Ein hochaktuelles Stück Gesellschaftskritik
Zwischen WeltenMit großer Spannung hatte ich das neueste Werk einer der in meinen Augen aussagekräftigsten Stimmen der neuen deutschen Literatur erwartet, und somit war das Lesen von "Zwischen Welten" sofort nach dem ...
Mit großer Spannung hatte ich das neueste Werk einer der in meinen Augen aussagekräftigsten Stimmen der neuen deutschen Literatur erwartet, und somit war das Lesen von "Zwischen Welten" sofort nach dem Erscheinen ein Muss! Überraschend, dass Juli Zeh diesmal nicht allein, sondern gemeinsam mit Simon Urban verfasst hat, einem Schriftsteller und Journalisten, den ich zugegebenermaßen bisher nicht kannte. Doch wenn man das Format anschaut, in dem das Buch verfasst ist, macht es Sinn, dass ein Autorenduo dahinter steckt. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Theresa und Stefan, beide etwa Mitte vierzig, die sich aus ihrer Jugend kennen, während der sie gemeinsam studiert und in einer WG gelebt haben. Danach verlor man sich aus den Augen, die Lebenswege könnten unterschiedlicher nicht sein! Während Stefan als Redakteur einer Hamburger Wochenzeitung arbeitet, hat es Theresa in ihre Brandenburgische Heimat verschlagen, wo sie den Bauernhof des Vaters übernommen hat. Aus den verschiedenen Umfeldern der beiden resultieren ebenfalls oft komplett auseinandergehende Meinungen zu zentralen Themen unserer Gesellschaft, wie dem Klimawandel und der Haltung zum Ukrainekrieg, aber auch Politik im Allgemeinen, vor allem der Abgehobenheit der Politikerkaste, die von den Problemen der Menschen da draußen wenig bis keine Ahnung hat! Ebenfalls im Fokus steht der Wahnsinn und der (in meinen Augen) oftmals völlige Irrsinn des Genderns, was uns als Leser hier in vollem Maße betrifft und (mich zumindest) nervt, denn die Teile, die aus Stefans Sicht geschrieben sind, sind vollständig durch gegendert, da trifft man dann auf so verrückte Worte wie Gäste*innen. Hiermit sind wir auch bei dem Format des Buches, das zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig ist. Die gesamte Geschichte ist von vorne bis hinten ausschließlich als Korrespondenz in Form von Whatsapp Nachrichten bzw. Emails verfasst. Ich kann mir vorstellen, dass das nicht unbedingt den Geschmack eines jeden trifft, mir hat es gefallen, auch wenn ich anfangs skeptisch war. Ich bin nur so durch den Text geflogen, habe viel geschmunzelt und war natürlich auch genervt, wenn Stefan es mit seiner political correctness hoffnungslos übertreibt. Doch genau diese Übertreibungen sind in meinen Augen mehr als notwendig, um den Lesern vor Augen zu führen, wohin so etwas führen kann. Interessant in dem Zusammenhang auch, wenn Juli Zeh sich der Frage widmet, ob guter Journalismus allzu viel persönliche Meinung des Schreibenden erlaubt, was heutzutage leider immer mehr zunimmt. Ebenfalls bekommen die sozialen Medien ihr Fett weg, denn wer dort im Mittelpunkt eines Shitstorms landet, wird oft seines Lebens nicht mehr froh, ein sehr ernst zu nehmendes Thema! Für mich ist dieser Roman ein ganz ganz wichtiges und notwendiges Stück Gesellschaftskritik, dafür sind fünf Sterne viel zu wenig. Eine absolute Leseempfehlung für alle, die sich dafür interessieren, wie die aktuellen Themen angefeuert durch die Medien unsere Gesellschaft leider erfolgreich spalten!