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Veröffentlicht am 07.12.2023

Spannendes Buch über Rosinen und Rebläuse

Der süße Duft der Reben
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Isabella soll heiraten. Ihr Vater will es so und geht davon aus, dass sie ihm gehorcht. Dabei mag sie den jungen Mann, der für sie vorgesehen ist, überhaupt nicht. Was soll sie nur tun? Sich gegen den ...

Isabella soll heiraten. Ihr Vater will es so und geht davon aus, dass sie ihm gehorcht. Dabei mag sie den jungen Mann, der für sie vorgesehen ist, überhaupt nicht. Was soll sie nur tun? Sich gegen den Vater stellen? Ein Leben mit einem ihr äußerst unsympathischen Menschen verbringen? Nein, sie hat eine bessere Idee und setzt sie in die Tat um. Sie flüchtet in die Heimat nach Spanien.

"Der süße Duft der Reben" beschreibt Isabellas Weg, fort von dem Vorhaben des Vaters. Obwohl sie mutig für ihre Freiheit kämpft, leicht wird es nicht. Schon kurz nach der Ankunft im Heimatort Dénia wird sie verfolgt und muss sich sogar gegen einen Übergriff wehren. Auch die Frage nach der Unterkunft stellt sich bald und sie zweifelt immer mehr bei der Frage, ob sie das Richtige getan hat. Zu viele Steine liegen auf ihrem Weg zur Unabhängigkeit.

Die Bücher von Tara Haigh lese ich gerne. Sie schreibt über Regionen und Ereignisse, die selten oder gar nicht literarisch festgehalten sind. In diesem Roman geht es um Spanien und dabei exakt um den Weinbau mit all seinen Tücken. Nicht nur der harte Konkurrenzkampf ist Thema, sondern auch Schädlinge, die eine komplette Ernte vernichten können. Der Stil ist kurzweilig und lebendig. Ein Buch, das nicht nur gut unterhält, sondern auch viel Wissen vermittelt.

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Veröffentlicht am 22.11.2023

Verstörendes, ehrliches Buch über die Schlächter von einst

Straffers Nacht
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Dass er mal so tief sinken würde, hätte Straffer nicht gedacht. Als Nachtwächter arbeiten zu müssen und in einem Ein-Zimmer-Verschlag zu hausen, nein, das ist nichts Angenehmes. Seine Frau und die beiden ...

Dass er mal so tief sinken würde, hätte Straffer nicht gedacht. Als Nachtwächter arbeiten zu müssen und in einem Ein-Zimmer-Verschlag zu hausen, nein, das ist nichts Angenehmes. Seine Frau und die beiden Jungen kommen mit der Situation auch nicht gut zurecht. Wie schön war es doch, als er noch SS-General war. Rauschende Feste fanden in seinem großen Haus statt und viele Bekannte beneideten ihn um seinen Reichtum. Aus und vorbei. Als dann ausgerechnet ein Jude sein neuer Arbeitskollege wird, ist Straffer völlig am Ende.

Welch ein verstörendes Buch. Der Autor schreibt schonungslos über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. So viele Nationalsozialisten kamen in hohe Posten und nur ein Bruchteil der Täter von damals wurde bestraft. Dass Eichmann gefunden wurde, war Glück. Wäre der Prozess nicht vor aller Welt geführt worden, vielleicht hätten die Richter ihn sogar noch begnadigt? Die Gedanken Straffers, die der Autor zu Papier brachte, machen sprachlos. Der glaubte tatsächlich daran, was der Führer ihm vorbetete. Was war mit Adenauer und Kiesinger? Warum wohl gab Frau Klarsfeld einem der „hohen Herren“ eine Ohrfeige?

Was heute so vollmundig als „nie wieder“ verkündet wird, klingt für mich leicht ironisch. Diese Stimmen hätte es nach Kriegsende geben müssen, und das sehr laut. Nicht nachzuvollziehen, dass so viele als Wendehälse durchkamen. Trotz ernstem und aufwühlendem Thema, lässt sich
„Straffers Nacht“ zügig lesen.

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Veröffentlicht am 20.11.2023

Ein sehr gutes Buch, das aufklärt

Kartonwand
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Ein Anruf des jüngeren Bruders und die Welt von Fatih Cevikkollu bleibt für einen Moment stehen. Seine Mutter ist gestorben. Sei war zwar krank, aber ihr Tod kommt überraschend. Fatih fragt sich, ob die ...

Ein Anruf des jüngeren Bruders und die Welt von Fatih Cevikkollu bleibt für einen Moment stehen. Seine Mutter ist gestorben. Sei war zwar krank, aber ihr Tod kommt überraschend. Fatih fragt sich, ob die Psychose seiner Mutter im Zusammenhang mit ihren Erlebnissen als „Gastarbeiterin“ in Deutschland stand. Er macht sich auf eine Reise in die Vergangenheit. Nicht nur seine eigenen Erinnerungen verarbeitet er in „Kartonwand“. Er fragt auch Verwandte und Freunde nach ihren Erlebnissen und Einschätzungen.

Da musste ich dann doch mehrmals schlucken. Das Buch hat mich aufgerüttelt und meine Meinung über die damaligen Gastarbeiter drastisch verändert. Fatih berichtet von der Hoffnung seiner Eltern, dass sie in Deutschland ein besseres Leben haben werden. Nein, sie wollten nicht hier bleiben, sondern mit ihrem gesparten Geld wieder zurück. Aus dem Grund war es auch nicht so wichtig, die Sprache der Deutschen zu lernen. Die schauten sie ja eh nur abschätzig an und wollten keinen Kontakt mit ihnen.

