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Veröffentlicht am 10.01.2022

Das Kratzen tief unter der Erde

Der Gräber
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„Wenn ich mein Opfer gewählt habe, bereiten die Wesen den Zugang vor. Dann warten wir gemeinsam auf den richtigen Zeitpunkt, um die Tat auszuführen.“

Inhalt

Annika Granlund ist Lektorin eines in Zahlungsschwierigkeiten ...

„Wenn ich mein Opfer gewählt habe, bereiten die Wesen den Zugang vor. Dann warten wir gemeinsam auf den richtigen Zeitpunkt, um die Tat auszuführen.“

Inhalt

Annika Granlund ist Lektorin eines in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Verlages und ihr Team benötigt unbedingt einen Bestseller, damit ihr Arbeitsplatz erhalten bleibt. Deshalb wirft sie einen Blick in die erdverschmierten Seiten eines Manuskripts, welches eines Tages vor ihrer Bürotür liegt. Der Autor soll Jan Apelgren sein, doch dass schließen alle aus, denn besagter Schriftsteller ist vor mehr als 6 Jahren spurlos verschwunden. Annika spürt jedoch, dass es genau dieses Manuskript sein wird, welches sie aus der Misere führen könnte. Denn der Inhalt ist so brisant, wie gewagt – ein Mann, ein Serienmörder, den die schwedische Polizei aktuell zu entlarven versucht, ist der Protagonist der Story und sein Vorbild ist nach wie vor aktiv und holt sich jedes Jahr am gleichen Tag ein neues Opfer. Doch um das Buch veröffentlichen zu können, muss Jan Apelgren für tot erklärt werden und Annika plädiert genau dafür, ohne zu ahnen welche Geister sie weckt …

Meinung

Die Idee hinter diesem Buch klingt sehr reizvoll, denn ein Mörder, der sich durch den Keller des Hauses gräbt, um sein nächstes Opfer zu finden, der mit ihm in die Tiefe verschwindet und keine Spuren hinterlässt außer ein dreckiges Erdloch, erschien mir doch sehr innovativ und im besten Fall gruselig.

Aber leider versteht es der Autor nicht, diese Geschichte in ein entsprechendes Licht zu rücken, sondern verschenkt immer mehr Potential und driftet stellenweise wohl in Richtung Horror ab, aber nicht subtil und vorstellbar, sondern vielmehr von Wahnvorstellungen geprägt. Es sind mehrere Kritikpunkte, die zu meiner schlechten Bewertung führen.

Zunächst sei ein sehr behäbiger, spannungsarmer Handlungsverlauf genannt, denn zielführend lernt man hier weder die Opfer noch den Täter kennen. Hinzu kommt ein völlig überflüssiger Hang zu persönlichen Dramen, die nicht mal in Verbindung mit den mörderischen Handlungen stehen, sondern nur die Charaktere betreffen und mich sehr schnell gelangweilt haben und letztlich kommen die Stimmen aus dem Dunkeln tief unter der Erde, die rufen, locken und verschrecken und ihr Kratzen treibt nicht nur die bedrohten Seelen in die Verzweiflung, sondern schon bald auch den Leser.

Fazit

Hier kann ich wirklich nur zwei müde Lesesternchen vergeben, für einen absolut unrealistischen und dadurch unattraktiven Thriller, bei dem der Schreibstil noch das Beste war, während der Inhalt leider meilenweit von meiner Vorstellung entfernt lag. Ich bin jedenfalls froh, dass ich das Buch nun zuklappen kann, es hat absolut nicht meinen Geschmack getroffen, selbst wenn ich Kellerräume und dunkle Ecken faszinierend finde, können mich Kratzgeräusche und halbmenschliche Wesen nicht überzeugen, ganz egal wo sie leben und wen sie brauchen, um überleben zu können.

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Veröffentlicht am 20.10.2021

Das Dunkel ist der Wissenschaft stets vorzuziehen

Die Anomalie
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„Ich rate davon ab, ihnen zu sagen, dass von ihnen allen bereits irgendwo ein Doppel existiert und dass sie auf der Erde nichts zu suchen haben.“

Inhalt

Turbulenzen in schwindelerregender Höhe sorgen ...

