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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.02.2017

solide

Sein blutiges Projekt
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Roderick Macrae, ein 17jähriger Bauernjunge, tötet 1869 in einem kleinen schottischen Dorf drei Menschen, die in seiner Nachbarschaft schon seit vielen Jahren lebten. Das Buch ist kein Roman im eigentlichen ...

Roderick Macrae, ein 17jähriger Bauernjunge, tötet 1869 in einem kleinen schottischen Dorf drei Menschen, die in seiner Nachbarschaft schon seit vielen Jahren lebten. Das Buch ist kein Roman im eigentlichen Sinne, sondern eine Art Faktensammlung, anhand derer beleuchtet wird, wie und warum es zu diesen Morden kam. Dabei wird auch über die Anfänge der Kriminalpsychologie und Gerichtsmedizin berichtet.

Das Buch ist in mehrere ganz unterschiedliche Abschnitte unterteilt. Zum einen werden die Aussagen der Zeugen und Dorfbewohner widergegeben, die jeder auf seine Art einen Grund für die Morde finden. Dann kommt der längste Abschnitt, in dem der Mörder selbst in einem selbst verfassten Text erst seine Lebensumstände beschreibt und damit dann auch Schritt für Schritt zur eigentlichen Tat kommt.

Abgerundet wird alles von einem Abschnitt über das tatsächliche medizinische Gutachten und dann der Ablauf des damaligen Prozesses.
Gefallen hat mir, dass dieser Mordfall aus so vielen Perspektiven beleuchtet wurde. Auch war es hochinteressant über das ärmliche, harte Leben der schottischen Landbevölkerung zu lesen. Kein Wunder, dass so viele immer wieder ihr Heil in der Auswanderung suchten, denn in Schottland selbst waren sie mittel- und rechtelos und hatten wirklich kaum Zukunftsaussichten.

Etwas unglaubwürdig fand ich, dass ein einfacher Bauernsohn so anspruchsvoll und hintersinnig erzählen konnte. Hier denke ich, dass etwas nachgeholfen wurde. Da stört mich insofern man mutmaßen kann, das auch die Aussagen des Jungen vielleicht nicht alle der Wahrheit entsprachen. Der Junge schien mir zu intelligent für Teile seines Handelns. Aber sei es drum.
Die Idee zu diesem Buch ist gut und die Ausarbeitung solide.

Veröffentlicht am 20.01.2017

guter Erstling

DEAR AMY - Er wird mich töten, wenn Du mich nicht findest
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Dear Amy ist der Erstling von Helen Callaghan. Es handelt sich um einen Psychothriller. Angesprochen hat mich zu allererst das Cover. Es zeigt einen kleinen Bildausschnitt. Endlich mal keine blutigen Messer ...

Dear Amy ist der Erstling von Helen Callaghan. Es handelt sich um einen Psychothriller. Angesprochen hat mich zu allererst das Cover. Es zeigt einen kleinen Bildausschnitt. Endlich mal keine blutigen Messer oder irgendwelches Getier, wie Käfer und Vögel usw. Es mutet fast etwas antiquiert an, aber im positiven Sinne.

Der Erzählstil ist in der Hauptsache in der ersten Person aus der Sicht von Margot Lewis. Der Leser weiß meist nicht mehr als Margot, manchmal weniger. Er kann dadurch gut miträtseln, wird auch mal in eine falsche Richtung geschickt.

Ist Katie, die Schülerin von Margot, entführt worden oder abgehauen? Ist der Brief wirklich von Bethan, die vor vielen Jahren verschwunden ist? Was haben die Mädchen miteinander zu tun? Wurden etwa beide entführt? Lebt Katie noch und kann Margot sie finden?

Über eine lange Zeit bleibt vieles mysteriös, rätselhaft, ja fast unlogisch. Als Leser und als Margot gibt es einfach zu viele Fragen und die Zusammenhänge scheinen verworren. Aber nach und nach wird ein Puzzleteil nach dem anderen hinzugefügt. Die Spannung baut sich langsam auf. Die Autorin kann sie bis zum Ende hin stetig steigern.

