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Veröffentlicht am 07.11.2016

Ein Sommer am Strand von Le Touquet

Die vier Jahreszeiten des Sommers
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Vier Lieben, vier Leben – ein Sommer.

Inhalt

Ein französischer Strand, an dem sich Jahr für Jahr das Sommerleben verschiedener Menschen abspielt, die immer gleichen Bewegungsabläufe, die ähnlichen Hoffnungen, ...

Vier Lieben, vier Leben – ein Sommer.

Inhalt

Ein französischer Strand, an dem sich Jahr für Jahr das Sommerleben verschiedener Menschen abspielt, die immer gleichen Bewegungsabläufe, die ähnlichen Hoffnungen, Wünsche und Probleme und das Meer, welches vieles relativiert, manches hervorlockt und einiges wegwischt. Am 14. Juli 1999 sind am Strand von Le Touquet im Norden von Frankreich vier verschiedene Personen, die sich nicht kennen, die alle ein anderes Alter haben und die der Zufall dennoch irgendwie verbindet. Sie sind die Gesichter der Liebe, in jungen Jahren, im Erwachsenenalter, im zweiten Frühling ihres Lebens und im Alter. Sie stehen gleichbedeutend für Sehnsucht, Begehren, Enttäuschung, Hoffnung, Neuanfang und Ewigkeit.

Meinung

Ich bin froh, mit diesem kleinen aber feinen Roman ein Juwel des französischen Autors Grégoire Delacourt kennengelernt zu haben, welches emotional, liebenswürdig, feinsinnig und mitreißend zugleich ist. Eine ganz klare Struktur schafft hier den Erzählrahmen, bei dem der Leser aus vier Perspektiven etwas über den Sommer der Liebe am Strand von Touquet erfährt. Egal ob man den sehnsuchtsvollen Blick des Teenagers spürt oder die enttäuschte Mittdreißigerin kennenlernt, die nie den Richtigen getroffen hat, immer findet der Leser neue Ansatzpunkte, die ebenso flüssig wie bekannt erscheinen und nichts weiter sind als einfache Lebensbetrachtungen. Und dennoch verbirgt sich hinter der simplen Beschreibung diverser Gefühlsregungen das ganze Leben.

Besonders gelungen finde ich die zufällig wirkende Verkettung der Protagonisten, die sich im Roman dadurch begegnen, dass sie zur gleichen Zeit am gleichen Ort aufhalten und von den anderen wahrgenommen werden, als das, was sie sind oder zu sein scheinen. Dadurch entsteht ein runder, in sich geschlossener Roman der den Leser mitnimmt zu den Grundsätzen seines Lebens, zu den vergessenen oder wiederentdeckten Gefühlen. Im Mittelpunkt steht hier nicht ein einzelner Charakter, noch nicht einmal ein Menschenleben sondern vielmehr die Liebe und ihre zahlreichen Schattierungen im Verlauf der Zeit. Mühelos könnte man weitere Geschichten einfügen und hätte die Grundaussage dadurch dennoch nicht verändert.

Fazit

Ich vergebe 5 Lesesterne und eine eindeutige Leseempfehlung für alle, die französische Erzählkunst mögen und sich gerne in andere Menschen hineinversetzen oder auch nur Berührungspunkte zwischen sich selbst und den Romanfiguren suchen. Dieser Roman bietet nicht nur eine in sich geschlossene Erzählung über die Facetten der Liebe, sondern auch die Möglichkeit Dinge und Handlungen zu hinterfragen und sich wichtigen Lebensfragen zu stellen. Außerdem berührt er das Herz des Lesers, weil man doch zu gerne an das Gute, das Vorherbestimmte, das Besondere glauben mag, an die Einzigartigkeit der Liebe und die Unendlichkeit der Gefühle. Vielleicht ist es auch eine Lektüre für Idealisten, die gerne so bleiben möchten, wie sie sind.

Veröffentlicht am 31.10.2016

Vom Zerfall einer schönen Illusion

Das Nest
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„Früher hatte er immer irgendetwas auf die Beine stellen können, hier an diesem idealen Ort des Vermeidens, hatte immer mit zig Sachen gleichzeitig jongliert, bis alles nach und nach in sich ...

„Früher hatte er immer irgendetwas auf die Beine stellen können, hier an diesem idealen Ort des Vermeidens, hatte immer mit zig Sachen gleichzeitig jongliert, bis alles nach und nach in sich zusammenfiel und er sich schnell nach etwas anderem umsah, aber das hier fühlte sich anders an.“

Inhalt

Die vier Geschwister der Familie Plumb spekulieren schon geraume Zeit auf ihr finanzielles Polster in Form einer Erbschaft, deren Auszahlung lediglich an den 40. Geburtstag der jüngsten Schwester Melody gebunden ist. Liebevoll nennen sie die Hinterlassenschaft „Das Nest“ und ruhen sich mehr oder weniger darauf aus. Umso ärgerlicher für drei der Geschwister, dass der Älteste kurz vor Ablauf der Frist einen Unfall baut, bei dem er in Schadensersatzpflicht genommen wird und dringend Geld benötigt. Die Mutter nimmt kurzerhand das Geld vom vollen Bankkonto, um ihren Sohn aus der misslichen Lage zu befreien. Doch damit tritt sie eine wahre Lawine los, die alle schlechten und guten Charaktereigenschaften ihrer Kinder ans Licht bringt und die bange Frage in den Raum stellt: „Wie kommen wir schnell und unkompliziert an unser Geld?“

Meinung

In ihrem Debütroman greift die amerikanische Autorin Cynthia D´Aprix Sweeney zu einem ganz klassischen, immer wieder präsenten Thema - dem Geld. Wie es im echten Leben auch passieren könnte, streiten sich hier vier Geschwister um ihren Anteil am Familienerbe, wobei jeder einen anderen, immens wichtigen Verwendungszweck für die finanzielle Unterstützung hätte. Doch gnadenlos schlägt das Leben zu und verschlingt das Polster für einen absolut unnötigen Fehltritt, den einer der Beteiligten fahrlässig verursacht hat.

Die vier Hauptprotagonisten werden intensiv und facettenreich beschrieben, ihre Geheimnisse und Wünsche stehen immer im Mittelpunkt des Geschehens, so dass der Leser sehr bald weiß, dass der Älteste Leo als „Schwarzes Schaf“ auserkoren wurde und seine zahlreichen Liebesaffären, gefolgt von einem Drogenproblem und ominösen finanziellen Machenschaften die Familienidylle nachhaltig zerstört hat. Daneben existiert noch der homosexuelle, bei weitem nicht so attraktive Zweitgeborene Jack, die erfolglose aber vernünftige große Schwester Beatrice und das Nesthäkchen Melody, die als Mutter von Zwillingen zur Hochform aufläuft. Jeder befindet sich in einer Art Mikrokosmos, in dem er sich selbst nicht nur am Nächsten steht, sondern ganz klare Ansprüche an einen gehobenen Lebensstandard stellt und das Recht auf ein sorgenfreies Leben gepachtet hat. Niemand ist bereit, die lang gehegten Illusionen ad acta zu legen und sich auf ein freundliches Miteinander einzustellen.

Trotz der bisher sehr positiven Kritiken kann ich diesem Roman, der in der New Yorker Upper Class angesiedelt ist, kaum etwas abgewinnen. Ganz besonders die geschilderten Lebensumstände, bei denen es fast nie um echte Werte geht, sondern oft nur um Selbstverwirklichung, Prestige, öffentlichem Ansehen und die Meinung anderer über das eigene Lebensmodell haben mich befremdet. Aber auch die Vehemenz der Protagonisten, ihre Selbstdarstellung und die Interaktion zwischen den Geschwistern hat mich einfach nicht gereizt. Sowohl der zähflüssige Handlungsverlauf als auch die vielen angerissenen Nebenhandlungen schmälerten mein Lesevergnügen, so dass ich spätestens zur Hälfte des Buches darauf gewartet habe, dass etwas passiert, was mich fesseln kann.

Der Schreibstil selbst ist flüssig und elegant und bedient sich ansprechender Formulierungen. Leider entsprach die erzählte Geschichte nicht meiner Erwartungshaltung.

Fazit

Ich vergebe drei Lesesterne für diesen gesellschaftskritischen Unterhaltungsroman, der sich mit menschlichen Verhaltensweisen auseinandersetzt und die Interaktion von Familienmitgliedern im Umgang mit finanziellen Werten beleuchtet. Gerade weil mir die handelnden Personen allesamt fremd blieben und ihre Lebensansichten so eigen waren, konnte der Funke nicht überspringen. Andererseits schafft es die Autorin ein sehr vielschichtiges Menschenporträt zu entwerfen, welches deutlich zeigt, welche Motivation den Einzelnen antreibt und das es im Leben mehr geben kann als den schnöden Mammon.

Veröffentlicht am 24.10.2016

Der lange Weg zurück auf Null

Weit über das Land
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"Nicht alles, was man tut, hat einen Grund. Es war kein großer Entschluss gewesen, eher eine Reihe kleiner, zielloser Entscheidungen, Nachlässigkeit vielleicht, ein Nachgeben."

Inhalt
Eines Abends, kurz ...

"Nicht alles, was man tut, hat einen Grund. Es war kein großer Entschluss gewesen, eher eine Reihe kleiner, zielloser Entscheidungen, Nachlässigkeit vielleicht, ein Nachgeben."

Inhalt
Eines Abends, kurz nach der Rückreise aus dem gelungenen Sommerurlaub, beschließt Thomas, nicht nach drinnen ins Bett zu gehen, sondern hinaus in die Welt. Er läuft los, ohne ein Wort des Abschieds und verlässt nicht nur Frau und Kinder sondern auch sein gesamtes bisheriges Leben. Für die Hinterbliebenen bleibt nur Ursachenforschung und gähnende Leere, denn gerade Astrid, seine Frau findet keine Erklärung für sein Verhalten und kann es dennoch tief im Inneren nachvollziehen. Als er offiziell für tot erklärt wird, mag sie nicht daran glauben und behält Thomas auf eigene Art und Weise in ihrem Herzen.

Meinung
Dieses Buch habe ich ohne besondere Erwartungshaltung begonnen, da ich weder den Autor kannte, noch ein Augenmerk auf den Deutschen Buchpreis hatte. Einzig die Geschichte an sich, so wie sie der Klappentext verspricht, reizte mich ungemein. Insbesondere die Aussage "Ein Roman über den einen Moment, der unser Leben in Frage stellt", weckte meine Neugier. Denn ich spekuliere sehr gerne über das Für und Wider einer Entscheidung und genau das, kann man hier tatsächlich.

Auf recht wenigen Seiten entwirft Peter Stamm ein derart greifbares Szenario in einer schockierenden, lebensverändernden Situation, so dass ich zwischen Mitleid, Verzweiflung und Unverständnis hin und herpendelte. Gerade die durchaus banale Entscheidung, einfach aus der Tür zu gehen und niemals wieder zurückzukehren, entfacht eine unmittelbare Kettenreaktion, die gerade die Angehörigen nachhaltig und bitter beeinflusst.

Beim Lesen habe ich immer wieder innegehalten und versucht, die Beweggründe der Protagonisten nachzuvollziehen, doch das ist mir nicht gelungen. Sowohl der entschlossene, doch unzufriedene Thomas als auch die patente, doch zurückgelassene Astrid blieben mir immer recht fremd, dennoch hat mich dieser Abstand nicht gestört, denn die Hauptcharaktere handeln schlüssig und werfen mit ihren Handlungen immer neue Fragen auf, denen man nur zu gern nachgehen würde. Auf Grund dieses Aspektes sehe ich auch eine Berechtigung darin, diesen Roman beispielsweise als Unterrichtslektüre zu wählen, denn kontroverse Diskussionen werden sich fast zwangsläufig ergeben.

Ein kleiner Kritikpunkt meinerseits sind die ausufernden Landschaftsbeschreibungen, die gerade bei der geringen Seitenanzahl des Buches manchmal zu viel Raum einnehmen und den Blick auf die Gefühle und Gedanken der Protagonisten schmälern.

Fazit
Ich vergebe 5 Lesesterne und eine Leseempfehlung, für alle die sich gern mit unliebsamen Entscheidungen, einem aufgezwungenen Schicksal und der Möglichkeit, das eigene Leben radikal zu verändern, beschäftigen möchten.

Es fällt schwer die Situation objektiv zu betrachten, selbst wenn Peter Stamm sehr distanziert und korrekt schreibt. Immer wieder fällt der Leser in eine Rolle hinein - in die des sinnsuchenden Vaters, der verlassenen Ehefrau, der enttäuschten Kinder und letztlich bleibt er hängen an der Tatsache, dass nicht alles im Leben einen Sinn haben muss. Und selbst wenn man keine müde Mark auf diese Aussage setzt, wird man hier gezwungen, darüber nachzudenken, was sein könnte, was wirklich ist und was niemals geschehen wird. Dieses Dilemma verkörpert "Weit über das Land" und wird mir damit lange und nachhaltig in Erinnerung bleiben.

