempfehlung.