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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.01.2023

Backen mit Mehl, Zucker, Fett und Liebe

Wild backen
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In Eveline Wilds neuem Backbuch gibt es eine Menge Rezepte für bekannte Backwaren, wie Kaiserschmarren, aber auch für ausgefallene, wie Ketzentarte oder Marille-Vanille-Wolke. Ich habe mehrere erfolgreich ...


In Eveline Wilds neuem Backbuch gibt es eine Menge Rezepte für bekannte Backwaren, wie Kaiserschmarren, aber auch für ausgefallene, wie Ketzentarte oder Marille-Vanille-Wolke. Ich habe mehrere erfolgreich ausprobiert, und bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden. „Wild backen“ ergänzt meine Sammlung, weil ich hier besondere Rezepte für ganz spezielle Anlässe finde. Allerdings setzen diese Grundkenntnisse und eine gewisse Übung voraus. Es gibt hier keine Gelinggarantie. Wenn sie gelingen, sehen sie allerdings wunderschön aus, wie die reichlich vorhandenen opulenten Fotos beweisen. Wer allerdings auch beim Backen zumindest in gewissem Umfang auf gesunde Ernährung und Kalorien achtet, wird enttäuscht. Meiner Ansicht nach enthalten einige Rezepte viel zu viel Fett, Zucker und Eier. Das sollte nach heutigen Erkenntnissen der Ernährungswissenschaft eigentlich nicht sein.
Alles in allem ist „Wild backen“ ein sehr schön gestaltetes Rezeptbuch, das für jede Sammlung sicherlich eine Bereicherung darstellt, aber mit kleinen Einschränkungen zu empfehlen ist.

Veröffentlicht am 29.12.2022

Harry Holes unendliche Geschichte

Blutmond
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In Jo Nesbøs 13. Roman aus der Serie um Harry Hole ist dieser nach dem grausamen Mord an seiner Frau Rakel als obdachloser Alkoholiker in Los Angeles gestrandet. Als in Norwegen zwei junge Frauen ermordet ...

In Jo Nesbøs 13. Roman aus der Serie um Harry Hole ist dieser nach dem grausamen Mord an seiner Frau Rakel als obdachloser Alkoholiker in Los Angeles gestrandet. Als in Norwegen zwei junge Frauen ermordet werden und ein schwerreicher Immobilienmakler unter Verdacht gerät, engagiert er Hole für eine knappe Million, um seine Unschuld zu beweisen. Hole braucht diese Summe, um seiner Bekannten Lucille zu helfen. Lucille, eine einst reiche und berühmte Schauspielerin, schuldet der Drogenmafia diesen Betrag und wird umgebracht, wenn sie nicht innerhalb kürzester Zeit zahlt. Hole stellt ein seltsames Ermittlungsteam zusammen, zu dem ein inzwischen zum Koksdealer gewordener ehemaliger Schulfreund, ein korrupter Polizist und ein totkranker Psychologe gehören.
Schnell wird der Leser unerbittlich in eine wendungsreiche Geschichte hineingezogen, aus der es kein Entrinnen gibt und fällt auf falsche Fährten herein, um am Ende festzustellen, dass die Lösung ganz woanders liegt.
Ich habe die Serie um Harry Hole geliebt und mit großer Begeisterung Jahr um Jahr auf einen neuen Roman von Jo Nesbø gewartet. Seine Bücher waren etwas Besonderes für mich. Zum einen, weil der Autor den Leser mit seinen ausgeklügelten Fällen lange Zeit auf die falsche Fährte schickt, zum anderen, weil er routiniert und spannungsgeladen schreibt. Doch jetzt finde ich, dass es der Autor in seinem letzten Roman gewaltig übertrieben hat. Die Täter, egal, aus welchem Grund sie sich rächen wollen, sind immer gestörter, die ausgeklügelten Mordmethoden immer widerlicher. Eine detaillierte Schilderung blutigen Gemetzels bereitet mir kein Lesevergnügen. Nach dem Ende zu urteilen, wird es auch noch einen 14. Band geben. Was der Autor auch mit seinem völlig kaputten Protagonisten weiter plant, ich werde es nicht erfahren. Leb wohl Harry Hole. Für mich ist die Serie zu Ende.

Veröffentlicht am 28.12.2022

Eine Welt aus Papier

Die Bücher, der Junge und die Nacht
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In Kai Meyers neuem Roman “Die Bücher, der Junge und die Nacht“ sind Bücher das zentrale Thema, zusammen mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Nationalsozialismus. Ein Junge namens Robert Steinfeld, der seine ...

In Kai Meyers neuem Roman “Die Bücher, der Junge und die Nacht“ sind Bücher das zentrale Thema, zusammen mit dem Zweiten Weltkrieg und dem Nationalsozialismus. Ein Junge namens Robert Steinfeld, der seine Eltern nie kennengelernt hat, wird 10 Jahre lang in einem Zimmer voller Bücher eingesperrt, bis er 1943 von einem Mann namens Mercurio befreit wird, als die Bücherstadt Leipzig von Bomben zerstört wird. Bücherdieb Mercurio erhält immer vorab Informationen, wo die nächsten Bomben fallen, und schickt den Jungen in die zerstörten Häuser, um wertvolle Bücher zu stehlen. Nach einigen Monaten bringt er das Kind zu einer Frau, die ihn adoptiert. 1971 bittet die Bibliothekarin Marie Robert, der eigentlich immer ein Konkurrent für sie war, ihr bei der Auflösung der Bibliothek des bekannten Verlegers Pallandt zu helfen. Hier stößt Robert auf Spuren seiner Vergangenheit und kann endlich klären, wer er ist und was seinen Eltern zugestoßen ist. Sein Vater war der bekannte Buchbinder Jakob Steinfeld, der in der Nacht des Bombenangriffs auf Leipzig ums Leben kam. Er hatte sich 10 Jahre vor seinem Tod in die hübsche junge Juli verliebt, die das Manuskript ihres Buches von ihm binden lassen wollte, bevor sie wenig später spurlos verschwand.
Neben den Geschichten der Familien Steinfeld und Pallandt und der Suche nach zwei verschollenen Büchern spielt auch der zeitgeschichtliche Hintergrund eine bedeutende Rolle. Der Leser bekommt einen Eindruck, was Krieg und Nationalsozialismus mit den Menschen machten. Daneben kommen allerhand seltsame Theorien von Sekten und Geheimbünden zur Sprache, die sich Gedanken über Reinkarnation machten.
Ich habe diesen Roman sehr gern gelesen und empfehle ihn ohne Einschränkung Lesern, die sich für historische Romane interessieren.

Veröffentlicht am 03.12.2022

Post aus schlimmen Zeiten

Feldpost
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Im Kassel der 30er Jahre sind die Familien Kuhn und Martens miteinander befreundet – die Eltern ebenso wie die Kinder. Gerhard Kuhn äußerst sich in der Öffentlichkeit kritisch über die Nazis und muss schließlich ...

Im Kassel der 30er Jahre sind die Familien Kuhn und Martens miteinander befreundet – die Eltern ebenso wie die Kinder. Gerhard Kuhn äußerst sich in der Öffentlichkeit kritisch über die Nazis und muss schließlich mit seiner Frau das Land verlassen. Die Kinder Adele und Albert bleiben in Deutschland zurück. Gerhard Kuhn lebt zunächst in Frankreich und baut sich schließlich in Portugal eine neue Existenz auf. Hermann Martens hat es als Anhänger des Regimes leichter und nutzt seine Verbindungen, um seinen Sohn Richard vor dem Gefängnis zu schützen, als der sich durch seine verbotene Liebe in Schwierigkeiten bringt. Adele liebt Richard, aber ihre Liebe wird nicht erwidert. Dafür stehen sich Albert und Richard umso näher. Später wird Adele die an sie gerichteten Briefe Richards von der Front weiterleiten. 6o Jahre später überlässt eine fremde Frau diese Briefe zusammen mit Dokumenten über den Verkauf der Kuhn-Villa an die Familie Martens der Anwältin Cara Russo in einem Aktenkoffer in einem Kasseler Café. Caras Neugier ist geweckt. Sie geht der Sache nach, trifft Überlebende und rekonstruiert die Ereignisse von damals. Die letzten fehlenden Informationen bekommt der Leser in einem Epilog.
Mechtild Borrmann versetzt uns in eine finstere Epoche der deutschen Geschichte und erzählt von einer verbotenen Liebe, aber auch von Habgier, Verrat und Mord. Der Roman ist auch sprachlich hervorragend gelungen. Ich war schon vorher ein Fan der Autorin, und werde es mit Sicherheit auch bleiben. Eine uneingeschränkte Empfehlung für diese spannende Mischung aus Zeit- und Familiengeschichte.

Veröffentlicht am 22.11.2022

Wie lebt es sich mit lebenslangen Schuldgefühlen?

Als die Welt zerbrach
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“Als die Welt zerbrach“ ist die Fortsetzung von John Boynes berühmtem Roman “Der Junge mit dem gesteiften Pyjama“ aus dem Jahr 2006, den man kennen sollte, denn der Autor bezieht sich hier immer wieder ...


“Als die Welt zerbrach“ ist die Fortsetzung von John Boynes berühmtem Roman “Der Junge mit dem gesteiften Pyjama“ aus dem Jahr 2006, den man kennen sollte, denn der Autor bezieht sich hier immer wieder auf Personen und Episoden aus dem Vorgänger. Im neuen Roman steht nicht der Bruder, sondern seine Schwester Gretel im Mittelpunkt. Sie ist inzwischen knapp 92 Jahre alt und lebt seit Jahrzehnten in ihrer Wohnung im vornehmen Londoner Viertel Mayfair. Nach dem Krieg floh sie mit ihrer Mutter von Polen nach Frankreich, wo sie schnell enttarnt wurden und in eine gefährliche Situation gerieten. Gretel lebte danach kurze Zeit in Australien, später dann dauerhaft in London, wo sie den Historiker Edgar Fernby heiratete und einen Sohn bekam. Inzwischen ist sie seit vielen Jahren Witwe. Ihr Leben gerät aus den Fugen, als ein Ehepaar mit Kind einzieht. Der 9jährige Henry erinnert sie an ihren Bruder Bruno, und ihre Vergangenheit droht ans Licht zu kommen. Ihr geliebter Vater war Kommandant von Auschwitz, und die Frage der Schuld hat sie ihr ganzes Leben lang gequält, auch ihre eventuelle Mitschuld am Tod des jüngeren Bruders. Jetzt bekommt sie schnell mit, dass der neue Mieter, der bekannte Filmproduzent Alex Darcy-Witt, Frau und Sohn schlägt und dabei erheblich verletzt. Wenn sie nicht handelt, macht sie sich wieder schuldig, aber kann sie den Jungen retten, ohne ihre eigene Sicherheit zu kompromittieren? Kann sie ihr Eingreifen als Buße für ihr Verhalten in der Vergangenheit rechtfertigen? Das Ende ist spektakulär und etwas unglaubwürdig und passt eigentlich nicht wirklich zum Charakter der Figur.
Mir hat der Roman dennoch gut gefallen, obwohl er nicht ganz an den Vorgänger heranreicht. Der Autor setzt sich gekonnt mit den dunkelsten Aspekten der menschlichen Natur auseinander und macht deutlich, dass das Vergangene nie vorbei ist und man sich ihm stellen muss. Ein empfehlenswertes, wichtiges Buch über ein finsteres Kapitel der deutschen Geschichte.