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Veröffentlicht am 03.12.2022

Schaurig, leider nicht gruselig

Der mexikanische Fluch
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Was macht einen Roman zur Schauergeschichte? Silvia Moreno-Garcia zieht den Leser in Der mexikanische Fluch in die grauenerregenden Untiefen der menschlichen Verderbtheit.

Noemí ist besorgt. Ihre Cousine ...

Was macht einen Roman zur Schauergeschichte? Silvia Moreno-Garcia zieht den Leser in Der mexikanische Fluch in die grauenerregenden Untiefen der menschlichen Verderbtheit.

Noemí ist besorgt. Ihre Cousine heiratet einen Fremden, zieht mit ihm fort und schreibt nun rätselhafte Briefe. Catalina geht es nicht gut. Das Leben auf High Place setzt ihr zu. Sie verliert den Verstand. Sie braucht Hilfe und es ist an Noemí herauszufinden, was in dem ominösen, alten Herrenhaus vor sich geht.

Eine Reise durch die Zeit bei der die Seiten nur so verfliegen und man schnell weiterlesen will, um zu erfahren, was in diesem seltsamen Haus mit seinen seltsamen Bewohnern vorgeht.

Noemí ist als Hauptfigur die Einzige, die wirklich Leben versprüht und Schwung in die Handlung bringt. Alle anderen Charaktere erscheinen nahezu wie ferngesteuerte Zombies, was wider Erwarten doch den Reiz der Story ausmacht. Man tappt als Leser gemeinsam mit Noemí im Dunkeln versucht das Rätsel um das Anwesen und dessen Bewohner zu lüften. Die Atmosphäre bleibt die gesamte Zeit schaurig, jedoch nie wirklich gruselig oder unheimlich.

Erst sehr spät kommt man dem Geschehen schließlich auf den Grund, wobei leider der Bezug zum Titel vollständig verloren geht. Von einem Fluch kann kaum die Rede sein. Der Originaltitel „Mexican Gothic“ erscheint dagegen als die weitaus treffendere Wahl.

Alles in allem war die Spannung gegeben, das Ende jedoch leider enttäuschend.

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Veröffentlicht am 02.10.2022

Fremde Welt

Die Stimme meiner Schwester
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Geschichte und fremde Kulturen kennenlernen – so die Intention, als ich „Die Stimme meiner Schwester“ von Itamar Vieira Junior zu lesen begonnen habe.

Beim Spielen finden Bibiana und Belonísia unter dem ...

Geschichte und fremde Kulturen kennenlernen – so die Intention, als ich „Die Stimme meiner Schwester“ von Itamar Vieira Junior zu lesen begonnen habe.

Beim Spielen finden Bibiana und Belonísia unter dem Bett ihrer Großmutter einen alten Koffer, darin eingewickelt ein großes Messer. Im Rausch dieser Entdeckung ereignet sich ein tragischer Unfall: Eine der Schwestern verliert ihre Zunge, die andere ersetzt fortan ihre Stimme.
Noch in der Mitte des 20. Jahrhunderts spricht Großmutter Donana mit den Toten, der Vater ist ein angesehener Geistheiler. Dieser Welt stellt sich Bibiana entgegen, als sie mit ihrem Geliebten das Dorf verlässt, und Belonísia, indem sie sich gegen die Schläge des ihr zugewiesenen Mannes wehrt.

Zugegeben, war es für mich zunächst schwierig in den Roman zu finden. Einige Längen zwischendrin machten es mir teils schwer am Ball zu bleiben, ABER dran bleiben lohnt sich.

Die Entwicklung und das Erwachsenwerden der Schwestern zu verfolgen, in einer Welt, die einem als Deutsche sehr fremd erscheint, ist spannend. Die untergeordnete Rolle der Frau innerhalb der Gemeinschaft und auch deren Beziehung zum männlichen Geschlecht, zwingt die beiden recht verschiedenen Schwestern dazu, mit Konventionen zu brechen und ihren eigenen Weg zu finden.

Die Schilderungen der Dorfgemeinschaft, des Glaubens, der Landarbeit und der Natur, in denen die Protagonisten zu Hause sind, sind in einer wunderschönen Sprache beschrieben. Es zeichnen sich sofort Bilder vor dem inneren Auge.

