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Veröffentlicht am 07.02.2023

Ein hochaktuelles Stück Gesellschaftskritik

Zwischen Welten
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Mit großer Spannung hatte ich das neueste Werk einer der in meinen Augen aussagekräftigsten Stimmen der neuen deutschen Literatur erwartet, und somit war das Lesen von "Zwischen Welten" sofort nach dem ...

Mit großer Spannung hatte ich das neueste Werk einer der in meinen Augen aussagekräftigsten Stimmen der neuen deutschen Literatur erwartet, und somit war das Lesen von "Zwischen Welten" sofort nach dem Erscheinen ein Muss! Überraschend, dass Juli Zeh diesmal nicht allein, sondern gemeinsam mit Simon Urban verfasst hat, einem Schriftsteller und Journalisten, den ich zugegebenermaßen bisher nicht kannte. Doch wenn man das Format anschaut, in dem das Buch verfasst ist, macht es Sinn, dass ein Autorenduo dahinter steckt. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Theresa und Stefan, beide etwa Mitte vierzig, die sich aus ihrer Jugend kennen, während der sie gemeinsam studiert und in einer WG gelebt haben. Danach verlor man sich aus den Augen, die Lebenswege könnten unterschiedlicher nicht sein! Während Stefan als Redakteur einer Hamburger Wochenzeitung arbeitet, hat es Theresa in ihre Brandenburgische Heimat verschlagen, wo sie den Bauernhof des Vaters übernommen hat. Aus den verschiedenen Umfeldern der beiden resultieren ebenfalls oft komplett auseinandergehende Meinungen zu zentralen Themen unserer Gesellschaft, wie dem Klimawandel und der Haltung zum Ukrainekrieg, aber auch Politik im Allgemeinen, vor allem der Abgehobenheit der Politikerkaste, die von den Problemen der Menschen da draußen wenig bis keine Ahnung hat! Ebenfalls im Fokus steht der Wahnsinn und der (in meinen Augen) oftmals völlige Irrsinn des Genderns, was uns als Leser hier in vollem Maße betrifft und (mich zumindest) nervt, denn die Teile, die aus Stefans Sicht geschrieben sind, sind vollständig durch gegendert, da trifft man dann auf so verrückte Worte wie Gäste*innen. Hiermit sind wir auch bei dem Format des Buches, das zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig ist. Die gesamte Geschichte ist von vorne bis hinten ausschließlich als Korrespondenz in Form von Whatsapp Nachrichten bzw. Emails verfasst. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht unbedingt den Geschmack eines jeden trifft, mir hat es gefallen, auch wenn ich anfangs skeptisch war. Ich bin nur so durch den Text geflogen, habe viel geschmunzelt und war natürlich auch genervt, wenn Stefan es mit seiner political correctness hoffnungslos übertreibt. Doch genau diese Übertreibungen sind in meinen Augen mehr als notwendig, um den Lesern vor Augen zu führen, wohin so etwas führen kann. Interessant in dem Zusammenhang auch, wenn Juli Zeh sich der Frage widmet, ob guter Journalismus allzu viel persönliche Meinung des Schreibenden erlaubt, was heutzutage leider immer mehr zunimmt. Ebenfalls bekommen die sozialen Medien ihr Fett weg, denn wer dort im Mittelpunkt eines Shitstorms landet, wird oft seines Lebens nicht mehr froh, ein sehr ernst zu nehmendes Thema! Für mich ist dieser Roman ein ganz ganz wichtiges und notwendiges Stück Gesellschaftskritik, dafür sind fünf Sterne viel zu wenig. Eine absolute Leseempfehlung für alle, die sich dafür interessieren, wie die aktuellen Themen angefeuert durch die Medien unsere Gesellschaft leider erfolgreich spalten!

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Veröffentlicht am 05.02.2023

Spannender Pageturner

Stigma (Milosevic und Frey ermitteln 1)
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Hinter Lea Adam verbirgt sich ein Autorenduo, das mit "Stigma" einen spannenden Pageturner vorgelegt hat. Es handelt sich um den Auftakt einer neuen Reihe, in deren Mittelpunkt die junge sympathische und ...

