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heinoko

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.08.2019

Die Poesie der Melancholie

Der Blumenladen der Mademoiselle Violeta
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Das Buch zu lesen war für mich wie einen der französischen Filme anzuschauen, in denen nicht viel und doch alles geschieht. Romantisch, poetisch, melancholisch…
L’Ètoile Manquante ist eine Welt für sich ...


Das Buch zu lesen war für mich wie einen der französischen Filme anzuschauen, in denen nicht viel und doch alles geschieht. Romantisch, poetisch, melancholisch…
L’Ètoile Manquante ist eine Welt für sich – ein kleiner Blumenladen im Herzen von Saint-Germain. Sein 74-jähriger Besitzer Dominique Brulé liebt seine Blumen über alles, er hat das feine Gespür dafür, welche Blumen welchem Menschen gut tun und mitunter verschenkt er sie. So auch an die beiden älteren Damen Mercedes und Tilde, die regelmäßig in den Laden kommen. Sie sind zwei in der Einsamkeit gestrandete Spanierinnen, streitbar miteinander verbunden. Dominique Brulé selbst ist die Einsamkeit in Person, verloren in einer verlorenen Liebe, und doch aufmerksam für die Menschen um ihn herum. In dieses statische Gefüge einsamer Menschen bricht etwas Neues ein, als die junge Violeta sich als Aushilfe bei Monsieur Dominique bewirbt…
Ein leises, nein, ein stilles Buch ist das. Die Menschen sind leise, die Geschehnisse sind leise, die Welt der Blumen ist leise. Es gibt, wie es scheint, nur ein passives Sich-Ergeben dessen, was geschieht, kein Aufbegehren, kein Widerstand, nichts, was laut werden könnte. Der spanische Autor Maxim Huerta schreibt französischer als so manch ein französischer Autor. Es gelingen ihm eindringliche Beschreibungen der Trauer, die über die Jahre hinweg übergeht in einen Zustand des Wartens – warten worauf? Und er beschreibt die grenzenlose Einsamkeit des Menschen, der Mensch-ärgere-dich-nicht gegen sich selbst spielt. Aber Huerta schreibt gleichzeitig auch so tänzelnd-leichtfüßig, mit so viel Charme, so unbeschwert Beschwerliches erzählend, so französisch eben, wie es besser nicht geht. Zugleich ist er ein belesener Autor, der das Erzählte mit Büchern anderer Autoren „bebildert“. Und über allem singt Jacques Brel „Ne me quitte pas“.
Ein wunderschönes, ein zartes, ein liebevolles, ein poetisches, ein kluges Buch, traurig und doch das Leben feiernd.

Veröffentlicht am 22.08.2019

Das Herz verstehen lernen

Herzrhythmus – Der Takt des Lebens. Herzrhythmusstörungen verstehen und behandeln
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Mit einer gewissen Sorge begann ich dieses Buch zu lesen. War es wirklich gut für mich, mich mit dem Thema Herzrhythmus intensiver zu beschäftigen? Hatte mir mein unrhythmisches Herz doch schon einige ...


Mit einer gewissen Sorge begann ich dieses Buch zu lesen. War es wirklich gut für mich, mich mit dem Thema Herzrhythmus intensiver zu beschäftigen? Hatte mir mein unrhythmisches Herz doch schon einige körperliche Probleme und mehr noch psychische Probleme bereitet. Würde nicht alles noch viel schlimmer werden, wenn ich mich lesend mit dem Thema intensiver befasse? Würde mich das Buch noch mehr aus dem Rhythmus bringen? Nach Lektüre weiß ich, dass meine Angst unbegründet war. Im Gegenteil: Wieder einmal mehr stelle ich fest, dass sachlich-umfassende Informationen Unsicherheiten und Sorge vertreiben und man stattdessen ermutigt ist, das Bestmögliche für die eigene Herzgesundheit zu tun.
Die beiden Autoren, in leitender Funktion tätig am Peter Osypka Herzzentrum in München und Koryphäen in der Behandlung von Herzrhythmusstörungen, legen hier ein umfassendes Buch zum Thema vor. Im systematischen Teil werden sehr ausführlich und auch für den Laien verstehbar die verschiedenen Herzrhythmusstörungen, deren Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten dargestellt. Viele Zeichnungen und Fotos tragen zusätzlich zum Verständnis bei. Im praktischen Teil, dem für den Laien sicher wichtigsten, erfahren wir, was wir selbst für unsere Herzgesundheit tun können, wobei insbesondere sehr ausführlich auf die Ernährung eingegangen wird. Abschließend gibt es noch eine Sammlung von häufig gestellten Patientenfragen, die die Fachleute aus ihrer Tagespraxis und Erfahrung heraus gesammelt und beantwortet haben. Ein Glossar und ein Register beschließen das Buch.
Fazit: Ein sehr sorgfältig, sogar aufwändig gestaltetes Buch mit umfassenden Informationen, sachlich-verständlich geschrieben und bestens dafür geeignet, Unsicherheiten zu nehmen und den informierten Patienten zum idealen Partner des Kardiologen zu machen.

