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Veröffentlicht am 23.12.2018

Graue Nächte, dunkle Tage

Graue Nächte
1

"Graue Nächte“ ist der zweite Teil einer Reihe, ich finde aber, dass man den (historischen) Krimi auch gut als stand-alone lesen kann, denn ich kenne Band 1 („ Der Reisende“) nicht.
Worum geht’s ?

Die ...

"Graue Nächte“ ist der zweite Teil einer Reihe, ich finde aber, dass man den (historischen) Krimi auch gut als stand-alone lesen kann, denn ich kenne Band 1 („ Der Reisende“) nicht.
Worum geht’s ?

Die Handlung ist im Zweiten Weltkrieg angesiedelt.
- Schauplatz Island, 1943: In der Hauptstadt herrscht eine angespannte Stimmung, die Insel ist von Amerikanern besetzt. Kommissar Flovent und sein Kollege Thorson, ein Kanadier von der Militärpolizei, müssen Ermittlungen aufnehmen, als nahe einer Soldatenkneipe eine männliche Leiche aufgefunden wird. Weshalb wurde der Mann erstochen? Bald gibt es einen weiteren Toten – am Strand der Nautholsvikbucht wird eine männliche Leiche angespült. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den beiden Toten, und welche Rolle spielt das Kriegsgeschehen dabei? Schon bald geraten die beiden Kommissare selbst in Gefahr…

Ich weiß nicht viel über Island, daher war die Lektüre des Romans besonders interessant für mich. Das harte Leben in den 1940er Jahren wird vom Autor sehr anschaulich beschrieben, auch erhält man als Leser Einblicke in die isländische Mentalität.
Der Zweite Weltkrieg bietet meist einen spannenden Hintergrund für Krimis – mit seinen Bündnissen und Feindschaften, Seilschaften und Widerstandsgruppen. Achsenmächte versus Alliierte, neutrale und nicht ganz so neutrale Staaten bieten viel Spielraum für spannende stories.
Ich musste mich beim Lesen aber konzentrieren, weil die Geschichte auf zwei Zeitebenen spielt, was mir zu Beginn nicht unbedingt klar war. „Graue Nächte“ ist kein Krimi, den man en passant lesen kann und es ist kein Roman, der heitere Unterhaltung bietet. Mir gefiel die düstere Grundstimmung jedoch gut, und wenn man sich einmal auf die Geschichte eingelassen hat, möchte man unbedingt wissen, wie das Ganze endet. Der Erzähler verzichtet auf Effekthascherei und berichtet in einem kühlen, gar distanzierten Stil von den Ereignissen.
Daher vergebe ich für „Graue Nächte“ vier von insgesamt fünf möglichen Sternen, und ich werde auch den „Reisende[n]“ lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Atmosphäre
  • Geschichte
  • Charaktere
Veröffentlicht am 23.12.2018

Die Räterepublik ist Geschichte

Herbststurm
0

München, 1922:

Kommissär Reitmeyer untersucht zwei mysteriöse Mordfälle. Seine Ermittlungen führen den Mann in die Kreise russischer Exil – Monarchisten, die seit der Oktoberrevolution Zuflucht in München ...

München, 1922:

Kommissär Reitmeyer untersucht zwei mysteriöse Mordfälle. Seine Ermittlungen führen den Mann in die Kreise russischer Exil – Monarchisten, die seit der Oktoberrevolution Zuflucht in München
gefunden haben.
Zeitgleich sucht Reitmeyers bester Freund Sepp Leitner die adelige Tochter Anja Alexandrowna. Steht ihr Verschwinden womöglich in Zusammenhang mit den beiden Toten? Und gibt es einen Maulwurf in den Reihen der Polizei?
Es ist eine unruhige Zeit, die Reparationsforderungen nach dem Ersten Weltkrieg sorgen für Unmut in der Bevölkerung, es werden Anschläge auf die Französische Gesellschaft verübt, marodierende Freikorps – Angehörige machen das Leben in der Stadt nicht sicherer, und die galoppierende Inflation macht den Menschen schwer zu schaffen…
„Herbststurm“ ist der dritte Band einer Reihe historischer Kriminalromane rund um Reitmeyer. Histokrimifans kommen hier voll auf ihre Kosten, die geschichtlichen Hintergründe sind korrekt dargestellt worden, und die Ermittlungen sind spannend. Die Sprache wirkt modern, zu modern? Man kann während der Lektüre trotzdem in eine andere Zeit „abtauchen“ und man hat fast das Gefühl, mittendrin statt nur dabei zu sein! Dieses Gefühl hatte ich schon beim Lesen des Prologs, bei mir ist es ja so: Entweder „packt“ mich ein Roman gleich – oder gar nicht. Die Beschreibung der Polizeiarbeit gefiel mir auch gut, das Ende der Geschichte überraschte mich:

