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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.09.2019

Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht...

Vater unser
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In Vater Unser wird die Ich-Erzählerin Eva Gruber in eine psychiatrische Klinik gebracht. Begleitet von Polizisten kommt sie dort an und sofort erkennt sie in einem Patienten ihren Bruder Bernhard. Sie ...

In Vater Unser wird die Ich-Erzählerin Eva Gruber in eine psychiatrische Klinik gebracht. Begleitet von Polizisten kommt sie dort an und sofort erkennt sie in einem Patienten ihren Bruder Bernhard. Sie wird von einem Arzt, dem Psychiater Korb therapiert und während der Gespräche versucht sie immer wieder, ihn zu manipulieren. Und nicht nur ihn. Auch Mitpatienten und Pfleger sind ihre Opfer. Sie beschreibt den Alltag in der Psychiatrie und wie sie die Menschen außerhalb der Klinik sieht. Immer wieder blickt sie zurück auf ihre Kindheit und das Leben mit Vater und Mutter.

Für mich war das Buch zu verwirrend. Die Hauptperson Eva lügt zwar immer wieder, aber nur selten war mir klar, was nun gelogen war und welche Ereignisse der Wahrheit entsprachen. Wurde sie aufgrund eines Diagnosefehlers eingeliefert oder wollte sie es gar selber? Was geschah mit Bernhard und welche Rolle spielen die Eltern in dem Stück? Viele Fragen, die für mich nicht beantwortet wurden. Das Leben in der Psychiatrie schildert die Autorin recht gut. Die üblichen Gruppentreffen mit ihren skurrilen Aufgaben oder der Frühsport am Morgen, der ebenfalls zur seelischen Gesundheit beitragen soll, hat sie treffend beschrieben. Dennoch, die Art von Eva gefällt mir nicht und ich habe lieber eine Geschichte, die ich auch tatsächlich nachvollziehen kann.

Das Cover ist gut gewählt. Zeigt es sich doch laut und aufdringlich, zudem hebt es sich wohltuend von den momentan üblichen Covergestaltungen ab. Wer eigenwillige Literatur bevorzugt, der wird gefallen an dem Buch finden.

Veröffentlicht am 17.05.2019

Bewegtes Leben auf einer schottischen Insel

Hochzeit in der kleinen Sommerküche am Meer
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Hochzeit in der kleinen Sommerküche am Meer ist der zweite Band über die Insel Mure und ihrer Bewohner. Hier spielt vor allen Dingen Flora mit ihrer Familie und ihren Freunden eine Rolle. Sie kehrte nach ...

Hochzeit in der kleinen Sommerküche am Meer ist der zweite Band über die Insel Mure und ihrer Bewohner. Hier spielt vor allen Dingen Flora mit ihrer Familie und ihren Freunden eine Rolle. Sie kehrte nach dem Tod ihrer Mutter in die Heimat zurück und gab ihre gute Stelle in London auf. Trotz aller Unkenrufe wird sie rasch heimisch und fühlt sich ausgesprochen wohl. Zumal ja auch ihr ehemaliger Chef auf die Insel zieht. Dennoch ist Flora nicht wirklich glücklich. Zu viele Ereignisse rauben ihr den letzten Nerv und auch ihr Freund Joel spielt dabei eine wesentliche Rolle.

Nein, es ist kein schlichter Liebesroman sondern ein Buch mit Tiefgang. Die Autorin beschreibt die Schwierigkeiten von Flüchtlingen in einem fremden Land Fuß zu fassen. Hier ist es ein Arzt, der seine Familie zurückließ um ihnen erst ein Zuhause bieten zu können, bevor er sie nachholt. Werden die beiden Söhne Freunde finden und können sie ihre Traumen vergessen? Wie verhalten sich die älteren Insulaner, wenn sie von einem dunkelhäutigen Arzt untersucht werden?

