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Veröffentlicht am 12.08.2019

Einige Schwächen, wenige Highlights

Als wir im Regen tanzten
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Eine Zeit zwischen den Kriegen, eine Zeit voller Konflikt, voller Elend. Gesellschaftlicher Wandel, Antisemitismus, Radikalisierung. Viele Romane widmen sich der grauenvollen Zeit ab Hitlers Machtergreifung, ...

Eine Zeit zwischen den Kriegen, eine Zeit voller Konflikt, voller Elend. Gesellschaftlicher Wandel, Antisemitismus, Radikalisierung. Viele Romane widmen sich der grauenvollen Zeit ab Hitlers Machtergreifung, doch Michaela Saalfeld zeigt in ihrem Roman „Als wir im Regen tanzten“ die schockierenden Entwicklungen vorab.

Die schöne Recha wird als Stummfilmstar langsam von der Leinwand verdrängt und muss sich zunehmend dem Antisemitismus ihrer Kollegen stellen. Ihr Ehemann Willi hat die Ereignisse aus dem Ersten Weltkrieg noch nicht verarbeitet und hat auch als Regisseur seinen Weg noch nicht gefunden. Rückläufige Einnahmen, mittelmäßige Geschichten, der wachsende Druck von Seiten der judenfeindlichen Mitglieder der Filmgesellschaft, der unerfüllte Kinderwunsch. Nach und nach entfernen sich beide nicht nur von ihrem alten Erfolg, sondern auch voneinander.

Willis Schwester Felice, die erste Anwältin der Weimarer Republik, hat derweil mit ganz anderen Sorgen zu kämpfen. Sie soll ihre Pflegekinder nach zehn Jahren an deren Mutter, ihre aus dem Gefängnis entlassene Schwester Ille, zurückgeben und kämpft verzweifelt für Recht, das noch nicht geschrieben ist.

Wohin man tritt stößt man auf Geschichten, hatte Quintus einmal gesagt. Man ist nur meistens zu beschäftigt mit der eigenen, um ihnen nachzuspüren.

Mich hat an diesem Roman allem voraus die außergewöhnliche Auswahl der Zeitspanne begeistert. Zweite Weltkriegs – Romane gibt es wie Sand am Meer und auch der Erste Weltkrieg erfährt viel rückwirkende Aufmerksamkeit, aber hier geht es um die Zeit dazwischen. Mit viel Liebe zum Detail sind der politische und gesellschaftliche Wandel so in die Geschichte verwebt, dass es Spaß macht mehr zu erfahren. Man spürt das Know How der Autorin auf jeder Seite.

Ich brauchte einige Seiten Eingewöhnungszeit, bis ich mich an den etwas umständlichen Schreibstil und die doch recht zahlreichen Ausschweifungen gewöhnt hatte. Je mehr ich las, desto weniger konnte ich das Buch aber zur Seite legen und genoss die nahezu kunstvolle, geistreiche Sprache immer mehr.

Der größte Kritikpunkt liegt für mich aber in der Geschichte selbst. Die Figuren bleiben weitgehend eher farblos, wenig nachvollziehbar und unsympathisch. Schade. Lediglich die leidenschaftliche Kämpferin Felice, ihr charmanter Mann Quintus und deren zuckersüße Kinder, allen voran der kleine Luftschifffanatiker Anton, sind mir ans Herz gewachsen. Die eigentliche Nebenhandlung war für mich daher wesentlich spannender, als die Geschichte um den deutschen Film, die hier groß angekündigt wurde und für mich schlecht umgesetzt war. Es ging kaum um die deutsche Filmgeschichte allgemein, sondern immer wieder nur um einen fiktiven Film, das habe ich anders erwartet und war daher enttäuscht. Recha und Willi sind zu verschlossen und unnahbar um eine Beziehung zu ihnen aufbauen zu können, obwohl ihre persönlichen Erlebnisse trotzdem spannend sind. Hier wäre so viel Potential für eine herzergreifende Story gewesen, aber leider konnte die Autorin die Emotionen nur schlecht vermitteln. Entwickelte sich ein Ereignis in eine spannende Richtung wurde das Ganze zumeist von einer widersprüchlichen Charakterentwicklung und fehlender Logik begleitet.

