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Veröffentlicht am 02.04.2024

Ein bewegendes Buch über die Kraft der Musik

Annas Lied
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Was er nie für möglich hielt, musste Yitzhak nun erleben. Er wurde von Juden hassenden Männern verprügelt. Dabei floh er doch mit seiner Frau Bruche vor diesen Unmenschen. Aus Polen kamen sie und fühlten ...

Was er nie für möglich hielt, musste Yitzhak nun erleben. Er wurde von Juden hassenden Männern verprügelt. Dabei floh er doch mit seiner Frau Bruche vor diesen Unmenschen. Aus Polen kamen sie und fühlten sich in Dänemark so sicher. Toleranz war für die Dänen kein Fremdwort, sie lebten diese. Und als dann auch noch der älteste Sohn sich den Wünschen seiner Eltern widersetzte, ruhten alle Hoffnungen auf dem jüngsten Kind, der kleinen Hanna (Anna).

Standesdünkel gab es also auch bei den jüdischen Einwohnern Kopenhagens. Warum wäre es sonst so sehr wichtig, dass die Kinder sich einen Partner nahmen, der gleichen Glaubens war? Anna gehorchte trotz Herzschmerzen ihren Eltern. Die hatten einen jüdischen Jungen aus Frankreich für sie ausgesucht. Dabei war sie so sehr verliebt in einen Anderen.

Das Lesen von „Annas Lied“ war für mich sehr emotional. Zu sehr litt ich mit der Hauptperson. Wie ausgeprägt war ihr Pflichtbewusstsein und wie wäre doch ihr Lebensweg verlaufen, hätte sie auf ihr Herz gehört. Der Autor ist Großneffe Annas und nahm Großtante Annas Leben als Grundlage für diesen Roman. Selbst Musiker, verwob er die Macht der Musik mit dem Geschehen in Annas Leben.

Dieses Buch lebt von Gefühlen, die durch anschauliche Sprache das Herz der Leser gefangen nimmt. Die Übersetzung durch Ulrich Sonnenberg hat einen großen Anteil daran. Ich lege dieses Buch allen Lesern ans Herz, die anspruchsvolle Literatur mögen.

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Veröffentlicht am 01.04.2024

"Ich lese, ich schreibe, also bin ich"

Eine Fingerkuppe Freiheit
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Im Mai 1816 leben im Dorf Coupvray 453 Einwohner. Einer davon ist der 7jährige Louis Braille. Ein aufgeweckter Junge, der trotz seiner Beeinträchtigung eine Schule besuchen durfte. Das war damals nicht ...

Im Mai 1816 leben im Dorf Coupvray 453 Einwohner. Einer davon ist der 7jährige Louis Braille. Ein aufgeweckter Junge, der trotz seiner Beeinträchtigung eine Schule besuchen durfte. Das war damals nicht selbstverständlich. Louis war blind und das Wort bzw. die Maßnahme „Integration“ gab es damals noch nicht. Gut, dass der Abbé sich für ihn einsetzte. Er beriet sich mit dem Grundschullehrer und Louis wurde eingeschult.

Was macht ein aufgeweckter, intelligenter Junge, der so gerne lesen und schreiben möchte? Das aber nicht vermag, da er blind ist? Er erfindet eine Schrift, die bis heute hervorragende Hilfe für ebenfalls Betroffene ist. Dabei hatte es Louis Braille keineswegs immer leicht sich zu behaupten. Das schildert der Autor in „Eine Fingerkuppe Freiheit“ ausführlich und eindringlich. Beim Lesen des Titels stellte sich für mich die Frage, was Freiheit bedeutet? Ist es das Recht auf freie Meinungsäußerung oder freie Berufswahl? Nein, für mich heißt es in erster Linie, dass ein Mensch ohne körperliche Einschränkungen durchs Leben gehen darf.

Im Anhang steht: „Das vorliegende Werk ist eine Hommage an diesen genialen Erfinder“. Das beschreibt in einem Satz, was ich beim Lesen empfand. Auch der Kampf von Braille, bis seine Schrift von sehenden Gelehrten anerkannt wurde, berührte mich. Schon damals war es also nicht selbstverständlich, dass Genies als solche anerkannt wurden. Meine Empfehlung gilt ohne Einschränkung. Und bitte beachten, dass dieses Buch auch in Blindenschrift angeboten wird.

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Veröffentlicht am 25.03.2024

Kadavergehorsam oder tiefe Religiosität?

Der rechte Pfad
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Nach dem Tod der Mutter lebt Benjamin mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Nachdem die ihn auch noch verließ und nach einem Unfall sein rechter Arm eingegipst wurde, fuhr er zu seinem Vater. In dem kleinen ...

Nach dem Tod der Mutter lebt Benjamin mit seiner Lebensgefährtin zusammen. Nachdem die ihn auch noch verließ und nach einem Unfall sein rechter Arm eingegipst wurde, fuhr er zu seinem Vater. In dem kleinen Ort herrscht noch immer eine strenge Religiosität. Das war schon so, als er hier die Ferien seiner Kindheit verbrachte. Zucht und Ordnung, das waren Vokabeln, die ihm stets präsent waren, wenn er daran dachte.

