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Veröffentlicht am 27.02.2022

Jeder geht den Weg, der für ihn bestimmt ist

Tell
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„Ich muss zugeben, dass mich sein Besuch beglückt hat. Wenn man an Menschen erinnert wird, die man einst geliebt hat, fühlt man nicht bloß Kummer.“

Inhalt

Eine Bauernfamilie hoch in den Bergen der Schweizer ...

„Ich muss zugeben, dass mich sein Besuch beglückt hat. Wenn man an Menschen erinnert wird, die man einst geliebt hat, fühlt man nicht bloß Kummer.“

Inhalt

Eine Bauernfamilie hoch in den Bergen der Schweizer Alpen, weit weg von der Zivilisation, leben sie ein bescheidenes Leben, ausgerichtet auf die täglichen Bedürfnisse. Die beiden Brüder Peter und Wilhelm Tell halten zusammen, auch wenn der eine ein munterer Zeitgenosse ist und der andere ein schweigsamer Eigenbrötler. Als ein Lawinenunglück dem jüngeren Bruder zum Verhängnis wird, sieht sich der ältere in der Verpflichtung, die Familie des Bruders durchzubringen. Doch am Himmel ziehen dunkle Wolken auf, schließlich durchpflügen die Mannen der Habsburger die Orte in der näheren Umgebung, schänden Frauen und Kinder und plündern, wo sie nur können. Spurlos wird der Feind auch nicht am Haus der Familie Tell vorbeiziehen, doch Wilhelm ist nicht gewillt, sich kampflos zu ergeben. Seine Ehrfurcht vor dem König und dessen Vasallen ist nicht existent, die Armbrust sein bester Freund und wenn er schon nicht den Bruder retten konnte, dann wenigstens die noch Lebenden.

Meinung

Dies war mein erster Roman aus der Feder des in Island lebenden Autors, der sich hier mit der Sage des berühmten Wilhelm Tell auseinandersetzt und sie in moderner Sprache und komprimierter Handlung zu Papier bringt. Der Klappentext des Buches verspricht einen Blockbuster und genau so habe ich diesen Roman auch empfunden, denn während des Lesens läuft vor dem inneren Auge eine sehr stimmungsvolle, glaubwürdige Handlung ab, die man szenengenau wahrnehmen kann. Doch weniger die Historie selbst steht im Zentrum der Erzählung als vielmehr die familiäre Situation eines einfachen Mannes, der bemüht ist, die Seinen zu beschützen.

Das Besondere an diesem belletristischen Unterhaltungsroman ist wohl die gewählte Perspektive, denn die Erzähler des Buches wechseln in kurzen, prägnanten Kapiteln und stellen allesamt Zeitgenossen von Wilhelm Tell dar. Jeder Beteiligte schildert auf seine Art und Weise die Begegnung mit Tell und das Zusammenspiel der Ereignisse. Er selbst kommt dabei zwar nicht zu Wort, doch das tut dem Lesevergnügen keinerlei Abbruch, wird er doch als ein wortkarger, harter, prinzipientreuer Mann beschrieben, der am liebsten allein mit sich und seinen Gedanken war.

Besonders gut gefallen hat mir die Vielschichtigkeit in der Charakterisierung des Hauptprotagonisten, denn der Leser erfährt viel über seine Hintergründe und wird ebenso umfassend über seine Handlungen informiert. Es sind die zahlreichen Facetten, die hier ein stimmiges Bild ergeben und die auch über das Leben des Legende hinaus eine Aussagekraft besitzen. Denn obwohl es ausschließlich um ebenjenen Schweizer Freiheitskämpfer geht, beleuchtet die Erzählung auch generalistische Aussagen bezüglich des Menschseins. Mut, Rache, Vergebung, Hass und Liebe, Glück und Versagen – alles Themen, die zwar nicht explizit genannt werden, aber dank des authentischen Erzählstils eben trotzdem ihre Spuren hinterlassen und die Aussage des Romans sehr vielfältig und nachdenklich erscheinen lassen.