Wichtig zu erwähnen ist auch, dass es sich hier um den zweiten Teil einer Reihe handelt, deren Bücher auch unabhängig voneinander gelesen werden können. Ich kannte den ersten Teil nicht. Dennoch war das Buch für mich interessant und spannend und auch wenn es seine Schwächen hatte.

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  • Cover
  • Erzählstil
  • Geschichte
  • Figuren
Veröffentlicht am 02.06.2019

Perfekt für entspannte Stunden

Dein Herz vergisst nicht
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„Du kannst jemanden nicht an einem Tag lieben und am nächsten nichts mehr für ihn empfinden.“

Mit „Dein Herz vergisst nicht“ gelingt Jodi Perry ein netter Roman für entspannte Stunden.

Die Liebesgeschichte ...

„Du kannst jemanden nicht an einem Tag lieben und am nächsten nichts mehr für ihn empfinden.“

Mit „Dein Herz vergisst nicht“ gelingt Jodi Perry ein netter Roman für entspannte Stunden.

Die Liebesgeschichte rund um Jenna und ihre Jugendliebe Braxton scheint perfekt, seit sie Kinder waren sind beide ein Traumpaar und nun sogar frisch verheiratet. Doch ein Autounfall, der Jemma jede Erinnerung an ihr Leben nimmt, reißt beide je von Wolke sieben. Für Braxton steht fest, so einfach gibt er diese Frau nicht auf und beginnt ihr Briefe zu schreiben, die Jemma die außergewöhnliche Beziehung der beiden nochmal erleben lässt.

Der große Fokus des Buches liegt also auf den Briefen, was durch den Originaltitel „19 Letters“ noch besser zur Geltung kommt, weshalb ich mir auch auf dem Cover einen Bezug dazu gewünscht hätte. Von Beginn an sind die Briefe sehr emotional und wunderschön, man fühlt als Leser jedes geschriebene Wort mit. Perry schreibt insgesamt sehr leichtgängig, sodass die Zeit wie im Flug vergeht und man nur so durch die Seiten rast. Auch die beiden Hauptfiguren sind sehr sympathisch, gerade Braxton scheint der ultimative Mister Perfect zu sein. Bei den wenigen Nebenfiguren fehlt es mir etwas an Tiefe. Sie scheinen eher ein Mittel zum Zweck zu sein, was man aber zugunsten der großartigen Liebesgeschichte verschmerzen kann.

„Ich habe die Macht, mich nicht nur selbst neu zu erfinden, sondern mein eigenes Ende zu schreiben.“

Genau daran fehlt es dem Roman meiner Meinung nach. Neben der Tatsache, dass die Amnesie nur als Mittel zum Zweck genutzt wird, ohne dass man näheres dazu erfährt (medizinisch, psychologisch, therapeutisch o.ä.), erlebt der Leser keine Frau, die ihr Leben selbst in die Hand nimmt. Jemma ist während des gesamten Romans sehr fremdbestimmt. Sie trifft kaum eigene Entscheidungen und entdeckt die Welt nicht neu. Vielmehr bewegt Jemma sich in dem Rahmen, den Braxton ihr durch die Briefe gibt, ohne jemals etwas anderes auszuprobieren. Die Welt ist voller verrückter, spannender Dinge, warum hat sie daran kein Interesse? Egal, ob es die Vergangenheit oder Gegenwart betrifft, alles basiert einzig und allein auf den Briefen, was ich etwas schade finde. Auch ihre Zukunft spielt hier gar keine Rolle. Jemma ist nach dem Unfall arbeitslos, hat außer Braxton und Rachel keine Freunde, ihre Familie ist zerrüttet und sie hat keinerlei Hobbies oder Interessen, aber dennoch bleibt Jemma desinteressiert und teilnahmslos.

Für mich eine gelungene, leichte Lektüre für zwischendurch, die einlädt von der großen Liebe zu träumen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 17.03.2019

Hier liegen Freud' und Leid' ganz nah beeinander

Good Luck Chuck
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Wie viele Schicksalsschläge können einen Menschen treffen und was braucht es um ihn aus seiner Misere zu retten?

Peter Pastuszek taucht mit seinem Erstlingswerk „Good Luck Chuck“ in die Abgründe einer ...