Insgesamt eine Geschichte, die mich berührt hat und mir die Tür einen winzig kleinen Spalt breit zu einer „anderen“ Welt öffnen konnte.

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Veröffentlicht am 29.07.2020

Entspannte Stunden auf dem Land!

Die Liebe kommt auf Zehenspitzen
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Endlich raus aus der Großstadt und rein ins deutsche Dorfleben! Kristina Günak nimmt uns in „Die Liebe kommt auf Zehenspitzen“ mit in ein idyllisches und dennoch keineswegs einfaches Abenteuer auf dem ...

Endlich raus aus der Großstadt und rein ins deutsche Dorfleben! Kristina Günak nimmt uns in „Die Liebe kommt auf Zehenspitzen“ mit in ein idyllisches und dennoch keineswegs einfaches Abenteuer auf dem Land.

Ganz unverhofft erben Autorin Lucy, die an einem Liebesroman schreibt, und Klinikarzt Ben, der an Panikattacken leidet, einen alten Bauernhof. Nur dumm, dass sie sich eigentlich nur flüchtig kennen. Aber weil Lucy dringend eine Bleibe und Ben eine Auszeit braucht, ziehen sie in die ländliche Idylle eines kleinen Dorfs. Gemeinsam, aber nur als Freunde, versteht sich, und bloß auf Zeit. Doch das Leben hat andere Pläne mit ihnen ...

Wer zuvor schon einmal einen Roman von Kristina Günak gelesen und geliebt hat (so wie ich) wird auch hier definitiv nicht enttäuscht werden, doch auch wer zum ersten Mal von ihr liest hat gute Chancen auf eine neue freudebringende Konstante im Bücherregal willkommen heißen zu dürfen.
Die Story zeichnet sich durch eine entspannte und harmonische Atmosphäre aus. Obwohl man das Leben auf dem Land vorab als langweilig abstempeln könnte zeigt sich hier, dass dem nicht so ist. Gesellig, freundlich, fröhlich, warm. Auch die Liebesgeschichte ist hier etwas anders als gewöhnlich. Während in anderen Romanen die Hauptfiguren lange umeinander her tänzeln bis zum großen AHA!-Erlebnis und sich dann nie mehr trennen ist dies hier ein wenig anders. Denn es gibt kein großes Knall-Bumm-Peng, sondern eine Freundschaft, Vertrautheit und Liebe die sich langsam aufbaut. Gerade die kleinen Geheimnisse, die Ben mit in die Geschichte bringt und der Generationenclash mit den Senioren des Dorfes bringen die gehörige Spannung. Und als wäre das alles nicht schön genug gibt es auch noch den heimlichen Liebling des Buches, den ängstlichen Schäferhund Helmut (Helmut!), der den Turteltäubchen auf die Sprünge hilft.
Einen Punkt Abzug, da ich einen Sommerroman erwartet habe und dann in einem Schneesturm aufgewacht bin. Die Handlung zieht sich über ein Jahr, aber wären die Jahreszeiten nicht ausdrücklich erwähnt könnte die Story auch in einem Monat stattfinden.

Insgesamt Daumen hoch! Eine schöne, leichte Sommerlektüre. Perfekt um ein paar schöne Stunden mit dem Hund und einer kühlen Limo auf der Terrasse zu verbringen.

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Veröffentlicht am 07.04.2020

Gewohnt schön

Happy Ever After – Wo das Glück zu Hause ist
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Man nehme eine Frau vor den Trümmern ihrer Existenz, ein unscheinbares Hobby und ein Fleck Erde im schottischen Niemandsland – und geboren ist ein neuer Jenny Colgan Roman. So ist von ihrem dritten Reihenstart ...

Man nehme eine Frau vor den Trümmern ihrer Existenz, ein unscheinbares Hobby und ein Fleck Erde im schottischen Niemandsland – und geboren ist ein neuer Jenny Colgan Roman. So ist von ihrem dritten Reihenstart „Wo das Glück zu Hause ist“ als Auftakt der „Happy Ever After“-Reihe zwar keine große Überraschung zu erwarten, aber ein gelungener Wohlfühlroman.