Fazit

Ich vergebe 5 Lesesterne für diesen starken, wichtigen Roman, der ungeachtet seines Handlungsortes eine angenehme Zeitlosigkeit besitzt. Hier funktioniert beides: die Einbettung der Geschichte in die ursprünglichen zeitlichen Hintergründe, geprägt von Armut und Unterdrückung, Kampf mit dem Feind und gegen die Widrigkeiten der Umwelt. Aber ebenso die beispielhafte Schilderung menschlicher Charakterzüge und ihre Auswirkungen auf das direkte Umfeld und die nächsten Angehörigen. Sehr gern hätte dieses Buch noch ein paar hundert Seiten mehr haben dürfen, einfach weil man sich so schön in der Erzählung wiederfinden konnte und die Personen des Buches einem nach und nach ans Herz gewachsen sind. Eine große Leseempfehlung für dieses erste Jahreshighlight und ich werde nun „Kalmann“ direkt auf meine Wunschliste setzen.

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Veröffentlicht am 08.02.2022

Was fühlst du, mein Käferchen?

Perfect Day
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„ Liebe ist das Zerbrechlichste und zugleich Stärkste in uns Menschen. Und sie ist immer existent.“

Inhalt

Ann Lesniak kann es kaum glauben, dass ihr geliebter Vater, der sie als Alleinerziehender großgezogen ...

„ Liebe ist das Zerbrechlichste und zugleich Stärkste in uns Menschen. Und sie ist immer existent.“

Inhalt

Ann Lesniak kann es kaum glauben, dass ihr geliebter Vater, der sie als Alleinerziehender großgezogen hat, nun als Hauptverdächtiger in mehreren Mordfällen an jungen Mädchen im Fokus der Ermittler steht. Sie ist felsenfest davon überzeugt, dass die Polizei den falschen Mann verhaftet hat und begibt sich auf eigene Faust auf die Suche nach dem Mörder. Irgendwo wird sie eine Spur finden und den Verantwortlichen klarmachen, dass es sich hier um ein einziges Missverständnis handelt. Mühevoll und ereignislos vergehen die nächsten Wochen, bis ihr das Schicksal in die Hände spielt und erneut ein kleines Mädchen verschwindet, welches kurz darauf wieder auftaucht, weil sie den Fängen des Mörders entkommen ist. Doch die kleine Sarah ist nicht zwangsläufig der Beweis für die Unschuld von Walter Lesniak und ihr beharrliches Schweigen scheint andere Gründe zu haben. Wenn Ann nicht bald den Schlüssel zur Lösung des Falls findet, muss sie hilflos mit ansehen, wie die Justiz ihres Amtes waltet …

Meinung

Nachdem ich bereits die beiden vorherigen Bücher der deutschen Bestsellerautorin Romy Hausmann mit viel Vergnügen gelesen habe, war ich natürlich auf ihr neuestes Werk umso neugieriger. Die Szenerie ganz nach meinem Geschmack: ein scheinbar heikler Fall, mit überschaubarem Personal und möglichst tiefgründiger psychologischer Orientierung. Der Schreibstil war wie erwartet schon auf den ersten Seiten flüssig zu lesen, spannend erzählt und zunächst sehr undurchsichtig. Gerade die diversen Texteinschübe, aus unterschiedlichen Perspektiven, sorgten für viel Interpretationsspielraum und Spekulationen. Hinzu kamen bewusst genutzte Zeitsprünge zwischen Anns Bemühungen in der Gegenwart, ihren Erinnerungen aus Kindheitstagen und einer zweiten, bedrohlichen Stimme des vermeintlichen Täters, die darauf schließen ließ, dass wir es hier mit einem Psychopathen zu tun haben. Doch so geschickt, wie die Geschichte auch aufgebaut ist, sie wirkt nicht aus einem Guss und lässt den Leser zu lange in der eigenen Gedankenwelt verharren. Schon bald sorgt das Geschehen für erste Ungereimtheiten und entwickelt sich zunehmend unlogisch und konzentriert auf Effekthascherei – Hauptsache Dramatik, Action und Plot-Twists, die allerdings bald ihren Glanz verlieren.