" […] Während Rattler die Wohnung verließ, überprüfte Reitmey-
er die restlichen Schubladen, die alle leer waren. Dann stellte
er sich ans offene Fenster. 'Die Vorhänge sind ja noch älter, als
das Kaiserreich geworden ist. ' Er schob die linke Stoffbahn
zurück.
'Und voller Mottenfraß.'
Steiger nahm das andere Foto vom Schreibtisch und hielt
es ins Licht.
'Da steht er bei einer Maschinengewehreinheit.
Für mich sieht das aus, als wär’s in München bei der Niederschlagung der
Räterepublik aufgenommen worden. Im Mai 19.' "

Vom eigentlichen Handlungsverlauf will ich an dieser Stelle nicht viel verraten, um Spoiler zu vermeiden.
Auch die Figurenzeichnung ist sehr gelungen, manchmal agieren die Protagonisten in historischen Romanen leider irgendwie ahistorisch, was hier nicht der Fall ist! Hier profitiert die Autorin ganz klar von ihrem Studium der Geschichte und Germanistik.
„Herbststurm“ ist jedoch keine trockene Ansammlung von Fakten, sondern ein stilistisch fein ausgearbeitetes Mosaik, das ich sehr gerne gelesen habe. Potentielle Leser sollten jedoch ein prinzipielles Interesse für (Regional)geschichte mitbringen. Vielleicht schadet es auch nicht, die komplette Reihe zu lesen, beginnend mit dem „eiserne[n]Sommer“ (ISBN: 978-3518467138) und „Wintergewitter“ (ISBN: 978-3518467190), obwohl man „Herbsturm“ meiner Meinung nach auch als stand – alone lesen kann.

Gerne spreche ich eine Empfehlung aus!

Veröffentlicht am 22.10.2018

Kein Must - have

The World of Vikings
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„The World of Vikings“ ist das Begleitbuch zur Serie „Vikings“. Ich habe das Buch auf Englisch gelesen, es ist leicht verständlich. Justin Pollard gibt darin Einblicke in die Produktion, die historischen ...

„The World of Vikings“ ist das Begleitbuch zur Serie „Vikings“. Ich habe das Buch auf Englisch gelesen, es ist leicht verständlich. Justin Pollard gibt darin Einblicke in die Produktion, die historischen Hintergrundinfos würde ich aber mit Vorsicht genießen und lieber ein aktuelles Werk eines Skandinavisten zu Rate ziehen; ich denke, die „Berserker“ – Theorie ist unter Historikern durchaus umstritten. Es gibt ein paar schöne Fotos vom Set, allerdings werden nicht alle Staffeln im Buch abgedeckt.
Primär wird das „Making of“ behandelt, was einigermaßen interessant ist, es gibt Interviews mit dem Filmteam und einigen Schauspielern.
Die Aufmachung des Buches gefällt mir aber leider nicht so gut, sie wirkt auf mich irgendwie billig und die stilisierte Runenschrift reißt es auch nicht heraus. Die inhaltliche Strukturierung ist aber logisch und gut nachvollziehbar, ein großes Plus sind die Quellenanagaben (Sekundär – sowie Primärquellen).

Fazit: Ganz nett, aber in meinen Augen kein must – have.