„Ich rate davon ab, ihnen zu sagen, dass von ihnen allen bereits irgendwo ein Doppel existiert und dass sie auf der Erde nichts zu suchen haben.“

Inhalt

Turbulenzen in schwindelerregender Höhe sorgen dafür, dass die Passagiere einer Boeing 787 auf dem Flug Paris – New York, wahnsinnig froh sind, diesen Trip überstanden zu haben und sicher landen zu können. Problematisch ist nur die Tatsache, dass ihr Flugzeug, das identische Pendant bereits am 10. März gelandet ist, mit haargenau denselben Menschen, doch nun steht ein Datum Ende Juni im Kalender und die Passagiere aus dem Flug gibt es alle schon, nicht etwas als Doppelgänger, sondern in der Realität. Allerdings hat sich das Leben der März-Passagiere mittlerweile entsprechend verändert und von all dem wissen die Neuankömmlinge noch nichts …

Meinung

Auf diesen Roman bin ich auf Grund mehrerer positiver Leserstimmen aufmerksam geworden und tatsächlich verspricht die Story eine unterhaltsame, vielleicht auch mysteriöse Hintergrundgeschichte, die ich nur zu gern selbst entdecken wollte. Aber von meiner ursprünglichen Erwartungshaltung weicht der Roman schon im ersten Drittel ein ganzes Stück ab. Die drei inhaltlichen Schwerpunkte vermitteln eine sehr interessante Story, der ich rein lesetechnisch gern gefolgt bin, denn geschrieben ist das Buch durchaus unterhaltsam, manchmal gar abenteuerlich. Dafür fehlte mir gänzlich der Bezug zu einer nennenswerten Begebenheit. Denn einerseits wirkt die Erzählung sehr realitätsnah, andererseits irgendwie abgehoben und vollkommen illusionär nur weniger in Richtung Magie, sondern vielmehr durch diverse naturwissenschaftliche Theorien mit aberwitzigen Resultaten.

Hinzu kommt die sehr willkürliche und ausufernde Beschreibung der Protagonisten, die trotz ihrer zahlreichen Eigenheiten seltsam blass bleiben. Das mag daran liegen, dass es einfach zu viele Personen sind, die man hier als Leser vor und nach dem Unglück kennenlernt oder auch an ihren eigenartigen Wesenszügen und ihrer Interaktion. Gerade im zweiten Teil des Buches hat mich die Motivation zum Weiterlesen immer mehr verlassen, denn besagtes Unglück nimmt dann nationale Ausmaße an und wird sowohl als politisches Unding als auch als menschliche Katastrophe gehandhabt. In Regierungskreisen steht die Welt Kopf und sämtliche Wissenschaftler rätseln, was denn nun der tatsächliche Auslöser war und wie man damit umgehen sollte.

Etwas unterhaltsamer dann wieder der dritte Teil, weil man etwas aus dem Leben der nunmehr doppelt vorhandenen Personen erfährt – allerdings kratzt der Autor auch wieder nur an der Oberfläche und einiges aus dem ersten Teil hat sich mir so wenig eingeprägt, dass ich immer kurz nachdenken musste, wer denn nun welches Dasein hatte und mit wem in welcher Beziehung stand. Definitiv ein mühsamer Prozess, der mich mehr und mehr langweilte.

Fazit

Leider nur 2 Lesesterne, für diesen Roman mit guter Grundidee, der leider kaum Sympathiepunkte erhält. Am Ende bin ich irgendwie ratlos, welche Aussage, welchen Mehrwert dieses Buch für mich persönlich haben soll und ich finde leider keinen Ansatzpunkt. Möglicherweise wären all die philosophischen und wissenschaftlichen Bezüge besser vermittelt wurden, wenn ich starke Protagonisten vor Augen gehabt hätte oder irgendein verbindendes Element. Aber in Erinnerung bleibt mir nur ein immenser Medienrummel und die entsprechende Vermarktung von Menschen, die in eine wie auch immer geartete Situation geraten sind und sich mit langfristigen Folgen konfrontiert sehen. Das eine solche Katastrophe zum Politikum wird, kann ich noch nachvollziehen, allerdings erscheint mir diese Wirkung so unbedeutend wie vergänglich. Also hier sollte man weniger Augenmerk auf eine bewegende Story legen und sich vielleicht eher auf das Gedankenexperiment einlassen – meinen Geschmack konnte dieses Buch leider nicht treffen.