Bei Ford am Fließband fand Fatihs Vater Arbeit. Und für seine Mutter, die Lehramt studierte, gab es dann nur eine Tätigkeit in einer Schneiderei. Kinder wurden hin und hergeschickt, der Begriff „Kofferkinder“ wurde geprägt. Die hier angesprochenen Themen verdient eine öffentliche Debatte und es wäre zu begrüßen, dass dieses Buch dazu führt. Mir hat es die Augen geöffnet und dafür bin ich dankbar.

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Veröffentlicht am 09.11.2023

"Am Ende findest du dein Ziel"

Ich war doch noch ein Junge
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Mitka und seine Frau leben in einem kleinen, gemütlichen Haus in Sparks, Nevada. Oberflächlich betrachtet, gehören sie zu einer ganz normalen, glücklichen Familie. Der Schein trügt aber. Nein, sie sind ...

Mitka und seine Frau leben in einem kleinen, gemütlichen Haus in Sparks, Nevada. Oberflächlich betrachtet, gehören sie zu einer ganz normalen, glücklichen Familie. Der Schein trügt aber. Nein, sie sind nicht unglücklich. Mitka trägt aber Traumata mit sich herum, die erst nach Jahrzehnten ein Ventil fanden. Wie schwer muss es für ihn gewesen sein, sich seiner Frau zu öffnen? Und noch einmal viel schwerer, die Hilfe des Rabbis und weiterer Fachleute anzunehmen?

„Ich war doch noch ein Junge“ hält den Leser fest. Ja, die Lebensbeichte des Mitka Kalinski ist so grausam, dass es schmerzt. Das Buch beginnt mit vagen Erinnerungen des Mannes. Er war etwa 5 Jahre alt, als er in einem Kinderheim in Obhut gegeben wurde. Das war in der Ukraine im Ort Bila Zerwka. Als die Schergen des Führ.rs das Heim vor den jüdischen Kindern säubern wollten, floh er. Mutterseelenallein schlug er sich durch, bis er von einem Militärkonvoi, völlig überfüllt mit Todgeweihten, aufgegriffen wird. Dass er das anschließende Massaker überlebt, ist für ihn ein Wunder.

Etliche Stationen folgen und mit ihnen Erlebnisse, die kein Kind mitmachen darf. Die Autoren befragten Herrn Kalinski gemeinsam und über einen längeren Zeitraum. Viele Dinge kamen nach und nach in das Bewusstsein Mikas zurück. Seine Familie hilft ihm, dass er das Schreckliche zwar nicht vergessen, jedoch damit leben kann.

Nachdem er endlich über seine Traumata reden konnte, gab es für ihn nur ein Ziel: Er wollte zurück an die Orte seiner Pein und zudem auch seine Peiniger wiedersehen. Sie anschauen und fragen, warum sie so handelten. Gelingt ihm das? Findet er vielleicht auch seine Eltern?

Das Buch sollte jeder Lehrer seinen Schülern an die Hand geben. Bald sind alle Überlebenden der schrecklichen Zeit tot und es gibt keine Zeitzeugen mehr. Umso wichtiger sind Bücher, wie dieses. Daher gibt es auch eine ausdrückliche Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 07.11.2023

Erfolgreich gärtnern trotz Klimawandel

Überlebenskünstler
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Wer aufmerksam die Natur beobachtet weiß, was um ihn herum vor sich geht. Und wer daneben noch einen Garten hat, sieht die Klimaveränderungen nahezu täglich. Lange Trockenperioden und Extremhitze machen ...

Wer aufmerksam die Natur beobachtet weiß, was um ihn herum vor sich geht. Und wer daneben noch einen Garten hat, sieht die Klimaveränderungen nahezu täglich. Lange Trockenperioden und Extremhitze machen das Überleben der Pflanzen zur Schwerstarbeit. Wie gut, dass es Fachleute gibt, die sich speziell auf die Bedürfnisse von Gärtnern und ihren Schätzen eingestellt haben. Mit „Überlebenskünstler“ wird ihnen eine sehr gute und fachlich korrekte Hilfe an die Hand gegeben. Nicht nur die schriftlichen Ausführungen sind hilfreich. Besonders die vielen Fotos gefielen mir. So konnte ich mir die Pflanzen direkt anschauen und meine Favoriten aussuchen.

Nicht nur Hitze und Trockenheit machen meinem Garten zu schaffen. Auch der immer stärker werdende Wind und die sintflutartigen Regenfälle. In ihrem Buch schildert die Autorin kurz, wie sich das Klima immer wieder veränderte. Und das seit Bestehen der Erde. Sie weist darauf hin, wie wichtig die sehr üppige Vegetation war. Die Pflanzen filterten Kohlendioxid aus der Atmosphäre und es wurde in der Erde angereichert, die fossilen Brennstoffe entstanden. Pflanzen sind also für uns Menschen überlebenswichtig. Doch, was tun, wenn sie unter dem Extremwetter so sehr leiden, dass sie nicht wachsen, sondern verkümmern?

In dem Buch begleitet der Leser die Autorin auf der Suche nach den Gewächsen, die für bestimmte Standorte geeignet sind. Sie gibt Tipps zur Bodenbearbeitung und macht Vorschläge zur Beetgestaltung. Wer „nur“ einen Balkon hat, sollte die Möglichkeiten zur Bepflanzung nicht unterschätzen. Auch dafür gibt es gute Anregungen und das sogar für´s ganze Jahr. Die Hinweise sind gut verständlich und auch für Laien leicht nachzuvollziehen. Ich empfehle das Buch nicht nur Hobbygärtnern. Jeder, der sich mit der Situation des Klimawandels auseinandersetzt, sollte das Buch lesen. Denn es kommt nicht auf die Größe eines Beetes an, sondern nur darauf, dass wir ganz bewusst mit Pflanzen leben (wollen).

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