Profilbild von lielo99

lielo99

Lesejury Star
offline

lielo99 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit lielo99 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.02.2020

Tommy Orange legt den Finger in eine Wunde, die nie verheilt

Dort dort
0

Ist es eine Tatsache, dass der Ursprung von Thanksgiving wirklich so ist, wie es die Amerikaner uns berichten? Also, dass die Einwanderer friedlich mit den Ureinwohnern zusammensaßen und Speise und Trank ...

Ist es eine Tatsache, dass der Ursprung von Thanksgiving wirklich so ist, wie es die Amerikaner uns berichten? Also, dass die Einwanderer friedlich mit den Ureinwohnern zusammensaßen und Speise und Trank genießen konnten? Und wie geht es den Nachkommen der Natives heute? Was spielt sich in den Reservaten ab? Warum suchen viele von ihnen Trost im Alkohol und anderen Drogen? Das sind Fragen, die ich mir immer mal wieder stelle und aus dem Grund lese ich Bücher zu diesen Themen.

Dort, dort ist ein ganz besonderes Buch. Tommy Orange gehört selbst zu den Nachkommen der Natives und wer, wenn nicht er, kann authentisch über ihr Leben berichten. Er schreibt in dem Buch über die Probleme der Indianer, die nicht nur vom Rassismus der „Weißen“ geprägt sind. Bis heute werden sie diffamiert und häufig wie Ausstellungsstücke missbraucht. Sie sollen sich mit den Kostümen ihrer Vorväter schmücken und so wie sie tanzen. Alles zur Belustigung und Zeitvertreib der „Weißen“. Aber hin und wieder dürfen sie sich auch mit ihresgleichen treffen. Das Powwow in Oakland. Hier dürfen sie so sein, wie es ihnen gefällt. Die Akteure in dem Buch Dort, dort fiebern diesem Ereignis entgegen. Besonders die jungen Leute freuen sich darauf. Doch, wird ihre Hoffnung erfüllt und haben sie tatsächlich nur Freude an dem Tag?

Tommy Orange beschreibt das Leben von unterschiedlichen Charakteren, die alle eins gemeinsam haben. Sie sind „Natives“. Das bedeutet auch, dass sie vor vielen Jahren von den Eindringlingen im wahrsten Sinne des Wortes überrannt wurden. Ihnen wurde die Existenz geraubt, nie gekannte Krankheiten ins Land geschleppt und sie waren nur noch Menschen zweiter Klasse. Dass das wohl nie endet, davon bin ich überzeugt. Und dass hier das Problem vieler „Indianer“ liegt, ist wohl jedem klar. Zumal sich ihr Dasein unter Präsidenten wie dem jetzigen keinesfalls zum Guten wendet. Auch er vergisst, was seine Vorfahren den Ureinwohnern antaten und diese keinerlei Recht für ihr Vorgehen hatten.

Ich las nicht das Buch, sondern hörte es mir an. Es wird von Christian Brückner gelesen. Für mich war es ein Hochgenuss, diese markante Stimme über 550 Minuten zu hören. Er entführte mich eindrucksvoll in die Lebenssituation der Natives und ja, ich litt mit ihnen mit. Also ist es selbstverständlich, dass ich fünf Sterne plus und eine Hör- oder Leseempfehlung gebe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.02.2020

Mut zur Wahrheit

Im Netz des Lemming
0

Lemming sitzt mit seiner Frau am Tisch und sie unterhalten sich über Sohn Benjamin und seinen Freund Mario, genannt Loll. Beide kommen plötzlich durch die Tür. Es ist Abend und Lemming muss zur Arbeit. ...

Lemming sitzt mit seiner Frau am Tisch und sie unterhalten sich über Sohn Benjamin und seinen Freund Mario, genannt Loll. Beide kommen plötzlich durch die Tür. Es ist Abend und Lemming muss zur Arbeit. Er ist Nachtwächter im Zoo und Mario will ihn begleiten. In der Bahn bekommt Mario plötzlich eine SMS und beim nächsten Halt verlässt er fluchtartig die Straßenbahn. Lemming rennt ihm hinterher und sieht, dass der Junge auf das Geländer einer Brücke zurennt. Mario will springen und schafft es auch. Was stand in dieser SMS und war sie so schlimm, dass ein Kind sich das Leben nimmt? Und wenn ja, wer ist der Absender, also der Mörder?