Veröffentlicht am 19.10.2016

Späte Einsicht, spätes Glück

Und damit fing es an
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" Und jetzt, dachte er, befinde ich mich selbst im Mittelland meines Lebens, und alles um mich herum brüllt mich an und will, dass ich mein Verhalten und meine Ansichten ändere, und das bringt mich noch ...

" Und jetzt, dachte er, befinde ich mich selbst im Mittelland meines Lebens, und alles um mich herum brüllt mich an und will, dass ich mein Verhalten und meine Ansichten ändere, und das bringt mich noch um."

Inhalt
Gustav Perle und Anton Zwiebel lernen sich als Schuljungen kennen und werden fast sofort beste Freunde. Obwohl der begabte Anton in ganz anderen Kreisen verkehrt als der Halbwaise Gustav, verbindet sie eine ungebrochene Zuneigung und Nähe. Die Gewissheit, dass der andere einen versteht, ganz egal, wie die Gedanken strukturiert sind, schenkt ihnen Lebensvertrauen. Doch im fortgeschrittenen Alter bietet sich Anton endlich die Möglichkeit, seinen lang gehegten Wunsch, als gefeierter Klavierspieler wahr zu machen und er verlässt seine Heimat und alles, was ihm bisher etwas bedeutet hat. Nur bleibt die bange Frage, ob er nicht die falsche Entscheidung getroffen hat und sein Herz längst woanders schlägt?

Meinung
Dieses Buch konnte mich absolut überzeugen, weil es trotz seiner Stille so viel Aussagekraft und gedankliche Ansätze schafft, dass man über alles traurig-dramatische nachdenken möchte, aber auch über die Glücksmomente des Lebens, über die wichtigen Pfeiler im Erschaffen eines Selbstbildes und über die schicksalhaften Entwicklungen, denen man als Individuum manchmal nichts entgegensetzten kann. "Und damit fing es an" ist nicht nur ein Roman über eine besondere Freundschaft, sondern auch über verschiedene Lebensentwürfe und den Lauf der Dinge.

Rose Tremain, von der ich nun gerne noch weitere Bücher kennenlernen würde, erzählt in zwei Handlungskomplexen. Zum einen schildert sie den Beginn und den Verlauf einer innigen Beziehung zwischen zwei Männern, zum anderen entwirft sie eine Vorgeschichte, die viele Zusammenhänge verdeutlicht und das Gesamtbild harmonisch abrundet.

Besonders gelungen empfand ich die Charakterisierung der beiden Hauptprotagonisten. Der eine stammt aus einem lieblosen, ärmlichen Elternhaus und findet sein Lebensglück in der Leitung eines Hotels. Der andere möchte seit Kindheitstagen ein erfolgreicher Pianist werden, scheitert zunächst an seiner Scheu, später an seiner Mittelmäßigkeit. Und diese beiden bleiben sich treu, durch alle Strömungen, Hindernisse und Tiefschläge. Obwohl sie sich immer weiter entfremden bleibt das Gefühl bestehen, in dem anderen das gefunden zu haben, was der eigenen Persönlichkeit fehlt. Wirklich eine ganz hervorragende Aussage für ein Menschenleben.

Auch die Einbindung der Nebenprotagonisten mit Ecken und Kanten und menschlich fehlerhaften Verhaltensweisen, wurde intensiv und schlüssig vorgenommen, so dass es viele weitere Punkte gibt, die mich ansprechen konnten. Wofür leben wir? Was verleugnen wir? Was verschweigen wir? Und warum fällt es uns Menschen so schwer, ehrlich zu uns selbst zu sein? Dieser Roman spricht sehr philosophische Themen an, ohne sie gezielt zu fokussieren. Die wichtigen Fragen ergeben sie mehr aus dem Gesamteindruck des Buches.

Das Thema Homosexualität wird hier aufgegriffen, doch steht es nicht im Zentrum des Geschehens. Lediglich die Aussage, dass es vollkommen egal ist, wen wir lieben, solange wir ihn lieben.

