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Veröffentlicht am 29.05.2020

Schaurig-schön

Der blutige Roman
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Vor knapp einhundert Jahren hat der Tscheche Josef Váchal das Buch „Der blutige Roman“ verfasst und veröffentlicht. Der Grafiker und Buchdrucker hat selbst den Text gesetzt – damals natürlich noch von ...

Vor knapp einhundert Jahren hat der Tscheche Josef Váchal das Buch „Der blutige Roman“ verfasst und veröffentlicht. Der Grafiker und Buchdrucker hat selbst den Text gesetzt – damals natürlich noch von Hand – und in einer Auflage von 17 Exemplaren gedruckt. Illustriert wurde das Buch mit zahlreichen Holzschnitten, ebenfalls aus der Hand Váchals.
„Ein gefälschtes Testament, ein Schatz auf Honolulu, ein Werwolf in den Fängen der spanischen Inquisition, und in Prag toben Anarchisten und Gespenster. Das sind nur ein paar der vielen Handlungsstränge dieses auf unzähligen Ebenen spannenden Romans…“, so verspricht es die Buchbeschreibung. Und sie hat nicht zu viel versprochen. Auch macht sie dem als „Schundroman“ angekündigten Buch alle Ehre.
Neben der Hochsprache wird überwiegend in der Volkssprache erzählt. Das war für mich recht gewöhnungsbedürftig und ich habe feststellen müssen, dass dies kein Buch für „nebenbei“ ist. Mit der nötigen Ruhe hatte ich mich in kurzer Zeit daran gewöhnt und bald Gefallen daran gefunden – gerade in Bezug auf die Sprache.
„Was geschieht hier gerade?“ Wird noch wenige Sätze zuvor von Ermordeten geredet, folgt dieser Satz: „Durch die Geäste des Waldes beobachtete die Leichen voll Neugier die Morgensonne.“ - Ein Satz voller Poesie – nur die Leichen sprechen dagegen. Gelacht habe ich über den raffinierten Grafen, der später als Geldfälscher entlarvt wurde, gestaunt über den „gepanschten“ Wein, der so viel Äthanol enthielt, „daß nach seinem Entfachen das Schiff wie ein Strohwisch brannte.“ Und die Jesuiten waren ja wohl mit allen Wassern gewaschen!
Nicht zuletzt durch die Holzschnitte fühlte ich mich in eine andere Zeit versetzt. Besonders gefallen hat mir das Bild von der Flucht mit den Ballonen – bis ich gelesen hatte, woraus sie hergestellt wurden.
Kann man einen „Schundroman“ als Kunst bezeichnen? Ich sage ganz laut „JA“!

Vor allem aber gilt meine Bewunderung Ondrej Cikán, der den Roman ins Deutsche übersetzt, kommentiert und mit einem Nachwort versehen hat – eine großartige Leistung! Ich kann mir vorstellen, dass das eine große Menge an Zeit und Arbeit erfordert hat, und ich spüre die besondere Liebe, die bei einer solchen Aufgabe nicht fehlen darf.
Erschienen ist „Der blutige Roman“ im Verlag Ketos. Das Buch hat einen tollen Einband in passender Farbe . Es liegt gut in der Hand, ist mit zwei Lesebändchen versehen und das Layout ist einfach gelungen.

Komisch: Ich mag keine Krimis oder Thriller, die sehr blutrünstig sind. – Genau das, was ich nicht mag, bietet „Der blutige Roman“, und: Mir gefällt’s!
Gern empfehle ich das Buch weiter.

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Veröffentlicht am 25.05.2020

So liebe ich Fantasy

Das Buch der gelöschten Wörter - Der erste Federstrich
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„Das Buch der gelöschten Wörter“ – Der erste Federstrich“ ist der erste Teil einer Trilogie von Mary E. Garner, erschienen im Lübbe Verlag. Die Autorin empfiehlt das Buch aus dem Genre Fantasy „Für Abende ...