Im Netz des Lemming ist eine Mischung aus Krimi und kritischem Tatsachenbericht. Der Autor Stefan Slupetzky legt den Finger in die Wunde und hat keine Scheu vor radikalen Mächten. Polivka, ein Kriminalinspektor und Lemming verlieren ihren Job, weil sie von den Medien diffamiert werden. Ein Troll postet im sozialen Netzwerk Lügen und Gemeinheiten und viele User springen auf diesen Zug. „Ein Stich ins Wespennest und hundert andere Lumpen fahren die Stacheln aus.“ So steht es in dem Buch und ja, genau so ist es. Wer auf FB unterwegs ist, der kann das an jedem Tag tausendfach erleben.

Mir gefiel der Kriminalroman gut. Hin und wieder fand ich die Sprache ein wenig überzogen, aber das ist wohl der Stil von Herrn Slupetzky. Seine Ansichten und Meinungen zur Österreichischen Regierung und deren ehemaligen Begleiter unterstreiche ich voll. Dazu gehört auch, dass in dem Buch Journalisten und deren Gazetten so beschrieben werden, wie sie sind. Nämlich Meinungsmacher und Menschen, die über Leichen gehen. Ich gebe dem Buch fünf Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.02.2020

Der "heilige Gral" der Naturwissenschaft

Das Evangelium der Aale
0

Als wir vor über zehn Jahren ein Aquarium in Dänemark besuchten, konnten wir dort ein Becken mit vielen Aalen bewundern. Für mich gehören sie zu den faszinierendsten Tieren und ich war häufig beim Angeln ...

Als wir vor über zehn Jahren ein Aquarium in Dänemark besuchten, konnten wir dort ein Becken mit vielen Aalen bewundern. Für mich gehören sie zu den faszinierendsten Tieren und ich war häufig beim Angeln auf Aal dabei. Daher war ich gespannt, wie Herr Svensson dieses Thema zu einem interessanten Buch macht. Und das ist ihm meiner Meinung nach perfekt gelungen.

Das Buch beginnt mit einer kurzen Biographie der Aale. Diese wird aber im weiteren Verlauf noch wesentlich ausführlicher dargestellt. Herr Svensson schreibt über die Gedanken des Aristoteles genau so wie über jene des Herrn Freud. Beide sind schon lange tot und bis heute konnte die Wissenschaft deren Fragen nicht abschließend beantworten. Zwischen den Erkenntnissen bekannter Forscher über das Leben der Aale, kommen immer wieder auch Angelerlebnisse zur Sprache. Die hatte Herr Svensson mit seinem Vater und es sind Erinnerungen, die er nie vergessen wird.

Egal, wie lange sie forschten oder welchen Aufwand sie betrieben. Kein Wissenschaftler kann bis heute belegen, wie Aale sich fortpflanzen oder warum sie ausgerechnet in der Sargassosee laichen. Woher wissen sie, wann sie sich auf den Weg zur Vermehrung machen müssen? Wie erkennen sie ihren Weg, der lang und gefahrvoll ist? Die Natur lässt sich nicht umfassend ergründen und/oder katalogisieren. Das imponiert mir und daher mag ich den Aal so gerne. Nein, nicht nur zum Essen. Obwohl er, frisch geräuchert, eine Delikatesse ist.

Das Evangelium der Aale ist ein außergewöhnliches Buch und der Autor Akademiker. Er studierte unter anderem Literatur und das fällt beim Lesen positiv auf. Die Wortwahl hebt sich von vielen anderen Büchern wohltuend ab. Die Sprache ist gehoben aber nicht abgehoben und so bildhaft, dass ich mir die hier beschriebenen Plätze bestens vorstellen konnte. Aale sind eigensinnige Tiere, die leider auch vom Aussterben bedroht sind. Und das obwohl sie wesentlich länger auf der Erde leben als die Menschen. Das Cover ist übrigens ein Eyecatcher. So schön gestaltet, dass es wirklich häufig von mir betrachtet wurde. Am Schluss des Buches macht der Autor noch auf seine Quellen aufmerksam. Also, fünf Sterne plus und eine absolute Leseempfehlung von mir.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.01.2020

Ein Buch, das ich nicht aus der Hand legen konnte

Die Spionin
0

Nach dem Überfall auf Frankreich gab es immer mehr Menschen, die sich dem Widerstand anschlossen. Sie kamen aus vielen Milieus, sämtlichen Altersstufen und es gab sowohl weibliche als auch männliche Patrioten. ...