Wie viele Schicksalsschläge können einen Menschen treffen und was braucht es um ihn aus seiner Misere zu retten?

Peter Pastuszek taucht mit seinem Erstlingswerk „Good Luck Chuck“ in die Abgründe einer Seele ein und erzählt in dem in Eigenregie veröffentlichten Roman eine ganz besondere Liebesgeschichte.

Der junge, stark depressive David bekommt die vernichtende Diagnose Krebs und beschließt statt eine Chemotherapie zu machen, sich einen letzten Traum zu erfüllen. Eine Reise nach New York. Dort angekommen trifft er auf die quirlige Coco, die sich nicht nur als seine Reiseleiterin versucht, sondern auch alles daran setzt den stillen, in sich gekehrten Mann aus seinem Schneckenhaus zu locken.

Die Story war für mich von Beginn an fesselnd, sodass ich eigentlich kaum aufhören konnte zu lesen. Auch wenn es die Geschichte die eigentlich eher unangenehmen Themen Depression und Krebs beinhaltet, wirkt die Story durch den intelligenten, leichtfüßigen Humor doch nicht zu schwer und der Fokus bleibt stets auf der Lovestory. Pastuszeks Schreibstil ist leicht und bildlich und regt dadurch sofort das eigene Kopfkino an. So macht mir das Lesen schon einmal Spaß.

Außerdem für mich die größte Stärke des Buches: die Charaktere. Auch wenn mir das Thema Depressionen zu Beginn völlig fremd war, war mir David sofort sympathisch. Durch die bildliche Sprache ist es leicht seine traurigen Gedanken nachzuvollziehen und mit David zu leiden. Dazu war Coco ein toller Gegensatz, mit ihrer eigenwilligen, chaotischen Art und ihrem besonderen Humor. Sie ist wunderbar erfrischend und es ist spannend zu verfolgen, was sie sich alles ausdenkt, um David immer aufs Neue herauszufordern und mit ihrer unbedarften Art zu verzaubern. Wenn es etwas gibt das beide beherrschen, dann ist das auf jeden Fall Romantik.

Mein einziger Kritikpunkt wäre, dass mir der faktische Hintergrund, gerade bei den Szenen, die die Krankheiten betreffen, teilweise etwas dünn war und gerade der Krebs ziemlich beschönigt auf mich gewirkt hat. Ich hätte mir da etwas mehr Tiefgang und vorherige Recherche gewünscht. Im Großen und Ganzen tut es dem Lesevergnügen aber keinen Abbruch.

Mein Fazit: Jeder der auf Romantik steht und außergewöhnliche Hauptfiguren mag, ist mit „Good Luck Chuck“ gut beraten. Ich habe das Buch genossen und war von Beginn an vollkommen abgetaucht in die Story der beiden. Von meiner Seite aus gibt es zwei Daumen hoch, klare Kaufempfehlung.

Veröffentlicht am 17.03.2019

Sorgsam durchdachtes Drama trifft slapstickhaften Roadtrip

Das Gewicht eines Pianos
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Mit Chris Canders Roman „Das Gewicht eines Pianos“ geht der Leser auf die große Reise eines ganz besonderen Klaviers.

Los geht es mit der Russin Katya, die als junges Mädchen ihre Liebe zur klassischen ...

Mit Chris Canders Roman „Das Gewicht eines Pianos“ geht der Leser auf die große Reise eines ganz besonderen Klaviers.

Los geht es mit der Russin Katya, die als junges Mädchen ihre Liebe zur klassischen Musik entdeckt und daher ein Blüthner, ein deutsches Klavier, vererbt bekommt. Während sie sich im Laufe der Jahre zu einer talentierten Frau entwickelt, begleitet das Blüthner sie wohin sie auch geht. Bis eines Tages ihr Ehemann beschließt Russland zu verlassen. Doch wie soll eine Flucht gelingen mit diesem Gepäck?
Währenddessen begleiten wir auch Clara, die auf einem etwas anderen Roadtrip ihre persönliche Verbindung zum Blüthner, das sie als Mädchen von ihrem Vater bekam, auf die Probe stellt.
Beide verbindet das Klavier, doch trennt sie die Zeit.