„Das Buch der gelöschten Wörter“ – Der erste Federstrich“ ist der erste Teil einer Trilogie von Mary E. Garner, erschienen im Lübbe Verlag. Die Autorin empfiehlt das Buch aus dem Genre Fantasy „Für Abende im Baumhaus und für alle, die gewiss sind, dass Bücher mehr sind als gedruckte Wörter“.
Ausgerechnet MRS. GATEWAY’S FINE BOOKS ist der Laden, in dem Hope Turner Schutz vor Regen sucht. Dabei hat sie keine gute Erinnerung an diese Buchhandlung, deren Inhaberin verschroben und genauso verstaubt scheint wie ihre Bücher. Aber genau diese Buchhandlung ist es, die das einzige Portal in die Welt der Bücher ist. Allerdings dürfen und können nur Menschen mit einer besonderen Fähigkeit dieses Portal auch betreten. Das Cover passt ausgezeichnet zu dieser Vorstellung!
Hope führte bisher ein ganz unspektakuläres Leben. Sie ist nach der Trennung von ihrem Freund seit zwei Jahren Single, besucht täglich ihre an Demenz erkrankte Mutter und arbeitet online für eine Partnervermittlungsagentur. Ihr eintöniges Leben ändert sich, als sie Rufus Walker kennenlernt, denn er ist derjenige, der bei Hope ein spezielles Talent entdeckt und sie durch das Portal in eine andere Welt führt: die Welt der Bücher.
Hope liebt die Romane von Jane Austen und darum ist es für sie natürlich wie ein Traum, direkt in der Geschichte „Stolz und Vorurteil“ auf Longbourn, dem Familiengut der Bennetts in der Nähe von London, zu landen. Nach der ersten Verwirrung kommt Hope aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Romanfiguren entwickeln ein Eigenleben! Doch so faszinierend hier alles scheint – es gibt nicht nur Schönes in dieser Welt, denn auch hier lauert das Böse, und zwar in Form gelöschter Wörter. Irgendjemand ist verantwortlich dafür, dass in böser Absicht online geschriebene und später gelöschte Wörter in einem Buch gesammelt werden und drohen, diese Welt zu vernichten. Nur Menschen mit einer besonderen Gabe können helfen, diese Bedrohung aufzuhalten. Zu ihnen gehört auch Hope. Sie erweist sich als großartige Verwandlerin und wird zu einer wertvollen Hilfe.
Mary E. Garner hat es geschafft, mich von der ersten Seite an mit ihrer Geschichte einzufangen. Der Schreibstil ist leicht, fantasie- und humorvoll. Ich habe mich wohl gefühlt in den Bücherwelten. Besonders die beiden Gehilfen von Rufus, Gwen und Lance, haben mir richtig gut gefallen und Romanfiguren wie Bambi und Lassie haben ein Eigenleben entwickelt, das mich begeistert und zum Lachen gebracht hat. Doch auch die Spannung kommt in diesem Buch nicht zu kurz. Zum Beispiel wird zum Portieren immer ein sogenannter Wanderer benötigt, allein schafft Hope es als Verwandlerin nicht. Dabei kann es gefährlich werden, wenn man wie sie zu spontan in ein Buch eintaucht…
Ich bewundere die vielen fantasievollen Ideen, die die Autorin in das Buch hat einfließen lassen. Auch wenn es an manchen Stellen sehr verwirrend wurde, hatte ich nie das Bedürfnis, das Merkwürdige oder Unglaubwürdige zu hinterfragen. Es war mir auch nicht wichtig, zu allem eine logische Erklärung zu finden. All das gehört für mich zu einem Fantasy-Roman dazu.
Fragen und Ängste gab es sehr viele, die allerdings zu einem großen Teil beantwortet wurden, obwohl ich befürchtet hatte, dass sie unbeantwortet mit in den zweiten Teil der Geschichte übergehen würden. Dennoch schließt dieser erste Teil mit einem ganz fiesen Cliffhanger!