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Veröffentlicht am 01.05.2021

Meine verhängnisvolle Schwäche

Seitensprung
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„Ihr Plan war so effektiv, dass ich mich schließlich selbst fragte, ob ich verrückt war. Vielleicht war der Gedanke, dass ich nicht verrückt war und sie mir nur einreden wollten, ich sei verrückt, ein ...

„Ihr Plan war so effektiv, dass ich mich schließlich selbst fragte, ob ich verrückt war. Vielleicht war der Gedanke, dass ich nicht verrückt war und sie mir nur einreden wollten, ich sei verrückt, ein Ausdruck meiner Verrücktheit.“

Inhalt

Früher war Jack Harper Musiker und führte eine intensive Ehe mit der Frau seines Herzens. Mittlerweile ist er nicht nur trockener Alkoholiker und gesetzter Immobilienmakler sondern auch Vater eines Sohnes, doch sein Leben hat sich dennoch vollkommen falsch entwickelt, wie er nach einem Gespräch mit einem ehemaligen Freund und Bandmitglied erschreckend feststellen muss. Was er braucht ist etwas Abwechslung und sei es nur, um aus seiner verkorksten Situation zu fliehen. Als er sich auf Empfehlung bei einem Onlinedatingportal anmeldet, bei dem sich Männer und Frauen aus festen Beziehungen unverbindlichen zum Sex verabreden können, spürt er endlich wieder etwas Nervenkitzel. Doch die Enttäuschung folgt auf dem Fuß, denn das erste Treffen zwischen ihm und der unbekannten Frau wird zum Fiasko, denn sie liegt ermordet im Bett und Jack ist der erste, der nach dem Täter die Wohnung betritt. Für die Polizei, die er pflichtbewusst alarmiert, ist schnell klar, dass Jack gekommen ist, um seine Gewaltphantasien mit der Frau auszuleben und dabei wahrscheinlich etwas zu weit gegangen ist …

Meinung

Bisher habe ich noch kein anderes Buch des New Yorker Autors Jason Starr gelesen und habe mich ohne bestimmte Erwartungshaltung an die Lektüre seines aktuellen Thrillers gewagt, um eine möglichst spannende Story über einen Ehebruch und seine tödlichen Folgen kennenzulernen.

Nur leider lies der Thriller nach den tatsächlich fesselnden ersten Seiten absolut nach und hat mich durch den vorrangig naiven, nervigen Hauptprotagonisten sogar verärgert. Zunächst fand ich die gewählte Ich-Erzählperspektive sehr gut, weil dadurch mehr Nähe zum Charakter des Jack Harper entstehen konnte, aber als der Mord schließlich geschehen war, hätte ich mir so sehr eine weitere Erzählstimme gewünscht, die allerdings nicht vorgesehen war. Und deshalb saß ich nun kopfschüttelnd vor der Lektüre und musste mich mit den vielen Fehlentscheidungen der Hauptperson auseinandersetzen, der mehr durch die Geschichte schlittert, als sie jemals zu durchdenken. Seine persönliche Unentschlossenheit setzt dem ganzen dann die Krone auf, denn anstatt sich eine zielgerichtete Strategie zu überlegen, bei der er dann konsequent bleibt, agiert Jack absolut spontan und willkürlich und schafft es tatsächlich bald nicht nur der Hauptverdächtige eines Mordfalls zu sein, sondern gleich mehrerer.

Der Plot selbst ist etwas holprig, die Polizeiarbeit findet eher am Rande statt und die Realitätsnähe hat mir auch etwas gefehlt, aber mit all diesen Dingen wäre ich klargekommen, hätte ich nicht ständig im Kopf von Jack Harper gesessen, mit dem ich leider so gar nichts anfangen konnte. Das Library Journal, New York bewertet den Thriller mit folgenden Worten: „Wie gemacht für Fans des amerikanischen Thrillers, erinnert an Gilian Flynns Gone Girl.“ In diesem Fall hätte mir die Bewertung weiterhelfen können, denn den genannten Thriller von G. Flynn mochte ich ebenso wenig, wie diesen hier.