Es gibt Bücher, die erst nach mehrmaligem Lesen so recht zu verstehen sind. „Der rechte Pfad“ ist so ein Roman. Die Geschichte spielt in Welsum und wechselt zwischen dem Aufenthalt Benjamins als Erwachsener und Erlebnissen seiner Kindheit. Die strengen Regeln einer Religionsgemeinschaft werden aus Sicht des Kindes dargestellt. Es liest sich zuweilen recht humorig, so ist es aber keineswegs. Erstaunlich fand ich, dass es bis in die Gegenwart noch Menschen gibt, die sich den harten Geboten einer Glaubensgemeinschaft beugen.

Nein, „Der rechte Pfad“ konnte mich nicht mitnehmen. Mir fehlte der rote Faden und ich habe einige Fragen, die nicht beantwortet wurden. Ja, die Autorin schreibt über Kadavergehorsam gegenüber „Kirchenvätern“. Mir fehlen aber die Konsequenzen daraus. Was macht es mit Kindern und Jugendlichen, in solch einem Dorf aufzuwachsen? Welche Folgen hat es für sie selbst und ihre Nachkommen? Die Empfehlung von mir gilt nur sehr bedingt und knappe drei Sterne empfinde ich noch als wohlwollend.

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Veröffentlicht am 15.03.2024

Solider Krimi mit Tiefgang

Das Schweigen des Wassers
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Hat er nicht zu gleichgültig gehandelt? Das fragt sich Hauptkommissar Groth auf dem Weg nach Hause. Der junge Mann, der heute bei ihm war, geht ihm nicht aus dem Kopf. Barfuß und recht ungepflegt, das ...

Hat er nicht zu gleichgültig gehandelt? Das fragt sich Hauptkommissar Groth auf dem Weg nach Hause. Der junge Mann, der heute bei ihm war, geht ihm nicht aus dem Kopf. Barfuß und recht ungepflegt, das war er, der junge Herr Eck. Aber ist das ein Grund, ihn wegzuschicken? Schließlich fragte er nach Hilfe. Er fühle sich verfolgt, so meinte er. Und dann, wenige Stunden später, ist er tot. Jetzt weiß Groth genau, dass seine Reaktion nicht richtig war.

Groth kennt den Ort sehr gut. Er ist hier in Wechtershagen aufgewachsen und jetzt wurde er als „Aufbauhelfer Ost“ nach Mecklenburg beordert. Dann wird er mit einem lange zurückliegenden Fall konfrontiert. Schon bald hat er einen Verdacht, der eigentlich unglaublich, nein unmöglich ist. Aber war es nicht die „Wende“, die für Unglaubliches stand? „Das Schweigen des Wassers“ zeigt, welche Macht die Mitarbeiter der „Stasi“ damals hatten.

Es ist ein solider Kriminalroman, der sich aber arg in die Länge zieht. Das liegt unter anderem an den zahlreichen Verdächtigen und Spuren, die ins Leere laufen. Keineswegs handelt es sich um einen oberflächlichen Krimi. Zeigt er doch, wie sehr der äußere Schein Menschen beeinflussen kann. Und, dass gesellschaftliche Stellung zuweilen als Zünglein an der Waage zwischen Recht und Unrecht dient.

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Veröffentlicht am 13.03.2024

So nah liegen Glück und Leid nebeneinander

Eine leise Ahnung von Glück
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So langsam reicht es ihr. Louisas Geduldsfaden ist gerissen und sie ist am absoluten Tiefpunkt. Wieder mal hat ihr Vater eine Pflegerin vergrault. Mit seiner schlechten Laune, seinem Starrsinn. Dabei versprach ...

So langsam reicht es ihr. Louisas Geduldsfaden ist gerissen und sie ist am absoluten Tiefpunkt. Wieder mal hat ihr Vater eine Pflegerin vergrault. Mit seiner schlechten Laune, seinem Starrsinn. Dabei versprach Louisa ihrer Mutter, sie würde für ihn sorgen. Aber, wie sollte das gehen? Sie muss arbeiten und außerdem versteht sie sich absolut nicht mit ihm. Da kommt zufällig die rettende Lösung in Form der Nachbarin zur Tür hereinspaziert.

"Eine leise Ahnung von Glück" wird in zwei Zeitsträngen erzählt. Einmal im Heute, wo der Vater seine Tochter nervt und dann in der Vergangenheit, während des Zweiten Weltkriegs in Frankreich. Dem Buch liegen viele Stunden der Recherche zugrunde und das macht für mich einen guten Historischen Roman aus. Zudem ist er lebendig und anschaulich geschrieben.

So viele Bücher las ich bereits über diesen Zeitabschnitt und immer wieder stelle ich fest, dass ich überrascht werde. Immer wieder lese ich von Situationen, die mir bis heute fremd waren. Wie gut, dass es Autoren wie Kerstin Lange gibt. Die Situation der „Franzosenkinder“ wurde sehr lange erfolgreich verschwiegen. Gut, dass es mittlerweile Hilfen und Gruppierungen Gleichgesinnter gibt. Diese wertvolle Lektüre empfehle ich ohne Einschränkung weiter.

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