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Veröffentlicht am 22.05.2020

Schmecke den Regenbogen

Die Weisheit des Regenbogens
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Ein wunderschönes Cover mit einem bunt leuchtenden Regenbogen, der sich im Wasser spiegelt, hat mich eingeladen, das Buch „Die Weisheit des Regenbogens“ von Jando zu lesen, der die Geschichte erzählt von ...

Ein wunderschönes Cover mit einem bunt leuchtenden Regenbogen, der sich im Wasser spiegelt, hat mich eingeladen, das Buch „Die Weisheit des Regenbogens“ von Jando zu lesen, der die Geschichte erzählt von Malin und ihrer besten Freundin, der treuen Hündin Ava, deren Freundschaft allerdings auf eine harte Probe gestellt wird. Malin macht sich Vorwürfe, weil Ava ihr Leben für sie riskiert und sich bei einem Unfall sehr schwer verletzt hat – und Ava ist traurig, weil Malin sich wegen ihres schlechten Gewissens von ihr zurückzieht.

Malins Mutter, alleinerziehend, ist in großer Sorge und fährt mit ihr und mit Ava zur Erholung an die Nordsee. Das erweist sich als glückliche Fügung, denn dadurch lernen sie Bent kennen, den Hundeflüsterer, der auch Malin und Ava helfen will, wieder zueinanderzufinden.

Die Erzählung ist wie ein Märchen, voller Poesie und Herzenswärme. Viele wunderschöne Zitate verleiten mich zum Träumen und lassen dabei meinen Gedanken freien Lauf. Die Geschichte erzählt sehr empfindsam von den Momenten im Leben eines Menschen, die das ganze bisherige Leben auf den Kopf stellen und es unmöglich machen, an Liebe und Freundschaft noch glauben zu können. Doch sie ist auch der Beweis dafür, dass man niemals die Hoffnung aufgeben darf, und dass Trauer, Hoffnung und Liebe ganz eng zusammengehören.

Das Buch ist erschienen im Verlag KoRos Nord. Es hat ein handliches Format und einen festen Einband, dessen Innenseiten illustriert sind mit Muscheln und Seesternen in zarter Farbe. Die Seitenzahlen am unteren Rand sind eingebettet in Wellen. Sehr liebevolle Illustrationen von Antje Arning verleihen dem Buch eine weitere Besonderheit.

Von Jando habe ich bereits „Im Himmel gibt es einen Bahnhof“ gelesen. Darum bin ich nicht überrascht, dass mich auch dieses Buch begeistern konnte.

Von mir eine absolute Leseempfehlung !

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Veröffentlicht am 16.05.2020

Mit anderen Augen

JuniNebel
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„Juni Nebel“ ist der Debütroman von Ute Ziskah, der die Geschichte von Bernard erzählt, einem Mann, der vor vielen Jahren seinen Heimatort verlassen hat, um von seinem Vater wegzukommen, mit dem ihn nichts ...

„Juni Nebel“ ist der Debütroman von Ute Ziskah, der die Geschichte von Bernard erzählt, einem Mann, der vor vielen Jahren seinen Heimatort verlassen hat, um von seinem Vater wegzukommen, mit dem ihn nichts verband – außer Hass.

Doch nachdem sein Bruder ihn darüber informiert, dass der Vater spurlos verschwunden sei, kehrt er wieder an den Ort an der Küste zurück. Erst jetzt gelingt es Bernard, einen Blick auf das Leben seines Vaters zu gewinnen und sich mit dessen, aber auch mit seiner eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Eine große Hilfe dabei ist Robert, ein alter Weggefährte seines Vaters, der Bernard erzählt, was sich vor mehr als 60 Jahren zugetragen hat: damals im Juni 1944. Mehrere mysteriöse Zeichnungen von seinem Vater, die Bernard im Elternhaus findet, tragen ebenfalls dazu bei, Licht in die vernebelte Vergangenheit zu bringen und seinen Vater mit anderen Augen zu sehen.