Mir hat die Geschichte sehr gut gefallen. Margot ist ein Charakter, für den man sich schnell erwärmen kann. Das Schicksal der Mädchen interessiert den Leser und man leidet mit ihnen. Die mutmaßlichen Verdächtigen sind nicht eindimensional und der Plot wird zu logischen Ende gebracht.

Ein wirklich guter Psychothriller. Gerne mehr von dieser Autorin.

Veröffentlicht am 20.01.2017

Phase Null

Die Auserwählten - Phase Null
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Alles nimmt hier seinen Anfang. In Phase Null – dem zweiten Prequel zur Reihe „Die Auserwählten“ von James Dashner, wird die Geschichte endgültig zusammengefügt. Das meiste ist dem Leser der Vorgängerbände ...

Alles nimmt hier seinen Anfang. In Phase Null – dem zweiten Prequel zur Reihe „Die Auserwählten“ von James Dashner, wird die Geschichte endgültig zusammengefügt. Das meiste ist dem Leser der Vorgängerbände natürlich schon bekannt. Und man weiß auch, wie alles einmal ausgehen und zu einem Ende findet wird. Aber dennoch macht es durchaus Spaß, dieses Buch zu lesen. Es ist einfach schön, Thomas noch einmal zu treffen und ihn so kennenzulernen, wie er vor all dem war. Als er noch Stefan hieß und es keine Cranks gab und ein Brand noch eine ganz andere Bedeutung hatte. Und dann der Ausbruch der Seuche und neben dem Entsetzen und der Angst der Menschen spürt man auch bereits, wie alles irgendwie aus dem Lot gerät. Die Menschlichkeit wird unwichtig, das Überleben der Spezies steht an erster Stelle und drängt alles andere zurück. Für Kinder und Jugendliche ist das schwer zu verstehen und die Härte, mit der die neuen Regeln durchgesetzt werden sind grausam und treffen Eltern und Kinder gleichermaßen.

Phase Null schreibt den Anfang dieser Dystophie und es hat seinen eigenen Charme, diese Vorgeschichte jetzt ganz am Schluss zu lesen. Neueinsteiger werden sicherlich die richtige Reihenfolge beachten aber es geht auch so. Mir gefällt der unaufgeregte und sparsame Erzählstil von James Dashner. Er spart nicht an Aktion und gibt seinen Helden dennoch Konturen und glaubwürdige Charaktere.

Für Neueinsteiger und Fans der Reihe gleichermaßen eine Empfehlung.

Veröffentlicht am 20.01.2017

guter Histokrimi

Wintergewitter
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Wintergewitter ist der zweite Teil der historischen Krimireihe um den Kommissär Reitmeyer. Die Fälle spielen in der Zeit zwischen den Weltkriegen in München. Eine harte Zeit für die Menschen, denn die ...

Wintergewitter ist der zweite Teil der historischen Krimireihe um den Kommissär Reitmeyer. Die Fälle spielen in der Zeit zwischen den Weltkriegen in München. Eine harte Zeit für die Menschen, denn die Inflation sorgt für Armut und Hunger in Deutschland und deshalb zu jeder Form von Beschaffungskriminalität, wie Diebstahl, Hehlerei und ähnlichem. Aber es gibt auch Morde. Und zu Beginn des Romans muss Reitmeyer den Tod einer kleinen Schauspielerin klären. Scheinbar wurde sie mit Morphin getötet. Und es bleibt nicht die einzige Tote.

Reitmeyer ist ein typischer Mann seiner Zeit. Durch den ersten Weltkrieg immer noch traumatisiert versucht er sich ganz auf seinen Beruf zu konzentrieren und seine Familie zu ernähren. Die Nationalsozialisten haben gerade Aufwind aber eigentlich ist er mehr mit seiner Arbeit und sich selber beschäftigt.