Wirklich positiv kann ich rückblickend eigentlich nur den Schreibstil bewerten, der sich zeitgenössisch präsentiert, interessante Dialoge aufwirft und sich schnell lesen lässt, aber das ist für mich nur ein einziges Bewertungskriterium und reicht natürlich nicht aus, um ein gutes Urteil zu fällen, bzw. den enttäuschenden Gesamteindruck zu revidieren.

Fazit

Ich vergebe leider nur 2 Sterne für diesen im Kern interessanten Thriller, der durch seinen Aufbau und die gewählten Protagonisten leider nicht meinen Lesegeschmack trifft. Weder der Mord noch die Ermittlungen standen im Zentrum des Buches sondern, ein hilflos rudernder Mann, der neben seinen verhängnisvollen Schwächen auch noch mit einer großen Portion Naivität gestraft ist und vom Leser vielleicht Mitleid erhofft – ich weiß es nicht.

Dieses Buch hat sein gutes Potential verschenkt, zum einen wegen der einseitigen Perspektive, zum anderen wegen der Fokussierung auf die lange Liste der menschlichen Verfehlungen in geballter Ladung. Das war mir eindeutig zu anstrengend/ nervtötend. Dennoch gebe ich Jason Starr eine zweite Chance, die Klappentexte seiner diversen Thriller, die sich hier im Anhang befinden klingen insgesamt ansprechend und wenigstens ein zweites Buch möchte ich gelesen haben, bevor ich mir ein abschließendes Urteil bilde. Wer eine gute Empfehlung hat, kann sie gerne kundtun.

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Veröffentlicht am 09.12.2019

Mein Bild ohne dich

Tage des Verlassenwerdens
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„Was für ein kompliziertes, schaumiges Gemisch ein Paar doch ist. Eine Beziehung mag sich abnutzen und enden, um dennoch auf unsichtbare Weise weiterzuwirken, sie stirbt nicht, sie will einfach nicht sterben.“

Inhalt

Die ...

„Was für ein kompliziertes, schaumiges Gemisch ein Paar doch ist. Eine Beziehung mag sich abnutzen und enden, um dennoch auf unsichtbare Weise weiterzuwirken, sie stirbt nicht, sie will einfach nicht sterben.“

Inhalt

Die achtunddreißigjährige Turinerin Olga gerät in eine ganz klassische Trennungssituation, die für sie dennoch unheimlich plötzlich kommt. Ihr Mann hat eine andere, viel jüngere Frau und lässt sie mit den gemeinsamen Kindern und dem Hund sitzen. Eigentlich glaubte sie, eine glückliche Ehe zu führen und kann es nicht fassen, das Mario, ihr Geliebter nichts mehr von ihr wissen will. Ehrlich und schonungslos setzt sie sich mit der bitteren Wahrheit auseinander und versucht nebenbei ihren Alltag zu meistern. Doch schon bald muss sie feststellen, dass sie restlos überfordert ist, dass ihr ganzes Dasein auf die Existenz ihres Mannes gerichtet war und sein Part nun nicht mehr besetzt ist. Immer mehr verstrickt sie sich in Gedankenspielen und verliert die Realität zunehmend aus dem Auge. Der Umstand, dass ihr Mann, einen derartigen Vertrauensbruch begehen konnte, treibt sie an den Rand des Wahnsinns und sie versucht wie eine Ertrinkende den Fluten zu entkommen …

Meinung

Da ich bereits etliche Bücher der unter Pseudonym schreibenden Autorin Elena Ferrante gelesen habe, war ich mir durchaus bewusst, dass ich hier einen Roman mit einer eigenwilligen, interessanten, wenn auch nicht liebenswürdigen Protagonistin zu lesen bekommen würde. Allerdings war mir die hier vorliegende Charakterisierung dermaßen überspitzt und hochdramatisch umgesetzt, dass ich mich zunehmend über die Entwicklung der Erzählung geärgert habe.