„Ich wusste nicht, wer ich war, oder was ich wollte, stattdessen spürte ich nur eine riesengroße Leere in mir, die sich anfühlte wie ein abstruses Loch in meinem Rumpf, durch das man hindurchschauen konnte.“

Dies ist nur einer von vielen Sätzen, die auf einfühlsame Weise deutlich machen, in welcher Gemütsverfassung sich Bernard immer befunden hat. Dabei hat er sich als Kind doch nur eine ideale Familie gewünscht, eine, wie er sie bei seinem Freund Geert kennengelernt hat.

Das Buch ist in drei große Abschnitte eingeteilt: „Die Rückkehr“, „Bernard“ und „Der Weg“. Jeden Abschnitt begleitet eine Strophe des Gedichtes „Herbstlied“ von Paul Verlaine. Diese Zeilen wurden im Juni 1944 als Geheimcode von der BBD zum Beginn der Invasion in der Normandie gesendet.

Die kurzen Kapitel habe ich als sehr angenehm empfunden, weil ich dadurch immer wieder Zeit gefunden habe, um meinen Gefühlen den notwendigen Raum zu lassen und mit Bernard zu der Erkenntnis zu kommen, welche schrecklichen Folgen das Schweigen mit sich bringen kann.

Mich hat das Buch mit der Reise in die Vergangenheit zur Bewältigung der entstandenen Probleme im Leben des Bernard unglaublich berührt und ich bekenne meine Hochachtung vor dem sensiblen einfühlsamen Schreibstil der Autorin. Ein grandioses Debüt!

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Veröffentlicht am 11.05.2020

Einfach, aber wirkungsvoll

Ideenbuch Insektenhotels
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Melanie von Orlow bietet mit dem „Ideenbuch Insektenhotels“ 30 Anleitungen zum Selbermachen. Mit den Nisthilfen für Wildbienen & Co. kann jeder aktiv helfen, dem Insektensterben entgegenwirken. Dabei ...

Melanie von Orlow bietet mit dem „Ideenbuch Insektenhotels“ 30 Anleitungen zum Selbermachen. Mit den Nisthilfen für Wildbienen & Co. kann jeder aktiv helfen, dem Insektensterben entgegenwirken. Dabei ist nicht einmal ein eigener Garten notwendig, denn auch für den Balkon gibt es Ideen verschiedener Wohnmöglichkeiten für Insekten.
„So klappt es!“ heißt es im ersten Teil des Buches, der Vieles über die Wünsche und Bedürfnisse der verschiedenen Arten enthält. Sehr informativ und lehrreich, dazu übersichtlich angeordnet sind die unterschiedlichen Tipps auf farbigen „Zetteln“.
Weitere Teile befassen sich mit Anleitungen zu verschiedenen Hotels:
Für Einzelgänger wie Bienen und Wespen, aber auch Schmarotzer und Parasiten gibt es viele Ideen, die umgesetzt werden wollen. Mich haben hier gleich das Hotel im Eimer, Schilfhütte und die rustikalen Baumhäuser angelacht und die Finger zum Kribbeln gebracht.
Zu den Großfamilien zählen Hummeln und Hornissen. Hummelburg und Hornissenherberge stehen schon auf meiner Warteliste und wollen so bald wie möglich in meinem Garten zu finden sein.
Auch Nützlingen wie Ohrenkneifer, Schmetterling und Marienkäfer werde ich gern – nach und nach - zu passenden Behausungen verhelfen.
Viele Informationen, wunderschöne Tierfotos und unkomplizierte Schritt-für-Schritt-Anleitungen laden ein, sich auf den Bau verschiedener Insektenhotels einzulassen. Das lässt sich oftmals mit einfachen Mitteln machen, von denen viele in der Natur zu finden sind. Es gibt Material-Checklisten mit genauen Maßangaben der notwendigen Bauteile und auch die Dauer der Bauzeit ist angegeben.
Unter dem Stichwort „Service“ findet man Quellenangaben, mit deren Hilfe aufkommende Fragen beantwortet und das Wissen erweitert werden kann. Auch hier gefällt mir die übersichtliche Gestaltung der umfangreichen Liste.
Von Anfang bis Ende ein tolles Buch, das mein Herz höher schlagen lässt und meine Kreativität in Schwung bringt!

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