Fazit
Ich vergebe volle Punktzahl für diesen ansprechenden Roman über menschliches Verhalten in engen Beziehungen, für eine kraftvolle, nachdenklich stimmende Erzählweise mit Nachklang. Ich empfehle diesen Roman uneingeschränkt weiter, vor allem an Leser, die sich gerne mit den "großen" Fragen des Lebens konfrontiert sehen und die Entscheidungen oder Unterlassungen gerne beurteilen bzw. sich damit auseinandersetzen möchten. Einer der wenigen Romane, die es geschafft haben, aus einer melancholischen Grundstimmung heraus einen positiven Ausgang zu schaffen, allein durch die Einsicht und die Bereitwilligkeit der Protagonisten zur Veränderung - geboren aus dem Gefühl der Liebe.

Veröffentlicht am 17.10.2016

Eine Auszeit auf hoher See

Tage zwischen Ebbe und Flut
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" Und im Moment würde sie fast ihr Leben dafür geben, wenn sie diesen Satz noch einmal von ihm hören und sich in seinen Armen sicher fühlen könnte."

Inhalt
Um den größten Wunsch von Felix, einem 70-jährigen, ...

" Und im Moment würde sie fast ihr Leben dafür geben, wenn sie diesen Satz noch einmal von ihm hören und sich in seinen Armen sicher fühlen könnte."

Inhalt
Um den größten Wunsch von Felix, einem 70-jährigen, der an Alzheimer erkrankt ist, zu erfüllen, begeben sich Frau, Tochter und Enkeltochter mit ihm auf eine Kreuzschifffahrt durchs Mittelmeer. Eine Reise, die für allerlei Abenteuer, für Zerstreuung aber auch ernsthafte Gespräche gut ist und im krankheitsüberschatteten Alltag für eine willkommene Auszeit sorgt. Auf hoher See kommen sich die Familienmitglieder wieder näher und finden trotz aller gegensätzlichen Ansichten wieder mehr zueinander.

Meinung
In diesem optimistischen Unterhaltungsroman begleitet der Leser eine ganz normale Familie auf einer nicht ganz herkömmlichen Urlaubsreise, die intensiv und schonungslos die Wahrheit über zwischenmenschliche Beziehungen offenbart. Die festgelegte Rahmenhandlung zwingt die sehr verschiedenen Charaktere, sich nicht nur mit ihren persönlichen Wünschen und Ängsten auseinanderzusetzen, sondern auch die Gemütslage der Angehörigen wahrzunehmen.

Und so lösen sich anfangs klischeehafte Verhaltensweisen nach und nach in Wohlgefallen auf, weil der Leser mitverfolgt, dass Menschen nicht immer überdreht sind sondern auch mal einfühlsam, dass sie zwar gerne kontrollieren aber manchmal auch die Zügel aus der Hand geben, dass sie rational denken aber sich im Inneren Liebe wünschen.
Unterschwellig plädiert die Autorin für mehr emotionalen Zusammenhalt, der sich nicht an gesellschaftlichen Normen orientiert sondern in erster Linie an der Menschlichkeit und Wärme eines Familienverbandes.
Ein leichter, flüssiger Schreibstil in Verbindung mit wechselnden Erzählperspektiven und einer überschaubaren Anzahl an Protagonisten sorgt für angenehme Lesestunden.

Besonders positiv empfand ich die geschilderte Möglichkeit, wie verschiedenartig sich zunächst eingeschliffene Verhaltensmuster im Zusammenspiel mit anderen Menschen entwickeln können. Lediglich die Auseinandersetzung mit dem Krankheitsbild Alzheimer kam mir hier etwas zu kurz, denn der Erkrankte veränderte zwar seine Familienmitglieder, stand aber eher im Hintergrund. Hier hätte ich mir persönlich etwas mehr Schwere, Trauer und Verlustgefühl gewünscht, obwohl man davon gerade als Betroffener gern mal eine Auszeit nimmt.

Fazit
Ich vergebe 4 Lesesterne und eine Empfehlung für alle, die sich für gute Unterhaltungsliteratur erwärmen können und auf der Suche nach einem lebensbejahenden Buch sind, welches auch in dunkle Alltagsstunden etwas Sonnenschein zaubert. Insgesamt eine überzeugende, durchaus realistische Erzählung, die sich intensiv mit menschlichen Befindlichkeiten aller Art befasst.