Prinzipiell finde ich die intensive Auseinandersetzung mit der Trennungsthematik aus Sicht einer nichtsahnenden Frau sehr reizvoll, kann man doch ihr aufgezwungenes Leiden nachempfinden, ihr Unverständnis und größtenteils auch noch die Wut. Selbst Rachegedanken lassen sich implizieren und auch die Tatsache, dass diese Schmach von außen, zugefügt vom untreuen Gatten, das Selbstbild ins Wanken bringt.

Aber leider schmiedet die Autorin einen anderen, viel differenzierten Plot, der von obszöner Sprache und derben Gesten unterstrichen wird. Denn Olga leidet nicht nur, sie versinkt regelrecht in einem Sumpf am Rande des Wahnsinns, den sie mit Hysterie durchlebt und vollkommen hilflos sich selbst gegenüber erscheinen lässt. Diese Überspitzung der Ausgangssituation hat mich maßlos geärgert, denn einmal abgesehen davon, dass mir die emotionale Trauer gefehlt hat, weil Olga diese nicht zulässt oder im Kern erstickt, begibt sie sich auf einen Weg, auf dem ihr das Selbstbild wichtiger ist, als ihre Verantwortungsposition gegenüber den Kindern.

Gerade ihre Rolle als Mutter, ist für mich absolut abschreckend und überhaupt nicht mehr nachvollziehbar geschildert. Hinzu kommt ihr liebloser Versuch, alles beim Alten zu belassen und sich auf den Alltag zu konzentrieren, obwohl sie spürt, dass sie das allein nicht schaffen kann.

Fazit

Obwohl der Schreibstil intensiv und ansprechend wirkt, einmal abgesehen von derben sprachlichen Worten, konnte mich dieser Roman inhaltlich nicht überzeugen, deshalb vergebe ich hier wirklich nur 2 Lesesterne.

Viel zu lange verharrt er bei einer Frau, die das Bild von sich neu erschaffen muss und ihre bisherige Lebensweise elementar umstülpt, um wieder zu sich selbst zu finden. Dadurch, dass sie ihr direktes Umfeld so sträflich mit hineinzieht und es dennoch außen vorlässt, entsteht ein erschreckendes Porträt, bei dem ich mich tatsächlich emotional auf der Seite des Ehebrechers gesehen habe, denn wer so mit seinen Liebsten umgeht, verdient sie nicht wirklich.

Als Mutter finde ich ihre Handlungen einfach nur verantwortungslos – wenn sie sich den Strapazen nicht gewachsen sieht, müsste sie doch Hilfe holen. Gerade die Beziehung zwischen ihr und den Kindern wirkt mehr wie ein ungesundes Abhängigkeitsverhältnis, als eine Bindung aus Wärme und Zuneigung. Mir war das Gesamtkonzept zu hysterisch, zu skurril und viel zu unrealistisch, da hilft dann leider auch nicht die interessante Hintergrundgeschichte über die Verarbeitung eines persönlichen Verlusts.

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Veröffentlicht am 19.11.2019

Vom großen und vom kleinen Kurt

Kurt
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„Wir sitzen noch eine Weile nebeneinander, sehen auf unsere Füße, um nicht die geballte Macht des Zimmers ertragen zu müssen, und denken auf unseren Gedanken rum.“

Inhalt

Lena ist mit ihrem Freund Kurt ...

„Wir sitzen noch eine Weile nebeneinander, sehen auf unsere Füße, um nicht die geballte Macht des Zimmers ertragen zu müssen, und denken auf unseren Gedanken rum.“

Inhalt

Lena ist mit ihrem Freund Kurt in ein Haus gezogen, im schönen Brandenburg, im Grünen, mit Garten und dem ganz besonderen Charme eines eigenen Zuhauses. Dort müssen sich die beiden noch einrichten, die Umzugskisten leerräumen und für Kurts Sohn aus erster Beziehung ein heimeliges Plätzchen schaffen. Denn der Kleine, der genauso wie sein Vater heißt, wohnt abwechselnd bei seiner Mutter und dem großen Kurt. Doch während Lena langsam Gefallen an ihrer Rolle als die neue Freundin des Vaters findet und sich mit dem Patchwork-Familienleben anfreundet, passiert ein großes Unglück. Kurt Junior verunglückt – einfach so, im zarten Alter eines Erstklässlers, der gerade die Milchzähne verliert. Die Lücke die er hinterlässt, scheint unüberbrückbar und Lena verliert immer mehr den mentalen Zugang zu den Gedanken ihres Freundes. Plötzlich ist ihr Leben als potentielle Stiefmutter ausgehebelt und sie fragt sich, ob ihre Paarbeziehung diese Belastungsprobe überstehen wird …