Veröffentlicht am 09.10.2018

Aus dem tollen Stoff hätte man mehr machen können

Victorian Rebels - Ein Herz voll dunkler Schatten
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Der Auftaktband der Reihe „Victorian Rebels“ konnte mich leider nicht ganz überzeugen. Daher wollte ich diesen Folgeband unbedingt lesen. Den zweiten Teil der Reihe fand ich insgesamt spannender, und der ...

Der Auftaktband der Reihe „Victorian Rebels“ konnte mich leider nicht ganz überzeugen. Daher wollte ich diesen Folgeband unbedingt lesen. Den zweiten Teil der Reihe fand ich insgesamt spannender, und der Protagonist Christoper Argent konnte gleich zu Beginn mein Interesse wecken.
Worum geht’s ?
Genretechnisch handelt es sich hier um einen Roman, der der Historical Romance Sparte zugeordnet werden kann, was man auch an der Nackenbeißer – Ästhetik der englischen Originalbände sehr schön sehen kann. Im Prinzip gefiel mir die Einbettung ins historische London gut, aber die Autorin machte Dinge, die mich während der Lektüre schnell wieder ins 21. Jahrhundert katapultierten, leider. So hat etwa die Schauspielerin Millie eine „Stylistin“, dieser Terminus ist für die beschriebene Zeit sicher zu modern.
Millie le Cour ist eine polnischstämmige Schauspielerin, die vom Auftragskiller Argent ermordet werden soll. Als er die schöne Mimin erblickt, kann er sie jedoch nicht töten, da er sich auf den ersten Blick in die junge Mutter verguckt. Das ungleiche Paar verliebt sich ineinander, und Christopher tut alles, um den Sohn seiner Angebeteten zu beschützen. Doch die Morde in London hören nicht auf, wer trachtet Millie und ihrem Sohn Jakub nach dem Leben ?

Die Autorin hat wirklich gute Ideen, es gibt neben der Liebesgeschichte auch noch eine Krimihandlung und das Theater – setting ist ein zusätzliches Bonbon. Leider musste ich, obwohl ich durchweg bereit war, der Autorin noch eine Chance zu geben, feststellen, dass sie einfach sehr schnell an ihre erzählerischen Grenzen stößt. Die Figuren sind nicht gut genug ausgearbeitet, aus ihrem Stoff hätte Byrne viel mehr machen können. Tortured hero, wunderschöne, resolute Aktrice. Vor allem Christopher hätte mit mehr Tiefe richtig spannend sein können, leider verhält er sich unlogisch, wobei mir schon klar ist, dass die Autorin versucht hat, eine Entwicklung der Figur zu zeigen, aber es gelingt ihr aufgrund ihrer mangelnden Fähigkeiten nicht, eine glaubwürdige Transformation zu zeigen. Sie trägt einfach immer zu dick auf, immer, wenn ich den Hauch von Rührung verspürte, artete alles in Kitsch aus. Byrne findet leider nicht das richtige Maß, es fallen Sätze voller Pathos und die Schriftstellerin tut sich schwer damit, auf den Punkt zu kommen. Argent ist der Angestellte von Dorian Blackwell, einem Gangsterboss von dem es heißt: „Blackwell verehrte allein die Hand seiner Frau mit mehr Inbrunst als ein Fanatiker seinen Gott.“
Paradoxerweise ist die story aber sehr spannend, ich wollte immer wissen, wie die Geschichte endet, und den kleinen plot twist am Ende fand ich nicht einmal schlecht, und ich musste auch einmal schmunzeln. Es gibt nicht viele Liebesszenen in der Erzählung, dafür aber Details, die mir ausgelutscht oder unnötig erschienen, etwa einen distinguierten Butler und einen nekrophilen (!) hitman, der mit Argent konkurriert.


Fazit:

Schade ! Aus dem großartigen Stoff hätte Kerrigan Byrne viel mehr machen können. Leider stößt sie erzähltechnisch schnell an ihre Grenzen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Erzählstil
  • Figuren
  • Handlung
Veröffentlicht am 20.09.2018

Clanstrukturen

Mexikoring
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Staatsanwältin Chas Riley wird zu einem ungewöhnlichen Tatort gerufen. Es scheint, dass ein junger Mann im Auto verbrannt ist, und es scheint Mord zu sein. Überhaupt brennen in Hamburg die Autos und ...