Hinter Lea Adam verbirgt sich ein Autorenduo, das mit "Stigma" einen spannenden Pageturner vorgelegt hat. Es handelt sich um den Auftakt einer neuen Reihe, in deren Mittelpunkt die junge sympathische und etwas eigene Kommissarin Jagoda "Milo" Milosevic steht. Deren Figur hat mich in meinem Kopfkino ein wenig an Lisbeth Salander erinnert, eine meiner Lieblingsfiguren der Krimilandschaft, wen sollte es da wundern, dass das Buch komplett meinen Geschmack getroffen hat. An der Seite von Milo ermittelt ihr Partner Vince Frey, der einen höflichen kommunikativen Gegenpart zu der manchmal rotzigen eigenwilligen Kommissarin bildet. Die beiden Polizisten müssen den Mörder einer grausam verstümmelten Männerleiche finden, der eine Plastiktüte über den Kopf gezogen und die Augäpfel entfernt wurden. Milo und Vince finden heraus, dass es sich bei dem Opfer um einen Sexualstraftäter handelt, als kurz darauf ein weiterer männlicher Toter auftaucht, diesmal wurden ihm die Ohren abgeschnitten, auch dieser hatte in seiner Vergangenheit Frauen missbraucht. Somit scheinen die Motive klar, offenbar handelt es sich um einen Serientäter, die beiden Kommissare ermitteln mit ihrem Team auf Hochtouren, um weitere Gewalt zu verhindern. Die Story ist reißerisch, spannend, man kann das Buch nur schwer aus der Hand legen, auch wenn ich normalerweise eher auf ruhigere Krimis stehe, hat mich dieser Thriller hier komplett begeistert. Mit der Tatsache, dass ausnahmsweise einmal Männer als Opfer im Fokus standen, der Verdacht aufkommt, dass es sich beim Täter vielleicht sogar um eine Frau handeln könnte, die Rache nimmt, haben die , tatsächlich einen sehr interessanten Plot konstruiert. Auch einige Details, die wir über das Privatleben von Milo erfahren, hat zur perfekten Leseunterhaltung beigetragen. Eine Kleinigkeit am Ende hat mich etwas enttäuscht, was genau, will ich nicht verraten, aber die hat der Höchstbewertung und einer absoluten Leseempfehlung vor allem für Thrillerfans nicht entgegen gestanden. Ich bin schon jetzt sehr gespannt auf einen weiteren Fall rund um die Kommissarin Milo, auf den wir hoffentlich nicht allzu lange warten müssen!

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Veröffentlicht am 21.01.2023

Teilweise tragische amerikanische Familiengeschichte, die mich sehr bewegt hat

Wenn du mich heute wieder fragen würdest
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In einem kleinen Örtchen in der Nähe von New York treffen wir am Ende des letzten Jahrhunderts auf die Familien Gleeson und Stanhope, die in unmittelbarer Nachbarschaft leben. Obwohl Lena Gleeson versucht, ...

In einem kleinen Örtchen in der Nähe von New York treffen wir am Ende des letzten Jahrhunderts auf die Familien Gleeson und Stanhope, die in unmittelbarer Nachbarschaft leben. Obwohl Lena Gleeson versucht, den Kontakt zu vertiefen, werden die Erwachsenen nicht wirklich miteinander warm. Einzig die Kinder, Kate Gleeson und Peter Stanhope verbindet von kleinauf eine lebenslange Freundschaft und Liebe. Durch die psychische Erkrankung von Peters Mutter Anne entwickelt sich der Handlungsverlauf stellenweise tragisch, was beide Familien unmittelbar betrifft. Mary Beth Keane schildert die zwischenmenschlichen Beziehungen auf eine sehr einfühlsame Art und Weise, keine reißerischen Sensationen, alles leise, unterschwellig, die Spannung zwischen den Zeilen war für mich manchmal so greifbar, dass ich das Buch nur sehr schwer aus der Hand legen konnte. Wie geht es mit den Familienmitgliedern weiter, wie entwickeln sich die Lebensläufe, alles sehr anschaulich und gleichzeitig empathisch erzählt. Der ruhige und doch extrem fesselnde Schreibstil der Autorin hat mir sehr sehr gut gefallen, ich fühlte mich großartig unterhalten. Dies war mein erstes Buch von Mary Beth Keane, aber das nächste befindet sich bereits in der Warteschleife. Eine absolute Leseempfehlung und natürlich die volle Punktzahl!

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Veröffentlicht am 16.01.2023

Für mich ein unbedingtes Highlight

Die Liebe an miesen Tagen
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Ewald Arenz erzählt in seinem neuen Roman "Die Liebe an miesen Tagen", die Geschichte von Clara und Elias, die nicht mehr ganz jung, die absolute große Liebe mit allen Aufs und Abs erleben. Als Clara, ...