Nina wollte schon immer nichts mehr als Bücher an den Mann zu bringen oder an die Frau oder an Kinder, einfach an jeden. Als sie jedoch ihren Arbeitsplatz in der Bibliothek verliert entschließt sie sich kurzerhand einen alten Laster zu kaufen und in einer mobilen Buchhandlung Lesestoff ins ländliche Schottland zu bringen. In ein Gebiet voller Männer.

Zu Anfangs macht das Buch etwas Mühe zu lesen, es ist langatmig und man kommt gemeinsam mit Nina nicht wirklich vom Fleck, doch nach und nach lernt man immer mehr sympathische Figuren kennen und fühlt sich stellenweise selbst wie im Urlaub in der schottischen Idylle. Auch die Verbindung zur Literatur wird sicher jedem Bücherfan das Herz höherschlagen lassen. Vielleicht ist Nina gerade deshalb so nachvollziehbar, weil sie doch nichts sehnlicher will als die Liebe finden und gute Bücher. Etwa nach der Hälfte nimmt die Geschichte dann an Fahrt auf. Nina ist angekommen und findet sich zwischen zwei Männern mit denen es jedoch nicht so richtig klappen will.
Gerade wenn man vorherige Bände von Jenny Colgan kennt erwarten den Leser hier wenig Überraschungen. Sie bleibt ihrem Stil treu und liefert uns, was sie zu Beginn des Buches verspricht: Einen Ort zum Wohlfühlen, wo alles gut ist.

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Veröffentlicht am 28.02.2020

Faszinierend - ein sprachliches Meisterwerk

Das Evangelium der Aale
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Von der Sargassosee hinaus in die Welt. Patrik Svensson schwimmt in „Das Evangelium der Aale“ mit den Aalen und bringt dem Licht ins Dunkel um den wohl verkanntesten Fisch unserer Gewässer.

„Nie in seiner ...

Von der Sargassosee hinaus in die Welt. Patrik Svensson schwimmt in „Das Evangelium der Aale“ mit den Aalen und bringt dem Licht ins Dunkel um den wohl verkanntesten Fisch unserer Gewässer.

„Nie in seiner Kindheit war Patrik Svensson seinem Vater so nah wie beim Aalfischen. Als Erwachsener stellt er fest: Der Erinnerung an seinen Vater kommt er nicht auf die Spur, ohne nach dem Fisch zu suchen, der sie miteinander verband – und über den wir bis heute erstaunlich wenig wissen. Poetisch und spannend entwirft Svensson eine Natur- und Kulturgeschichte der Aale, von Aristoteles und Sigmund Freud über Günter Grass bis zu Rachel Carson, und verbindet sie mit seiner persönlichen Geschichte. Auf verschlungenen Wegen wird das Rätsel des Aals zum Bild für das Leben selbst. Und Das Evangelium der Aale zu einer großen, umwerfenden Erzählung über ein sonderbares Tier und ein Leben auf der Suche.“

Dies verspricht der Klappentext, doch ist diese groß angekündigte persönliche Verbindung Svenssons leider nicht viel mehr als „und dann war ich mit meinem Vater angeln und Mutter musste die Aale zubereiten“. Über weite Strecken relativ nichtssagend und langweilig. Ein Lückenfüller ohne echten Mehrwert für das Buch, schade, denn hier hätte für mich der absolute Pluspunkt stecken können.

Da die Kapitel aber nur teils Svensson und seinen Vater betreffen und die restlichen Kapitel sich einzig und allein dem Aal widmen, kann das Buch doch noch punkten. Mit unfassbaren Fakten, schlau und wortgewaltig geschrieben verbindet Svensson hier die Geschichte des Aals mit der der Menschen. Sowohl das enorme Wissen, dass hier zu einem (mir zuvor) weitgehend unbekannten Gebiet super anschaulich vermittelt wird ist dabei überraschend, manchmal schockierend und manchmal bringt es zum Schmunzeln. Aale, die sich nicht fortpflanzen können sondern einfach geschlechtslos aus dem Schlamm entstehen – tatsächlich eine sehr frühe Theorie zur Entstehung der Aale, die aus heutiger Sicht einfach nur noch amüsant wirkt. Das unschlagbare Highlight ist aber die Sprache. Gerade bei einem Sachbuch eine nahezu poetische Sprache vorzufinden, die derart geistreich mit den Worten spielt und so aus kleinen Details ein großes Ganzes schafft, ist außergewöhnlich. Ein sprachliches Meisterwerk!

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