Besonders geärgert hat mich die Tatsache, dass neben der Geschichte um Walter Lesniak noch so viel anderes angesprochen und ausgeführt wurde, dadurch konnte ich mich gerade mit der Perspektive des potentiellen Mörders gar nicht so recht auseinandersetzen. Die Frage nach dem Motiv ist unklar und ebenso die nach dem Wahrheitsgehalt der Geschehnisse. Möglichkeiten gibt es viele und dadurch bleibt vieles an der Oberfläche, die Intension liegt mehr auf der spekulativen Handlung und weniger auf den Hintergründen.

Fazit

Ich vergebe hier 3,5 Lesesterne, die ich aber tendenziell eher abrunden würde. Diese Story ist mir zu turbulent und dann wieder zu langatmig, der Lesefluss ist zwar da und man könnte meinen einen echten Pageturner in den Händen zu halten, nur leider häufen sich die Kritikpunkte und oftmals verwirkt der Text kurz zuvor aufgebaute Sympathien, weil er sich dann wieder in den Weiten einer anderen Nebenhandlung verirrt. Auch die Glaubwürdigkeit aller Protagonisten steht immer auf der Scheidelinie, als Leser fiel es mir schwer, mich auf einen Aspekt zu konzentrieren und ich kam mir manchmal regelrecht gehetzt vor.

Ganz klar, dieser Thriller ist für mich das bisher schwächste Buch der Autorin, zu sehr orientiert sie sich an temporeichen Entwicklungen und verliert dadurch die ausgeprägten Charakterstudien aus den Augen. Die Schicksale hinter den verschiedenen Rollen des Täters und der Opfer bleiben schwammig und als Leser spürt man nur, dass sich hier ziemlich viele kranke Charaktere auf gut 400 Seiten tummeln, die erstaunlicherweise recht gut in bestimmte Klischees passen. Ich hoffe dann beim nächsten Buch wieder auf den Aufwärtstrend.

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Veröffentlicht am 24.01.2022

Seit Tagen fahren wir einfach nur weiter

Ende in Sicht
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„Wofür überhaupt nach so schönen Erlebnissen jagen, wenn selbst die Erinnerung an einen seltenen, so unglaublichen Moment dir langfristig gar nichts bringt?“

Inhalt

Hella Licht, ein alterndes Popsternchen ...

„Wofür überhaupt nach so schönen Erlebnissen jagen, wenn selbst die Erinnerung an einen seltenen, so unglaublichen Moment dir langfristig gar nichts bringt?“

Inhalt

Hella Licht, ein alterndes Popsternchen hat beschlossen ihrem Leben in der Schweiz ein würdiges Ende zu setzen und startet in ihrem alten, klapprigen Passat diese letzte Reise. Leider kommt sie nicht weit, denn von einer Autobahnbrücke stürzt ein 15-jähriges Mädchen namens Juli direkt vor ihre Räder. So einfach kann sie nun nicht weiterfahren, zumal das Mädchen auch noch leicht verletzt ist. Notgedrungen lädt sie den Teenager mit ein und gemeinsam fahren sie ins nächstgelegene Krankenhaus. Doch bald wird klar, dass Juli weder nach Hause will, noch sonst irgendeinen Plan hat, nur der Sprung von der Brücke, ihr letztes größeres Vorhaben ist ja nun ebenfalls gescheitert. Die beiden verkrachten Existenzen fahren gemeinsam über die deutschen Autobahnen, in Richtung Schweiz, kommen miteinander ins Gespräch und erleben eine absurde Situation nach der anderen. Fraglich, ob sie nach dieser Tour tatsächlich noch den Wunsch danach verspüren, ihr Leben zu beenden.