Veröffentlicht am 20.08.2019

Rosa-Laune-Buch

Die besten Tantenretter der Welt
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Witzig und lebendig wird eine fröhlich-kunterbunte Geschichte erzählt. Ein Kinderbuch, das einfach rundum Spaß macht und auf keinen Fall ernst genommen werden möchte. Ein Buch mit Rosa-Laune-Garantie…
Jonas ...


Witzig und lebendig wird eine fröhlich-kunterbunte Geschichte erzählt. Ein Kinderbuch, das einfach rundum Spaß macht und auf keinen Fall ernst genommen werden möchte. Ein Buch mit Rosa-Laune-Garantie…
Jonas und Fabian leben bei ihrer Tante Erdmute, die Gute. Und sie haben es mit ihrer Tante nicht leicht, denn sie benimmt sich so, als wäre sie eine erwachsene Pippi Langstrumpf. Sie ist unberechenbar und hat stets außergewöhnliche Ideen. Als der Vermieter ihre Wohnung verkaufen will und Tante Erdmute deshalb dringend Geld benötigt, überfällt sie aus der Not heraus in einem wunderbar auffälligen roten Kleid eine Bank. Jonas und Fabian wird ganz anders, als sie sich zusammen mit ihnen und dem Geldsäckchen auf eine rasante Flucht in ein abgelegenes Waldhotel begibt. Dass dort recht wunderliche Leute wohnen und dass auch noch ein wertvolles Briefmarkenalbum geklaut wird, führt zu sehr spannenden Verwicklungen und Jonas und Fabian haben alle Hände voll zu tun, um aus ihrer Tante die Unschuld vom Lande zu zaubern.
Ein so fröhliches, unbeschwertes Kinderbuch habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Es ist frei von allzu ernstem pädagogischem Anspruch und erzählt mit Spaß und Spannung und sehr ideenreich eine flotte Geschichte. Dass man vom Singen rosa Laune bekommen kann oder dass man jemanden mit den Augen in den Arm nehmen kann – solch schöne im Text versteckte Sprachbilder verraten, dass die Autorin (auch) Lyrikerin ist. Ein meiner Meinung nach rundum gelungenes, spritzig erzähltes, mit liebenswerten Protagonisten versehenes Kinderbuch ab 10 zum Selberlesen, zum Vorlesen durchaus auch für jüngere Kinder.

Veröffentlicht am 18.08.2019

Zum genussvollen Vorlesen

Sylvester und der Gespensterdoktor
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Ein klein wenig Enttäuschung vorab: Als erstes hatte mich in der Verlagsankündigung des Sanssouci Verlages das Cover zu dem vorliegenden Titel begeistert. Ein wenig schade, dass dieses Titelbild letztlich ...