Die Vergangenheit Joels ist für ihn ebenfalls nicht einfach zu vergessen. Seine Traumen belasten die Beziehung zwischen ihm und Flora. Sie muss viel Geduld haben und weiß trotzdem nicht, ob er sich ihr gegenüber tatsächlich öffnet. Dann ist da auch die Frage wie die Inselbewohner reagieren, wenn ihr Bruder seine große Liebe, einen Mann, heiratet. Wie geschrieben, ein Buch mit Tiefgang und großen Emotionen. Leicht zu lesen und in sich abgeschlossen. Es ist nicht zwingend erforderlich, vorher den ersten Band zu lesen.

Im Anhang gibt es auch noch einige Rezepte, die leicht nachzukochen und -backen sind. Es sind alte Schottische Leckereien und sie sind köstlich.

Veröffentlicht am 24.03.2019

Eine gelungene Beschreibung der Zustände im 20.Jahrhundert

Bella Ciao
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Bella Ciao ist ein Roman, in dem es zunächst um drei Hauptfiguren geht. Giulia, Pietro und Anita leben in einer Kleinstadt in Italien und sind seit Kindheitstagen befreundet. Die drei treffen sich regelmäßig ...

Bella Ciao ist ein Roman, in dem es zunächst um drei Hauptfiguren geht. Giulia, Pietro und Anita leben in einer Kleinstadt in Italien und sind seit Kindheitstagen befreundet. Die drei treffen sich regelmäßig zum Spielen und später gehen sie gemeinsam zum Tanzen. Allen ist klar, dass Giulia und Pietro heiraten. Die Verlobung fand bereits statt und Hochzeitspläne werden gemacht. Die beiden Frauen arbeiten in einer Fabrik, der Seidenspinnerei Salvi und machen mit beim Streik. Wie alle Arbeiterinnen wollen sie mehr Geld und mehr Sozialleistungen. Bei einer Versammlung, die der Besitzer der Firma leitet, verrät Anita ihre beste Freundin Giulia zum ersten Mal. Sie geht zum Treffen, bei dem laut Giulia nur Streikbrecher zugegen sind. Dabei hatten sich beide geschworen, dass sie gemeinsam und bis zum bitteren Ende streiken würden.

Das endgültige Aus der Freundschaft fand am 14.02.1901 statt. An dem Tag sieht Giulia, wie ihr Verlobter und Anita gemeinsam einen Weg entlang kommen und sich zum Abschied küssen. Sofort erkennt sie, dass die beiden nicht nur ein Verhältnis haben, sie ist überzeugt davon, dass sie sich lieben. Nichts hält Giulia mehr in ihrem Heimatort. Zu ihrer Mutter hat sie kein gutes Verhältnis und der Vater ist tot. Völlig überstürzt packt sie ein paar Sachen sowie Geld und flüchtet zu Fuß zum nächsten Hafen. Von dort bucht sie eine Reise ohne Wiederkehr, sie immigriert nach Amerika.

45 Jahre nach der Flucht besucht Giulia mit ihrem Sohn Michael Europa, da dieser neue Geschäftskontakte knüpfen möchte. Sie selbst verlebt einige Tage in ihrem Heimatort Borgo di dentro. Eigentlich möchte sie ja erfahren, was aus ihren damaligen Freunden geworden ist. Sie ist hin- und hergerissen und ob sie tatsächlich mutig genug für diesen Schritt ist, bleibt spannend.

Die Autorin beschreibt in ihrem Buch Bella Ciao das Leben zur Zeit des ersten Weltkrieges an der Front und in der Heimat. Danach folgen Rezession und Geldentwertung und auch in Italien wächst der Faschismus. Erläutert wird ebenfalls, wie sich das Leben der Freunde sowohl in Italien als auch in Amerika entwickelt. Interessant war für mich auch die präzise Darstellung der Situation europäische Immigranten in Amerika. Bereits damals durften längst nicht alle in das vermeintlich „gelobte Land“ einreisen. Auch die Schwierigkeiten, denen die Juden dort ausgesetzt waren, sind deutlich zu erkennen.