Das Setting ist spannend und glaubwürdig geschildert. Außerdem spielt es in meiner Heimatstadt München und die ein oder andere Lokalität war mir durchaus vertraut und schuf dadurch eine zusätzliche Intensität. Aber sicherlich kommen auch jene Leser auf ihre Kosten, die andernorts zuhause sind. Ich mag den sperrigen Charakter des Hauptdarstellers und die leicht düstere Stimmung in diesem Roman. Außerdem hat Angelika Felenda eine kraftvolle und fast männliche Art zu erzählen. Man merkt dem Buch die Rechercheleistung an. Es entwickelt sich schnell gutes Kopfkino und die teils damals sehr mühsame Ermittlungsarbeit ist interessant.

Ganz heranreichen kann das Buch zwar nicht an die Kutscher-Romane aber ich empfehle es trotzdem sehr gerne weiter.

Veröffentlicht am 08.01.2017

Das Geheimnis der Schneekirsche

Das Geheimnis der Schneekirsche
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Das Buch war genau mein Beuteschema. Es beginnt im Jahre 1914. Selma Wallenstein ist Lehrerin aus Leidenschaft und gibt dies nur schweren Herzens auf, um zu ihren Eltern nach China ins ferne Tsingtau zu ...

Das Buch war genau mein Beuteschema. Es beginnt im Jahre 1914. Selma Wallenstein ist Lehrerin aus Leidenschaft und gibt dies nur schweren Herzens auf, um zu ihren Eltern nach China ins ferne Tsingtau zu reisen, um dort ihre psychisch erkrankte Mutter zu pflegen. Mit ihrer Tante und ihrer Schwester landet sie in einer fremden Welt und nicht alles ist so, wie sie es sich erhofft hatte. Das überraschende Treffen mit ihrer Jugendliebe Paul verläuft kühl, ihr Vater hat sich sehr verändert und die Mutter lebt in ihrem Schneckenhaus und spricht mit niemandem. Auch gibt es einige Dinge, die Selma sich nicht erklären kann. Und dann bricht auch noch der erste Weltkrieg aus. Freunde werden zu Feinden und die Front rückt näher.
Vieles hat mir an diesem Buch gefallen. Die Autorin erzählt mit ruhigen Worten, gibt der Hauptdarstellerin viel Raum sich zu entwickeln. Im Vordergrund steht nicht die unerfüllte Liebe zu einem unerreichbar scheinenden Kerl, sondern das verzwickte Familienleben, der Wunsch von Selma zu helfen und zu lehren, ihre Neugierde und ihre Suche nach einer eigenständigen Identität. Sie muss sich gegen ihren Vater durchsetzen, gegen die Bürokratie im Schulwesen, gegen Vorurteile und Ignoranz. Interessant sind auch die diversen Zusammenstöße mit der fernöstlichen Kultur; mit chinesischer Medizin und Heilkunde, chinesischer Mentalität. Für meinen Geschmack hätte das gerne noch mehr sein dürfen. Überrascht hat mich, wie europäisch die kleine chinesische Stadt durch den Einfluss der Deutschen, Franzosen und Engländer war. Dazu gehörte natürlich auch das überhebliche Verhalten der deutschen Kolonialherren, welches sich auch in Selmas Vater gut widerspiegelte.
Eigentlich war auch Paul, die große Jugendliebe, verheißungsvoll und genau nach meinem Gusto. Leider kam der Held über weite Strecken des Buches nicht zum Zuge. Er war immer die unsichtbare Verheißung am Horizont. Es hätte mir gut gefallen, wenn Selma und Paul öfter aufeinander getroffen wären. Die Liebesgeschichte hatte durchaus noch mehr Potential. Andererseits war es dadurch eben kein reiner Liebesroman sondern mehr die Geschichte einer jungen Frau, die sich Anfang des letzten Jahrhunderts auf ihre ganz eigene Weise einen Weg zu ihrem Lebensglück erkämpft.