Ewald Arenz erzählt in seinem neuen Roman "Die Liebe an miesen Tagen", die Geschichte von Clara und Elias, die nicht mehr ganz jung, die absolute große Liebe mit allen Aufs und Abs erleben. Als Clara, die um einiges älter ist als Elias, ihren Job als Fotografin verliert, möchte sie ihr kleines Häuschen verkaufen. Elias kommt mit seiner Freundin zur Besichtigung. Bei Clara und ihm springt sofort der berühmte Funke über, wobei Elias nach und nach klar wird, was er eigentlich in seinem Inneren schon länger weiß, dass er Vera, mit der er seit etwa zwei Jahre zusammen ist, nicht wirklich liebt, sondern nur aus Bequemlichkeit die Beziehung aufrecht erhalten hat. Nachdem Clara ihn zufällig nach einer Theatervorstellung wiedertrifft, in der Elias, der von Beruf Schauspieler ist, mitwirkt, wird ihm klar, wie heftig die Gefühle für die neue Frau in seinem Leben tatsächlich sind, obwohl er sie noch nicht lange kennt. Daraufhin beendet er die Sache mit Vera, die das unvorbereitet und schwer trifft. Die nun entstehende Liebesgeschichte zwischen den beiden ist von Ewald Arenz auf eine so behutsame, empathische Art und Weise geschildert, wie ich sie selten erlebt habe. Die Sprache des Autors ist wunderschön, stellenweise geradezu poetisch, die Lektüre wurde für mich dadurch zu einem wahren Genuss! Die beiden Protagonisten tun sich mit ihrem Zusammensein nicht wirklich leicht, da sie aufgrund ihrer bereits vorhandenen Lebenserfahrung um die eventuellen Probleme einer Beziehung wissen und es ihnen schwer fällt, sich wirklich zu 100% aufeinander einzulassen, obwohl sie doch merken, dass ihre Gefühle füreinander etwas ganz Besonderes sind, und die man oft nur einmal im Leben für einen anderen Menschen empfindet. In Nebenschauplätzen schildert der Autor andere Schwierigkeiten aus dem Familienleben von Elias und Clara. Claras Mutter wird schwer dement, muss ins Pflegeheim, ein Handlungsstrang, der mich ebenfalls sehr bewegt hat. Wie Arenz die romantische Liebesgeschichte mit dem Alltag, der auch vor schwerer Krankheit und Tod nicht Halt macht, unter einen Hut bringt, hat mich sehr berührt und beeindruckt. Nachdem ich auf den ersten Seiten ein paar Startschwierigkeiten hatte, hat mich das Buch dann aber derart in seinen Bann gezogen, dass ich es nicht mehr aus der Hand legen konnte. Für mich nicht nur perfekte Leseunterhaltung, sondern schon zu diesem frühen Zeitpunkt im Jahr ein absolutes Highlight! Dafür gibt es natürlich die volle Punktzahl und eine unbedingte Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 13.01.2023

Großartiger Coming-of-age Roman

Die Gespenster von Demmin
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Verena Kessler sagte mir gar nichts, und ich hatte an diesen Roman keinerlei Erwartungen, vielleicht wurde ich deshalb umso heftiger von der leicht zu lesenden Geschichte mit dennoch extrem viel Tiefgang ...

Verena Kessler sagte mir gar nichts, und ich hatte an diesen Roman keinerlei Erwartungen, vielleicht wurde ich deshalb umso heftiger von der leicht zu lesenden Geschichte mit dennoch extrem viel Tiefgang umgehauen. Im Mittelpunkt steht Larissa, genannt Larry, die in die neunte Klasse in der Kleinstadt Demmin in Mecklenburg-Vorpommern geht. Sie lebt mit ihrer alleinerziehenden Mutter zusammen, die ständig auf Männersuche zu sein scheint, der Vater hat die Familie verlassen. Die Geschichte ist in kurzen, gut strukturierten Kapiteln erzählt, die wechselnd aus der Perspektive des Teenagers und einer alten Frau, der Nachbarin erzählt wird, die offenbar gezwungenermaßen ins Altersheim umsiedeln muss und sich extrem schwer damit tut, ihr Haus aufzugeben. Durch die Gedanken dieser Frau Dohlberg erfährt der Leser in kleinen Häppchen über den Massenselbstmord in Demmin, der dort am Ende des Zweiten Weltkrieges stattgefunden hat. Die alte Frau hat sich mit ihrer Schwester diesem Selbstmord entzogen und dennoch einen Teil ihrer Familie verloren. Verena Kessler erzählt einerseits witzig, andererseits mit sehr viel Tiefgang, die Hauptperson Larissa ist einerseits ruppig zu ihrer Umwelt, scheint ihre eigenen Gefühle nicht zulassen zu wollen und wirkt andererseits doch extrem verletzlich, so dass ich als Leser permanent das Bedürfnis hatte, sie in den Arm nehmen zu wollen. Wir erleben die alltäglichen Probleme einer Heranwachsenden mit ihrer Freundin Sarina, dem Jungen Timo, der beide Mädchen auf deren jeweilige Art nicht kalt lässt. Larissas Mutter findet einen neuen Lebensgefährten, der bei ihnen einzieht, womit sich die Tochter extrem schwer tut und auf ihre abweisende Art damit umgeht. Die junge Frau sucht ihren Platz im Leben, was alles andere als leicht ist, hat sie doch irgendwie keine wirkliche Bezugsperson, der sie 100% vertraut. Mich hat die Geschichte extrem berührt, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, ich war mir oft nicht klar, ob ich nun lachen oder weinen sollte. Das Buch schwankt zwischen beiden Extremen, genau wie das Leben selbst! Die Autorin hat mich hiermit komplett abgeholt, nach meinem Geschmack hätte es ruhig noch ein paar mehr Seiten so weiter gehen können, aber vielleicht macht gerade die Kürze des Romans seine große Anziehungskraft aus. Von mir auf jeden Fall die volle Punktzahl und eine absolute Leseempfehlung!

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