Kein Buch zum nebenher schmökern. Der Leser muss schon aufpassen, damit er nicht den Faden verliert. Das war für mich anfangs schwierig, da die Autorin von Italien nach Amerika, dann wieder an die Front wechselt. Auch die Übergänge vom Jetzt zur Zeit des 1. Weltkrieges und dann wieder zu den Zuständen danach, machen das Lesen nicht leicht. Aber es lohnt sich dranzubleiben. Es ist keine übliche Saga sondern recht anspruchsvoll. Kurzum ein Buch, welches sich zu lesen lohnt.

Veröffentlicht am 04.03.2019

Mutig und brillant erzählt

Die Akte Rosenrot
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Es gehört sehr viel Mut und Zivilcourage dazu, wenn ein Autor das schreibt, was er von dem Mord an Agenten und deren Angehörigen hält. Sergei Wiktorowitsch Skripal und seine Tochter wurden in hinterhältiger ...

Es gehört sehr viel Mut und Zivilcourage dazu, wenn ein Autor das schreibt, was er von dem Mord an Agenten und deren Angehörigen hält. Sergei Wiktorowitsch Skripal und seine Tochter wurden in hinterhältiger Weise ermordet. Die Briten wissen zwar genau, wer die Täter sind. Sie scheuen sich allerdings diese zu benennen und Herr Putin weist jede Schuld von sich. Dieses Ereignis war für die Autorin Astrid Korten Grund genug, einen Thriller über das Thema zu schreiben.

Im Thriller Die Akte Rosenrot ist es unter anderem der Profiler Ibsen Bach, der eine wichtige Person darstellt. Zudem spielt auch die Bloggerin Leonela Sorokin eine Rolle. Es geht um Misshandlungen an Kindern, die von Kirche und Staat nicht nur gedeckt sondern sogar gefördert wurden. Ibsen Bach erkennt im laufe der Zeit, dass er seiner Kindheit beraubt wurde. Kaum ein Erlebnis seiner Erinnerung ist real und selbst der Mord an seiner Frau scheint utopisch.

Die Akte Rosenrot glänzt nicht mit einem präzisen Verlauf der Handlung. Der Thriller wechselt zwischen Vergangenheit und Gegenwart und das war für mich anfangs verwirrend. Ich ließ mich aber darauf ein und das war gut so. Das Hin und Her in Zeit und Ort gehört dazu und die Story kann nur auf diese Weise erzählt werden. Mit einem Satz: Anfangs schwierig zu lesen, aber dranbleiben lohnt sich durchaus.

Veröffentlicht am 05.11.2018

Rasant bis zur letzten Seite

Gefahr von der anderen Seite
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Stets auf der Suche nach unbekannten Autoren, traf ich hier auf Mike Gorden. Sein Debütroman mit dem Titel „Gefahr von der anderen Seite“ ist eigentlich so gar nicht mein Genre. Sciense-Fiction Thriller ...

Stets auf der Suche nach unbekannten Autoren, traf ich hier auf Mike Gorden. Sein Debütroman mit dem Titel „Gefahr von der anderen Seite“ ist eigentlich so gar nicht mein Genre. Sciense-Fiction Thriller und dann auch noch ein Schuss Erotik? Nicht die Bücher, welche ich normalerweise lese. Aber ich ließ mich darauf ein und wurde nicht enttäuscht. Herr Gorden verstand es, die Charaktere langsam aufzubauen und das gilt auch für die Spannung. Eine schwule Romanze ist ebenfalls Teil der Erzählung und hat mich absolut nicht irritiert.
Ein verschwundener Professor, der undurchsichtige Geheimbund und ein Polizist, der auf sein Bauchgefühl hört, sind ebenfalls Personen, die hier vorkommen. Ja, es ist spannend und absolut nicht den Phantastereien eines Einzelnen geschuldet. Herr Gorden versteht etwas von Chemie und das merkt der Leser recht bald. Das ist interessant und zeugt keineswegs von Betriebsblindheit.
Mein Fazit lautet: Wer sich gut unterhalten fühlen, gleichzeitig etwas lernen und dann auch noch tolerant und nicht homophob ist, der sollte das Buch unbedingt lesen. Ach ja, Haarspalter, die auf den Gebrauch der „neuen Rechtschreibung“ bestehen, werden enttäuscht, da sie in dem Buch nicht angewendet wird.