Ich bin Fan von Romanen mit zwei Erzählsträngen, speziell wenn einer der beiden in der Vergangenheit liegt, deswegen hat mich das Buch erstmal angesprochen. Allerdings muss ich in diesem Rahmen auch leider beide Teile separat bewerten.

Katya ist von Beginn an eine interessante Erscheinung. Ihre Liebe zur Musik, die enorme Bindung zu diesem Piano und ihr großes Herz wirkt sofort sympathisch. Gerade die Tatsache, dass ihr Leben alles andere als leicht ist und sie mit vielen Schwierigkeiten kämpfen muss, seien es die Flucht aus Russland oder ihr gewalttätiger Ehemann, machen sie interessant und die Geschichte spannend.

Clara ist für mich leider der Schwachpunkt des Romans. Sie ist nicht besonders tiefschürfend dargestellt. Während man mit Clara durch das Death Valley fährt und ihr Blüthner verfolgt, ist es mir nahezu unmöglich gewesen eine Verbindung zu ihr aufzubauen. Ihre Handlung ist langweilig und führt ins nichts und ihr Charakter ist mir zu schwach ausgearbeitet. Deshalb bleibt Clara mir bis zum Schluss als langweilige, nichtssagende, egozentrische Frau im Kopf, die pausenlos nichts anderes tut, als sich selbst an erste Stelle zu setzen und ihr Umfeld nahezu unverschämt zu behandeln. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal eine Figur so wenig mochte.

Insgesamt haben mir Katyas Passagen also gut gefallen, wurden aber durch Clara zwischendrin immer wieder gestört. Zwischendrin war mir auch der Schreibstil Canders oft zu distanziert und analytisch, wo ich mir mehr emotionale Tiefe und Einfühlungsvermögen gewünscht hätte.


Obwohl mich einer der Handlungsstränge nicht überzeugen konnte, war es dank Katya doch ein nettes Buch für zwischendurch, das ich trotz allem ganz gern gelesen habe.

Veröffentlicht am 16.04.2024

Traumdeutung, Familienfehden, Enemies-to-Lovers - muss man noch mehr sagen?

Vengeance (Academy of Dream Analysis 1)
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Traumdeutung, Familienfehden, Enemies-to-Lovers - muss man noch mehr sagen?

Nemesis von Winther muss ihre Prioritäten ordnen. Als neue Studentin der Academy of Dream Analysis gilt es nicht nur schulische ...

Traumdeutung, Familienfehden, Enemies-to-Lovers - muss man noch mehr sagen?

Nemesis von Winther muss ihre Prioritäten ordnen. Als neue Studentin der Academy of Dream Analysis gilt es nicht nur schulische Erfolge einzufahren, um sich vor der eigenen Familie zu beweisen. Nach dem Tod ihres Bruders sucht sie Rache. Ihr Ziel: die Direktorin der Academy. Wenn da nicht deren verführerischer Neffe wäre, der Nemesis schon beim ersten Kennenlernen klar zu verstehen gibt, sie ist die Frau seiner Träume.

Eigentlich muss man gar nichts weiter ausführen. Der Inhalt ist so enorm packend. Die Parallelwelt, die hier konstruiert wird ist perfekt durchdacht und wirkt vollständig realistisch. Kleine Schockmomente und fesselnde Enthüllungen zwischendrin lassen die Spannung beständig wachsen. Sogar der Umstand, dass man auf den ersten Seiten bereits genau erfährt, in welche Richtung die Lovestory geht, macht es nicht weniger spannend. Denn anders als bei anderen Romantasies ist diese hier nicht das zentrale Element der Geschichte, sondern entwickelt sich langsam und untermalt den Zwiespalt zwischen ihrer Familie und der Academy, in dem Nemesis steckt. Jede Figur erhält einen umfangreichen Background und auch aktuelle Quirks und Eigenschaften, die eine perfekte Balance schaffen, ohne sperrig zu wirken. Begleitet wird die Story immer wieder durch die Unterrichtseinheiten, die mir zum ersten Mal seit Hogwarts das Verlangen entstehen lassen, selbst auf diese Schule gehen zu wollen.

Unbedingte Leseempfehlung! Hoffentlich kommt die Fortsetzung schnell.

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