Meinung

Dies war mein erster Roman der Autorin, die mit ihren Büchern anscheinend existentielle Themen aufgreift und diese eher direkt und einfühlsam bespricht, förmlich wie aus dem Leben gegriffen. Wahrscheinlich hat sie damit auch großen Erfolg, denn „KURT“ habe ich mir zugelegt, weil mich so viele positive Lesermeinungen angefixt haben und ich unbedingt wissen wollte, ob das Thema wirklich so traurigschön, wie versprochen umgesetzt wurde. Allerdings wird schon nach wenigen Seiten klar, dass mich die alltägliche, fast flapsige Auseinandersetzung mit den Ereignissen in der Familie Horstmann/ Rieß, nicht begeistert. Gerade der erste Teil, in dem der kleine Kurt noch putzmunter ist, liest sich für mich wie ein seichter Frauenroman, ein ganz alltäglicher, kaum beachtenswerter Inhalt.


Leider ändert sich der Erzählton auch im folgenden Text, der durch den Unglücksfall wesentlich mehr Innerlichkeit besitzen müsste, nur geringfügig. Und spätestens da verfehlt diese literarische Umsetzung meinen Lesegeschmack. Das mag daran liegen, dass ich eine komplett andere Erwartungshaltung an dieses Buch hatte (obwohl ich zahlreiche Meinungen wahrgenommen habe, die den Text als mitreißend und emotional beschrieben haben). Ganz klar, die Thematik Trauerbewältigung kann und muss mich nicht nur im Alltäglichen ansprechen, nein sie muss mich zum Nachdenken animieren, sie muss mein Herz erreichen und meine Gedanken – sehr gern sitze ich dann mit Taschentuch da und leide mit den Protagonisten. Und all das, war hier nicht drin, weil sich der Tod eines Kindes irgendwie am Rande abspielt, weil die Gartengestaltung, die Wohnungseinrichtung und das konkrete Leben wesentlich mehr Augenmerk bekommen als das verlorene Kind.


Vielleicht hätte mir eine andere Erzählperspektive besser gefallen, denn die Hauptprotagonistin ist sich selbst nicht sicher, welche Rolle sie im Leben des kleinen Kurt gespielt hat und welche Rolle sie nun bekommt. Auch die Paarbeziehung leidet, wie erwartet, dennoch bleibt auch dieses Miteinander blass. Jeder sitzt irgendwo und betrachtet die Lücke und pflanzt bestenfalls einen Baum, oder vergräbt eine Schaufel oder findet sich mit der Zeit in einem Leben wieder, in dem die Hoffnung über die Trauer siegt.

Fazit

Ich vergebe nur 2 Lesesterne für diesen Roman, der mein Herz nicht erreichen konnte. Viel zu oberflächlich wird der Tod und das Fehlen eines geliebten Menschen greifbar, viel zu einfach sind die Handlungen, viel zu unbedeutend die Ausführung. Wenn ich etwas über den Verlust lernen möchte, etwas über Endlichkeit des Lebens und die Liebe zu Familienangehörigen, muss ich hier mühsam suchen ohne direkt fündig zu werden. Der lockere Schreibstil passt nicht zum Thema, er macht es irgendwie unbedeutend und die Geschichte verliert dadurch ihren Glanz. Gerade eben denke ich an einen kürzlich gelesenen Familienroman mit einer ähnlichen Dramatik (Rhiannon Navin – Alles still auf einmal), der ganz im Gegensatz dazu wirklich emotional und traurig gestaltet ist. Literatur über das Sterben muss für mich traurig sein und nicht so unbestimmt bleiben. Alle die etwas Ähnliches wie ich suchen, sollten sich überlegen, ob sie „Kurt“ entdecken möchten, sicherlich empfiehlt sich eine Leseprobe als Entscheidungshilfe.