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Veröffentlicht am 05.10.2020

Agatha in Bestform

Agatha Raisin und der tote Auftragskiller
5

»Ich bin übrigens selbst Detektivin«, sagte Agatha. »Ach ja?« Don Quijote zeigte einen Funken Interesse. »Und bei welcher Polizeistelle in England arbeiten Sie?« »Bei keiner. Ich meine, ich eröffne meine ...

»Ich bin übrigens selbst Detektivin«, sagte Agatha. »Ach ja?« Don Quijote zeigte einen Funken Interesse. »Und bei welcher Polizeistelle in England arbeiten Sie?« »Bei keiner. Ich meine, ich eröffne meine eigene Detektei.« Das Interesse erlosch. »Warten Sie hier«, sagte der Mann. (3%)

Endlich ist es so weit! Agatha Raisin beschließt den großen Schritt zu wagen und ihre eigene Detektei zu eröffnen. Vorbei sein sollen die Zeiten, in denen sie nur nebenbei Fälle löst und dabei nicht ernst genommen geschweige denn entlohnt wird.
Doch die Entzauberung dieses Vorhabens folgt sogleich: Zuerst findet sie keine passende Assistentin - stattdessen drängt sich ihr ihre neue Nachbarin Emma für diese Position auf - und dann ist ihr erster „Fall“ nur eine entlaufene Katze!
Bald schon kommen aber auch die ersten echten Fälle rein und Agatha gerät nicht nur in Stress sondern auch selbst in die Schusslinie...

Dieser Agatha Raisin Band bringt frischen Wind in die Buchreihe! Agatha ist inzwischen in Carsley absolut Zuhause. Sie hat gerade keine lästigen Männergeschichten am Hals und sie versucht sich durch ihre eigene Detektei mehr Ansehen zu verschaffen.
Es kommen interessante neue Figuren ins Spiel, aber auch unsere alten Bekannten wie Roy, Bill Wong und Mrs. Bloxby tauchen auf.

Ein sehr unterhaltsamer und charmanter kleiner Krimi. Agatha ist liebenswert-schrullig wie immer. Wer die Serie schon länger mitverfolgt, wird sich über die kleine Kursänderung freuen. Aber auch als Neueinsteiger in die Buchreihe kann man diesen Band genießen und Agatha kennenlernen.

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Veröffentlicht am 01.06.2020

Leider enttäuschend

Hamish Macbeth hat ein Date mit dem Tod
3

„Der Zug donnerte über die schottische Grenze. Es war trübe und bedeckt gewesen, doch nun war der Himmel strahlend blau, und die Sonne schien. „ (17)

Maria führt die Paarvermittlung Checkmate für vermögende, ...

„Der Zug donnerte über die schottische Grenze. Es war trübe und bedeckt gewesen, doch nun war der Himmel strahlend blau, und die Sonne schien. „ (17)

Maria führt die Paarvermittlung Checkmate für vermögende, elitäre Kunden. Ihre Mitinhaberin Peta ist gerade auf Urlaubsreise und Maria nutzt die Gunst der Stunde mit ihren Klienten eine Reise ins schottische Hochland zu machen. Hier sollen Pärchen zueinander finden. Und zwar ungestört. Denn Peta ist eine recht unangenehme Zeitgenossin.

Natürlich reist Peta kurz darauf ebenfalls an und zieht den Hass aller Beteiligten auf sich. Die Dinge nehmen ihren Lauf und der Dorfpolizist Hamish Macbeth hat schon bald einen Mordfall zu lösen.

„Hamish Macbeth hat ein Date mit dem Tod“ war für mich der erste Band, den ich aus dieser Reihe gelesen habe. Ich kannte daher die Protagonisten nicht aus Vorgängerbänden. Und leider wurden sie mir auch in diesem Band nicht näher gebracht. Man erfährt kaum etwas über Hamish - der Ermittler bleibt völlig charakterlos und im Hintergrund.

Dieses Buch bietet nur einen hochgradig konstruierten Mordfall mit einer ganzen Truppe oberflächlichen und völlig überzeichneten Figuren.

Und leider bleibt auch die Spannung auf der Strecke. Da alles so überspitzt ist, kommt man keiner der Figuren nahe und hat deshalb überhaupt kein Interesse an der Entwicklung und dem Ausgang der Geschichte.

Schöne Landschaftsbeschreibungen und ein hübsches Cover sind die positiven Aspekte dieses Krimis. Außerdem bleibt die Hoffnung, dass die anderen Bände besser sind und dort ein interessanter Ermittlercharakter aufgebaut wird.

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Veröffentlicht am 15.10.2022

Befeuert die alten Debatten

Freiheitsgeld
1

„Ach, man merkt, Sie sind noch jung. Die Jugend will immer die Welt aus den Angeln heben. Aber die Zeiten, in denen man die Welt verändern konnte, die sind schon lange vorbei. Heute ist die ganze Welt ...

„Ach, man merkt, Sie sind noch jung. Die Jugend will immer die Welt aus den Angeln heben. Aber die Zeiten, in denen man die Welt verändern konnte, die sind schon lange vorbei. Heute ist die ganze Welt eine Maschine, die sich selber am Laufen hält, und wir sind alle nur kleine Rädchen darin, die von Glück sagen können, wenn sie eine einigermaßen sinnvolle Funktion haben und sich nicht nur zur Zierde drehen.“ (28%)

Deutschland im Jahr 2063: Es gibt seit einigen Jahrzehnten das sogenannte Freiheitsgeld, das jeder Bürger ab Beginn seiner Volljährigkeit bezieht. Bedingungslos. Dadurch hat sich die gesamte Gesellschaftsordnung geändert. Das Bildungssystem ist grundlegend anders; denn das Streben eines jeden ist nicht mehr, einen gut bezahlten Job zu finden. Die Frauen scheinen gleichberechtigter. Und auch die Klimakatastrophe wurde abgewendet, durch Maßnahmen wie eine großflächige Bepflanzung mit Bäumen und eine vegetarische Ernährungsweise.

Und doch ist vieles immer noch so, wie es „immer“ schon war.

Eschbach lässt ist in seiner Geschichte vor allem Probleme auftauchen, die den klassischen Argumenten gegen ein Bedingungsloses Grundeinkommen entsprechen: Die Menschen werden faul. Die Kriminalität steigt. Die Reichen setzen sich ab und machen krumme, elitäre Dinger. Und sowieso: Den Menschen mit mehr Geld geht es natürlich besser. Die Schere zwischen Reich und Arm scheint noch größer zu werden.

Ganz logisch ist das alles nicht. Es werden viele (durchaus wichtige!) Themen angerissen, aber nicht zu Ende geführt. Und dann ist alles vermeintlich neue Denken in diesem Buch dann doch wieder durchwirkt vom Denken einen weißen alten Mannes.

Ich mag die Bücher von Andreas Eschbach. Sie sind eigentlich immer gute, spannende Unterhaltung. Sein neuster Roman deckt dann auch noch ein so wichtiges Thema ab, für das ich mich sehr interessiere. Aber gerade dieses große Thema ist dem Autoren entglitten. Da scheint er zu viel auf einmal gewollt zu haben.
So verspielt er die Chance, einen wichtige Beitrag zu den Problemen unserer Zeit zu leisten. Im Gegenteil befeuert er noch die alten Debatten und rutscht ins Konservative ab.

Das ist so schade und es tut mir richtig Leid, dass ich ausgerechnet diesem Buch keine gute Bewertung geben kann.

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Veröffentlicht am 08.08.2021

Moderne Politik - jetzt

Jetzt
1

„Regieren heißt nicht Allwissen, Opposition heißt nicht aus Prinzip dagegen. Ich will zuhören und einbeziehen, damit unsere Politik eine bessere wird.“ (92%)

Die Klimakrise, eine zunehmend gespaltene ...

„Regieren heißt nicht Allwissen, Opposition heißt nicht aus Prinzip dagegen. Ich will zuhören und einbeziehen, damit unsere Politik eine bessere wird.“ (92%)

Die Klimakrise, eine zunehmend gespaltene Gesellschaft, ein schwächelndes Europa… Es gibt viel zu tun für die Politiker unserer Zeit. Diese Themen drängen. Sie müssen JETZT angegangen werden. Die kommende Bundestagswahl ist eine entscheidende Wahl. Sie ist Klimawahl. Denn gerade dieses Thema verträgt keinen Aufschub mehr.

Auch Annalena Baerbock nimmt sich in ihrem Buch die großen politischen Themen unserer Zeit vor, richtet ihren Fokus dabei aber sehr persönlich aus.

Sie schreibt viel über Außenpolitik und Flüchtlingspolitik, aber auch über Kinderarmut, Kinderrechte und über Gleichberechtigung. Sie beschreibt dabei ihren eigenen Werdegang, bindet viele persönliche Erlebnisse ein und auch einige Beispiele aus jüngerer Vergangenheit.

Ein Erlebnis, das sie erwähnt und das mich sehr beeindruckt hat: Annalena Baerbock sprach mit Jesidinnen im Camp Karbato 2 und konnte ihre Tränen nicht zurückhalten, als sie die schrecklichen Geschichten der Frauen dort hörte. Im Anschluss an das Gespräch wurde ihr die Frage gestellt: »Können Sie sich wirklich vorstellen, Außenpolitik zu machen, wenn Ihnen in so einem Moment die Tränen kommen?« (20%)

Insgesamt liest sich das Buch sehr sympathisch und wertestark. Wenn man sich der Kanzlerkandidatin der Grünen nähern will und sich für ihre recht beeindruckende Karriere interessiert, ist dieses Buch empfehlenswert. Auch die Ideen aus der Wahlprogrammatik der Grünen werden in ihrem Buch gut dargestellt.