Meinung

Tatsächlich bin ich von diesem Buch, dessen Story so überaus reizvoll klang ziemlich enttäuscht. Was ganz klar in meiner Erwartungshaltung begründet liegt. Zwei Menschen, die in vollkommen verschiedenen Lebensphasen stecken und mit Sicherheit andere Beweggründe für den geplanten Freitod hegen, lernen sich durch einen Zufall kennen und damit kreuzen sich ihre Wege, damit vollzieht das Universum eine schicksalhafte Wendung, die nicht mehr ohne weiteres außer Kraft gesetzt werden kann. Nur leider habe ich mir eine ganz andere Intention vorgestellt, als sie letztlich im Buch umgesetzt wurde. Der Roman startet von Anfang an mit einem mir befremdlichen, aufgesetztem Humor, der sich wie ein roter Faden durch den ganzen Text zieht. Nicht nur dass mich dieser exzentrische, der Situation entgegengesetzte, geradezu muntere Schreibstil irritiert hat, nein er nimmt der Situation auch die Grundlage, die ich mir eigentlich vorgestellt habe. Vor meinem inneren Auge hatte ich zwei gebrochene Menschen, die mit der Welt und sich selbst hadern, bekommen habe ich zwei überaus spezielle Charaktere, die in meinen Augen von einem geplanten Selbstmord so weit entfernt sind, wie ich vom Mond.

Zum einen empfand ich dieses Buch als reine Unterhaltungsliteratur, die nur wenig Ansprüche an den Leser stellt, zum anderen ist es ein kurzweiliger Schlagabtausch zwischen zwei sehr individuellen Protagonisten, mit denen ich über 200 Seiten einfach nicht warm geworden bin. Spätestens ab der Hälfte des Buches, werden die Begebenheiten immer abstrakter, die Story wandelt sich in eine Art Klamauk – bunt, schillernd, wenig authentisch, sehr weit entfernt von der Realität, dafür um jeden Preis lustig. Nur wenige Satzfetzen lassen auf Tiefe schließen und wenn alle depressiven Personen so auftreten würden, hätten wir eine Menge Clowns, die einen seltsamen Galgenhumor pflegen. Zwar kann ich mir in Anbetracht der Vorgeschichte (die Autorin leidet selbst unter Depressionen) vorstellen, dass man der Schwere etwas entgegensetzen möchte und dann lieber den humorvollen Aspekt wählt, allerdings ging das in meinen Augen in die komplett falsche Richtung.

Fazit

Hier vergebe ich leider nur 2 Lesesterne, weil ich etwas ganz anderes lesen wollte, nämlich eine tiefgründige Geschichte über eine schwierige Ausgangssituation, an der die Protagonisten wachsen können. Stattdessen bekommt man zwei nervig-agile Menschen präsentiert, bei denen einiges aus dem Ruder läuft, aber längst nicht genug, als dass sie nicht noch dazu in der Lage wären auf einem Dorffest zu rocken, in eine Thermallandschaft einzubrechen und sich mit Gott und der Welt anzulegen. Wer hingegen eine extravagante Story mit vielen kleinen Passagen lesen möchte, die hervorragend in eine erdachte Filmwelt passen würden, der könnte an diesem Buch vielleicht Gefallen finden, denn ein absonderlicher Roadtrip mit diversen Anekdoten ist es allemal.

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Veröffentlicht am 14.01.2022

Familie Bergmüller - gestern und heute

Roman ohne U
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Katharina Bergmüller ist Mutter von vier Kindern und jetzt, nachdem die Kleinen schon groß geworden sind, betätigt sie sich als Biografin. Im Namen der Angehörigen verfasst sie Lebenstexte, die eine bleibende ...