Nach dem Überfall auf Frankreich gab es immer mehr Menschen, die sich dem Widerstand anschlossen. Sie kamen aus vielen Milieus, sämtlichen Altersstufen und es gab sowohl weibliche als auch männliche Patrioten. Eine von ihren war Nancy Wake und diese tapferer Frau gab es tatsächlich. Ihre Aktionen während der Besatzung wurden jetzt in einem Roman zusammengefasst, den ich als äußerst gelungen ansehe.

Frau Wake war die meistgesuchte Frau Frankreichs und die Nazis wollten ein Kopfgeld von 5 Millionen Franc für sie zahlen. Dabei war ihnen egal, ob sie tot oder lebendig gefangen wurde. Da sie immer wieder Schlupflöcher fand und sie nicht überführt werden konnte, bekam sie den Namen „Weiße Maus“. Einer ihrer Hauptfeinde war ein Major, der in die Heimatstadt Nancys versetzt wurde, nach Marseille. Ihr Ehemann half dem Widerstand mit Geld und wurde verraten. Die Gestapo holte ihn ab und Nancy musste fliehen.

Das Leben schreibt die spannendsten Geschichten und dieser Satz gilt mal wieder für das Buch Die Spionin. Ihr Mut und ihr Kaltblütigkeit rettete vielen ihrer Mitkämpfer das Leben. Auch konnte sie mit ihren Kameraden deutlich dazu beitragen, dass die Alliierten nach der Landung in der Normandie den Feind niederrang. Am Ende des Buches schreiben die Autoren, was sie sich ausdachten und was tatsächlich geschah. Mir gefiel der Roman ausgesprochen gut. Gibt er doch wieder mal Zeugnis von einer Heldin unserer Zeit. Davon gibt es sehr viele und so langsam werden sie den Nachfahren der Kämpfer von damals vorgestellt. Fünf Sterne und eine ausdrückliche Leseempfehlung für dieses Buch, welches zudem hervorragend übersetzt wurde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.01.2020

Glaube ohne Liebe ist Fanastismus

Die Glaubenskriegerin
0

Das Buch Die Glaubenskriegerin beginnt mit der furchterregenden Beschreibung eines Mobs von tobsüchtigen Menschen. Anders kann ich es nicht beschreiben und so empfinde ich das. Sie stehen vor Zakhiras ...

Das Buch Die Glaubenskriegerin beginnt mit der furchterregenden Beschreibung eines Mobs von tobsüchtigen Menschen. Anders kann ich es nicht beschreiben und so empfinde ich das. Sie stehen vor Zakhiras Haus und rufen: „Erschießt sie“ oder „Tötet sie“! Sie, das ist eine junge Frau von 21 Jahren. Sie ist die dritte Tochter der muslimischen Eltern und dem Vater seit der Geburt ein Dorn im Auge. Er wollte sie nicht, ein Junge war sein Wunsch. Seine Abneigung ließ er sie immer wieder spüren. Ein lieben Wort von ihm? Nein. Aber sie wollte ihm unbedingt imponieren und zu dem Zweck wurde sie eine fanatische Muslimin. Sie betete sogar 8mal am Tag und tat nichts, was Allah stören könnte.

Zakhira wollte studieren und setzte sich gegenüber ihren Eltern durch. Sie ging auf eine Hochschule. Irgendwann träumte sie von Jesus und dieses Erleben sollte ihr Leben verändern. Jedoch ist sie seitdem auf der Flucht vor ihrem Vater und seinen Freunden. Sie fürchtet um ihr Leben und das bereits seit über 10 Jahren.

Glaube ohne Liebe ist Fanatismus, das dachte ich auch beim Lesen dieses Buches. Jeder darf doch das glauben, was er möchte, so sehe ich das. Aber so etwas gibt es wohl in der Familie Zakhiras nicht. Ich habe Achtung vor ihr. Sie nahm so viel Unangenehmes auf sich, um als Christin leben zu können. Das Buch ist lebendig geschrieben und zeugt von Demut und Hingabe. Wer nun der wahre Gott ist und ob die Bibel oder der Koran stimmen, das kann wohl niemand belegen. Aber Zakhiras Buch verdient Beachtung und daher vergebe ich sehr gerne fünf Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere