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Veröffentlicht am 11.05.2020

Schwierige Beziehungen

Die Mitte ist ein guter Anfang
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In Franka Blooms neuem Roman "Die Mitte ist ein guter Anfang“ verbringt die 49jährige Eva gerade ein paar entspannte Tage bei ihrer besten Freundin Carla in Spanien, als ihr langjähriger Partner Arne ...

In Franka Blooms neuem Roman "Die Mitte ist ein guter Anfang“ verbringt die 49jährige Eva gerade ein paar entspannte Tage bei ihrer besten Freundin Carla in Spanien, als ihr langjähriger Partner Arne ihr einen Heiratsantrag samt Verlobungsring schickt. Eva und Arne sind seit mehr als 20 Jahren ein Paar und haben eine gemeinsame Tochter, die 15jährige Frida. Eva stellt sich in der Folge eine Menge Fragen und hat große Zweifel an der Richtigkeit einer solchen Entscheidung, zumal Arne völlig unromantisch nur praktische Erwägungen anstellt - Absicherung, Ehevertrag im Fall einer späteren Trennung etc. - und mit den eigentlichen Hochzeitsvorbereitungen so wenig wie möglich zu tun haben will. Er formuliert so, als ob es sich um eine unangenehme Sache handelte, die man möglichst schnell hinter sich bringen sollte. Nicht nur Evas und Arnes Beziehung geht in der Folge in die Brüche, sondern auch die Ehe ihrer Eltern und die von zwei weiteren Paaren aus dem engsten Freundeskreis - fast so, als ob Ehekrisen ansteckend wären. Wie wird das alles enden? Was soll sich der Leser unter dem guten Anfang aus dem Titel vorstellen? Renkt sich alles wieder ein, oder werden alle Romanfiguren mit neuen Partnern glücklich?
Mich haben diese in epischer Breite dargestellten Beziehungskrisen nicht besonders fasziniert - schon gar nicht 446 Seiten lang. Das ist weder neu noch wirklich spannend. Schade. Da hatte ich mehr erwartet.

Veröffentlicht am 10.05.2020

Madame Nan blickt auf ihr Leben zurück

Wie uns die Liebe fand
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Im Mittelpunkt von Claire Stihlés Roman „Wie uns die Liebe fand“ steht Marie-Anne Nanon genannt Madame Nan, 92. Sie blickt auf ein ereignisreiches Leben zurück, in dem der Zweite Weltkrieg mit der Phase ...

Im Mittelpunkt von Claire Stihlés Roman „Wie uns die Liebe fand“ steht Marie-Anne Nanon genannt Madame Nan, 92. Sie blickt auf ein ereignisreiches Leben zurück, in dem der Zweite Weltkrieg mit der Phase der deutschen Besatzung des Elsass eine Rolle spielt, vor allem aber die Ereignisse des Jahres 1979, die ihr Leben komplett verändern. Madame Nan hat nach dem Tod ihres Mannes ihre vier Töchter allein aufgezogen. 1979 ist Marie, die Älteste, 20 und Coraline, die Jüngste 10 und Madame Nan selbst 52. Marie ist mit dem Algerier Malou zusammen, der eines Tages dem verwitweten Nachbarn Monsieur Boberschram das Leben rettet, als dieser überfallen wird. Darauf schenkt der Nachbar Madame Nan und ihrer Familie seinen Lebensmittelladen. Malou und Marie entwickeln sogenannte Liebesbomben, die zu einem Verkaufserfolg werden und ein ganzes Dorf die Liebe neu entdecken lassen. Nur Madame Nans späte Liebe zu Monsieur Boberschram bleibt scheinbar unerwidert, denn der Nachbar hat sein Leben lang über ein furchtbares Ereignis aus dem Jahr 1940 geschwiegen, das beide Familien betrifft. Wird die Liebe siegen?
Claire Stihlé erzählt einfühlsam und mit viel Humor eine Geschichte, in der relativ wenig passiert. Nicht die äußere Handlung steht hier im Vordergrund, sondern eine besondere Atmosphäre mit elsässischem Lokalkolorit. Eine schöne Geschichte, wenn man sich darauf einlässt.

Veröffentlicht am 19.04.2020

Ernährung einmal anders

Ayurvedische Wohlfühlküche
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Divya Alters „Ayurvedische Wohlfühlküche“ bietet eine kenntnisreiche Einführung in ayurvedische Ernährung. Dabei geht sie auf verschiedene Menschentypen ein und gliedert die Rezepte nach Jahreszeiten. ...

Divya Alters „Ayurvedische Wohlfühlküche“ bietet eine kenntnisreiche Einführung in ayurvedische Ernährung. Dabei geht sie auf verschiedene Menschentypen ein und gliedert die Rezepte nach Jahreszeiten. Ein ausführlicher Index hilft zusätzlich bei der Orientierung. Sehr attraktiv fotografierte Lebensmittel machen dem Leser Lust, die Rezept- und Menüvorschläge auszuprobieren. Leider sind nicht alle Zutaten ohne weiteres und schon gar nicht im Supermarkt an der nächsten Ecke erhältlich. Dennoch hatte ich schon bald den Eindruck, dass es sich lohnt, sich intensiver mit diesem sehr speziellen Kochbuch auseinanderzusetzen. Die wenigsten sind sich beim Kochen der Heilkräfte von Lebensmitteln bewusst. Hinzukommt, dass Ernährung ja nur ein Teilbereich eines ganzheitlichen Konzepts ist und man sich auch näher mit dieser alten indischen Heilkunst befassen könnte. Ich habe viele Anregungen bekommen, und Alters “Ayurvedische Wohlfühlküche“ findet einen Ehrenplatz in meiner Kochbuchsammlung.

Veröffentlicht am 13.04.2020

Ein anderes Leben

Offene See
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In Benjamin Myers´ Roman „Offene See“ hat der 16jährige Robert Appleyard im Jahr 1946 die verhasste Schule abgeschlossen. Bevor er wie seine Vorfahren in der Mine arbeitet, was seine Bestimmung zu sein ...

In Benjamin Myers´ Roman „Offene See“ hat der 16jährige Robert Appleyard im Jahr 1946 die verhasste Schule abgeschlossen. Bevor er wie seine Vorfahren in der Mine arbeitet, was seine Bestimmung zu sein scheint, begibt er sich mit dem Nötigsten ausgestattet auf eine Wanderschaft. Er will das Meer sehen, bevor er sein Leben in Dunkelheit und Dreck verbringt. Er genießt die Natur mit allen Sinnen und hat ein intensives Gefühl der Befreiung. Eines Tages stößt er auf ein verstecktes Cottage in Küstennähe und lernt in Dulcie Piper eine ungewöhnliche, wesentlich ältere Frau kennen. Sie lädt ihn zum Essen ein, und er bleibt länger, als er eigentlich wollte. Die unkonventionelle Dulcie führt ihn an Literatur, Kunst und Musik heran und macht ihm deutlich, dass er das Recht hat, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Es ist jedoch keineswegs eine einseitige Beziehung zwischen dem Jungen auf der Schwelle zum Erwachsenwerden und der älteren Frau. Als Gegenleistung für Unterkunft und hervorragende Verpflegung kümmert sich Robert um den Garten und renoviert ein Atelier. Er tut jedoch noch sehr viel mehr für seine Gastgeberin. Er hilft ihr, sich endlich der Trauer um die verlorene Liebe, die Dichterin Romy Landau, zu stellen, deren Gedichte Robert ihr sechs Jahre nach Romys Tod vorliest. Für beide öffnen sich Türen zu einem neuen Leben, für Robert langfristig auch im materiellen Sinn. Im Prolog und Epilog, die den Bericht über Roberts Leben als Rahmenhandlung umschließen, schaut er als alter Mann auf sein Leben zurück und zeigt, wie viel er Dulcie Piper zu verdanken hatte.
„Offene See“ ist ein berührender Roman in einer lyrischen Sprache, den ich sehr gern gelesen habe. Er besticht durch wunderschöne Landschaftsbeschreibungen und ist gleichzeitig eine Coming-Of-Age Geschichte und ein Porträt der Nachkriegszeit im Nordosten Englands. Der deutsche Titel kann leider den Doppelsinn des Originals - “The Offing“ - nicht vermitteln. „Offing“ bedeutet einerseits den Übergang zwischen Meer und Himmel am Horizont, andererseits ist die umgangssprachliche Nebenbedeutung (Selbst-)Tötung eine Anspielung auf ein wichtiges Element der Handlung. Ein sehr außergewöhnlicher Roman, der lange nachwirkt.

Veröffentlicht am 31.03.2020

Ein Unbestechlicher sorgt für Gerechtigkeit

Pandora
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Mit "Pandora" legt das Autorenteam Amber & Berg seinen Erstlingsroman vor, der 1948 in Berlin spielt. Die geteilte Stadt liegt in Trümmern, und überall herrscht Not. Seit kurzem hat die Mordinspektion ...

Mit "Pandora" legt das Autorenteam Amber & Berg seinen Erstlingsroman vor, der 1948 in Berlin spielt. Die geteilte Stadt liegt in Trümmern, und überall herrscht Not. Seit kurzem hat die Mordinspektion mit Hans-Joachim Stein einen neuen Kommissar, der bei Scotland Yard ausgebildet wurde und nun mit seinem Kollegen Max Wuttke unter dem Vorgesetzten Carl Krüger im Mordfall Braunke ermitteln soll. Braunke war der stadtbekannte Schieberkönig, dessen Leiche im Bordell Pandora aufgefunden wurde. Zuvor hatte Stein schon einen Blick in die Akte zu dem offensichtlich nicht gelösten Fall von fünf toten Frauen werfen können, den er nicht bearbeiten darf. Für seinen Vorgesetzten ist der Fall abgeschlossen, ein Kollateralschaden, wie er zu Kriegszeiten eben passiert. Die beiden Ermittler, die sich anfangs nicht gut verstehen, weil sowohl Wuttke als auch sein Vorgesetzter Stein mit viel Misstrauen begegnen, werden bei ihrer Arbeit behindert und ständig kontrolliert. Dann passieren weitere Morde. Für Stein wird schnell deutlich, dass diese Taten mit in der Nazizeit begangenen Verbrechen zusammenhängen und dass die Aufklärung dieser Fälle das Ansehen der Opfer ruinieren würde.

“Pandora“ ist ein gut lesbarer, spannender Krimi, der viele gut recherchierte Hintergrundinformationen zur Nachkriegszeit bietet. Er macht vor allem nicht nur deutlich, wie sehr die Menschen durch Nazizeit und Krieg beschädigt sind, sondern auch, dass viele Täter unentdeckt blieben und noch immer im Amt sind, weil andere sie decken. Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, und ich bin auf die Fortsetzung gespannt.