gefühlvolle Geschichte, tolle Charaktere, ausdrucksstark gelesen
It was always loveNach einer Studentenparty hat sich Aubrees Leben um 180° gedreht. Sie bekommt Nachrichten mit Beschimpfungen, sie ist von der Uni geflogen, sie fühlt sich furchtbar, schuldig, innerlich zerrissen. Und ...
Nach einer Studentenparty hat sich Aubrees Leben um 180° gedreht. Sie bekommt Nachrichten mit Beschimpfungen, sie ist von der Uni geflogen, sie fühlt sich furchtbar, schuldig, innerlich zerrissen. Und dabei erinnert sie sich selbst an die betreffende Nacht überhaupt nicht mehr. Das muss sie aber auch nicht, denn das Foto, das durch kursiert, ist ausreichend, um all das in Gang zu bringen, das in ihr wütet und ihr Leben völlig auf den Kopf zu stellen. Aubree flüchtet zu ihrer besten Freundin Ivy und will sich dort einfach nur verkriechen, Zeit vergehen, Gras über die Sache wachsen lassen und vergessen. Doch das funktioniert nicht ganz so, wie sie es gehofft hatte. Sie entkommt ihren Gedanken und Gefühlen nicht und sie entkommt auch Noah, dem Stiefbruder von Ivy, nicht, der in ihr Dinge anstößt und auslöst, die sie im Moment so gar nicht gebrauchen kann.
Es ist der zweite Band der Reihe, da es jetzt jedoch um Aubree und Noah geht, muss man den ersten Band nicht unbedingt kennen, um der Handlung folgen zu können. In „It was always you“ steht Ivy mit ihrer Geschichte im Mittelpunkt, dadurch lernt man auch die Blakely Brüder und Aubree schon kennen. Es hilft sicherlich ein paar sehr Situationen noch besser einschätzen zu können und auch schon ein gewisses Gefühl für die Familie und das Gefüge zu haben. Ich denke aber, man kann der Handlung im zweiten Band auch gut folgen, wenn man die Charaktere bisher noch nicht kennt. Die Dinge, die für den Verlauf wirklich wichtig sind, bekommt man hier auf jeden Fall noch mal geliefert.
Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive von Protagonistin Aubree geschildert. Dadurch ist man besonders intensiv bei der jungen Frau für die gerade alles Kopf steht. Man erhält sehr detaillierte Einblicke in ihre aufgewühlte Gedanken- und Gefühlswelt und kann mitverfolgen, wie sie mit dem Erlebten und den daraus resultierenden Dämonen kämpft. Ich empfand ihre Situation als sehr ausdrucksstark beschrieben. Ich konnte mich schnell in sie hineinfühlen und verstehen, wieso gerade so ein Sturm in ihr wütet, wieso alles gerade einfach nur schrecklich ist und sie am liebsten aus ihrem Lieben fliehen möchte. Die sehr aufgebrachte Stimmung zu Beginn des Buches legt sich zwar im Verlauf der Handlung, es gibt aber immer wieder Berührungspunkte mit dem Thema, das zu Beginn Aubrees Gedanken beherrscht, schon allein weil sie nicht einfach vergessen kann, was auf der Studentenparty passiert ist, aber auch weil sich dazu noch weitere Aspekte ergeben. Trotzdem ist die Atmosphäre dann eine andere. In Aubrees durcheinandergeratenes Leben mischen sich auch wieder sonnigere Momente, Augenblicke voller Zuneigung und Zuversicht, Situationen, in denen sie Frust und Wut rauslassen kann, was sehr befreiend auf die Protagonistin wirkt. Aubree ist eine starke und zugleich verletzliche Protagonistin, sie ist eine Kämpferin, sie ist zwischendurch aber auch einfach am Boden. Sie überwindet sich immer wieder und ist mutiger als sie sich manches Mal fühlt, manchmal bereut sie, was sie gesagt oder getan hat, auch wenn es oft einfach dem entspricht, wie sie sich fühlt oder was sie sich wünscht. Sich zu öffnen ist nicht immer leicht, manches will sie mit sich ausmachen, niemanden belasten und doch bricht dann irgendwann ihr Schutzschild und es beginnt ein mentaler und emotionaler Befreiungsschlag, bei dem man verfolgen kann, wie sie nach und nach wieder zu sich zurückfindet, dass sie geerdeter und wieder gefestigter ist. Auch Noah spielt dabei eine Rolle, aber nicht nur.