Katharina Bergmüller ist Mutter von vier Kindern und jetzt, nachdem die Kleinen schon groß geworden sind, betätigt sie sich als Biografin. Im Namen der Angehörigen verfasst sie Lebenstexte, die eine bleibende Erinnerung sein werden, an ein gelebtes Leben und einen geliebten Menschen. Besonders das Manuskript eines alten Tagebuchs weckt ihr Interesse, geschrieben von einem Mann, der seine Liebe auf grausame Weise verlor und viele Jahre in einem russischen Gefangenenlager verbrachte. Leider kann Katharina mit dem Verfasser des Textes nicht mehr sprechen, da er bereits hochbetagt ist und mit Demenz in einem Pflegeheim wohnt, er führt schon lange keine Gespräche mehr. Nur seine Nichte Stephanie Mangold, ihre Auftraggeberin ist das Bindeglied zwischen den beiden. Doch je tiefer Katharina in die Vergangenheit abtaucht, desto sichtbarer werden die Verbindungen zur Gegenwart. Ihr Mann Julius hingegen bringt nur mäßiges Verständnis für die Ambitionen seiner Frau auf, fühlt sich aber in der Nähe der neuen Bekanntschaft Stephanie wie neugeboren, ist doch seine Liebe zu Katharina schon längst auf Sparflamme abgekühlt …

Meinung

Dieser Roman aus der Feder der 1970 geborenen Schriftstellerin Judith W. Taschler stand mittlerweile schon sechs Jahre ungelesen im Bücherregal und nun konnte ich ihn endlich im Rahmen einer Challenge vom SUB befreien. Die Story gliedert sich zwei Teile, einer konkreten Gegenwartshandlung, die die in Schieflage geratene Ehe von Julius und Katharina unter die Lupe nimmt und der Vergangenheitshandlung, rund um das Leben und Leiden von Thomas Bergmüller, der schildert, wie seine Tage und Nächte im kalten Sibirien als Zwangsarbeiter in einem Uranbergwerk aussahen.

Die Zusammenhänge zwischen beiden Erzählsträngen kann man erahnen, eine tatsächliche Aufklärung erfolgt aber erst zum Ende hin. Der Schreibstil der Autorin hat mir ausgesprochen gut gefallen, der Roman liest sich leicht, hat aber Tiefe, wird durch das Wirken verschiedener Charaktere und deren Motivation sehr vielseitig und niemals langweilig und schildert generationsübergreifend die verschiedenen Lebensstationen diverser Personen. In gewisser Weise eine allgemeingültige Lebensbetrachtung, die Liebe, Schicksalsschläge und falsche Entscheidungen für alle gleichermaßen aufnimmt und Wert darauf legt, dass der Leser mit den Protagonisten auf einer Stufe steht.

Dennoch konnte ich zum Text keine wirkliche Nähe aufbauen, vieles bleibt mir zu sachlich und unbestimmt, manches wird nur skizziert und man kann es mit eigenen Gedankengängen auffüllen, was mir jedoch schwerfiel. Prinzipiell lag das auch daran, dass ich zu den handelnden Personen keine rechten Sympathien aufbauen konnte, gerade die Interaktion zwischen den Eheleuten Julius und Katharina ging mir zunehmend gegen den Strich. Das Ende des Buches, war in meinen Augen zu theatralisch und wirkte irgendwie konstruiert, es rundet das Gelesene nicht ab und lässt mich eher mit einem Schulterzucken zurück.

Fazit

Ich vergebe 3,5 Lesesterne (aufgerundet 4) für diesen beschreibenden Familienroman mit zwei unterschiedlichen Handlungen, die erst spät gewisse Berührungspunkte haben. Dies ist wieder ein typisches Beispiel für eine Geschichte, die sehr viel Potential hatte und meiner Meinung nach nur unzureichend in Szene gesetzt wurde. Ich habe das Buch im Großen und Ganzen gern gelesen, es wird mir aber nicht in Erinnerung bleiben, dafür war mir die Geschichte einfach zu distanziert und erdacht, zu unrund und lückenhaft.