„Die Grundlagen werden nicht 2040 oder 2050 gelegt. Kritisch ist das Jahrzehnt, in dem wir uns schon befinden: die 2020er-Jahre. Jetzt. Es braucht jetzt den Anstoß durch die Politik, um die nötigen technologischen Innovationen für den Klimaschutz anzuschieben.“ (31%)


Mehr zum Thema kann man erfahren, wenn man in die Suchmaschinen „Kipppunkte Klima“ eingibt. Wenn wir weiter machen wie bisher und die Temperatur weiter steigt, werden in den nächsten Jahren Kipppunkte überschritten, die unumkehrbar sind und dramatische Folgen für unser Leben haben werden.

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Veröffentlicht am 06.11.2020

Ein herausragender historischer Roman!

Judith und Hamnet
1

Jedes Leben hat seinen Kern, seinen Dreh- und Angelpunkt, von dem alles ausgeht, zu dem alles zurückkehrt. Für die abwesende Mutter ist es dieser Moment: der Junge, das leere Haus, der verwaiste Hof, der ...

Jedes Leben hat seinen Kern, seinen Dreh- und Angelpunkt, von dem alles ausgeht, zu dem alles zurückkehrt. Für die abwesende Mutter ist es dieser Moment: der Junge, das leere Haus, der verwaiste Hof, der ungehörte Schrei. (2%)

Agnes ist eine eher wilde und ungezügelte junge Frau. Sie trägt ihr Haar offen und zieht mit ihrem Falken durch die Wälder. Sie ist naturverbunden, unabhängig und unberührt von der Meinung anderer und hat die Gabe Dinge zu sehen, die anderen verborgen bleiben. Sie nutzt diese Gabe und ihr Wissen über Heilkräuter, um den Menschen zu helfen.
Als ihr eines Tages der Lateinlehrer ihrer Brüder begegnet, wissen die beiden schnell, dass sie entgegen der Meinung ihrer Familien zusammenleben möchten. Sie heiraten, ziehen zu Agnes’ Schwiegereltern und bekommen drei Kinder.

Agnes steht absolut sicher in ihrem Leben. Sie sorgt dafür, dass ihr Mann nach London ziehen und dort arbeiten kann, weil sie spürt, dass ihn sein Elternhaus einengt und unglücklich macht. Selbst bleibt sie mit ihren drei Kindern aber bei ihren Schwiegereltern.

„Sie weiß noch, dass sie einmal eine Frau war, für die sich das Leben und alles, was es für sie bereithielt, wie eine Gewissheit anfühlte; sie hatte ihre Kinder, sie hatte ihren Mann, sie hatte ihr Zuhause.“ (81%)

Nur die Sorge um Judith, ihre jüngste Tochter und Zwillingsschwester von Hamnet, treibt sie seit deren Geburt um. Judith ist ein schwaches, kleines Kind und Agnes fürchtet immer wieder um Judiths Leben. Als ihre Tochter im Alter von elf Jahren die Beulenpest bekommt, setzt Agnes alles dran, sie zu heilen, den Tod irgendwie abzuwenden. Ihr entgeht dabei, dass auch Hamnet sich mit der schrecklichen Krankheit angesteckt hat…

Atemlos liest man diese spannende und etwas mystische Geschichte über Trauerbewältigung und eine eine ganz besondere Partnerschaft. Vor allem ist dieser Roman aber das beeindruckende Porträt einer eigenwilligen Frau, die im England des 16. Jahrhundert ihren Weg geht. Einer Mutter, die ihre Kinder liebevoll großzieht und die so einen schrecklichen Schicksalsschlag hinzunehmen hat. Sie, die immer glaubte, die Zügel selbst in der Hand zu haben.

O’Farrell erzählt nebenbei eine unkitschige, wunderschöne Liebesgeschichte. Und, ach ja, der namenlose Ehemann ist übrigens kein Geringerer als William Shakespeare.
Doch hier wird Agnes’ Geschichte erzählt, ihr berühmter Mann ist ein Teil ihrer Geschichte. Und das ist irgendwie eine ganz bezaubernde, starke Perspektive! Der Name Shakespeares glitzert im Hintergrund, aber O’Farrell hat es nicht nötig, ihn auch nur ansatzweise aus seiner Nebenrolle herauszuholen oder gar zu benennen, denn ihre Protagonistin ist groß und wichtig genug, um ihre Geschichte selbst zu tragen.

Manchmal „zoomt“ die Erzählperspektive den Leser sogar in eine Außenansicht und wir erfahren zum Beispiel, wie sich die Pest ihren Weg bin hin zu Judith und Hamnet gebannt hat. Oder aber, wie Hamnet den Weg in die Theaterwelt Londons gefunden hat und zu einem Stück Weltliteratur wurde.

„Judith und Hamnet“ ist mein literarisches Highlight für dieses Jahr und von Maggie O’Farrell muss ich unbedingt mehr lesen. Ein herausragender historischer Roman!

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