Noah ist ein sehr spannender Charaktere, von dem ich gern noch mehr erfahren hätte. Durch die Perspektive steht er nicht so im Fokus wie Aubree, er hat aber entscheidenden Einfluss auf die Handlung und auch auf die Gefühle von Aubree. Er ist irgendwie schon ein eher düsterer Protagonist, der mit einigen Dämonen kämpft, aber er hat auch eine sehr einfühlsame und weiche Seite, die er nur nicht jedem zeigt. Hinter seine Mauer und seine Fassade zu blicken, empfand ich als sehr schön, weil es Noah noch greifbarer, noch echter und authentischer gemacht hat. Die harte Schale, die er zur Schau trägt, ist wie ein Panzer, er lässt nicht viele nah an sich ran, manchmal stößt er andere auch bewusst weg, warum das so ist, erfährt man im Verlauf der Geschichte. Und doch ist er einfach sehr aufmerksam und Aubree gegenüber vorsichtig, obwohl er zunächst gar nicht weiß, was los ist. Er trifft nicht immer die richtigen Entscheidungen und sagt auch nicht immer das richtige, manchmal kämpft er regelrecht mit den Worten, irgendwie fand ich das aber auch niedlich und so echt. Er wirkte nicht verstellt, sondern einfach ungeschönt mit all seinen Ecken und Kanten. Gern hätte ich auch Passagen aus seiner Sicht gehabt, damit man noch intensiver in seine Gedanken und Gefühle hätte eintauchen können. So entging einem an der einen oder anderen Stelle etwas von seiner Entwicklung und seinem Wandel, was ich schade fand, es hat den Fluss der Geschichte aber nicht wirklich unterbrochen.
Es ist eine sehr gefühlsintensive Geschichte die mir mehrfach unter die Haut ging, die mich aber auch immer wieder zum Lachen gebracht hat. Die Mischung aus Witz, Sarkasmus, Ironie, dem knisternden Näherkommen der Protagonisten, den düsteren, aufwühlenden Erlebnissen, den mal guten und mal falschen Entscheidungen, die getroffen werden, den Tränen und dem Trösten, dem wieder aufstehen und sich frei kämpfen hat mir richtig gut gefallen. Es war sehr facettenreich und vielseitig, obwohl eben hauptsächlich Aubree und Noah im Fokus standen. Aber auch die Nebencharaktere haben ihren Teil dazu beigetragen, dass die Atmosphäre in der Geschichte stimmte, dass es voranging, die Figuren bestärkt und gestärkt wurden, sich gegenseitig stärken und die neuen Herausforderungen annehmen konnten. Ich empfand beide als authentisch, mit Fehlern und Macken, die sie mir nur noch sympathischer gemacht haben. Auch dass es hier mal der männliche Part war, der ein angeknackstes Selbstbild hatte, hat mir gefallen. Einige Lösungen und Entwicklungen gingen vielleicht recht flott, aber beim Zuhören stimmte für mich die Dynamik in der Story einfach. Es hat Spaß gemacht die Achterbahnfahrt der Gefühle mit zu erleben.
Dagmar Bittner liest sehr intensiv, ich fühlte mich von Beginn an mitgenommen und mochte besonders die etwas dunkleren, emotionalen Momente total gern. Das Gefühlschaos in Aubree kam gut rüber, es schwangen die unterschiedlichen Emotionen in der Stimme mit, es war einfach ausdrucksstark und… ja intensiv. Durch Anpassungen im Sprechtempo, der Betonung, dem Einbauen von kleinen Pausen oder auch mal hörbaren Atempausen oder Durchatmen wirkte alles noch authentischer und lebendiger. Ungläubigkeit und Belustigung auf Seiten der Charaktere wurde ebenso transportiert wie Mitgefühl, Frustration und Schmerz. Auch die erotischen Passagen, die nicht zu viel Raum in der Geschichte eingenommen haben, empfand ich als atmosphärisch gelesen. Ich mochte aber auch den Stil dieser Szenen gern. Es hat sich harmonisch ins Gesamtgeschehen eingefügt.
Fazit
Mir hat ja schon der erste Band der Reihe gut gefallen, den zweiten fand ich sogar noch einen Tick besser. Es war eine sehr intensive, gefühlvolle Geschichte mit tollen Charakteren, die mit ihren Ecken und Kanten, den Fehlentscheidungen und den inneren Dämonen facettenreich und authentisch waren. Aubree tat mir zwischendurch sehr leid, was sie erlebt hat, ist einfach schrecklich, ihr Weg zurück zur inneren Stärke manchmal steinig und schwer und gleichzeitig auch von dem tollen Umgang ihrer Mitmenschen geprägt – also denen, die es gut mit ihr meinen. An der einen oder anderen Stelle könnte man vielleicht sagen, es ging hier und da etwas schnell oder vielleicht wäre es anders noch realistischer, aber ich mochte die Atmosphäre in der Geschichte, die Dynamik, die Mischung der verschiedenen Elemente, die vielseitigen Emotionen, dass man auch mal Lachen konnte, trotz der oft auch ernsteren Thematik und Stimmung. Ich hätte zwar gern mehr von Noah gehabt, eine Innensicht von ihm und nicht nur von Aubree, aber dafür möchte ich trotzdem keinen Stern abziehen, weil es einfach eine wundervolle Geschichte war, die mich sehr intensiv mitgenommen hat.