Von der Autorin allerdings werde ich sicher noch mehr lesen (es warten ja noch drei weitere Romane in den Untiefen meines Bücherregals) – ihre Art zu erzählen entschleunigt und sensibilisiert für viele Gedanken, die sie so nicht zu Papier gebracht hat.

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Veröffentlicht am 10.01.2022

Das Kratzen tief unter der Erde

Der Gräber
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„Wenn ich mein Opfer gewählt habe, bereiten die Wesen den Zugang vor. Dann warten wir gemeinsam auf den richtigen Zeitpunkt, um die Tat auszuführen.“

Inhalt

Annika Granlund ist Lektorin eines in Zahlungsschwierigkeiten ...

„Wenn ich mein Opfer gewählt habe, bereiten die Wesen den Zugang vor. Dann warten wir gemeinsam auf den richtigen Zeitpunkt, um die Tat auszuführen.“

Inhalt

Annika Granlund ist Lektorin eines in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Verlages und ihr Team benötigt unbedingt einen Bestseller, damit ihr Arbeitsplatz erhalten bleibt. Deshalb wirft sie einen Blick in die erdverschmierten Seiten eines Manuskripts, welches eines Tages vor ihrer Bürotür liegt. Der Autor soll Jan Apelgren sein, doch dass schließen alle aus, denn besagter Schriftsteller ist vor mehr als 6 Jahren spurlos verschwunden. Annika spürt jedoch, dass es genau dieses Manuskript sein wird, welches sie aus der Misere führen könnte. Denn der Inhalt ist so brisant, wie gewagt – ein Mann, ein Serienmörder, den die schwedische Polizei aktuell zu entlarven versucht, ist der Protagonist der Story und sein Vorbild ist nach wie vor aktiv und holt sich jedes Jahr am gleichen Tag ein neues Opfer. Doch um das Buch veröffentlichen zu können, muss Jan Apelgren für tot erklärt werden und Annika plädiert genau dafür, ohne zu ahnen welche Geister sie weckt …

Meinung

Die Idee hinter diesem Buch klingt sehr reizvoll, denn ein Mörder, der sich durch den Keller des Hauses gräbt, um sein nächstes Opfer zu finden, der mit ihm in die Tiefe verschwindet und keine Spuren hinterlässt außer ein dreckiges Erdloch, erschien mir doch sehr innovativ und im besten Fall gruselig.

Aber leider versteht es der Autor nicht, diese Geschichte in ein entsprechendes Licht zu rücken, sondern verschenkt immer mehr Potential und driftet stellenweise wohl in Richtung Horror ab, aber nicht subtil und vorstellbar, sondern vielmehr von Wahnvorstellungen geprägt. Es sind mehrere Kritikpunkte, die zu meiner schlechten Bewertung führen.

Zunächst sei ein sehr behäbiger, spannungsarmer Handlungsverlauf genannt, denn zielführend lernt man hier weder die Opfer noch den Täter kennen. Hinzu kommt ein völlig überflüssiger Hang zu persönlichen Dramen, die nicht mal in Verbindung mit den mörderischen Handlungen stehen, sondern nur die Charaktere betreffen und mich sehr schnell gelangweilt haben und letztlich kommen die Stimmen aus dem Dunkeln tief unter der Erde, die rufen, locken und verschrecken und ihr Kratzen treibt nicht nur die bedrohten Seelen in die Verzweiflung, sondern schon bald auch den Leser.

Fazit

Hier kann ich wirklich nur zwei müde Lesesternchen vergeben, für einen absolut unrealistischen und dadurch unattraktiven Thriller, bei dem der Schreibstil noch das Beste war, während der Inhalt leider meilenweit von meiner Vorstellung entfernt lag. Ich bin jedenfalls froh, dass ich das Buch nun zuklappen kann, es hat absolut nicht meinen Geschmack getroffen, selbst wenn ich Kellerräume und dunkle Ecken faszinierend finde, können mich Kratzgeräusche und halbmenschliche Wesen nicht überzeugen, ganz egal wo sie leben und wen sie brauchen, um überleben zu können.

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