Staatsanwältin Chas Riley wird zu einem ungewöhnlichen Tatort gerufen. Es scheint, dass ein junger Mann im Auto verbrannt ist, und es scheint Mord zu sein. Überhaupt brennen in Hamburg die Autos und auch anderswo. Globalisierungskritik? Bald wird der Tote identifiziert: es handelt sich um Nouri Saroukhan, Sprößling eines Bremer Clans . Doch was macht die Leiche in Hamburg? Riley und Stepanovic beginnen zu ermitteln und stechen in ein Wespennest aus organisierter Kriminalität und mafiösen Clan – Strukturen…

Mit „Mexikoring“ hat die Wahlhamburgerin Simone Buchholz den achten Band der Krimireihe rund um die deutsch-amerikanische Powerfrau Riley vorgelegt. Thematisch ist der Roman am Puls der Zeit, ich musste beim Lesen an libanesische Clans aus Berlin denken.
Buchholz‘Stil hasst man, oder man liebt ihn:
Die Kapitel sind kurz, gespickt mit tollen Sprachbildern und teils kargen Dialogen und lakonischen Kommentaren. Chastity Riley nimmt kein Blatt vor den Mund: sie ist eine coole Protagonistin mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitsempfinden. Dieses Mal war mir ihre Sprache aber zu vulgär, wie eine Proletin habe ich mir die Heldin eigentlich nicht vorgestellt, „leck mich am Arsch“ passt eigentlich gar nicht zu ihr, dafür ziehe ich einen halben Stern bei meiner Bewertung ab.
Ich habe die komplette Reihe gelesen und das „Personal“ und das setting in’s Herz geschlossen. Faller, Inceman, Stepanovic…Jeder Roman ist eine Liebeserklärung an die Hansestadt Hamburg. Bisher fand ich den Roman „Die blaue Nacht“ am besten, auch wenn „Mexikoring“ einen Tick besser ist als „Beton Rouge“.
Die Geschichte von der Heldin, die sich nicht immer so verhält, wie es ihr Vorname suggeriert, ist interessant. Ein Vaterkind, verlassen von der Mutter. Die große Liebe, Nachbar „Klatsche“ – passé? Jedenfalls kommt die Protagonistin nicht mehr gerne nach Hause, seitdem in der Nachbarwohnung nicht mehr der Liebste wohnt, aber in ihrem Job ist Chas die Beste, sie gibt alles und versucht mit Kollege Ivo Stepanovic den aktuellen Fall aufzuklären.
In „Mexikoring“ geht es Schlag auf Schlag, und es ist der Stil, der den Kriminalroman so besonders macht. Ich liebe es, dass Buchholz‘ Krimis so originell sind. In der deutschen Krimilandschaft ist ihre Sprache etwas Besonderes, und ihre Arbeiten sind nicht austauschbar, das muss man in einem Genre, das „überlaufen“ ist, erst einmal schaffen.
Sowohl Haupt- als auch Nebenfiguren sind gut ausgearbeitet, ob Anne Stanislawski oder eben Stepanovic. Ich musste ganz schön über eine Figur namens „Rocktäschel“ schmunzeln. Ich denke, dass die Ermittlungsarbeit in diesem Krimi authentisch beschrieben wird, und es gibt eine gute Mischung zwischen Fallermittlung und Privatleben im Buch. Romane, in denen das Eine oder das Andere deutlich überwiegt, langweilen mich meist.
Hier war ich aber von der ersten Seite an gefesselt, und ich konnte es kaum erwarten, die Auflösung zu erfahren. Buchholz beschreibt das Verbrecher – Milieu und die kriminelle Unterwelt glaubwürdig und ohne übertriebene Effekthascherei.

Fazit:
Ich vergebe viereinhalb von insgesamt fünf möglichen Sternen. „Mexikoring“ ist der spannende achte Teil einer Reihe rund um die toughe Staatsanwältin Chastity Riley. Ich spreche gerne eine Leseempfehlung aus!