Ein klein wenig Enttäuschung vorab: Als erstes hatte mich in der Verlagsankündigung des Sanssouci Verlages das Cover zu dem vorliegenden Titel begeistert. Ein wenig schade, dass dieses Titelbild letztlich etwas verändert wurde und der Umriss von Sylvester nun nicht mehr zu sehen ist. Auch auf das angekündigte Lesezeichen wurde verzichtet. Und leider, leider enthält das Buch keine einzige Zeichnung, keinerlei schmückende Auflockerung des Textes.
Die Geschichte beginnt in einer schrecklichen Gewitternacht. Sylvester, ein 12jähriger Waisenjunge, rennt und rennt tropfnass durch die Finsternis. Da stößt er auf eine einsame Scheune, in der er Zuflucht nehmen möchte. Doch er wird im Inneren der Hütte von einem alten Mann empfangen, mit der Flinte im Anschlag. Es stellt sich heraus, dass der alte Mann der wahre und einzige Gespensterdoktor ist, denn auch Gespenster können krank werden! Was Sylvester in der Folge erlebt, ist so unglaublich, dass sich sogar der Buchautor selbst nur unter einem Pseudonym zum Buch bekennt, damit ihn die Gespenster, die er gerufen hat, nicht verfolgen können…
Mit überbordender Fantasie wird eine sehr ungewöhnliche Gespenstergeschichte erzählt. Den Sprachstil habe ich als besonders erlebt, denn es werden geradezu malerisch gespenstische Bilderwelten im Kopf des Leser gezaubert. Die Beschreibungen wirken oftmals wie alte Gemälde aus dem Museum, in einer etwas altmodisch-komplizierten Sprache. Und genau diese Sprache ist auf der einen Seite wunderschön und sensibel, wie zum Beispiel: „… die umgetretenen Halme auf der Wiese behielten die Fußabdrücke im kurzen Grasgedächtnis…“ Man findet gelungene Wortschöpfungen wie „klumpige Bauchschmerzenangst“. Auf der anderen Seite erscheint mir die Altersempfehlung des Verlages „ab 10“ aufgrund der besonderen Sprache etwas problematisch, allenfalls nur zutreffend für wahre Leseratten. Zur Leseauflockerung wären daher durchaus ein paar Illustrationen hilfreich gewesen.
Was sich mir jedoch beim Lesen des Buches permanent aufdrängte: Die Erzählweise in ihrer Lebendigkeit und die Schönheit der Sprache bietet sich perfekt an zum langsamen, genussvollen Vorlesen. Denn gruselig, komisch, spannend, berührend – das Buch hat alles.

Veröffentlicht am 14.08.2019

Über die heilsame Kraft zwischen Mensch und Pferd

Marwani
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Mädchen und Pferdebücher - das gehört zusammen, schon klar. Unzählige mehr oder wenig gut geschriebene Mädchenbücher füllen die entsprechenden Buchhandlungsregale. Jugendliche und Pferdebücher – da wird ...


Mädchen und Pferdebücher - das gehört zusammen, schon klar. Unzählige mehr oder wenig gut geschriebene Mädchenbücher füllen die entsprechenden Buchhandlungsregale. Jugendliche und Pferdebücher – da wird die Kombination schon schwieriger, das Angebot geringer. Und ein Buch für Jugendliche, das von einem traumatisierten Menschen und von einem traumatisierten Pferd erzählt – das ist etwas Besonderes und, wie das vorliegende Buch, absolut lesenswert!
Es wird erzählt von Mira, einem jungen Mädchen, das aufgrund eines unverschuldeten Unfalls im Rollstuhl sitzt und mit allem und jedem hadert. Umso mehr, als die Eltern mit ihr wegziehen, weit weg von ihrer alten Freundesclique, ausgerechnet in die direkte Nachbarschaft eines Reiterhofes. Wobei Mira mit Pferden nichts, absolut nichts am Hut hat. Lediglich ihre kleine Schwester ist begeistert und erweist sich als hochtalentierte Reiterin. Mira beobachtet von ihrem Zimmer aus, wie die wilde, temperamentvolle Schimmelstute Marwani auf dem Reiterhof ankommt. Die Stute lässt keinen einzigen Menschen an sich heran. Je länger Mira die unzähmbare Stute beobachtet, desto mehr wächst in ihr die Ahnung, dass sie beide mehr gemeinsam haben als erwartet. Die Begegnung mit Dan, dem schüchtern-zurückhaltenden Stalljungen, zeigt Wirkung…
Das vorliegende Jugendbuch ist so fesselnd und lebendig geschrieben, dass es den Leser von der ersten Seite an gefangen nimmt. Und es ist ernsthaft genug, um nicht zur Gattung der vielen auf dem Markt befindlichen verkitschten Mädchen-Pferde-Bücher zu gehören. Im Gegenteil: Mit sehr feiner Beobachtungsgabe und psychologischem Gespür wird die Interaktion zwischen Mensch und Pferd geschildert. Wir erleben intensiv mit, wie auf wortlose, heilsame Weise Vertrauen wächst und dies letztlich nicht nur zwischen Mensch und Pferd, sondern neues Vertrauen in das Leben überhaupt, für Mira und Marwani gleichermaßen.
Einfühlsam und mit großem Pferdeverstand schildert die Autorin eine Geschichte, die berührt. Absolut lesenswert!